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Lindy saß auf der Couch, umkrampfte ihr Glas mit beiden Händen und warf mir rätselhafte Blicke zu. Die anderen waren alle verschwunden. Kurz danach war Lindy vom Pool hereingeschlendert, hatte mir die leere Ginflasche großzügigerweise zurückerstattet, und war jetzt zufrieden, weil ich ihr Glas neu gefüllt hatte. Sorgsam lauschte sie meinen Worten. Ich war mir nicht sicher, ob ich mit meiner Rede etwas bei ihr erreichte, aber zumindest hörte sie zu.
»Der Tote war also nicht Hal Lessinger«, faßte sie zusammen, nachdem sie etwa eine Minute lang stumm über mein Resümee nachgedacht hatte.
»Richtig«, nickte ich.
Sie kaute auf ihrer Unterlippe. »Heißt das, ich habe all diese perversen Sachen für ihn gemacht, und er war’s gar nicht?«
»Stimmt.«
»Dieses elende, verlogene Schwein!« Plötzlich konnte sie klar und deutlich sprechen. »Ich mußte ihn auspeitschen, bis ich fast einen Krampf im Arm bekam, und gleich in der ersten Nacht hat er aus mir eine Dreispurige gemacht! Dabei war er nicht mal Lessinger!«
»Der Mann, der vorhin an die Tür ging«, erklärte ich ihr sorgsam, »über dessen Anwesenheit Blair so überrascht war — der ist der echte Hal Lessinger.«
»Und Sie haben uns nicht mal bekannt gemacht.« Vorwurfsvoll sah sie mich an. »Er hätte von mir genauso bedient werden können, auch wenn ich die ganze Tortur noch einmal mitmachen müßte. Ich täte alles, um diese Rolle zu kriegen, Rick.«
»Bei der Fertigstellung des Iris-Merivale-Films?«
»Gewiß.« Sie nickte, aber so vorsichtig, als befürchtete sie, der Kopf könne ihr abbrechen und ins Glas kullern. »Das wäre jedenfalls eine Chance für mich. Ich könnte ihnen beweisen, daß ich immer noch eine gute Schauspielerin bin.«
»Die wollen keine gute Schauspielerin«, korrigierte ich, »sondern eine gute Figur. Eine gute Figur für die Naheinstellungen, damit sie es später so deichseln können, als sei es die Merivale selbst.«
»Ist mir doch piepegal, was sie hinterher damit machen«, sagte sie trotzig. »Für mich ist es die einzige Chance, Rick.«
»Okay«, sagte ich, »Sie kriegen die Rolle. Hal Lessinger ist damit einverstanden.«
Ihr Gesicht strahlte auf, aber nur kurz. Dann verdüsterte es sich wieder. »Und warum hat er es mir dann nicht selbst gesagt?«
»Er war in Eile«, erläuterte ich. »Wegen einer dringenden Verabredung. Die Rolle gehört Ihnen, Lindy, aber nur unter bestimmten Bedingungen.«
»Wenn er mit mir schlafen will — das ist kein Problem«, sagte sie schnell.
»Nein, er will, daß Sie den Mord in seinem Haus völlig vergessen«, erklärte ich ihr. »Wenn die Polizei jemals erfährt, daß Sie dabei waren, wird sie Ihnen tausend Fragen stellen, und das könnte den ganzen Drehplan über den Haufen werfen.«
»Ich hab’s schon vergessen«, versprach sie.
»Und zweitens will er, daß Sie mit dem Trinken aufhören«, improvisierte ich.
»Mit dem Trinken aufhören?« Sie nahm einen großen Schluck puren Gin, dann zuckte sie die Schultern. »Sicher, warum nicht?«
»Wir müssen Nägel mit Köpfen machen, Lindy«, fuhr ich fort. »Ich kenne da ein Privatsanatorium, dessen Spezialität...« Ich hörte auf zu sprechen, weil sie heftig den Kopf schüttelte.
»Den Alkohol kann ich jederzeit aufgeben, Rick, wenn ich nur will«, sagte sie zuversichtlich. »Dabei brauche ich doch kein lausiges Sanatorium!« Schnell nahm sie noch einen großen Schluck. »Von morgen früh an trinke ich keinen Tropfen mehr.«
»Warum nicht ab sofort?«
»Morgen«, beharrte sie. »Ich bin mit den Nerven völlig fertig, nach allem, was passiert ist; aber morgen früh geht es mir bestimmt wieder besser. Sie werden sehen.«
»Okay.« Was sonst hätte ich auch sagen können?
