Visumprobleme

»Alex Rider.« Der Blinde sprach die beiden Worte aus, als seien sie ihm gerade erst eingefallen. Er ließ sie sich auf der Zunge zergehen, kostete sie wie einen guten Wein. Er saß in einem weichen Ledersessel, ein Möbelstück, das im Büro eines Managers nicht weiter aufgefallen wäre, hier, in einem Flugzeug, fünfundzwanzigtausend Fuß über Adelaide, aber eher befremdlich wirkte. Das Flugzeug war eine Gulfstream V, ein Privatjet, speziell für diesen Einsatz ausgestattet mit Küche und Bad, Satellitenverbindung für weltweite Kommunikation, einem 40-Zoll-Plasmafernseher, auf dem drei internationale Nachrichtensender gleichzeitig liefen, und einer ganzen Batterie von Computern. Und Garth, dem Hund des Blinden, hatte man ein Körbchen hingestellt.

Der Mann hieß Ethan Brooke und war Leiter der CAD, Abteilung verdeckte Operationen, des australischen Geheimdienstes ASIS. Nur die wenigsten wussten, dass es eine solche Abteilung überhaupt gab.

Brooke war ziemlich groß, Mitte fünfzig, hatte sandblondes Haar und ein rotes, wettergegerbtes Gesicht, dem man ansah, dass er viele Jahre im Freien verbracht hatte. Er war Soldat gewesen, Oberstleutnant bei den Kommandotruppen, bis eine Landmine in Osttimor ihm erst drei Monate Krankenhaus und dann eine neue Karriere beim Nachrichtendienst beschert hatte. Er trug eine Armani-Sonnenbrille – silbern verspiegelt, nicht die üblichen schwarzen Gläser eines Blinden – und war ziemlich lässig gekleidet: Jeans, Jackett und ein offenes Hemd. Ein hoher Beamter im australischen Verteidigungsministerium hatte sich einmal über Brookes Kleidungsstil beklagt. Derselbe Beamte schleppte jetzt Koffer in einem Drei-Sterne-Hotel in Sydney.

Brooke war nicht allein. Ihm gegenüber saß ein Mann, etwa halb so alt wie er, schlank, kurze blonde Haare. Er trug einen Anzug. Marc Damon hatte sich beim australischen Geheimdienst beworben, sobald er mit der Uni fertig gewesen war. Zu diesem Zweck war er ins Hauptquartier von ASIS in Canberra eingebrochen und hatte seine Bewerbung auf Brookes Schreibtisch gelegt. Die beiden arbeiteten jetzt seit sechs Jahren zusammen.

Damon hatte die Akte STRENG GEHEIM: NUR FÜR CAD auf den Tisch zwischen ihnen gelegt. Ihr Inhalt war in Blindenschrift übersetzt worden, aber damit brauchte Brooke sich nicht mehr abzugeben. Er hatte den Bericht einmal gelesen und sofort auswendig gelernt. Jetzt wusste er alles über Alex Rider, was er wissen musste. Nur wie der Junge aussah, wusste er nicht. Auf dem Aktendeckel war ein Foto befestigt, aber wie immer hatte er sich nur auf den offiziellen Bericht verlassen können:

 

BESCHREIBUNG/BESONDERE KENNZEICHEN

Größe: 1,63 Meter, etwas zu klein für sein Alter, operativ jedoch von Vorteil.

Gewicht: 108 Pfund.

Haarfarbe: Blond.

Augenfarbe: Braun.

Körperlicher Zustand: ausgezeichnet, womöglich aber seit der Verwundung bei der Operation gegen Scorpia eingeschränkt (siehe Akte Scorpia).

Besondere Fähigkeiten: Karate seit dem sechsten Lebensjahr, Inhaber des schwarzen Gürtels (bzw. erster Kyu). Spricht fließend Französisch und Spanisch und recht gut Deutsch.

Waffenausbildung: Nein.

Schule: Schwach, in letzter Zeit schlechte Noten. Zeugnisse der Brookland School siehe Anlage. Es ist jedoch zu bedenken, dass er in den vergangenen acht Monaten kaum am Unterricht teilgenommen hat.

