9
Ich aß unterwegs eine Kleinigkeit in einer Imbißstube und fuhr dann nach Hause, statt zum Ranchero zu fahren und meiner Klientin einen Besuch abzustatten. Sie hatte mich engagiert, um herauszufinden, wer sie geblendet hatte und warum, und nun besaß ich die Antwort auf beide Fragen. Warum eilte ich dann also nicht zu ihr, sondern an den heimischen Herd? Eine berechtigte Frage, deren Beantwortung ich bewußt vor mir herschob, weil mir davor etwas unheimlich war.
Gegen vier Uhr nachmittags läutete bei mir das Telefon, und ich hob den Hörer ab. Es meldete sich jedoch niemand, nachdem ich meinen Namen genannt hatte. Statt dessen hörte ich nur das leise Klicken, wenn jemand wieder auflegt. Die Achtunddreißiger steckte fest in dem Gürtelhalfter, den ich trug, und gab mir ein bescheidenes Gefühl von Sicherheit. Die einzige Politik, die ich im Augenblick verfolgen konnte, war geduldige Inaktivität. Das heißt zu warten, bis jemand anders die Initiative ergriff. Etwa zwanzig Minuten später läutete es an der Haustür. Ich öffnete mit der Pistole in der rechten Hand.
Die beiden musterten mich mit leicht verblüfften Mienen, als wollten sie damit sagen, ich wüßte doch schließlich, daß wir alte Kumpels seien.
»Dürfte ich bitte genau erfahren, was Sie wünschen?« fragte ich.
»Wir wollen Ihnen bloß in aller Freundschaft einen kleinen Besuch abstatten, Mr. Holman«, erwiderte Grant Denver mit strahlendem Lächeln. »Mr. Friar bat uns, mal bei Ihnen vorbeizuschauen, weil Sie ein paar Dinge erfahren sollten.«
»Ja«, pflichtete Herbie ihm zögernd bei. »Sehen Sie!« Er knöpfte sein Jackett auf und schlug es weit zurück. »Ganz sauber, Mr. Holman. Keine Waffe. Gar nichts!«
»Okay«, sagte ich. »Also worum geht es?«
»Könnten wir nicht vielleicht zu Ihnen hineinkommen?« fragte Grant höflich. »Ich meine, Sie könnten Ihre Pistole ja ruhig in der Hand behalten, falls Sie das beruhigt, Mr. Holman. Uns stört das nicht. Aber es wäre doch netter, wenn Sie uns ins Haus lassen würden.«
Es schien mir einigermaßen gefahrlos zu sein, ihrer Bitte zu entsprechen. Hätten die beiden nur vorgehabt, mich auseinanderzunehmen, wären sie wahrscheinlich anders vorgegangen. Deshalb machte ich die Tür weiter auf, ließ beide an mir vorbei gehen und folgte ihnen dann ins Wohnzimmer.
»Ein nettes Häuschen haben Sie, Mr. Holman«, erklärte Grant mit anerkennendem Blick.
»Ja, wirklich gemütlich«, pflichtete Herbie ihm bei.
Sie ließen sich beide auf der Couch nieder und sahen mich erwartungsvoll an. Ich steckte die Pistole weg und setzte mich dann in einen Sessel ihnen gegenüber.
»Morris Darrach hat Mr. Friar alles erzählt, was im Haus von Teresa Klune vorgefallen ist«, begann Grant. »Mr. Friar meint, Darrach hätte ein bißchen zu heftig reagiert und Sie geradezu herausgefordert zuzuschlagen.«
»Sehr freundlich von Mr. Friar, die Sache so zu betrachten«, bemerkte ich.
Grant strahlte noch immer. »Mr. Friar ist von Natur aus nicht nachtragend und läßt Vergangenes gern begraben sein. Deshalb sollen Sie die chinesische Vase ruhig vergessen. Er hat es nämlich auch schon getan.«
»Sehr schön«, versetzte ich. »Also Schwamm drüber.«
»Und er hofft, Sie vergessen ebenfalls unser kleines... äh... Mißverständnis im Taboo-Club.«
»Natürlich«, versicherte ich. »Ich weiß gar nicht mehr, wovon Sie überhaupt reden.«
»Großartig, Mr. Holman!« Hinter seinen Brillengläsern glänzten seine Augen wie zwei Christbaumkerzen. »Ich bin wirklich froh, daß wir diese Punkte erst einmal geklärt haben. Mr. Friar meint, nun verstanden zu haben, daß Sie von Ihrem Klienten engagiert worden sind, um herauszufinden, was Samantha Dane passiert ist und warum. Stimmt das?«
»Stimmt«, bestätigte ich.