»Wann fangen sie mit den Dreharbeiten an?« erkundigte sich Lindy eifrig.
»In etwa einer Woche«, log ich. »Warum bleiben Sie nicht bis dahin hier bei mir wohnen?«
»Das würde ich wirklich gern tun«, antwortete sie. »Aber ich müßte noch einige Sachen aus meiner Wohnung holen.«
»Geben Sie mir die Schlüssel. Das besorge ich schon für Sie.«
»Gut, Rick. Vielen Dank.« Sie trank aus und hielt mir das leere Glas entgegen. »Könnte ich noch ein ganz klein wenig Gin haben? Meinen Nerven geht es nach wie vor schlecht.«
Ich ging mit dem leeren Glas hinüber zur Bar und schenkte ihr ein. »Wie sind Sie überhaupt mit diesem anderen Mann bekannt geworden?« fragte ich.
»Jemand hat mir erzählt, Hal Lessinger habe ein neues Filmprojekt laufen und suche ein Mädchen mit wirklich toller Figur«, erzählte sie. »Also dachte ich mir, am besten fährst du hin und besuchst ihn mal.«
»Also fuhren Sie zu seinem Haus, drückten auf den Klingelknopf, und...«, drängte ich.
»Und dieser Kerl machte mir auf. Ich stellte mich vor und nannte ihn dabei wohl >Mr. Lessinger<. Er fragte, was ich von Lessinger wollte. Also erzählte ich ihm, wieviel mir an der Rolle liege, und daß ich ihm nur zu gern beweisen würde, welch tolle Figur ich hätte. Von da an ging es dann wie von selbst. Kann ich jetzt den Gin haben, Rick?«
Ich reichte ihr das aufgefüllte Glas. Es fiel ihr schon schwer, mich im Blick zu behalten. Echte Säufer bekommen keinen Schwips, sie schütten das Zeug immer weiter in sich hinein, bis sie das Bewußtsein verlieren.
»Erinnern Sie sich doch, Lindy«, bat ich. »Hat er Ihnen gegenüber jemals andere Namen erwähnt? Hat er über dritte gesprochen?«
»Nicht daß ich wüßte«, sagte sie. »Wir haben viel getrunken und gebumst, mehr war nicht. Dauernd riß er Witze darüber, daß das die längste Probevorstellung in der Geschichte des Films sei.«
»Kamen keine Anrufe?« bohrte ich.
»Ein paar schon«, erzählte sie. »Aber er nahm sie immer im Wohnzimmer entgegen, deshalb bekam ich nie ein Wort davon mit.« Sie trank. »Moment mal! Einmal, als er auf der Toilette war, klingelte es wieder, deshalb nahm ich ab. Der Ton ging mir nämlich auf die Nerven.«
»Wer war’s?«
»Hat er nicht gesagt.«
»Verdammt, was hat er denn gesagt?« knirschte ich.
»Wahrscheinlich war’s eine falsche Verbindung.« Ratlos blickte sie zu mir auf. »Der Anrufer fragte nach Mike Rollins oder so, da sagte ich, er müßte sich wohl irren. Aber er fuhr mich an, ich solle keinen Blödsinn quatschen, er wüßte genau, daß es die richtige Nummer sei. Ich wollte ihn loswerden, deshalb erzählte ich ihm, ein Mike Rollins sei im Moment nicht da. Da ließ er ausrichten, Mike Rollins solle lieber das Angebot annehmen, sonst würde ihm was Scheußliches zustoßen. Damit legte er auf.«
»Haben Sie’s Rawlins ausgerichtet, als er von der Toilette zurückkam?«
Sie nickte. »Aber er hat nur gelacht und gesagt, er bekäme die ganze Zeit anonyme Anrufe von Spinnern.«
»Fällt Ihnen noch etwas ein?«
Müde schüttelte sie den Kopf. »Ich war doch nur zwei Nächte dort, Rick, und die ganze Zeit ging’s rund. Dieser Kerl ist unersättlich!«
»Jetzt nicht mehr«, erinnerte ich sie.
Sie setzte das Glas an und ließ es nicht eher sinken, bis es leer war. Dann fiel ihre Hand hinab und das Glas auf den Fußboden.
