Kapitel Zwei

Es wurde höchste Zeit, Jonathan abzuservieren. »Erklärst du mir noch mal, warum du das jedes Mal so machst?«, bat Lissa mich. Sie saß auf meinem Bett, sichtete meine CDs und rauchte eine Zigarette. Sie hatte zwar geschworen, man würde nichts merken, weil sie die Zigarette zwischen den Zügen aus dem Fenster hielt. Doch natürlich stank mein Zimmer bereits jetzt nach Rauch, und das hatte ich schon gehasst, als ich selbst noch rauchte. Aber so war es einfach, ich ließ Lissa immer einen Tick zu viel durchgehen. Ich glaube, jeder Mensch hat mindestens einen Freund, bei dem das so ist.

»Ich meine, warum eigentlich? Ich mag Jonathan.«

»Du magst jeden.« Ich beugte mich zum Spiegel, um meinen Lippenstift zu inspizieren.

»Ist gar nicht wahr.« Sie drehte eine CD-Hülle um, weil sie die Rückseite lesen wollte. »Mr Mitchell mochte ich nie. Er hat immer auf meine Titten gestarrt, wenn ich an der Tafel stand, um Gleichungen anzuschreiben. Er hat auf sämtliche Titten gestarrt.«

»Wir gehen aber nicht mehr zur Schule, Lissa«, sagte ich. »Außerdem zählen Lehrer nicht.«

»Ich sag ja bloß«, antwortete sie.

»Das Problem ist, wir haben schon Sommer.« Langsam und sorgfältig zog ich die Konturen meiner Lippen mit Liner nach. »Im September gehe ich von hier weg, aufs College. Und Jonathan ... ich weiß nicht. Ich habe einfach keine Lust mehr, neben allem anderen auch noch ständig meine Termine mit ihm koordinieren zu müssen. Er lohnt die Mühe nicht, vor allem, wo wir uns sowieso in ein paar Wochen trennen.«

»Aber vielleicht trennt ihr euch auch nicht.«

Ich lehnte mich wieder etwas zurück, bewunderte mein Werk und entfernte mit dem Zeigefinger einen kleinen Ausrutscher an meiner Oberlippe. »Wir werden uns trennen«, entgegnete ich. »Wenn ich nach Stanford gehe, will ich mich mit so wenig Altlasten wie möglich herumschlagen. Keine überflüssigen Bindungen.«

Sie biss sich auf die Lippen, strich sich eine widerspenstige Haarsträhne hinters Ohr und senkte den Kopf. Ihr Gesicht nahm den verletzten Ausdruck an, den sie seit neuestem immer draufhatte, wenn wir über das Ende der Sommerferien redeten. Lissas Schutzzone waren die acht Wochen, die uns zusammen blieben, bevor wir uns in alle Himmelsrichtungen zerstreuen würden; sie ertrug es nicht, über diesen Zeitraum hinaus zu denken. »Natürlich nicht«, meinte sie. »Warum solltest du?«

Ich seufzte. »Dich habe ich nicht gemeint, Lissa. Und das weißt du auch. Ich will doch nur sagen ...« Ich deutete zur Tür, die einen Spalt offen stand; jenseits der Tür hörten wir das Schreibmaschinengeklapper meiner Mutter, unterlegt von schwebenden Geigenklängen. »Du verstehst schon, was ich meine.«

Sie nickte. Aber ich wusste, dass sie es nicht verstand. Lissa war die Einzige von uns, der es Leid tat, dass die Schule vorbei war. Wir drei anderen waren heilfroh, nur Lissa hatte bei der Abschlussveranstaltung geheult – echte, bebende, laute Schluchzer. Was im Endeffekt natürlich dazu führte, dass sie auf jedem Foto, jedem Video rote Augen, ein fleckiges Gesicht und somit einen guten Grund zu nörgeln hatte, und zwar für die nächsten zwanzig Jahre. Ich, Jess und Chloe dagegen hatten es kaum erwarten können, aufs Podium zu steigen, unsere Abschlusszeugnisse entgegenzunehmen und frei zu sein, endlich frei. Aber Lissa war schon immer ein bisschen zu sensibel und emotional gewesen. Deswegen hatten wir anderen auch die Tendenz, sie zu beschützen. Und wenn mir irgendetwas Sorgen machte, dann am ehesten Lissa. Sie allein zurückzulassen. Sie hatte ein Vollstipendium für das College in unserer Stadt bekommen – eine Chance, die man nicht sausen lassen konnte. Zum Glück würde ihr Freund, Adam, auf dasselbe College gehen. Lissa hatte schon alles genau durchgeplant: wie sie zusammen die Einführungsveranstaltungen und Seminare besuchen, in benachbarten Studentenwohnheimen leben würden und so weiter. Alles wie zu Schulzeiten, nur in groß.

Mir wurde schon bei der bloßen Vorstellung ganz übel. Aber ich war auch nicht Lissa. Ich hatte die letzten zwei Jahre nur aus einem Grund voll durchgepowert, ein einziges Ziel vor Augen: endlich raus! Nur weg hier! Die Zensuren schaffen, die es mir ermöglichten, mein eigenes Leben zu leben. Keine Hochzeitsorganisationen mehr, keine komplizierten Liebesgeschichten, keine Drehtür, durch die ein Stiefvater nach dem anderen hindurchspazierte. Nur ich und die Zukunft, glücklich vereint. Endlich mal ein Happyend, an das ich glauben konnte – und wollte.

Lissa streckte die Hand aus und drehte das Radio lauter; irgendein munterer Popsong mit Lalala-Refrain schwappte durchs Zimmer. Ich öffnete die Tür zu meinem begehbaren Kleiderschrank: Welche Outfit-Optionen hatte ich für den heutigen Abend?

»Was zieht man denn an, wenn man vorhat jemanden abzuservieren?« Sie drehte eine Locke um ihren Zeigefinger. »Schwarz? Als Zeichen der Trauer? Oder etwas Buntes, Peppiges, um den anderen von seinem Kummer abzulenken? Vielleicht trägst du ja auch günstigerweise Tarnkleidung, dann kannst du dich unauffällig verkrümeln, falls die Nachricht schlecht aufgenommen wird.«

Ich nahm eine schwarze Hose aus dem Schrank, betrachtete sie prüfend. »Ich persönlich würde am ehesten etwas Schwarzes anziehen, das schlank macht. Dazu was Ausgeschnittenes. Und saubere Unterwäsche.«

»Das ziehst du doch jeden Abend an.«

»Heute ist ja auch wie jeder Abend.« Ich wusste, dass irgendwo im Schrank eine rote Bluse herumschwirrte, die zu meinen Lieblingsklamotten gehörte, aber bei den anderen Blusen und Hemden fand ich sie nicht. Was bedeutete, dass irgendwer an meinem Schrank gewesen war und darin rumgewühlt hatte.

Mein Kleiderschrank ist wie alles bei mir: sauber und ordentlich. In den Wohnungen meiner Mutter hatte immer das totale Chaos geherrscht; deswegen war mein Zimmer – der einzige Ort, den ich so gestalten konnte, wie ich wollte – perfekt durchorganisiert. Alles an seinem Platz, damit ich es leicht wiederfand. Okay, vielleicht war ich ein bisschen zwanghaft. Na und? Zumindest war ich keine Schlampe.

