Einundzwanzigstes Kapitel
Aus dem Barbecue gestern Abend ist nichts geworden. Als Conor und ich nach Hause kamen, war es zwar schon weit nach achtzehn Uhr, doch Mum hatte sich ebenfalls verspätet, was uns Gelegenheit gab, meine Hand noch mal mit Desinfektionsmittel zu reinigen. Ich hatte die verrückte Idee, dass Ervys die Krallen der Möwe mit Gift präpariert haben könnte. Conor fand ein Pflaster, das groß genug war, um meine halbe Hand zu bedecken. Glücklicherweise akzeptierte Mum meine Erklärung, ich hätte sie mir an einer Brombeerranke aufgerissen.
Mum brachte nicht einmal unseren Super-Aussi ins Spiel. Sie fragte uns nur, ob wir einen schönen Tag gehabt hätten, und nach kurzem Zögern antworteten wir mit ja.
Mum schien mit ihren Gedanken woanders zu sein. Sie sah uns fortwährend an, als wollte sie uns etwas mitteilen, bevor sie hastig den Wasserkessel füllte oder die Wäsche zusammenlegte. Ich machte ein großes Omelette und Pommes für jeden von uns. Roger kam so spät nach Hause, dass seine Portion, die wir im Ofen warm gehalten hatten, völlig vertrocknet war, doch Mum war ihm nicht böse. Sie machte immer noch einen zerstreuten Eindruck.
Als ich den Tisch abwischte, hörte ich etwas, das ich lieber nicht gehört hätte. Die Tür zwischen Küche und Wohnzimmer stand offen.
»Konntest du schon mit ihnen reden, Jennie?« Rogers Stimme.
»Nein, es war einfach nicht der richtige Moment. Sie waren den ganzen Tag draußen, und Sapphy sieht so erschöpft aus.«
Ich klapperte mit einer Pfanne, worauf sie sofort still waren. Ich wollte weder mehr hören noch darüber nachdenken, was »mit ihnen reden« bedeuten könnte. Ich war auch nicht in Stimmung, jetzt mit Conor darüber zu sprechen. Er könnte ja denselben Verdacht hegen wie ich.
Ich war so müde, dass ich noch vor acht Uhr ins Bett ging. Conor war bereits nach oben verschwunden. Ich träumte nicht und bewegte mich nicht und erwachte heute Morgen erst gegen neun Uhr.
*
Also wird heute gegrillt. Mum will früh von der Arbeit zurückkommen, und Roger hat in seiner typischen Effektivität gleich heute Morgen alle Zutaten in St. Pirans bestellt. Es sollen nämlich nicht nur Würstchen gegrillt, sondern die verschiedensten Dinge zubereitet werden, wie in einem Restaurant. Ich habe ihn gefragt, ob ich ihm helfen soll, doch er antwortete nur: »Lass nur, ich mach das schon.«
Ich kann mich nicht erinnern, je so einen öden Tag verbracht zu haben. Ich bin spät aufgestanden, mit einem Becher Tee auf und ab gegangen, habe die Frühlingssonne am Horizont glitzern sehen, konnte mich aber zu nichts aufraffen. Conor stand erst um zwei Uhr auf. Wahrscheinlich sind das die Nachwirkungen unseres Abenteuers in der Tiefe, die sich erst jetzt, da wir in Sicherheit sind, bemerkbar machen.
Immer wieder blitzten die Bilder des Kraken in seinen verschiedenen Gestalten oder des kämpfenden Wals durch meinen Kopf. Sie sahen so real aus, dass ich das Gefühl hatte, alles noch einmal zu erleben. Ich musste mich immer wieder daran erinnern, dass alles vorbei ist. Der Krake schläft und kann uns nichts mehr anhaben. Ervys ist in Indigo, weit von hier entfernt. Ich muss noch mal über ihn nachdenken, aber nicht jetzt.
Mich wärmte die Sonne an meinem geschützten Platz. Sadie ließ sich auf meinen Füßen nieder, rollte sich zusammen und schloss die Augen. Die Schwere und Wärme ihres Körpers waren so angenehm, dass ich ganz schläfrig wurde, obwohl ich fast dreizehn Stunden am Stück geschlafen hatte. Ich dachte die ganze Zeit, dass ich unbedingt Granny Carne treffen wollte. Es gab so vieles, worüber ich mit ihr reden musste: die Vogelbeeren, den Kraken, Conor und Elvira und Gloria Fortune. Ich musste einen Weg finden, um Gloria von Indigo fernzuhalten.