»Ich bin ein bißchen müde, Rick«, lallte sie. »Es war ja auch ein langer, anstrengender Tag. Jetzt möchte ich schlafen.«
Die Augen fielen ihr zu, und eine halbe Minute später atmete sie tief und regelmäßig. Ich ging zum Telefon und rief das Privatsanatorium an, das ich kannte. Dr. Slater kam sofort an den Apparat.
»Rick Holman«, meldete ich mich. »Sie sind doch ein Kino-Fan, wie?«
»Testen Sie mich mal«, forderte er mich auf.
»Erinnern Sie sich noch an Lindy Carter?«
»Lindy Carter? Klar! Ihr erster Film war ein Western, 1965. Mit Dale Forest und Della August. Lindy spielte eine Hure mit goldenem Herzen und warf sich einer .44er Kugel in den Weg, die für Dale Forest bestimmt war. Im Jahr darauf machte sie drei Filme. Soll ich Ihnen die Titel nennen?«
»Fragen Sie mich lieber, was aus Lindy Carter geworden ist.«
»Okay, was ist aus ihr geworden?«
»Eine Säuferin. Im Augenblick liegt sie bewußtlos auf meiner Couch. Sie hat auch schon Halluzinationen. Ihre besten Freunde werden angeblich dauernd ermordet, und das Ganze ist nur eine Verschwörung, um ihr Comeback zu verhindern. Erstes Stadium von Verfolgungswahn, schätze ich.«
»Möglich.« Seine Stimme wurde sofort sachlich. »Und was soll ich für sie tun?«
»Holen Sie sie so schnell wie möglich hier ab«, schlug ich vor. »Wahrscheinlich wäre es am einfachsten, wenn ihr der Krankenträger gleich eine Beruhigungsspritze geben könnte, damit sie sich bis zu Ihrem Sanatorium ruhig verhält. Es wird ihr nämlich gar nicht behagen, wenn sie aufwacht und begreift, wo sie ist.«
»Das ist immer so«, meinte er traurig. »Hat sie Verwandte?«
»Nicht daß ich wüßte. Ich übernehme die Verantwortung.«
»Und die Rechnung ebenfalls«, ergänzte er glatt.
»Gewiß«, grunzte ich.
»Geben Sie uns 45 Minuten Zeit«, schlug er vor. »Ich komme selbst im Krankenwagen mit. Also Lindy Carter, so, so. Wissen Sie was, Rick? Für mich war sie damals die schönste Frau der Welt.«
»Vielleicht wird sie das wieder«, meinte ich, »wenn Ihre Entwöhnungskur Erfolg hat.«
Lindy schlief noch, als der Arzt eintraf. Nicht einmal die Injektion weckte sie auf. Sie legten sie auf eine Bahre und trugen sie hinaus zur wartenden Ambulanz. Ich sah zu, wie sich die Türen hinter ihr schlossen und das Auto davonfuhr. Dabei verspürte ich kein Bedauern, nicht das geringste. Drinnen im Haus nahm ich mir als erstes das Telefonbuch vor. Sanford und Ferrell waren aufgeführt, Blair und Jamison nicht. Aber eine fünfzigprozentige Erfolgschance war so schlecht nicht, deshalb ging ich hinaus und setzte mich ins Auto.
Es war etwa halb drei, als ich vor dem Haus hielt. Die Sonne brannte heiß vom wolkenlosen Himmel, ein paar Vögel ließen sich auf der Thermik treiben, und ich verstand nur zu gut, wie ihnen zumute war. Das Haus war auf der Kante eines Canyon erbaut und ragte zu einem Drittel darüber hinaus. Egal, was Sanford sein mochte, schwindlig wurde es ihm jedenfalls nicht so schnell. Der große Messingklopfer an der schweren Eichenholztür dröhnte wie der Ruf der Unterwelt, als ich ihn betätigte. Ich mußte zweimal klopfen, ehe mir aufgetan wurde, aber das Ergebnis war der Mühe wert.
Das Ergebnis hatte eine Kappe aus blonden Ringellocken, blaue Augen und einen vollen Mund, dessen Zimperlichkeit bloß Schau sein mußte. Sie trug einen schwarzen Pullover, unter dem sich ihre vollen Brüste in jeder Einzelheit abzeichneten, und ein Paar enge Shorts, die sich an ihr Schambein schmiegten, als wollten sie sich nie davon trennen. Der Rest waren lange schlanke Beine mit goldbrauner Haut.