»Für Jonathan nicht.« Auf meinen fragenden Blick hin fuhr sie fort: »Für ihn ist heute ein besonderer Abend. Er wird abserviert. Und er weiß es bisher nicht einmal. Er isst wahrscheinlich gerade einen Cheeseburger oder putzt sich die Zähne oder holt Klamotten aus der Reinigung und hat keinen Schimmer. Nicht die geringste Ahnung.«

Ich gab es auf, weiter nach der roten Bluse zu suchen, und zog stattdessen ein Tanktop aus dem Schrank. Was sollte ich dazu noch sagen? Klar, abserviert zu werden war ätzend. Aber wenn es schon sein musste – war schonungslose Ehrlichkeit dann nicht besser? Es war doch viel fairer, unumwunden zuzugeben, dass die Gefühle einfach nicht stark genug waren und auch nie sein würden. Weswegen es auch fairer war, die Zeit des anderen nicht weiter in Anspruch zu nehmen. Im Prinzip tat ich ihm also einen Gefallen. Gab ihn frei, damit er eine Chance auf was Besseres bekam. Wirklich, wenn man drüber nachdachte, war ich glatt eine Heilige.

Als wir eine halbe Stunde später bei Quik Zip, unserer Lieblingstankstelle, eintrudelten, wartete Jess bereits auf uns. Chloe kam wie üblich zu spät.

»Hi«, begrüßte ich Jess, während ich auf sie zuschlenderte. Sie lehnte an ihrem Schiff von Auto, einem alten Chevy mit durchhängender Stoßstange, und nuckelte an einer extragroßen Cola – unserer bevorzugten Lieblingsdroge. Bei Quik Zip kostete der extragroße Becher einen Dollar neunundfünfzig, war damit der beste Deal in der ganzen Stadt und außerdem sehr vielfältig einsetzbar.

»Ich hol mir ein paar Smarties«, rief Lissa, die gerade ihre Wagentür zuschlug. »Will irgendwer irgendwas?«

»Cola light«, rief ich zurück und fischte nach meiner Geldbörse, doch sie winkte ab, schon fast im Laden. »Extragroß!«, setzte ich hinzu.

Sie nickte, dann schwang die Tür hinter ihr zu. Die Hände lässig in die Taschen gesteckt ging sie schnurstracks zu dem Regal mit Süßigkeiten – ach was, sie hüpfte vor lauter Vorfreude. Lissa war verrückt nach Süßigkeiten und eine berühmt-berüchtigte Expertin auf dem Gebiet; sie war der einzige Mensch, den ich kannte, der den Unterschied zwischen Rosinen mit Schokoüberzug und Schokorosinen schmeckte. Ja, doch, es gibt einen Unterschied.

»Wo ist Chloe?«, fragte ich. Jess nahm nicht mal den Strohhalm aus dem Mund und zuckte statt zu antworten bloß die Achseln.

»Sagten wir nicht pünktlich um sechs?«, fragte ich weiter.

»Entspann dich, du kleine Zwangsneurotikerin«, meinte Jess trocken und schüttelte ihren Becher, so dass die Eisstückchen geräuschvoll in dem Colarest herumplatschten. »Es ist gerade mal sechs.«

Seufzend lehnte ich mich neben sie an den Wagen. Ich hasse Unpünktlichkeit. Chloe verspätete sich grundsätzlich, mindestens um fünf Minuten. Und das an einem guten Tag. Lissa kam in der Regel zu früh, und Jess war Jess: zuverlässig, der Fels in der Brandung, immer auf die Minute pünktlich. Seit dem fünften Schuljahr war sie meine beste Freundin und der einzige Mensch, auf den ich mich wirklich verlassen konnte.

Wir lernten uns kennen, weil wir dank Mrs Douglas’ alphabetischer Sitzordnung an benachbarten Tischen landeten: Erst kam Nasenpopler Mike Schemen, dann Jess, dann ich und auf meiner anderen Seite Adam Struck, der immer so röchelte. Allein wegen der Umzingelung durch dieses Horrorpärchen waren wir quasi gezwungen beste Freundinnen zu werden. Schon damals war Jess eine stattliche Erscheinung. Nicht dick – genauso wenig, wie sie heute dick ist –, sondern einfach groß, breit, stämmig, mit schweren Knochen. Sie überragte sämtliche Jungen in unserer Klasse und war beim Völkerball allen weit überlegen. Wenn sie einen in der ersten Stunde beim Sportunterricht mit dem roten Medizinball erwischte, sah man den Abdruck noch, nachdem es längst zum Ende der letzten Stunde geklingelt hatte. Viele Leute hielten Jess daher für link oder brutal, aber sie irrten sich. Sie wussten nicht, was ich wusste: Weil ihre Mutter früh gestorben war, musste sie sich um ihre beiden jüngeren Brüder kümmern, während ihr Vater von morgens bis abends im Kraftwerk arbeitete. Die Familie war immer knapp bei Kasse und Jess durfte von heute auf morgen kein Kind mehr sein.

Acht Jahre später, nachdem wir gemeinsam drei ätzende Mittelstufenklassen und ein paar halbwegs akzeptable Highschooljahre überstanden hatten, waren wir immer noch eng befreundet. Hauptsächlich, weil ich all diese Dinge über sie wusste, während Jess anderen gegenüber eher verschlossen war und ihre Privatangelegenheiten für sich behielt. Aber auch, weil sie zu den wenigen Menschen gehörte, die sich von mir nichts gefallen ließen. Dafür respektierte ich sie.

»Sieh mal einer an«, sagte sie gerade in dem für sie typischen trockenen Ton und verschränkte die Arme vor der Brust. »Die Königin beliebt zu kommen.«

Chloe hielt neben uns, stellte den Motor ihres Mercedes ab und klappte die Sichtblende runter, um ihren Lippenstift zu überprüfen. Jess seufzte geräuschvoll, doch ich beachtete sie nicht weiter. Sie und Chloe – das war schon immer so gewesen. Wir hatten uns daran gewöhnt wie an Hintergrundmusik. Nur wenn wirklich gar nichts los und das Leben voll öde war, fiel uns das ständige Gestichel überhaupt noch auf.

Chloe stieg aus, schlug die Wagentür zu und kam zu uns rüber. Sie sah wie immer toll aus: schwarze Hose, blaues Hemd, ein cooles Jackett, das ich noch nicht an ihr gesehen hatte. Ihre Mutter war Stewardess und ging leidenschaftlich gern zum Shopping – eine tödliche Kombination, die dazu führte, dass Chloe ausschließlich die neuesten Klamotten aus den angesagtesten Boutiquen trug. Unsere kleine Trendsetterin.

Sie strich sich die Haare hinter die Ohren. »Hi, ihr beiden. Wo steckt Lissa?«

Ich deutete mit dem Kinn Richtung Kiosk. Lissa stand an der Theke und plauderte beim Bezahlen mit dem Kassierer. Wir sahen ihr entgegen, während sie ihm zum Abschied zuwinkte und zurück zu uns auf den Parkplatz kam, eine Tüte Smarties – natürlich bereits geöffnet – in der Hand. »Wer will eins?«, rief sie und setzte, als sie Chloe sah, begeistert hinzu: »Hallo. Cooles Jackett!«

»Danke.« Chloe strich mit den Fingern darüber. »Neu.«

»Was für eine Überraschung«, lautete Jess’ sarkastischer Kommentar.