Psychologisches Profil: AR wurde im März dieses Jahres vom MI6 rekrutiert, im Alter von vierzehn Jahren und zwei Monaten. Sein Vater John Rider – alias Hunter – wurde im Einsatz getötet. Auch seine Mutter kam dabei ums Leben. Er wuchs bei seinem Onkel Ian Rider auf, der bis zu seinem Tod Anfang dieses Jahres ebenfalls Mitarbeiter des MI6 war.

Es scheint gesichert, dass der Junge vom frühesten Alter an körperlich und geistig auf Geheimdiensttätigkeit vorbereitet wurde. Außer Sprachen und Kampfsport hat Ian Rider ihn viele weitere Fähigkeiten gelehrt, unter anderem Fechten, Bergsteigen, Wildwasser-Rafting und Tauchen.

Trotz seiner offenkundigen Eignung für nachrichtendienstliche Arbeit (siehe unten) scheint AR nicht allzu begeistert davon zu sein. Wie die meisten Teenager ist er kein Patriot und interessiert sich nicht für Politik. MI6 hat bei mindestens zwei Gelegenheiten Druck auf ihn ausüben müssen, um ihn zur Mitarbeit zu bewegen. In der Schule ist er beliebt – vorausgesetzt, er ist mal anwesend.

Hobbys: Fußball (Chelsea-Fan), Tennis, Musik und Kino. Klares Interesse an Mädchen – siehe Akte Sabina Pleasure und Bericht der CIA-Agentin Tamara Knight.

Lebt bei seiner amerikanischen Haushälterin Jack Starbright (Hinweis: Jack ist weiblich, trotz des männlichen Vornamens). Keine Bestrebungen, Vater und Onkel in die Geheimdienstarbeit zu folgen.

Frühere Einsätze: Der britische Geheimdienst bestreitet, jemals einen Jugendlichen beschäftigt zu haben, daher ist es schwierig, konkrete Fakten zu ARs Agententätigkeit zusammenzustellen. Wir nehmen jedoch an, dass er an mindestens vier Operationen beteiligt war. Darüber hinaus ist er mindestens zweimal mit ähnlichem Erfolg für die amerikanische CIA tätig gewesen.

Großbritannien: Siehe Herod Sayle: Sayle Enterprises, Cornwall; Dr Hugo Grief: Point Blanc Academy, Frankreich; Damian Cray: Cray Software Technology, Amsterdam; Julia Rothman (Scorpia-Vorstand): Operation Unsichtbares Schwert, London.

USA: AKTEN GESCHLOSSEN. Eventuell Verbindung zu General Alexei Sarow: Skeleton Key, Kuba; Nikolei Drevin: Flamingo Bay, Karibik (Beendigung des Projekts Ark Angel).

Auch wenn bisher keine Einzelheiten bestätigt werden konnten, scheint es sicher, dass AR innerhalb eines Jahres an sechs größeren Einsätzen erfolgreich teilgenommen und zwei Attentate (von Scorpia und den chinesischen Triaden) überlebt hat.

Aktueller Status: Verfügbar.

Anmerkung: Vergangenes Jahr hat das FBI für den Kampf gegen Drogensyndikate, die von Miami aus operieren, probeweise einen Teenager rekrutiert. Der Junge wurde praktisch auf der Stelle getötet. Das Experiment wurde nicht wiederholt.

 

Geheimdienstakten sind überall auf der Welt gleich. Sie werden von Leuten geschrieben, die in einer Schwarz-Weiß-Welt leben und im Allgemeinen keine Zeit haben, Fantasie zu entwickeln – jedenfalls nicht, wenn ihnen Tatsachen im Weg stehen. Die wenigen Seiten über Alex Rider hatten Brooke einen vagen Eindruck von dem Jungen vermittelt, doch als Denkanstoß genügte das allemal. Obwohl davon auszugehen war, dass der Bericht mindestens ebenso viele Lücken wie Informationen enthielt.

»Er ist in Australien«, murmelte er.