»Wenn Sie an Vergewaltigung denken«, sagte sie mit rauher Stimme, »dann treten Sie bitte näher. Im Haus ist es viel kühler.«
»Eigentlich wollte ich zu Gerry Sanford«, stellte ich fest. »Aber das kann ja warten bis nach der Vergewaltigung.«
»Er ist da«, meinte sie, »und sieht wahrscheinlich gern eine Weile zu. Gerry ist ganz wild auf neue Methoden. Nur schade, daß er die ganze Zeit darüber liest und fast gar nicht mehr dazu kommt, sie auch zu praktizieren.« Langsam fuhr sie sich mit der Zunge über die Unterlippe. »An einem so heißen Nachmittag wie heute bin ich darüber besonders böse.«
Sie trat ein paar Schritte zurück und gab mir die Tür frei. Die große und breite Diele war angenehm kühl nach der Hitze im Freien.
»Vielleicht sollten Sie doch zuerst mit Gerry sprechen«, schlug die Dame vor. »Dann haben Sie’s vom Hals und werden hinterher nicht abgelenkt. Ich hasse Männer, die beim Bumsen an die Aktienkurse denken oder an ähnliche Dinge. Das ist Untreue im schlimmsten Sinne.«
»Tatsächlich?« fragte ich intelligenterweise.
»Sie finden Gerry auf dem Balkon«, fuhr sie fort. »Gehen Sie nur durchs Wohnzimmer, er sitzt wahrscheinlich draußen und sieht aus wie ein wandelnder Leichnam. Lassen Sie sich davon nicht abschrecken, er sieht immer halbtot aus, auch wenn er sich unterhält.«
Ich folgte ihrem Vorschlag und durchquerte das ungeheuer große, luxuriös möblierte Wohnzimmer. Schiebetüren aus Glas führten auf den Balkon, der seinerseits fast die Ausmaße des Wohnzimmers erreichte. Wie sie gesagt hatte, döste ein Mann im Schaukelstuhl, die Füße aufs Balkongeländer gelegt. Er hielt ein hohes Glas in der Hand und war entweder in Nachdenken versunken oder soeben gestorben. Mitte Fünfzig, tippte ich. Ordentliches, eisengraues Haar, ungesunde Blässe und eine Hakennase, die jedes Gesichtschirurgen Herz hätte höher schlagen lassen. Er trug eine Leinenjacke, blaues Hemd und blaue Hose und eine pastellfarbene Blümchenkrawatte.
»Mr. Sanford?« erkundigte ich mich nähertretend.
»Der bin ich.« Er hatte eine hohe Stimme mit querulantem Unterton. »Ich nehme an, Paula hat Sie eingelassen. Dieses Mädchen hat einfach keinen Sinn für Selbstschutz. Nicht den geringsten!«
»Mein Name ist Rick Holman«, stellte ich mich vor. »Ich wollte mit Ihnen über den Iris-Merivale-Film sprechen, den Sie finanziert haben.«
»Ich habe hunderttausend Dollar in einen Topf geworfen«, sagte er, »nur um herauszufinden, daß der Topf keinen Boden hat. Diese Erkenntnis hat mich ein Vermögen gekostet.«
»Iris Merivale ist tot«, überlegte ich. »Wenn aber jemand den Film möglichst schnell zu Ende dreht, könnten alle Beteiligten daran verdienen. Und Sie bekämen Ihre Investition zurück, unter Umständen sogar mit Gewinn.«
»Sind Sie von Jamison geschickt?« erkundigte er sich und gähnte demonstrativ. »Sagen Sie ihm — kein Interesse.«
»Ein Mann namens Hal Lessinger hat mich engagiert«, stellte ich richtig. »Ich soll verhindern, daß er ermordet wird.«
»Wer Hal Lessinger umbringt, tut der Menschheit einen Gefallen«, sagte er. »Sie vergeuden meine Zeit.«
»Lessinger hatte einen Freund, der Privatdetektiv war«, fuhr ich unbeirrt fort. »Sein Name war Mike Rawlins, und er wohnte in Lessingers Haus. Letzte Nacht hat jemand beide Läufe einer abgesägten Schrotflinte auf ihn abgefeuert und ihm den Kopf weggeblasen. Lessinger glaubt, die Schüsse galten ihm. Deshalb ist er etwas beunruhigt.«
Sanford wandte den Kopf und musterte mich scharf unter halbgeschlossenen Lidern. »Ich habe schon von Ihnen gehört, Holman«, sagte er. »Deshalb will ich zunächst als Tatsache akzeptieren, was Sie da erzählen. Aber inwiefern betrifft es mich?«
Ich hatte einen Blick über seine Schulter geworfen und bemerkt, daß die kurzgeschorene Blondine lautlos auf den Balkon getreten war und uns, wenige Schritte hinter seinem Stuhl stehend, zuhörte.