»Ist das Diätcola?«, konterte Chloe mit kritischem Blick auf den Becher in Jess’ Hand.

»Okay, okay, immer mit der Ruhe.« Wie ein Schiedsrichter hob und senkte ich meine Hand zwischen ihnen. Lissa reichte mir meine Cola light, extragroß. Ich nahm einen tiefen, genüsslichen Schluck. Köstlich. Das Getränk der Götter. Ehrlich. »Wie geht’s jetzt weiter?«, fragte ich.

»Ich hole Adam um halb sieben bei Double Burger von der Arbeit ab.« Lissa schmiss noch ein paar Smarties ein. »Wir können uns ja später mit euch im Bendo oder wo auch immer treffen.«

»Und was läuft heute im Bendo?« Chloe klimperte mit ihren Schlüsseln.

»Keine Ahnung«, meinte Lissa. »Irgendeine Band tritt auf. Wir könnten auch auf diese Party gehen, die irgendwo in Arbors stattfindet. Außerdem hat Matthew Ridgefield ein Fass besorgt und gibt einen aus ... ach ja, und Remy muss zwischendurch Jonathan abservieren.«

Alle Augen richteten sich auf mich. »Nicht unbedingt in der Reihenfolge«, fügte ich Lissas Aufzählung hinzu.

»Jonathan steht also auf der Abschussliste.« Belustigt nahm Chloe eine Zigarettenschachtel aus ihrer Jacketttasche und hielt sie mir hin. Ich schüttelte den Kopf.

»Sie hat aufgehört«, meinte Jess. »Schon vergessen?«

»Sie hört ständig auf«, erwiderte Chloe, zündete ein Streichholz an, beugte sich zu der Flamme und schüttelte das Streichholz anschließend aus. »Was hat er angestellt, Remy? Dich versetzt? Oder – noch schlimmer – dir ewige Liebe geschworen?«

Ich schüttelte bloß den Kopf. Ich wusste, was jetzt kam.

Jess grinste. »Er hatte Klamotten an, die nicht zusammenpassen.«

»Er hat in ihrem Auto geraucht«, sagte Chloe. »Das muss es sein.«

»Oder vielleicht hat er beim Sprechen einen Grammatikfehler gemacht.« Lissa kniff mich spielerisch in den Arm. »Und ist eine Viertelstunde zu spät gekommen.«

»Horror!«, kreischte Chloe. Die drei brachen in Gelächter aus. Ich hörte mir das Gelaber an und mir fiel mal wieder auf, dass die drei anscheinend nur dann miteinander auskamen, wenn sie gemeinsam auf mir herumhacken konnten.

»Sehr witzig«, sagte ich schließlich. Okay, ich war anspruchsvoll und setzte hohe Standards, was Beziehungen anging. Und das war so bekannt, dass es schon wieder langweilig wurde. Aber wenigstens hatte ich Prinzipien. Chloe dagegen ging ständig mit Collegestudenten aus, die sie nach Strich und Faden betrogen. Jess löste das Problem, indem sie mit niemandem ausging. Und Lissa – tja, Lissa war immer noch mit dem Typen zusammen, an den sie ihre Jungfräulichkeit verloren hatte; sie zählte also nicht wirklich. Aber ich würde mir jegliche Bemerkung verkneifen und ihre Bösartigkeiten einfach ignorieren. Schon aus Prinzip.

»Also gut«, sagte Jess schließlich. »Wie sollen wir’s machen?«

»Lissa trifft sich wie verabredet mit Adam«, antwortete ich. »Du, ich und Chloe fahren erst am Treff vorbei und dann zum Bendo. Einverstanden?«

»Okay«, meinte Lissa. »Bis später.« Sie düste los. Chloe stellte ihr Auto schnell auf dem Parkplatz um die Ecke ab. Jess’ Blick fiel auf meine Hand; sie kniff die Augen zusammen.

»Was ist das?« Sie nahm meine Hand. Ich sah ebenfalls darauf. Telefonnummer und Name standen immer noch dort, ein wenig verschmiert zwar, aber eindeutig vorhanden. Ich hatte die Schrift abwaschen wollen, bevor ich aus dem Haus ging, aber dann war mir anscheinend was dazwischengekommen.

»Eine Telefonnummer?«

»Unwichtig«, antwortete ich. »Hab bloß so einen blöden Typen kennen gelernt.«

»Du bist und bleibst eine Männermörderin«, meinte sie nur.

Wir stiegen in Jess’ Auto, ich zu ihr nach vorne, Chloe kletterte auf den Rücksitz, musste aber erstmal einen voll gestopften Wäschekorb, einen Footballhelm und ein paar Knieschützer von Jess’ Brüdern aus dem Weg räumen. Sie verzog das Gesicht, verkniff sich allerdings jeden Kommentar. Chloe und Jess kabbelten sich zwar dauernd, aber Chloe wusste genau, wo die Grenze war.

»Zum Treff?« Jess ließ den Motor an. Ich nickte. Sie legte den Rückwärtsgang ein und fuhr langsam aus der Parklücke. Ich schaltete das Radio ein. Chloe zündete sich eine neue Zigarette an und schmiss das Streichholz aus dem Fenster. Jess wollte gerade auf die Straße einbiegen, da deutete sie mit dem Kopf auf einen großen Müllcontainer aus Metall, der in etwa sieben Meter Entfernung neben den Zapfsäulen stand, und zwar auf meiner Seite.

»Um wie viel wetten wir?«, fragte Jess. Ich steckte den Kopf durchs Fenster, um die Entfernung besser einschätzen zu können, nahm ihren fast leeren Becher und schüttelte ihn probehalber, wegen des Gewichts.

»Zwei Dollar«, lautete mein Angebot.

»Oh, Mann«, meldete Chloe sich genervt vom Rücksitz her und atmete hörbar den Rauch aus. »Könnt ihr den Mist nicht endlich lassen? Wir gehen wirklich nicht mehr in den Kindergarten. Und die Schule ist auch vorbei.«

Jess beachtete sie gar nicht, sondern schüttelte kurz ihr Handgelenk aus, nahm den Colabecher und hielt ihn auf ihrer Seite aus dem Fenster. Sie kniff die Augen zusammen, hob leicht das Kinn – und ließ den Becher mit einer gekonnten, fließenden Bewegung los. Er segelte in einem eleganten Bogen über uns und das Auto hinweg, drehte sich in der Luft mehrmals spiralförmig um sich selbst und landete schließlich mit einem dumpfen Aufprall in dem Müllcontainer. Und zwar mit Deckel drauf und Strohhalm drin.

»Wahnsinn«, sagte ich. Jess lächelte mich an. »Ich kapier einfach nicht, wie du das hinkriegst.«

»Fahren wir jetzt endlich los?«, fragte Chloe.

