
Kapitel 21
Die Soldaten schleppten Claude in eine baufällige Scheune hinter dem Kornspeicher und ließen seinen schlaffen Körper zu Boden gleiten. Als er die glitzernden grauen Augen aufschlug, erblickte er über sich eine groteske, hoch aufragende Gestalt. Den eisernen Elefanten.
Claude schrie, nur um des Schreiens willen, denn er wusste, dass es nicht ändern würde. Verzweifelt versuchte er, von der Foltermaschine fortzukrabbeln. Er kam bis zur gegenüberliegenden Wand, kauerte sich in die Ecke und brabbelte aufgeregt vor sich hin.
Solomon, der nachgefolgt war, betrat die Scheune. Er bezweifelte, dass Claude der Wolf war, aber er durfte keine Schwäche zeigen. Pater Auguste trat hinter ihm ein.
»Rührt ihn nicht an« – Solomon kniff die Augen zusammen, als er den Satz beendete –, »bis ich den Befehl dazu gebe.«
Claudes brabbelte immer aufgeregter.
»Jetzt …«, fuhr Solomon fort, das Gesicht zu einem grimmigen Lächeln verziehend, hob den rechten Arm, sodass sein Gewand wie ein schwarzer Samtflügel herabhing, und deutete mit spitzem Finger auf den Elefanten. »Ihr dürft ihn anfassen.«
Jetzt konnten die Soldaten verstehen, was Claude zwischen seinen Schluchzern unentwegt vor sich hin murmelte: »Es war ein Junge namens Claude, der anders war, doch nah bei Gott.«
»Ruhe, du Ungeheuer«, bellte ein Soldat und schlug ihm auf den Hinterkopf. Wie versteinert hielt sich Claude die Faust vor den Mund. Seine Blicke huschten umher, doch es gab kein Entrinnen. Er stemmte seine Fersen fest gegen den Boden, doch das genügte nicht. Er wurde von riesigen Händen gepackt und zur Folterkammer gezerrt.
Vater Solomon trat zu ihm und starrte auf ihn herab. »Sag mir den Namen des Wolfs.«
Claude zitterte einfach nur, zu erschrocken um zu verstehen, was er gefragt wurde.
Solomon nickte und die Soldaten stießen Claude zu der klobigen Folterkammer. Doch irgendetwas klemmte. Die Kurbel, mit der die Klappe am Bauch des Elefanten geöffnet wurde, ließ sich nicht drehen.
»Es geht nicht«, meinte einer der Soldaten, trat beiseite und ließ einen anderen sein Glück an der Kurbel versuchen.
Es klappte. Während die Klappe geöffnet wurde, packten die beiden Soldaten Claude an Armen und Beinen und wuchteten ihn hinein. Dann kurbelten sie die Klappe wieder zu.
»Sag mir den Namen«, sprach Solomon zu dem Bronzetier.
Keine Antwort.
»Was tust du denn da?«, fragte ein Soldat den anderen, als der unter dem Elefanten ein Feuer entzündete.
»Ich tue, was man mir befohlen hat«, zischte er. »Und dir würde ich dasselbe empfehlen.« Die beiden Soldaten traten zurück, der eine widerstrebend, der andere mit grimmiger Entschlossenheit.
Als die Flammen zu dem Bronzebauch hinaufzüngelten, hämmerte Claude von innen gegen das Metallungetüm.
»Hört, wie er von seiner Liebe zum Satan singt …«
Solomon spürte, dass Pater Auguste ihn entsetzt ansah. Wachsame Menschen wissen, wenn sie beobachtet werden.
Solomon holte tief Luft, lehnte sich dabei zurück wie eine Katze vor dem Sprung und trat neben den Dorfpfarrer. »Was Männer wie Sie und ich tun, tun wir für das Gemeinwohl. Als Geistliche haben wir die Pflicht, die Welt vom Bösen zu befreien.«
»Sagen Sie mir«, erwiderte Auguste mit kraftloser Stimme in dem Versuch, stark zu sein, »was soll daran gut sein?«
Vater Solomon beugte sich so weit zu Auguste hinüber, dass nicht der geringste Zweifel an seiner Entschlossenheit aufkommen konnte. »Ich habe meine Frau getötet, um meine Kinder zu schützen.« Er ließ seine Worte wirken. »Unsere Methoden, Gott gefällig zu sein, sind bisweilen mit Makeln behaftet, aber so ist nun einmal das Gewerbe der Werwolfjagd. Sie sollten besser eine Neigung dazu fassen.«
»Was soll das heißen, Vater?«, erwiderte Auguste in einem so bedenklichen Ton, so kraftvoll in seiner Ruhe – das Poltern und Schreien übertönend –, dass Solomon gar nichts anderes übrig blieb, als stehen zu bleiben und sich umzudrehen.