»Immerhin haben Sie das Kapital für den Film aufgebracht«, gab ich zu bedenken. »Mit Tony Ferrell als Regisseur und Produzent. Nachdem Sie um hunderttausend Dollar ärmer waren, haben Sie sich sein Projekt näher betrachtet, kamen zu dem Schluß, daß es nichts taugte, und verweigerten ihm weiteres Geld. Jedenfalls habe ich es so gehört.«
»Da haben Sie richtig gehört.«
»Nach Iris Merivales Tod kam Lessinger auf die schlaue Idee, den Film fertigzustellen und auf das morbide Interesse des Publikums zu spekulieren. Lessinger wiederum wird von einem Mann namens Blair unter Druck gesetzt, dem er eine lohnende Investition beschaffen muß. In der Zwischenzeit hat sich Ferrell von einem gewissen Alec Jamison zehntausend Dollar geliehen und das Negativ des Films dafür in Pfand gegeben. Aber er hat sich das Recht vorbehalten, den Film als Produzent und Regisseur fertigzustellen — falls es jemals soweit kommt. Laut Lessinger gibt es schon jetzt eine Menge Probleme dabei. Jamison weigert sich, das Negativ herauszugeben, wenn er nicht einen hohen Prozentsatz des Einspielgewinns erhält, und Ferrell tönt, daß die ganze Idee sein künstlerisches Gewissen beleidigt.«
»Warum erzählen Sie mir den ganzen Mist?« Sanford gähnte schon wieder.
»Weil Sie bei jedem neuen Abkommen die Zentralfigur sind, um die sich alles dreht«, sagte ich. »Schließlich haben Sie Ferrell diese hunderttausend Dollar nicht geschenkt.«
»Nein«, bestätigte er. »Nach dem Fiasko mit dem halbfertigen Film hatte Ferrell die Stirn, zu mir zu kommen und mich um eine Anleihe zu bitten. Ich lachte ihm ins Gesicht. Danach wandte er sich an Jamison, aber er hatte kein Recht, das Negativ als Sicherheit einzusetzen, weil dieses Negativ rechtmäßig mir gehört.«
»Und Sie wollen den Film nicht vollendet haben?«
»Auf keinen Fall. Ich möchte nicht sentimental werden, aber Iris Merivale war die große Liebe meines Lebens. Ich möchte Sie nicht damit langweilen, indem ich Ihnen die traurige Geschichte ihrer letzten Lebensjahre erzähle, aber sie war nur noch ein Schatten ihrer selbst, als Ferrell mit der Idee eines neuen Films für sie an mich herantrat. Mir schien es einen Versuch wert. Wenn irgend etwas sie mit sich selbst versöhnen konnte, dann die Arbeit auf ihrem ureigensten Gebiet. Aber es war schon zu spät, um die Ärmste zu retten.«
»Selbst wenn Lessinger sowohl Jamison wie Ferrell dazu überreden könnte, den Film zu vollenden, würde er also nur sinnlos aller Leute Zeit verschwenden, da er ja Ihre Einwilligung nicht hat.«
»Damit haben Sie absolut recht, Holman«, sagte er. »Die Angelegenheit interessiert mich überhaupt nicht. Und genausowenig Interesse habe ich an der Frage, wer Lessinger zu ermorden versuchte. Wer es auch war, ich wünsche ihm mehr Glück beim zweiten Versuch. Guten Tag, Mr. Holman.«
»Guten Tag, Mr. Sanford«, brummte ich.
»Begleite unseren Besucher zur Haustür, Paula«, sagte Sanford, ohne den Kopf auch nur um einen Zentimeter gewendet zu haben. »Oder sonst irgendwohin, wo es dir am meisten zusagt.«