»Ja, Sir.« Damon nickte. »Er ist aus dem Weltraum zu uns runtergefallen.«

Brooke lächelte. »Wenn mir das ein anderer erzählt hätte, würde ich es niemals glauben. Er war tatsächlich im Weltraum?«

»Man hat ihn hundert Meilen vor der Ostküste aus dem Meer gefischt. Er saß in der Landekapsel einer Sojus-Fregat. Die Amerikaner erzählen uns natürlich nichts. Aber es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass die Weltraumstation Ark Angel nach Angaben von NIWO etwa zur selben Zeit explodiert ist.«

NIWO, das National Intelligence Watch Office, sammelt Informationen. Es beschäftigt etwa zweitausend Leute, die alles, was auf der Welt – und außerhalb – geschieht, ständig unter Beobachtung haben.

»Das war Drevins tolle Idee«, murmelte Brooke. »Ein Weltraumhotel.«

»Ja, Sir.«

»Ich hatte schon immer das Gefühl, der führt nichts Gutes im Schilde.«

Das Flugzeug geriet in Turbulenzen und sackte ab. Der Hund in seinem Korb winselte. Er war noch nie gern geflogen. Aber dann stabilisierte sich das Flugzeug wieder, und sie setzten ihren Flug Richtung Sydney störungsfrei fort.

»Sie meinen, wir hätten Verwendung für ihn?«, fragte Brooke.

»Alex Rider lässt sich nicht gern verwenden«, erwiderte Damon. »Nach allem, was ich gehört habe, wird er auf keinen Fall freiwillig mitmachen. Aber falls wir irgendein Druckmittel finden könnten, wäre er genau der Richtige für uns. Ein vierzehnjähriger Junge – da würde niemand Verdacht schöpfen. Genau aus diesem Grund haben die Amerikaner ihn nach Skeleton Key geschickt – und bei ihnen hat’s funktioniert.«

»Wo ist er jetzt?«

»Auf dem Weg nach Perth, Sir. Ein ziemlich weiter Flug, aber man wollte ihn an einen sicheren Ort bringen und hat sich für das SAS-Hauptquartier in Swanbourne entschieden. Er wird ein paar Tage brauchen, um sich zu erholen.«

Brooke schwieg. Da seine Augen immer hinter der Brille verborgen waren, konnte man ihm nie ansehen, was er dachte; aber Damon wusste, er ging im Geist sämtliche Möglichkeiten durch, würde dann rasch eine Entscheidung fällen und daran festhalten. Vielleicht war es wirklich nicht möglich, diesen englischen Jungen zur Mitarbeit bei ASIS zu bewegen. Aber sollte er irgendeine Schwäche haben, irgendetwas, was sie zu ihrem Vorteil nutzen könnten, würde sein Boss es finden.

Schließlich nickte Brooke. »Wir könnten ihn mit Ash zusammenbringen«, sagte er.

Das war’s. Einfach, aber genial.

»Ash ist in Singapur«, sagte Damon.

»Im Einsatz?«

»Routineauftrag.«

»Sofort abkommandieren. Wir schicken die beiden zusammen los. Sie sind das perfekte Team.«

Damon musste grinsen. Alex Rider würde mit dem Agenten arbeiten, den sie Ash nannten. Allerdings gab es dabei ein Problem.

»Glauben Sie denn, Ash wird mit einem Teenager arbeiten?«, fragte er.

»Das wird er, wenn der Junge wirklich so gut ist, wie alle behaupten.«

»Er will bestimmt Beweise haben.«

Jetzt grinste auch Brooke. »Überlassen Sie das mir.«

 

Die SAS-Zentrale in Swanbourne liegt ein paar Meilen südwestlich von Perth und wirkt wie eine Ferienhaussiedlung, allerdings mit ungewöhnlich vielen Sicherheitsvorrichtungen. Sie erstreckt sich bis an den weißen Strand des Indischen Ozeans und ist durch Dünen vor allzu neugierigen Blicken geschützt. Die Gebäude sind sauber, modern und unauffällig. Wäre da nicht die Schranke am Haupttor, die hin und her fahrenden Militärfahrzeuge und die in Kaki und sandfarbene Käppis gekleideten Männer, könnte man kaum glauben, dass es sich hier um das Hauptquartier der härtesten Elitetruppe Australiens handelt.