Doch mir fehlte die Energie, unseren Garten zu durchqueren und zu Granny Carnes Haus hinaufzustapfen.
Stattdessen trottete ich in die Küche, um nachzusehen, was Roger so trieb. Er hatte schon orientalische Fleischspieße vorbereitet, Steaks mariniert und einen wunderbaren Salat zubereitet. Zu meiner Verwunderung rührte er auch noch eine selbst gemachte Zitronenmayonnaise an.
»Wie viele Gäste kommen denn?«, fragte ich. Ich dachte, er hätte vielleicht ein paar Tauchfreunde von sich eingeladen.
»Gar keine.«
»Ist das alles für uns?«
Roger nickte und begann, frische Kräuter für die Steaks zu hacken. »Halt Sadie aus der Küche draußen, Sapphy«, sagte er, als ich wieder hinausgehen wollte. Die Steaks müssen wirklich eine Stange Geld gekostet haben, dachte ich.
Ich nahm eine kurze Dusche, während Sadie wie üblich mitten auf der Schwelle zum Badezimmer lag, als hätte sie Angst, jemand könnte hereinkommen und mich durch den Duschvorhang hindurch erdolchen. Danach ging ich mit ihr in den Garten und ließ meine gewaschenen Haare in der Sonne trocknen. Sadie legte sich erneut schlafen. Ich schloss die Augen und dachte an gar nichts. Um zwei Uhr kam Conor, die Bettdecke um sich geschlungen und einen Becher Kaffee in der Hand, zu mir nach draußen.
»Du brauchst keine Decke, Conor, es ist so warm hier.«
»Ich brauch aber meine Kuscheldecke. Mach mal ein bisschen Platz, Sadie.«
Doch Sadie hatte sich bereits verzogen. Sie mag den Talisman nicht, und Conor hat ihn seit unserer Rückkehr nicht abgenommen. Sogar Mum hatte ihn gestern Abend bemerkt.
»Das ist schön, Conor, hast du das auf dem Kleinkunstmarkt gekauft?«
Kleinkunstmarkt! Was glaubt Mum eigentlich, wo wir unsere Zeit verbringen?
»Nee, hat mir jemand geschenkt«, antwortete Conor vage. Man sah Mum förmlich an, dass sie dachte: Oh, hat Conor sich eine Freundin zugelegt? Doch dann entschied sie sich, taktvoll zu sein und keine weiteren Fragen zu stellen. Mum verhält sich so auffällig, wenn sie diskret sein will.
Conors Augen waren immer noch geschwollen vor Müdigkeit. Er leerte seinen Becher, kuschelte sich in die Decke und schien jeden Moment wieder einschlafen zu wollen. »Mir tut alles weh«, stöhnte er.
»Von … von der Tiefe?«
»Ja, aber lass uns jetzt nicht darüber reden, Saph.«
Wir empfanden beide dasselbe und hatten nicht die geringste Lust, über die jüngsten Ereignisse zu sprechen.
Nach ungefähr einer Stunde raffte Conor sich auf und bereitete ein paar Sandwichs mit Käse und Gewürzgurken für uns zu.
»Roger macht noch einen Erdbeerkuchen«, berichtete er, als er aus der Küche zurückkam.
»Erdbeerkuchen? Ich wusste gar nicht, dass Roger auch backen kann. Sonst tut er doch immer so, als seien Mums Kuchen die reinsten Wunderwerke.«
»Er macht das Schritt für Schritt nach einem Backbuch. Ich fasse es nicht, wie viel Essen bereits in der Küche steht. Kriegen wir eigentlich Gäste?«
»Er sagt nein.«
»Komisch.«
Ich dachte kurz daran, ihm von dem Gespräch zwischen Mum und Roger zu erzählen, ließ es aber bleiben. Warum den Nachmittag verderben?