Jess fädelte sich in den Verkehr ein. »Mit einer lockeren Bewegung aus dem Handgelenk. Wie alles im Leben.«

Unser Treffpunkt, von dem aus wir traditionell in den Abend starteten, gehörte ursprünglich Chloe. Als sie im dritten Schuljahr war, ließen ihre Eltern sich scheiden. Ihr Vater zog mit seiner neuen Freundin weg; vorher verkaufte er die meisten Grundstücke, die er während seiner Zeit als Bauunternehmer in unserer Stadt erworben hatte – bis auf eines. Es lag am Stadtrand, ein Stück hinter unserer Schule. Ein brachliegendes Gelände, auf dem nichts war als Gras und ein Trampolin, das er Chloe zu ihrem siebten Geburtstag geschenkt hatte. Nachdem er fort war, verbannte Chloes Mutter das Teil aus ihrem sorgfältig gestylten Garten; es passte nicht zu ihren Marmorbänken und kunstvoll beschnittenen Hecken. Deswegen landete das Trampolin draußen auf dem flachen Land und moderte vergessen vor sich hin. Bis wir alt genug für den Führerschein waren, einen Rückzugsort brauchten und Chloe das Trampolin wieder einfiel.

Bevor wir also abends ausgingen, hockten wir immer erst eine Zeit lang auf dem Trampolin, das mitten auf der Wiese stand, mit einem grandiosen Ausblick auf Himmel und Sterne. Es hatte seine Spannkraft noch nicht völlig verloren; jedenfalls reichte eine Bewegung, damit alle ins Schaukeln gerieten. Woran man tunlichst dachte, wenn man gerade beim Einschenken war.

»Pass doch auf«, sagte Chloe genau aus dem Grund gerade zu Jess, denn ihre Hand wackelte bedenklich, während sie etwas Rum in meine Cola goss – aus einem von diesen Minifläschchen, die man im Flugzeug kriegt und die Chloes Mutter regelmäßig mit nach Hause brachte. Ihre Spirituosensammlung sah aus, als stamme sie aus einem Zwergenhaushalt.

»Immer schön locker bleiben.« Jess lehnte sich zurück, stützte sich auf ihren Handflächen ab und schlug die Beine übereinander.

»So läuft es jedes Mal, wenn Lissa nicht hier ist«, grummelte Chloe und öffnete ein Fläschchen für sich selbst. »Dann ist echt Essig mit der Balance, das ganze Gleichgewicht gerät durcheinander.«

»Lass gut sein, Chloe«, sagte ich, nahm einen Schluck von meiner aufgepeppten Cola und bot Jess auch davon an, allerdings nur aus Höflichkeit. Denn Jess trank nie, rauchte nie, war immer der Chauffeur. Sie hatte so lange Mutter für ihre Brüder gespielt, dass sie uns gegenüber automatisch in die gleiche Rolle verfiel.

»Schöner Abend, was?«, sagte ich zu ihr. Sie nickte. »Schwer zu glauben, dass alles vorbei ist.«

»Zum Glück!« Chloe wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Und nicht eine Sekunde zu früh.«

»Darauf trinken wir.« Ich beugte mich vor, um meinen Colabecher prostend gegen ihr Minifläschchen zu stupsen. Und dann schwiegen wir, saßen einfach nur da. Alles war still bis auf die Grillen, die in den Bäumen um uns ihr Konzert begannen.

»Trotzdem komisch«, meinte Chloe schließlich, »dass es sich gar nicht anders anfühlt.«

»Was?«, fragte ich.

»Alles«, antwortete sie. »Ich meine, wir haben so lange darauf gewartet. Die Schule ist endlich vorbei. Es ist etwas vollkommen Neues, aber alles fühlt sich genauso an wie vorher.«

»Weil das Neue noch nicht angefangen hat.« Jess betrachtete den Himmel über uns. »Wenn der Sommer zu Ende geht, wird sich alles anders anfühlen. Denn dann beginnt das Neue.«

Chloe fischte ein weiteres Fläschchen – dieses Mal Gin – aus ihrer Jacketttasche und schraubte den Deckel ab. »Die Warterei ist trotzdem ätzend.« Sie nahm einen Schluck Gin. »Ich meine, darauf zu warten, bis das Neue anfängt.«

Auf der Straße hinter uns ertönte lautes Hupen, das allmählich wieder verklang, während das Auto vorbeifuhr. Das war das Schöne an unserem Treff: Man hörte alles, aber niemand sah einen.

»Es ist bloß eine Zwischenperiode«, sagte ich. »Sie wird schneller vorüber sein, als du im Moment glaubst.«

»Hoffentlich«, erwiderte Chloe.

Ich stützte mich auf meine Ellbogen und legte den Kopf in den Nacken, um in den Himmel zu schauen. Er war rosa gefärbt, mit roten Streifen. Diese Tageszeit, der Übergang von Dämmerung zu Dunkelheit, war uns unendlich vertraut. Denn an diesem Ort warteten wir immer auf die Nacht. Ich spürte die Bewegung des Trampolins, das sich mit unseren Atemzügen hob und senkte, uns sanft, in winzigen Schüben, gen Himmel und wieder zurück schaukelte, während die Farben allmählich verblassten und schließlich, allmählich, die Sterne hervortraten.

 

Als wir gegen neun beim Bendo eintrudelten, war ich angenehm beschwipst. Wir parkten und beäugten den Türsteher aus der Ferne.

»Perfekt.« Ich klappte die Sichtblende herunter, um mein Make-up zu überprüfen. »Es ist Rodney.«

»Wo ist mein Ausweis?« Chloe durchwühlte ihre Taschen. »Gerade hatte ich das Teil noch.«

Ich drehte mich zu ihr um: »Vielleicht in deinem BH?« Sie kniff die Augen zusammen, griff sich kurz unters Hemd – und zog ihren Ausweis hervor. Chloe benutzte ihren BH wie andere Menschen Taschen, steckte einfach alles hinein: Ausweis, Geld, Haarspangen. Und wie bei einem Taschenspielertrick zog sie das Zeug dann wieder heraus, so als zauberte sie ein Kaninchen aus einem Hut oder Münzen hinter einem Ohr hervor.

»Volltreffer!« Sie steckte den Ausweis in ihre Brusttasche.

»Wie überaus elegant«, meinte Jess.

»Musst du gerade sagen ...«, konterte Chloe. »Wenigstens trage ich einen BH.«

»Und ich bräuchte wirklich einen«, entgegnete Jess.

Chloe sah sie aus zu Schlitzen verengten Augen an. In dem Punkt war sie sehr empfindlich, denn sie trug Körbchengröße B, und zwar so gerade eben. »Tja, zumindest ...«

»Schluss jetzt!«, mischte ich mich ein. »Auf geht’s, Mädels.«

Rodney saß auf einem Barhocker, der gleichzeitig die Tür offen hielt. Er sah uns mit scharfem Blick entgegen, während wir die Stufen zu ihm hochliefen. Ins Bendo durfte man erst ab achtzehn, trotzdem kamen wir schon seit fast drei Jahren regelmäßig her. Um Alkohol zu kriegen, brauchte man einen Extrastempel, und den bekam man sogar erst ab einundzwanzig, aber mit unseren gefälschten Ausweisen gelang es Chloe und mir meistens, diesen Stempel zu ergattern. Vor allem bei Rodney.