Alex Rider stand am Fenster seines Zimmers und blickte auf den großen Platz hinaus, der auf einer Seite von einem Schießstand und auf der anderen von einer Art Fitnesscenter begrenzt wurde. Er wollte nach Hause und fragte sich, wie lange man ihn wohl noch hierbehalten würde. Auf der Kitty Hawk war er jedenfalls nicht sehr lange gewesen. Er hatte nicht einmal Zeit zum Frühstücken gehabt; ehe er sichs versah, wurde er in einen Hawkeye-Jet verfrachtet und bekam eine Sauerstoffmaske übergestülpt, und schon war der Flieger gestartet. Niemand hatte ihm gesagt, wo man ihn hinbrachte, aber er hatte den Namen der Stadt in großen Buchstaben auf dem Terminal des Flughafens gelesen: PERTH. Ein Jeep neben der Landebahn nahm ihn in Empfang und dann fuhr er auch schon durch den mächtig langweiligen Vorort Swanbourne. Erst auf dem SAS-Gelände hielt der Jeep. Ein Soldat erwartete ihn, die Augen versteckt hinter einer Sonnenbrille, sein Mund ein gerader Strich, der nichts verriet. Er führte Alex in ein komfortables Zimmer, ausgestattet mit Bett und Fernseher und Aussicht auf die Dünen. Die Tür war zu, aber nicht abgeschlossen.

Da war er also. Man hatte ihn quer durch ganz Australien hierhergebracht. Was mochten sie mit ihm vorhaben?

Es klopfte. Alex ging zur Tür und machte auf. Vor ihm stand ein Soldat in grünbraunem Kampfanzug.

»Mr Rider?«

»Ich heiße Alex.«

»Colonel Abbott lässt Sie grüßen. Er möchte mit Ihnen reden.«

Alex folgte dem Soldaten über das Gelände. Niemand war zu sehen. Der Exerzierplatz lag menschenleer in der prallen Sonne. Es war kurz vor Mittag und der australische Frühsommer machte sich schon bemerkbar. Sie gelangten zu einem Bungalow, der etwas abseits am Rand des Anwesens stand. Der Soldat klopfte an, öffnete die Tür, ohne auf eine Reaktion zu warten, und ließ Alex hinein.

Ein dünner Mann in den Vierzigern saß hinter einem Schreibtisch; auch er trug einen Tarnanzug. Er hatte an einem Bericht gearbeitet, stand aber auf, als Alex eintrat.

»Du bist also Alex Rider!« Sein australischer Akzent kam ein wenig überraschend; so wie er aussah, hätte Alex ihn ohne Weiteres für einen Engländer gehalten. Abbott begrüßte ihn mit einem festen Händedruck. Ich bin Mike Abbott, und es freut mich sehr, dich kennenzulernen, Alex. Ich habe schon viel von dir gehört.«

Als er Alex’ verblüffte Miene sah, lachte er. »Vor sechs Monaten gab es Gerüchte über einen Jungen, den die Briten als Agenten einsetzen. Natürlich hat das kein Mensch geglaubt. Aber wie es scheint, hat man dich ganz schön auf Trab gehalten. Und nachdem du Damian Cray ausgeschaltet hattest ... nun, du kannst nicht mitten in London Air Force One in die Luft sprengen, ohne dass jemand das mitbekommt. Aber keine Angst. Du bist bei Freunden.«

Abbott wies auf einen Stuhl und Alex setzte sich. »Das ist sehr freundlich von Ihnen, Colonel«, sagte er. »Aber ich möchte jetzt wirklich nach Hause.«

Abbott kehrte zu seinem Sessel zurück. »Das kann ich verstehen, Alex. Und ich werde dich auch bald auf die Reise schicken. Aber vorher müssen wir noch ein paar Dinge regeln.«

»Was denn?«

»Na ja, du bist ohne Visum in Australien gelandet.« Abbott hob die Hände, ehe Alex ihn unterbrechen konnte. »Ich weiß, das hört sich lächerlich an. Aber das muss in Ordnung gebracht werden. Sobald ich grünes Licht bekomme, buche ich dir den nächsten Flug nach London.«