Seine Stimme bekam einen nüchterneren Tonfall. »Heute vormittag haben Sie von Darrach erfahren, wer Miss Dane das Entsetzliche angetan hat und warum. Mr. Friar nimmt an, Sie werden Ihrem Klienten die Einzelheiten sehr bald mitteilen. Falls Sie es nicht bereits getan haben.«
»Noch nicht«, entgegnete ich.
»Ausgezeichnet, Mr. Holman!« Er verzog das Gesicht zu einem breiten Lächeln. »Weil Sie Ihrem Klienten nämlich gleich noch eine zusätzliche Information geben können. Glauben Sie an ausgleichende Gerechtigkeit, Mr. Holman?«
»Nicht oft«, antwortete ich.
Er schüttelte bedächtig den Kopf. »Es ist erstaunlich«, meinte er dann. »Es gibt Zeiten im Leben, wo man nicht dagegen an kann zu fühlen...«
»Verschonen Sie mich bitte mit diesem Schwulst«, unterbrach ich ihn. »Mir wird sonst schlecht.«
»Entschuldigen Sie«, sagte er steif. »Nun gut. Herbie, zeig Mr. Holman das Foto.«
Herbie faßte in die Innentasche seines Jacketts und brachte eine Fotografie zum Vorschein, die er sorgsam mit den Fingern abwischte, bevor er sie mir reichte. Die Aufnahme war scharf und bis in jedes Detail deutlich. Die unbekleidete Leiche Karen Morgans lag auf einem mottenzerfressenen Teppich ausgestreckt. Die aufgerissenen Augen quollen leicht hervor.
»Eine Überdosis«, erläuterte Grant. »Schlimm, wenn das einer so jungen Person passiert. Aber wenn man die Lebensumstände bedenkt!« Er zuckte flüchtig die Achseln. »Wer arbeitet schließlich schon in einem Pornoklub und entblößt sich in obszönster Weise vor zahlenden Zuschauern? Diese Mädchen verlieren alle früher oder später den Halt. Karen Morgan hat es nur besonders schnell erwischt.«
»Wer hat die Leiche gefunden?« wollte ich wissen.
»Niemand«, erwiderte er. »Sie ist noch gar nicht gefunden worden. Aber man wird sie natürlich entdecken. Karen hat einen Zettel hinterlassen, der besagt, daß sie es absichtlich getan hat. Sie konnte einfach das Leben, das sie führte, nicht mehr ertragen, deshalb hielt sie eine Überdosis für die beste Lösung. Ich finde, es liegt sogar eine gewisse Moral darin.«
»Wann ist es passiert?«
»Sie meinen, wann sie gestorben ist? Vor etwa einer Stunde, Mr. Holman. Es war wirklich eine sehr reichliche Dosis.«
Ich gab Herbie das Foto zurück. »Tatsächlich?« sagte ich nur.
Grant musterte mich besorgt. »Mr. Friar dachte, Sie würden zufrieden sein. Oder zumindest Ihr Klient würde zufrieden sein, wenn Sie ihm erzählen, was geschehen ist. Vergeltung, Mr. Holman. Die wollten wir doch alle, nicht wahr?«
»Meinen Sie?« fragte ich zurück.
»Nun, zumindest Ihr Klient dürfte sie gewollt haben.« Er sah mich beinahe verschlagen an. »Was soll ich Mr. Friar denn sagen?«
»Richten Sie ihm aus, ich werde es meinem Klienten mitteilen«, antwortete ich. »Das Foto würde ich ihm auch gerne zeigen.«
»Selbstverständlich«, versetzte Grant eifrig. »Herbie!«
Herbie wischte wieder mit den Fingerspitzen über die Aufnahme und reichte sie mir zurück.
»Ein Letztes wäre da noch«, meinte Grant. »Nachdem alles vergeben, vergessen und vergolten ist, Mr. Holman. Mr. Friar sagte, Sie sollten es als Geste gegenseitigen Vertrauens auffassen, da nun doch der Fall abgeschlossen und aufgeklärt ist.«
»Was will er?« fragte ich knapp.