*
Das blitzende Riesenungeheuer aus Edelstahl, das unser Super-Aussi angeschleppt hatte, funktionierte ganz ausgezeichnet. Roger bereitete auf ihm zarte Lammspieße mit Paprika- und Tomatenstückchen zu, grillte saftige Rib-Eye-Steaks mit zerstoßenem Pfeffer und briet für Mum Sardinen mit Rosmarin, weil das ihr Lieblingsessen ist. Da Roger genauso effizient wie der Riesengrill ist, stand binnen kürzester Zeit vor jedem von uns ein voll beladener Teller. Conor und ich hätten etwa viermal so lange gebraucht, um ein paar Makrelen über einem Lagerfeuer zu braten.
Aber in puncto Romantik kann es der Grill mit dem Lagerfeuer natürlich nicht aufnehmen. Man kann nicht darüberspringen, man hat kein knackendes Feuer, das schließlich zu einem Haufen roter Asche herunterbrennt, und das Essen bekommt auch nicht diesen herrlich rauchigen Geschmack. Doch wenn es darum geht, fünf Leute möglichst schnell satt zu machen, ist der Grill ein guter Ersatz. Bei den »fünf Leuten« zähle ich Sadie natürlich mit. Sie ist definitiv die Gierigste von uns allen. Als ihr der Essensgeruch in die Nase steigt, fängt sie am ganzen Körper an zu zittern und ekstatische Laute von sich zu geben. Nur mit Mühe kann ich sie davon abhalten, sich sogleich auf das frisch gegrillte Fleisch zu stürzen und sich die Nase zu verbrennen.
Zusätzlich zu ihrer eigenen Portion trete ich ihr die leckersten Bissen von meinem Teller ab. Eigentlich soll ich das nicht tun, weil Roger sagt, dass es nichts Schlimmeres gibt als einen Hund, der ständig bettelt, wenn andere Leute essen. Eigentlich hat er ja recht, also erkläre ich Sadie, dass heute Abend eine große Ausnahme ist.
Sadie geht Conor nach wie vor aus dem Weg, weil er immer noch den Talisman trägt. Ich habe ihm vorgeschlagen, ihn unter seinem Kopfkissen aufzubewahren, aber das hat er rundheraus abgelehnt. Er will ihn Tag und Nacht um den Hals tragen, obwohl wir doch so weit von der Tiefe entfernt sind. Wie auch immer, ich will nicht mit ihm streiten. Jede Kritik an dem Talisman ist auch eine Kritik an Elvira und würde Conor nur umso störrischer machen.
Ich hoffe, das ist »nur eine Phase«. Es hat mich immer wahnsinnig gemacht, wenn Mum das gesagt hat. Jetzt finde ich diesen Gedanken ganz beruhigend. Conor ist wie … wie Wachs in ihren Händen. Und Elvira ist einfach zu hübsch und sanft und begabt und in jeder Hinsicht perfekt. So jemand passt nicht in unsere Familie – abgesehen von all den praktischen Hindernissen wie zum Beispiel ihrer Flosse …
Wir haben fast alles aufgegessen. Nur ein einziges Stück Erdbeerkuchen ist übrig geblieben. Sadie hat bereits ein Auge darauf geworfen. Es ist kühl geworden. Auf einen warmen Frühlingstag folgt meist ein kalter Abend. Mum und Roger haben sich eine Flasche Wein geteilt und richten nun romantische Blicke auf den abkühlenden Edelstahlgrill.
»Sollen wir es ihnen erzählen, Jennie?«, fragt Roger abrupt. Conor und ich sitzen sofort kerzengerade da, während Mum die Panik ins Gesicht geschrieben steht.
Oh, mein Gott, denke ich. Sie wollen uns erzählen, dass sie heiraten werden. Das können sie doch nicht tun! Dad ist nicht tot. Man darf nicht wieder heiraten, wenn der Ehemann noch lebt oder man nicht rechtskräftig geschieden wurde. Mum wäre eine Bigamistin.
»Glaubst du wirklich, dass das der richtige Zeitpunkt ist?«, fragt Mum mit dünner, nervöser Stimme. Vielleicht will sie Roger gar nicht heiraten und weiß nur nicht, wie sie ihm das beibringen soll. Keine Sorge, Mum, wir helfen dir schon.