»Remy, Remy«, meinte er, als ich meinen gefälschten Ausweis aus der Tasche zog. Mein Name, mein Gesicht, das Geburtsdatum meines Bruders, damit ich alles automatisch runterleiern konnte, falls ich gefragt wurde. »Wie fühlt man sich, wenn man die Schule frisch hinter sich hat?«

»Keine Ahnung, was du meinst.« Ich lächelte ihn an. »Du weißt doch, dass ich längst aufs College gehe.«

Meinen Ausweis beachtete er kaum, doch während er den Stempel auf meine Hand drückte, strich er mit seinen schmierigen Pfoten extralang drüber. Ekelhaft. »Was studierst du denn im Hauptfach?«

»Englische Literatur«, antwortete ich. »Und im Nebenfach Management.«

»Ich hätte da was für dich zu managen«, meinte er, warf einen Blick auf Chloes Ausweis und drückte einen Stempel auf ihre Handfläche. Sie war allerdings schneller als er und zog ihre Hand, bevor er wieder grabschen konnte, so schnell weg, dass die Stempelfarbe verschmierte.

»Du bist echt widerlich«, sagte Jess zu ihm, doch er zuckte bloß die Achseln, winkte uns durch und richtete seinen Jägerblick bereits auf die nächsten Mädchen, die die Stufen heraufkamen.

»Ich komme mir so schmuddelig vor«, seufzte Chloe, während wir hineingingen.

»Wart’s ab, nach dem ersten Bier geht es dir besser.«

Es war schon ziemlich voll. Die Band trat noch nicht auf, aber die Leute standen in Zweierreihen an der Bar Schlange und der Raum war völlig verqualmt; dichte Zigarettenschwaden mischten sich mit Schweißgeruch.

»Ich suche uns mal einen Tisch«, rief Jess mir zu. Ich nickte und steuerte, Chloe im Schlepptau, die Bar an. Wir drängten uns durchs Gewühl, schlängelten uns um die Leute herum, bis wir in der Nähe der Zapfhähne in halbwegs aussichtsreicher Position Stellung bezogen.

Ich versuchte gerade den Barkeeper heranzuwinken, da merkte ich, wie sich jemand von hinten an mich herandrängelte. Ich wollte ausweichen, aber da, wo ich stand, war es einfach zu voll, deshalb machte ich mich so schmal wie möglich und fuhr die Ellbogen als seitliche Sperre aus. Dann, ganz leise, hörte ich plötzlich eine Stimme dicht an meinem Ohr. In einem schmierigen Tonfall – er hätte glatt einem Roman meiner Mutter entsprungen sein können – säuselte es: »Ah, so trifft man sich wieder.«

Ich wandte ein wenig den Kopf. Und da war er, unmittelbar neben oder besser gesagt auf mir: der Typ von heute Mittag, der aus Dons Laden. Er trug ein rotes T-Shirt mit der Aufschrift NOT JUST FRESH: MOUNTAIN FRESH. Und er grinste mich an.

»O Gott«, sagte ich.

»Sag einfach Dexter zu mir.« Ich ignorierte die Hand, die er mir entgegenstreckte, und sah mich Hilfe suchend nach Chloe um. Doch sie wurde gerade von einem mir unbekannten Kerl im Karohemd zugetextet.

»Zwei Bier!«, brüllte ich dem Barkeeper zu, der mich endlich zur Kenntnis nahm.

»Drei bitte!«, schrie dieser Dexter-Typ.

»Wir sind nicht zusammen hier«, sagte ich.

»Stimmt, offiziell nicht«, meinte er ungerührt. »Aber das kann sich ja ändern.«

Der Barkeeper stellte drei Plastikbecher vor mir ab und ich sagte: »Hör zu, ich bin...«

Er unterbrach mich, wobei er sich gleichzeitig eins der Biere nahm: »Du hast meine Nummer noch, wie ich sehe.« Er knallte einen Zehner auf die Theke. Damit machte er wenigstens ein bisschen was wieder gut. Aber nicht viel.

»Ich hatte noch nicht die Gelegenheit, sie abzuwaschen.«

»Wärst du beeindruckt, wenn ich dir erzähle, dass ich in einer Band mitspiele?«

»Nein.«

»Überhaupt kein bisschen?«, fragte er erstaunt. »Ich dachte, ihr Tussen mögt Typen, die in Bands spielen.«

»Erstens bin ich keine Tusse.« Ich schnappte mir die beiden anderen Bierbecher. »Zweitens lebe ich, was Musiker betrifft, nach einer eisernen Grundregel.«

»Und die lautet?«

Ich wandte ihm den Rücken zu und begann mir einen Weg durch die Menge zu bahnen. »Keine Musiker!«

»Ich könnte ein Lied für dich schreiben.« Er folgte mir. Ich drängelte mich so schnell vorwärts, dass die Biere in meinen Händen ständig überschwappten, doch er blieb mir im Nacken. Mist.

»Ich will kein Lied.«

»Jeder will ein Lied.«

»Ich nicht.« Ich stieß Chloe an. Sie drehte sich zu mir um, mit großen, strahlenden Augen, leicht erhitzten Wangen – sie war eindeutig im Flirtmodus. Ich gab ihr einen der Plastikbecher und meinte: »Ich guck mal nach, wo Jess hin ist.«

»Ich komme mit.« Sie winkte dem Jungen, mit dem sie geredet hatte, lässig zu und folgte mir. Der verrückte Musikertyp heftete sich ebenfalls an meine Fersen, wobei er immer weiterquasselte.

»Ich glaube, du magst mich«, verkündete er im Brustton der Überzeugung, während ich jemandem auf den Fuß trat. Ein Aufschrei ertönte, doch ich ging unbeirrt weiter und antwortete: »Du irrst dich, und zwar gewaltig.«

Endlich entdeckte ich Jess; sie saß in einer Ecke an einem Tisch, hatte den Kopf auf die Hände gestützt und wirkte unendlich gelangweilt. Als sie mich sah, machte sie eine Wo-zum-Teufel-bleibst-du-so-lang-Geste. Ich schüttelte entschuldigend den Kopf.

»Wer ist der Typ?«, rief Chloe von irgendwo hinter mir.

»Niemand«, antwortete ich.

»Dexter«, antwortete er und drehte sich kurz um, damit er Chloe die Hand schütteln konnte. »Hi, wie geht’s dir?« Dabei blieb er jedoch keinen Zentimeter hinter mir zurück.

»Okay«, erwiderte Chloe überrumpelt. »Remy?«

»Einfach weitergehen«, rief ich ihr über die Schulter zu und schlängelte mich geschickt um zwei Typen mit Dreadlocks herum. »Irgendwann gibt er von selbst auf.«

»Oh, ihr Kleingläubigen«, meinte er vergnügt. »Ich fange gerade erst an.«

Zu dritt erreichten wir den Tisch: ich, Musikerheini Dexter und Chloe. Ich war ziemlich außer Atem und Chloe wirkte leicht verwirrt. Er dagegen schlüpfte wie selbstverständlich neben Jess auf die Bank und hielt ihr die Hand hin: »Hallo. Ich gehöre zu deinen beiden Freundinnen hier.«

Jess warf mir einen fragenden Blick zu, aber ich war zu erledigt, um zu reagieren; ich konnte nur noch auf die Bank plumpsen und einen großen Schluck Bier trinken. »Also gut«, meinte sie, »ich bin mit den beiden zusammen gekommen. Aber dich kenne ich überhaupt nicht. Wie ist das bloß möglich?«

»Das ist tatsächlich eine spannende Geschichte«, antwortete er.