Er legte dem anderen einen Finger auf die Lippen. »Das soll heißen, dass Sie sich entscheiden müssen. Und zu ihrer eigenen Sicherheit empfehle ich Ihnen, sich mir anzuschließen. «
Er wandte sich an die Soldaten. »Lasst den Jungen erst frei, wenn er den Namen des Wolfs verraten hat.« Damit rauschte er aus der Scheune.
»Wie soll er denn sprechen?«, sagte Pater Auguste leise vor sich hin. »Er wird doch gefoltert.« Er konnte nur hoffen, dass Vater Solomon wusste, was er tat. Doch er befürchtete, dass dem nicht so war.

Solomon war der einzige Gast in der Schenke. Der Mann Gottes trank seinen Mittagsschoppen. Wie sonst sollte er seinen Ärger über diese Bauerntölpel hinunterspülen, die nichts weiter taten, als sich selbst zu schaden?
Er schaute von seinem Glas auf, als der Hauptmann eintrat, gefolgt von einem Dorfmädchen. Solomon kniff die Augen zusammen, überzeugt, dass er sie kannte.
Ah ja. Die Schwester des Jungen. Die Rothaarige mit dem hübschen Gesicht. Ein gottesfürchtiges Kind. Das gefiel ihm. Solomon hatte nichts dagegen einzuwenden, dass der Hauptmann sie zu ihm brachte.
»Ja, mein Kind?«, sprach er sie an.
»Ich bin gekommen, um über Claudes Freilassung zu verhandeln«, sagte sie ihren gut einstudierten Spruch auf.
Als Solomon nichts darauf erwiderte, schob sie die geschlossene Hand über den Tisch vor ihn hin. Sie öffnete die Faust, und es hörte sich so an, als hätte sie ein paar Geldstücke fallen lassen. Sie zog die Hand zurück wie von einem heißen Feuer, und Solomon sah, dass er sich nicht verhört hatte. Ein paar armselige Silbermünzen lagen auf dem Tisch.
Seine Lippen zogen sich zusammen. Doch es war unklar, ob er sich ärgerte oder ob er ein Lachen unterdrückte. »Was soll ich damit?«, fragte er.
»Ich …«
»Damit könnte ich mir ein Roggenbrot oder ein halbes Dutzend Eier kaufen. Besten Dank für die milde Gabe. Aber jetzt heraus mit der Sprache«, fuhr er fort und rückte ihr so nahe, dass sie den Hauch seines kühlen Atems spürte. »Was hast du wirklich zu bieten?«
Roxanne strich die Münzen vom Tisch und zurück in ihre Hand. Sie kamen ihr jetzt schmutzig vor. Ihr Gesicht glühte, als sie mühsam hervorstieß: »Ich habe mehr als Geld.«
Vater Solomon zog die Augenbrauen hoch.
Sie legte ihr Schultertuch ab und lockerte ihre Bluse, bis sie ihre erstaunlich üppigen Brüste entblößt hatte, die sie sonst immer so sorgsam verhüllte.
Beim Anblick des nackten Fleisches grinste Solomon höhnisch und beleidigt. »Damit willst du mich bestechen?« Solomons Brauen war noch immer erhoben.
Der Hauptmann lachte herzhaft. Sie ließen sie so stehen und sie kam sich fürchterlich lächerlich vor.
»Wollen Sie mich nicht?«, murmelte sie, beinahe überzeugend in ihrer Rolle.
»Bessere dich, Mädchen«, stieß Solomon hervor.
Jetzt kam sie sich selbst schmutzig vor. Sie schaffte es, sich zu bedecken, ehe der Hauptmann Hand an sie legte, um sie nach draußen zu befördern.
»Warten Sie!«, rief sie.
Das Schlimmste, was Roxanne jemals hatte tun müssen, war, einen schmutzigen Betrunkenen zu schlagen, der ihre Mutter belästigte, während Claude daneben stand und bestürzt zusah. Dies hier war viel schlimmer. Dies hier … würde sie immer verfolgen. Aber sie hatte keine Wahl.
»Warten Sie, bitte. Ich habe noch etwas.« Sie sprach so schnell, dass sie keinen Rückzieher mehr machen konnte. »Wenn Sie meinen Bruder verschonen«, begann sie, »gebe ich Ihnen den Namen einer Hexe.«
Jetzt hatte sie Solomons Aufmerksamkeit. »Na, das ist doch was.«