»Ich habe euch doch erzählt, dass ich in Australien geboren wurde, aber schon als Kind dort weggezogen bin.«
Conor und ich murmeln irgendetwas vor uns hin. Vielleicht glaubt Roger, er müsse seine ganze Lebensgeschichte herunterleiern, um uns davon zu überzeugen, dass er Mum auch wirklich verdient hat.
»Es ist ein großartiges Land. Eine fantastische Landschaft und freundliche Menschen mit einer wunderbaren Lebenseinstellung.«
Roger hört sich an, als arbeite er für die australische Tourismusbehörde, aber es besteht kein Zweifel, dass er jedes Wort ehrlich meint. Sein Gesicht leuchtet vor Enthusiasmus.
»Ich wollte immer schon an den Ort meiner Kindheit zurückkehren. Ein Freund hat mir letzte Woche gemailt, dass es einen Tauchjob an der Küste von Queensland für mich gäbe … für die nächsten drei Monate.«
Roger geht weg! So lange Zeit hatte ich mir nichts sehnlicher gewünscht. Doch irgendwie – nun ja, irgendwie muss ich mich wohl doch an ihn gewöhnt haben. Jedenfalls empfinde ich jetzt nicht dieselbe Freude, die ich angesichts dieser Nachricht noch vor wenigen Monaten empfunden hätte. Ich werfe Mum einen verstohlenen Blick zu und frage mich, wie sie damit klarkommen wird.
»Ich habe ein paar Ersparnisse, die für die Flugtickets reichen«, fährt Roger fort, »und ich könnte mir auch keinen besseren Verwendungszweck denken. Eure Mum und ich finden, dass dies eine Chance ist, die nicht wiederkommt. Nächstes Jahr wird Conor schon in der Abschlussklasse sein und muss sich auf die Prüfungen vorbereiten.
Zu dem Job gehört auch ein Haus. Es ist ein sehr einfaches Haus, aber wir werden es streichen und bestimmt auch noch ein paar weitere Möbel auftreiben. Viel Geld werden wir zwar nicht haben, aber eure Mum bekommt einen Job in einer Bar. Na, was sagt ihr? Wie hört sich das für euch an – drei Monate Australien? Wir könnten danach noch einen kleinen Urlaub dranhängen und vielleicht sogar nach Neuseeland reisen, sofern wir das nötige Geld zusammenkratzen.
Wenn ihr wollt, könnt ihr eine australische Schule besuchen, aber eure Mum und ich fänden es auch nicht so schlimm, wenn ihr ein paar Monate versäumt. Ich könnte euch dafür Tauchunterricht geben. Wie sieht’s aus, Conor, hast du Lust dazu? Und Sapphy, du wirst die Küste dort lieben, das Hinterland und die wilden Tiere – das ist wirklich eine ganz andere Welt als hier.«
Conor und ich starren ihn schweigend an. Es ist so weit von dem entfernt, was ich erwartet habe, dass ich Mühe habe, alles zu begreifen. Australien – drei Monate – vielleicht plus ein bisschen Urlaub – Job in Bar – Neuseeland … Rogers Worte wirbeln durch meinen Kopf, ergeben aber keinen Sinn.
Mums Gesicht ist uns zugewandt, eine verzweifelte Hoffnung liegt in ihrem Blick. Sadie spürt, dass alle abgelenkt sind, schnappt sich das letzte Stück Erdbeerkuchen und schlingt es hinunter.
Auf einmal wird mir alles klar. Das Barbecue sollte eine Art Feier sein. Roger hoffte, uns damit in die richtige Stimmung zu versetzen, um diese einmalige Chance würdigen zu können.
»Wann würde das sein?«, fragt Conor schließlich.
»Im September geht’s los.«
Es folgt eine weitere lange Stille. Ich erinnere mich an die Worte des Wals. Ihre Tochter lebt auf dem Grund der Welt. Sie sagte, vielleicht könne ich sie eines Tages besuchen. Aber dazu müsste ich wahrscheinlich die große Reise in Indigo antreten, statt Tausende von Kilometern mit dem Flugzeug zu fliegen.
Ich bin noch nie geflogen. Niemand von uns ist das, nicht einmal Mum. Dafür hatten wir nie genug Geld. Ich halte mich stets mit Kommentaren zurück, wenn meine Mitschüler erzählen, dass sie nach Griechenland oder Thailand in den Urlaub fliegen. Mum hat immer davon geträumt zu reisen, genauso wie sie davon geträumt hat, noch einmal zur Schule zu gehen und einen guten Abschluss zu machen. Doch Dad wollte nie aus Cornwall heraus.