Ungefähr eine Minute lang sagte keiner von uns ein Wort, bis ich schließlich stöhnte: »Danke, Mädels! Als Nächstes wird er euch die Geschichte erzählen.«

»Also«, fing er prompt an und lehnte sich zurück. »Ich war heute bei diesem Autohändler, da sah ich plötzlich ein Mädchen. Einfach so, quer durch den Raum, der voller Menschen war, sah ich sie. Es war einer von diesen magischen Momenten, ganz klar, ihr wisst schon, was ich meine.«

Ich verdrehte die Augen. Chloe sagte: »Das Mädchen – das war Remy?«

»Ja, Remy.« Er lächelte, als er meinen Namen aussprach, und fragte mich: »Möchtest du erzählen, wie es weiterging?« Als wären wir ein glückliches Pärchen in den Flitterwochen, das irgendwelchen fremden Menschen gerade erzählte, wie es sich kennen gelernt hatte.

»Nein«, antwortete ich schroff.

»Na gut«, fuhr er fort, »ihr müsst wissen, dass ich ein impulsiver Mensch bin.« Und um das zu unterstreichen, haute er mit der Hand auf den Tisch, dass unsere Becher hüpften. »Ein Mann der Tat. Also marschierte ich zu ihr, setzte mich neben sie und stellte mich vor.«

»Ach wirklich?« Chloe grinste mich an.

»Verzieh dich endlich, okay?«, sagte ich zu ihm. In dem Moment verstummte die Musik vom Band, auf der Bühne klopfte jemand gegen das Mikro und sagte: »Test, Test.«

»Die Pflicht ruft.« Er stand auf, schob seinen halb vollen Becher Bier zu mir rüber und sagte: »Bis später?«

»Nein.«

»Okay, bis nachher also.« Er stürzte sich ins Gewühl. Und weg war er. Wieder saßen wir einen Moment lang schweigend da. Ich trank mein Bier aus, schloss die Augen und presste den leeren Becher an meine Schläfe. Ich fühlte mich völlig durch den Wind, obwohl es noch gar nicht so spät war.

Schließlich meinte Chloe wissend: »Remy, du verheimlichst uns etwas.«

»Überhaupt nicht«, antwortete ich. »Es war so idiotisch und banal, dass ich es komplett vergessen hatte.«

»Er quatscht zu viel.« Das kam von Jess.

»Sein T-Shirt ... nicht schlecht«, sagte Chloe. »Interessanter Sinn für Styling.«

In dem Augenblick rutschte Jonathan zu mir auf die Bank: »Hallo, die Damen.« Er legte einen Arm um meine Taille. Dann grabschte er sich das Bier des durchgeknallten Musikerheinis und nahm einen tiefen Schluck, denn er dachte natürlich, es wäre meins. Ich hätte ihn ja davon abgehalten, aber genau das war Teil unseres Problems: dass er es einfach tat. Ich kann es nicht ausstehen, wenn Typen sich mir gegenüber besitzergreifend aufführen. Und Jonathan war von Anfang an so draufgewesen.

Als wir uns kennen lernten, gingen wir in die letzte Highschool-Klasse und er war eigentlich echt nett. Doch sobald wir offiziell zusammen waren, wollte er, dass alle Welt es wusste, und machte sich gleichzeitig wie selbstverständlich überall in meinem Leben breit. Als ich noch rauchte, nahm er ständig meine Zigaretten, und zwar ohne zu fragen. Telefonierte zu jeder Tages- und Nachtzeit mit meinem Handy, natürlich auch ohne zu fragen. Und in meinem Auto tat er zunehmend so, als wäre es seines; dabei ist mein Auto absolut verbotenes Terrain. Ich kann es nicht ab, wenn jemand die Sender an meinem Radio umprogrammiert oder sich bei meinem Aschenbecher-Kleingeldvorrat bedient. Und was tat Jonathan? Mit derlei Kleinigkeiten gab er sich nicht einmal ab, sondern bestand sofort darauf, sich ans Steuer zu setzen, obwohl er ein berüchtigt schlechter Autofahrer war: Die Liste seiner Geschwindigkeitsübertretungen und Stoßstangenmacken war länger als mein rechter Arm.

Und ich? Ich blöde Ziege ließ ihn machen, weil ich entweder blind vor Liebe (unwahrscheinlich) oder verrückt vor Lust (schon wahrscheinlicher) war. Und prompt erwartete er automatisch, dass ich mich in meinem eigenen Auto nur noch auf den Beifahrersitz setzte. Was obendrein dazu führte, dass er sich noch stärker als Ken aufspielte – Ken wie in Barbie, der ultimative feste Freund – und solche Sachen brachte, wie mich in aller Öffentlichkeit anzugrabbeln oder einfach aus meinem Bierbecher zu trinken. Beziehungsweise dem, was er für meinen Bierbecher hielt.

»Ich muss kurz bei mir zu Hause vorbei«, sagte er dicht an meinem Ohr, wobei er seine Hand von meiner Taille zu meinem Knie wandern ließ. Dort blieb sie dick und fett liegen. »Kommst du mit?«

Ich nickte. Er trank das Bier in einem Zug aus und knallte den leeren Becher auf den Tisch. Jonathan machte gern einen drauf, was eine weitere Eigenschaft von ihm war, mit der ich Schwierigkeiten hatte. Ich meine, ich trinke auch ab und zu Alkohol. Aber er übertrieb maßlos. Soff, bis ihm schlecht wurde. In dem halben Jahr, das wir mittlerweile zusammen waren, hatte ich auf ziemlich vielen Partys ziemlich viel Zeit vor Badezimmertüren verbracht, weil ich warten musste, bis er mit Kotzen fertig war und wir heimfahren konnten. Nicht unbedingt ein Pluspunkt.

Er schlängelte sich aus der Nische, ließ ab von meinem Knie und krallte sich stattdessen meine Hand. »Ich komme wieder«, sagte ich zu Jess und Chloe. Jemand drängelte sich zwischen uns durch, so dass Jonathan mich endlich loslassen musste. Glücklicherweise war es einfach zu voll, um Hand in Hand zu gehen.

»Viel Glück«, meinte Chloe. »Ich fasse es nicht, dass du ihn das Bier von dem Kerl hast trinken lassen.«

Ich wandte mich um: Jonathan wartete bereits ungeduldig.

»Mann auf dem Weg zur Hinrichtung«, sagte Jess leise und sarkastisch. Chloe lächelte verächtlich.

»Ciao.« Ich zwängte mich durchs Gewühl, wo Jonathans ausgestreckte Hand nur darauf wartete, mich wieder in den Griff zu nehmen.