»Ich möchte jemanden anrufen ...«

»Jack Starbright, richtig? Deine Pflegemutter.« Abbott lächelte, und Alex fragte sich, woher er von ihr wusste. »Du kommst zu spät, Alex. Sie ist bereits vollständig informiert und auf dem Weg hierher. Sie ist vor etwa einer Stunde in Heathrow abgeflogen, wird in gut fünfundzwanzig Stunden in Sydney eintreffen und dich in Empfang nehmen. Bis dahin bist du mein Gast hier in Swanbourne. Genieße die Zeit. Du kannst an den Strand gehen, es ist schon warm genug. Also entspann dich. Ich sage dir Bescheid, sobald sich mit deinem Visum etwas Neues ergibt.«

Alex wollte widersprechen, besann sich dann aber eines Besseren. Der Colonel wirkte zwar ganz freundlich, aber etwas an ihm ließ Alex zögern. Beim SAS machte man nur Karriere, wenn man außerordentlich abgebrüht war – und hinter diesem Lächeln verbarg sich garantiert ein eiserner Wille.

»Möchtest du sonst noch etwas wissen?«

»Nein, danke, Colonel.«

Die beiden gaben sich die Hand.

»Ich habe ein paar meiner Männer gebeten, sich um dich zu kümmern«, sagte Abbott. »Die freuen sich schon, dich kennenzulernen. Sollte sich einer von ihnen danebenbenehmen, sag mir Bescheid.«

Während seiner Ausbildung beim SAS in Wales war Alex an ein paar ziemlich raue Burschen geraten. Aber als er den Bungalow verließ, sah er sofort, dass es hier anders war. Die vier jungen Soldaten, die ihn draußen erwarteten, machten einen ganz lockeren Eindruck und schienen gespannt zu sein, seine Bekanntschaft zu machen. Vielleicht war ihm sein Ruf vorausgeeilt. Auf alle Fälle war gleich klar, dass die Angehörigen der australischen Spezialeinheiten irgendwie ganz andere Typen waren als ihre britischen Kollegen.

»Toll, dich kennenzulernen, Alex.« Der Mann, der das sagte, war zweiundzwanzig Jahre alt und unglaublich fit; sein grünes T-Shirt spannte sich über beeindruckend geformten Brust- und Schultermuskeln. »Ich heiße Scooter. Und das sind Texas, X-Ray und Sparks.«

Zuerst dachte Alex, das seien Codenamen, aber dann wurde ihm klar, dass das nur Spitznamen waren. Die anderen waren auch alle Anfang zwanzig und genauso gut gebaut.

»Wir sind gerade auf dem Weg zum Mittagessen«, sagte Scooter. »Kommst du mit?«

»Danke, gern.« Alex hatte noch nicht gefrühstückt. Er hatte einen Bärenhunger.

Sie gingen zusammen los. Keiner machte eine Bemerkung über sein Alter. Offenbar wussten alle, wer er war. Alex begann sich etwas wohler zu fühlen. Vielleicht würden ihm ein paar Tage hier doch ganz guttun.

Der Colonel sah ihnen vom Bungalow aus nach. Irgend etwas beunruhigte ihn. Er war verheiratet und hatte drei Kinder, und das älteste war nur wenige Jahre jünger als der Junge, den er soeben kennengelernt hatte. Er war beeindruckt. Nach allem, was er durchgemacht hatte, strahlte Alex dennoch so etwas wie innere Ruhe aus. Abbott hatte keine Zweifel, dass der Junge auf sich selbst aufpassen konnte.

Aber trotzdem ...

Er las noch einmal den Befehl, den er vor wenigen Stunden empfangen hatte. So ein Wahnsinn. Das kam doch gar nicht infrage. Außer dass nicht daran zu rütteln war. Man hatte ihm detaillierte Anweisungen erteilt.

Und was, wenn Alex dabei verletzt wurde? Wenn er dabei getötet wurde?

Nicht sein Problem.

Der Gedanke tröstete ihn kein bisschen. In zwanzig Jahren hatte Mike Abbott die Anweisungen seiner Vorgesetzten nie in Zweifel gezogen, aber als er jetzt zum Telefon griff und die Befehle für den Abend ausgab, tat er das nur sehr widerwillig und ein wenig wütend.