In den Armeen der Welt werden den Soldaten Stoffe ins Essen gemischt, die die Libido verringern («Hängolin»)
Stimmt nicht. In fast jeder Armee der Welt gibt es den Mythos, dass man den Soldaten etwas ins Essen mischt, um ihren Geschlechtstrieb im Zaum zu halten. In Deutschland wird die vermeintlich verwendete Substanz gern mit dem Wort «Hängolin» umschrieben – entsprechende Geschichten gab es schon im Ersten Weltkrieg, in der Nazi-Wehrmacht, und sie haben sich über NVA und Bundeswehr bis zum heutigen Tag gehalten. Neben Natron oder Jod, das angeblich in den Kaffee geschüttet wurde, stand auch immer wieder das chemische Element Brom im Verdacht, eine solche lusthemmende Wirkung zu haben.
Salze dieses Elements, die Bromide, wurden vor allem im 19. Jahrhundert als Medikamente eingesetzt. Man verabreichte sie zum Beispiel zappelnden Kindern zur Beruhigung. Denn Bromide haben eine sedierende Wirkung. Ein Mensch, der sie einnimmt, wird müde und schläfrig, ihm fehlt jeglicher Antrieb, und es mag ihm tatsächlich auch die Lust auf Sex vergehen. Aber welcher Kommandant wäre schon daran interessiert, dass seine Untergebenen schlaff herumhängen und kaum noch die Augenlider offen halten können?
Nein, man muss die Geschichte von den pharmakologischen Lusthemmern ins Reich der Legenden verweisen. Wenn junge Rekruten tatsächlich feststellen, dass ihre Libido ein wenig nachlässt, dann hat das wohl eher mit den Strapazen des Dienstes und mit der wenig anregenden Umgebung zu tun.
Brom dagegen hat eine solche Wirkung nicht, jedenfalls nicht bei oraler Einnahme. Der britische Komiker Spike Milligan schrieb einmal: «Das einzige Mittel, einem britischen Soldaten wirklich die Lust zu nehmen, ist es, Brom in eine 300-Pfund-Granate zu packen und sie ihm in den Unterleib zu schießen.»