 

»Hör mal«, sagte ich und schob ihn weg. »Wir müssen reden.«

»Jetzt?«

»Jetzt.«

Er seufzte, lehnte sich auf dem Bett zurück und ließ den Kopf an die Wand sinken. »Okay, schieß los«, meinte er schicksalsergeben, als stimmte er gerade einer Wurzelbehandlung zu.

Ich saß ebenfalls auf dem Bett, zog die Knie an und mein Tanktop gerade. Aus »kurz noch mal zu Hause vorbei« wurde in null Komma nichts »eben ein paar Anrufe machen«. Und plötzlich fummelte er an mir rum und drückte mich in die Kissen, bevor ich überhaupt eine Chance hatte, mich langsam an das Thema heranzutasten, das anstand. Doch jetzt hatte ich endlich seine ungeteilte Aufmerksamkeit.

»Es geht um Folgendes«, begann ich. »Bei mir wird sich in nächster Zeit einiges ändern.«

Meine übliche Einleitung. Ich hatte im Laufe der Jahre gelernt, dass es diverse Techniken gab, um mit jemandem Schluss zu machen. So wie es unterschiedliche Typen Mann gab. Einige wurden sauer, regten sich voll auf; andere jammerten rum, fingen womöglich an zu flennen; wieder andere machten einen auf cool, taten, als wäre es ihnen völlig egal, als könnte man gar nicht schnell genug verschwinden. Meiner Einschätzung nach gehörte Jonathan zur letzteren Kategorie, doch sicher war ich mir nicht.

»Jedenfalls«, fuhr ich fort, »habe ich mir gedacht, dass ...«

Das Klingeln des Telefons unterbrach mich; meine mühsam aufgebaute Einleitung fiel in sich zusammen, ffft, wie ein Ballon, aus dem die Luft entweicht. Jonathan griff nach dem Hörer: »Hallo?« Es folgten ein paar Mmmhs und Jas, dann stand er auf, durchquerte das Zimmer und verschwand mitsamt Telefon im Bad, wobei er weiter vor sich hin brabbelte.

Ich fuhr mir durch die Haare. So was Bescheuertes! Schon den ganzen Abend über stimmte mein Timing nicht. Von nebenan ertönte gedämpft Jonathans Stimme. Ich schloss die Augen und dehnte meine Arme über den Kopf. Schließlich umfasste ich mit beiden Händen das Kopfende der Matratze hinter mir an der Wand. Und da berührte ich etwas.

Als Jonathan endlich fertig telefoniert, einen prüfenden Blick in den Spiegel geworfen und sich wieder zu mir ins Schlafzimmer begeben hatte, saß ich im Schneidersitz auf seinem Bett. Vor mir ein rotes Satinunterhöschen (Ich hatte es mit einem Kleenex unter der Matratze hervorgezogen – anfassen würde ich das Teil bestimmt nicht!). Vor Selbstbewusstsein strotzend schlenderte er herein, doch als er das Höschen sah, blieb er wie angewurzelt stehen.

»Umpf«, sagte er. Oder so etwas in der Art. Aber er hatte sich ziemlich schnell wieder unter Kontrolle. »Ey, äh, was ...«

»Was zur Hölle ist das?« Meine Stimme klang ganz ruhig.

»Ist das nicht deins?«

Kopfschüttelnd blickte ich gen Decke. Als ob ich je billige rote Polyesterunterwäsche tragen würde! Ich meine, ich hatte Prinzipien. Oder vielleicht doch nicht? Wenn man bedachte, mit wem ich die letzten sechs Monate verschwendet hatte ...

»Seit wann?«, fragte ich.

»Was meinst du?«

»Seit wann schläfst du mit einer anderen?«

»Das war nicht ...«

Ich schnitt ihm das Wort ab: »Seit wann?«

»Ich habe doch gar nichts ...«

»Seit wann?!«

Er schluckte. Es war das einzige Geräusch im Raum. Schließlich antwortete er: »Erst seit ein paar Wochen.«

Ich lehnte mich zurück und presste die Finger an meine Schläfen. Na toll! Nicht nur war ich die Betrogene – wenn es schon so lange lief, wusste sicher längst die halbe Stadt Bescheid. Ich stand also als Opfer da. Und das war ätzender als alles andere. Ach, die arme Remy! Am liebsten hätte ich ihn umgebracht.

»Du bist ein solches Arschloch«, sagte ich. Er war total rot und zittrig geworden. Mir ging plötzlich auf, dass er, wären die Dinge anders gelaufen, eventuell doch zur weinerlichen Kategorie gehört hätte. Wahnsinn. Man konnte einfach nie wissen.

»Remy. Bitte lass mich wenigstens ...« Er beugte sich vor und berührte meinen Arm. Endlich konnte ich genau das machen, was ich schon die ganze Zeit gewollt hatte: Ich riss den Arm weg, als hätte er mich verbrannt.

»Fass mich nicht an«, fauchte ich, schnappte mir meine Jacke, schlang sie um meine Hüften, stürmte aus dem Zimmer. Er stolperte hinter mir her. Ich knallte die Haustür hinter mir zu und war so in Fahrt, dass ich am Briefkasten vorbeiraste und auf dem Bürgersteig stand, bevor ich es überhaupt richtig merkte. Ich spürte, dass er mir von der Haustür aus nachblickte, doch er rief mich nicht zurück. Mal abgesehen davon, dass ich nicht reagiert hätte – die meisten Typen hätten zumindest so viel Anstand im Leib gehabt, es zu versuchen. Aber meine Meinung über ihn hätte sich dadurch natürlich nicht geändert.

Ich stiefelte kopflos davon. Da war ich also: stocksauer, ohne Auto, und das an einem Freitagabend. Mein erster Freitagabend als Erwachsene. Die Schule war vorbei. Willkommen im wirklichen Leben!

 

»Wo zum Teufel warst du so lange?«, empfing mich Chloe, als ich dank öffentlicher Verkehrsmittel vierzig Minuten später wieder im Bendo auftauchte.

»Du wirst es nicht glauben, aber ...«

»Nicht jetzt.« Sie nahm meinen Arm und zog mich durchs Gewühl nach draußen. Jess saß in ihrem Auto, die Fahrertür stand offen. »Wir haben einen Katastrophenfall!«, erklärte Chloe.

Ich ging auf das Auto zu. Im ersten Moment sah ich Lissa gar nicht, denn sie lag zusammengerollt auf der Rückbank, hielt ein Bündel grauer Papierhandtücher aus dem Bendo-Damenklo umklammert und schluchzte. Ihr Gesicht war rot geweint und nass vor Tränen.

»Was ist denn passiert?« Ich riss die hintere Tür auf und setzte mich neben sie.

»Adam h-h-hat Sch-Schluss gem-m-macht.« Vor lauter Schluchzen japste sie beim Sprechen. »Hat mich einfach a-a-abserviert.«

»Ist nicht wahr!«, sagte ich. Chloe stieg vorne ein und schlug die Wagentür hinter sich zu. Jess hatte sich auf dem Fahrersitz umgedreht und sah mich nur kopfschüttelnd an.

»Wann denn?«, fragte ich.