»Australien«, sagt Conor schließlich, langsam und verwundert. Es ist nur ein Wort, aber dieses Wort genügt. Nicht einmal Elvira könnte Conor zurückhalten. Er sieht verblüfft aus, doch sobald er sich an diesen Gedanken gewöhnt hat, wird er unbedingt dorthin wollen.
»Wenn der Sommer hier vorbei ist, geht’s für uns mit dem Sommer in Australien weiter«, sagt Mum. Ihre Augen leuchten. »So eine Chance haben wir alle zusammen nur ein Mal im Leben. Und die Küste ist das reinste Surferparadies.«
Schon möglich, denke ich, aber ist dort auch Indigo?
Ich habe das Gefühl, als wäre ich bereits mehrere Kilometer hoch in der Luft und befände mich im freien Fall. Von zu Hause fort. Unser Haus verlassen, in das wir gerade erst zurückgekehrt sind. Die Bucht und alles verlassen, das wir kennen. Faro verlassen …
Sadie spürt meine Anspannung und fängt an zu winseln.
»Oh, mein Gott«, sage ich langsam. »Sadie.«
Sadie kann nicht mitkommen. Es gibt sehr strenge Bestimmungen, wenn man Haustiere in ein anderes Land einführen will. Sie müsste in Quarantäne. Drei Monate oder noch länger – das kann ich ihr nicht antun. In Quarantäne mit jeder Menge anderer Hunde, die krank vor Heimweh sind. Sie würde denken, ich hätte sie im Stich gelassen. Am Anfang würde sie noch ständig nach mir Ausschau halten, um dann allmählich jede Hoffnung zu verlieren, dass ich zurückkehre …
»Für Sadie würde gut gesorgt sein«, sagt Roger rasch. »Jacks Familie würde sie gern für drei Monate bei sich aufnehmen. Sie wird dich nicht vergessen, Sapphire.«
Du hast sie schon gefragt, denke ich wütend. Du hast es schon vereinbart, ohne mir davon zu erzählen.
»Ich weiß, dass es hart für dich ist mit Sadie«, sagt Mum, »aber sie wird hier sein, wenn du zurückkommst. Hunde vergessen einen nicht so schnell.«
Bleib ganz ruhig, Sapphire. Bloß nicht explodieren. Das würde nichts bringen, im Gegenteil. Sie würden nur zornig werden und nicht mehr darauf hören, was du ihnen eigentlich sagen willst. Du musst wie Conor sein und sie dazu bringen, dich zu respektieren. Sadie ist zu wichtig, als dass ich jetzt die Kontrolle verlieren dürfte.
Sadie schmiegt sich an mich. Ich streichle sie mechanisch, während ich fieberhaft nachdenke. Mum sieht mich nervös an, wartet darauf, dass ich in die Luft gehe. Wartet darauf, dass ich ausflippe, zu schreien, vielleicht auch zu weinen anfange, dass ich einen Wirbelsturm mit Donner und Blitz entfessele. Wenn das Gewitter dann vorbei ist, hat sich die Luft gereinigt. So ist das immer bei uns. Mum weiß das genau, weil sie dasselbe macht. Erst schreie ich, dann schreit sie und so weiter …
Aber das will ich jetzt nicht. Ich werde dasselbe tun, was sie getan haben: im Stillen meine Pläne machen und niemand davon erzählen, bis ich einen Entschluss gefasst habe.
»Ich bin wirklich müde«, sage ich schließlich. »Wir waren gestern zu lange im Meer. Ich glaube, ich gehe lieber ins Bett.«
»Wir können morgen weiter darüber reden«, entgegnet Mum rasch. »Mach dir keine Sorgen, Sapphy, wir werden alles gut vorbereiten.«
Ich schaue sie nicht an, tue ihr nicht den Gefallen, ihren flehenden Blick zu erwidern.
»Gute Nacht zusammen. Danke für das Barbecue, Roger, das Essen war großartig.«
Ich schaue nicht einmal Conor an, während Sadie und ich, eng aneinandergeschmiegt, ins Haus gehen.