Lissa holte tief Luft und brach sofort wieder in Tränen aus. »Ich kann nicht«, murmelte sie und wischte sich mit einem Papierhandtuch übers Gesicht. »Ich kann nicht mal ...«

»Vorhin, als sie ihn bei Double Burger abgeholt hat«, erzählte Chloe. »Sie fuhr ihn nach Hause, damit er duschen konnte, und da hat er’s getan. Einfach so, ohne Vorwarnung.«

»Als ich ging, musste ich an s-s-seinen Eltern vorb-bbei«, fügte Lissa schniefend hinzu. »Und sie wussten genau Bescheid. Sahen mich an, als wäre ich ein Hund, den man getreten hat.«

»Was genau hat er denn gesagt?«, fragte ich sie.

Wieder antwortete Chloe (sie spielte gern die Sprecherin für andere): »Er sagte, dass er seine Freiheit braucht, weil Sommerferien sind und die Schule vorbei ist. Und weil er nicht will, dass einer von ihnen auf dem College irgendwas verpasst, nur weil sie zusammen sind. Er fände es wichtig, dass sie ...«

»... dass wir beide das Beste aus unserem L-L-Leben machen.« Lissa wischte sich über die Augen.

»Idiot!«, grummelte Jess. »Sei froh, dass du ihn los bist.«

»Ich l-l-liebe ihn!«, heulte Lissa los. Ich rückte näher an sie heran und legte einen Arm um ihre Schulter.

»Alles wird gut«, sagte ich.

»Und ich hatte keine Ahnung.« Sie atmete ein Mal tief ein und wieder aus, ließ das Papierhandtuch achtlos auf den Boden gleiten, zitterte ein bisschen. »Warum hatte ich nicht mal die geringste Ahnung?«

»Keine Angst, Lissa, du kommst drüber weg.« Chloes Stimme klang sanft.

»Ich bin wie Jonathan«, schluchzte sie und lehnte sich noch enger an mich. »Wir haben einfach unser Leben gelebt, Zeug aus der Reinigung geholt ...«

»Was meint sie?«, fragte Jess dazwischen.

»... und hatten keinen Schimmer, dass wir heute A-A-Abend abserviert werden würden«, beschloss Lissa ihren Satz.

»Apropos«, Chloe wandte sich an mich, »wie lief es?«

»Frag nicht.«

Lissa hatte ihren Kopf an meiner Schulter vergraben und heulte wie ein Schlosshund. Ich sah an Chloes Kopf vorbei zum Bendo rüber. Es war noch voller als vorher, die Leute standen Schlange, um reinzukommen. »Lass uns fahren«, sagte ich zu Jess. Sie nickte. »Das war sowieso ein Scheißabend.«

Chloe ließ sich in den Vordersitz sinken und machte den Zigarettenanzünder an. Jess startete den Motor. Ich reichte Lissa ein Papierhandtuch. Sie putzte sich kurz die Nase und schluchzte dann leise, aber heftig weiter, wobei sie sich an mich kuschelte. Der Wagen setzte sich in Bewegung. Ich streichelte über ihren Kopf. Ich wusste, wie weh es tat. Nichts ist so schlimm wie das erste Mal.

 

Natürlich mussten wir uns an der Tanke noch eine Runde Cola gönnen. Anschließend stieg Chloe in ihr Auto und fuhr heim, während Jess Lissa und mich zu mir nach Hause bringen wollte.

Wir waren beinahe an der Kreuzung, wo man zu mir abbiegen muss, da bremste Jess und flüsterte: »Adam!«

Ich wandte mich nach links. Tatsächlich, Adam stand mit einigen Freunden auf dem Parkplatz vor Coffee Shack. Was mich am meisten ankotzte, war die Tatsache, dass er lachte. Idiot!

Ich warf einen Blick über die Schulter. Lissa lag mit geschlossenen Augen auf der Rückbank und lauschte der Musik aus dem Radio.

»Fahr mal kurz ran«, sagte ich zu Jess und drehte mich nach hinten: »Liss?«

»Mmmmh?«

»Ganz ruhig, ja? Und bleib unten.«

»Okay«, antwortete sie leicht verwirrt.

Langsam tuckerten wir näher. Jess fragte: »Du oder ich?«

»Ich.« Ich nahm einen letzten Schluck von meiner geliebten Cola light. »Heute Abend brauche ich das.«

Jess trat ein wenig aufs Gaspedal.

»Bist du so weit?«, fragte sie.

Ich nickte und machte meinen Colabecher startklar. Perfekt.

Auf einmal trat Jess das Gaspedal durch, der Wagen schoss vorwärts. Und als Adam uns bemerkte, war es zu spät.

Mein bester Wurf war es nicht. Aber auch kein ganz schlechter. Während wir vorbeidüsten, flog der Becher durch die Luft, drehte sich schwerelos ein paarmal um sich selbst und traf ihn mitten am Hinterkopf. Cola light und Eisstückchen ergossen sich über seinen Rücken.

»So eine verfluchte Scheiße!«, brüllte er uns nach, als wir davondüsten. »Lissa! Verdammt! Remy! Blöde Schlampe!«

Ich hörte ihn noch brüllen, als er längst nicht mehr zu sehen war.

 

Nach anderthalb Packungen Prinzenrolle, vier Zigaretten und ausreichend Papiertaschentüchern, um die ganze Welt damit auszupolstern, schaffte ich es endlich, Lissa zum Schlafen zu bewegen. Und dann pennte sie natürlich auf der Stelle ein. Lag gemütlich auf meinem Bett, die Beine in meiner Daunendecke verheddert, und atmete tief durch die Nase.

Ich schnappte mir eine Ersatzdecke nebst Kissen und legte mich in meine Kleiderkammer. Von meinem improvisierten Schlafplatz aus hatte ich Lissa im Blick und vergewisserte mich, dass sie fest schlief, bevor ich den Stapel Schuhkartons, der rechts in der hinteren Ecke stand, beiseite schob und das Handtuchbündel hervorzog, das ich dort aufbewahrte.

Ich hatte einen extrem miesen Abend hinter mir. Das, was ich jetzt vorhatte, gestattete ich mir nicht oft; aber an manchen Abenden brauchte ich es einfach. Kein Mensch wusste davon.

Ich rollte mich zusammen, zog mir die Decke über den Kopf und schlug das Handtuch auseinander, darin: mein Discman. Ich setzte den Kopfhörer auf, schaltete das Licht aus und stellte Track Nummer sieben ein. In meiner Kleiderkammer gibt es ein Fenster in der Decke; wenn ich mich an die richtige Stelle lege, werde ich von einem Mondlichtviereck beschienen. Manchmal sehe ich sogar Sterne.

Das Lied beginnt sehr langsam. Ein paar Gitarrenakkorde, dann eine Stimme – die mir so vertraute Stimme. Ich kannte den Text auswendig. Er bedeutete mir etwas. Was niemand wissen muss. Aber die Worte bedeuten mir wirklich etwas.

Ein Wiegenlied aus wenig Worten

Aus ein paar einfachen Akkorden 

Still ist es hier im kahlen Raum.

Und doch wirst du es hören,

Wo immer du auch hingehst.

Selbst wenn ich dich verlasse,

Dies Wiegenlied klingt fort.

Ich würde zum Klang seiner Stimme einschlafen. Ich schlief immer ein. Jedes Mal.