»Eine ganze Kleinigkeit«, versetzte Grant. »Nur aus reinem Interesse, das versichere ich Ihnen. Den Namen Ihres Klienten, Mr. Holman.«
»Okay«, sagte ich. »Es soll mir sogar ein Vergnügen sein, ihm den Namen zu nennen. Morris Darrach.«
Grant sah mich vorwurfsvoll an. »Das ist nicht sehr komisch, Mr. Holman.«
»Denken Sie einmal darüber nach«, erwiderte ich. »Friar drängt sich durch Erpressungen in Darrachs Geschäfte. Was immer Darrach verdient, Friar zweigt fünfzig Prozent für sich ab, ohne sich auch an den Verlusten zu beteiligen. Darrach muß Friar ständig mit durchschleppen. Daß er mich engagiert hat, um über Samantha Dane Nachforschungen anzustellen, war gewissermaßen nur ein Deckmantel. Er nannte mir die Namen aller Personen, die damals mit an Bord der Yacht waren, weil er wußte, daß ich mich mit jedem einzelnen in Verbindung setzen würde, einschließlich Friar. Natürlich mußte ich den Namen meines Auftraggebers geheimhalten. Das war der entscheidende Punkt seiner Abmachung mit mir. Deshalb habe ich ihn heute vormittag auch niedergeschlagen. Ich war verdammt sauer und angewidert, als ich herausfand, daß im Grunde er die Wurzel des ganzen Übels war. Wäre er nicht so hemmungslos hinter Samantha Dane hergewesen, wäre das ganze Drama niemals passiert.«
»Wie sollte ihm aber Ihre Tätigkeit für ihn Mr. Friar vom Halse schaffen?« fragte Grant verständnislos.
»Da bin ich mir nicht ganz sicher«, gestand ich ein. »Meiner Vermutung nach hat er sich aber ausgerechnet, wenn ich zu nahe an die Wahrheit herankäme — und bei den Informationen, die er mir gegeben hatte, war sicher, daß das geschehen würde — , könnte sich Friar mir gegenüber zu einem Verzweiflungsschritt hinreißen lassen. Indem er mich beispielsweise von Ihnen beiden ebenso hätte ausschalten lassen, wie Sie soeben Karen Morgan ausgeschaltet haben. Ein schneller Hinweis von Darrach an die Polizei, und Sie alle drei hätten ganz schön tief in der Tinte gesessen. Ich könnte Ihnen natürlich noch mehr Details ausmalen, aber ich denke, Sie haben das Prinzip begriffen?«
Grant nickte bedächtig. »Ja, ich glaube schon, Mr. Holman. Vielen Dank. Selbstverständlich werde ich Mr. Friar von dem Namen Ihres Klienten in Kenntnis setzen. Auch über die Gründe, die Sie hinter Ihrem Auftrag vermuten. Höchst interessant!« Er verzog das Gesicht plötzlich zu einem hämischen Lächeln. »Ich bin sicher, Mr. Friar wird fasziniert sein, wenn er das hört.«
Ich begleitete die beiden zur Tür und schaute ihnen hinterher, wie sie zu der großen schwarzen Limousine gingen. Beinahe hätte ich ihnen sogar nachgewinkt. Dann kehrte ich in mein Wohnzimmer zurück, machte mir einen großen Bourbon zurecht und trank ihn ganz langsam.
Da war dieses Blockhaus mit dem weiten Blick ins Tal, grübelte ich. Kilometer von jeder Menschenseele entfernt. Nachts, wenn alles still war, konnte man sogar jedes Motorbrummen meilenweit hören. Tracy Simon hatte überhaupt nichts gehört. Dafür hatte mir aber Samantha Dane von dem Geräusch eines Wagens und gedämpften Lauten von unterhalb des Blockhauses erzählt. Später war sie dann aufgestanden und hatte Don Blakes Leiche in der Werkzeugkiste entdeckt. Eine der beiden mußte gelogen haben. Ich bezweifelte, daß es Tracy Simon gewesen war.
Es gab da noch zwei Leute, für deren Hilfe ich mich revanchieren mußte, fiel mir ein. Vielleicht konnte ich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Ich wählte Manny Krugers Nummer bei der Stellar.
Eine verführerische weibliche Stimme meldete sich und teilte mir mit, daß ich mit Mr. Krugers Büro verbunden sei. Einen flüchtigen Augenblick überlegte ich, wo Manny seinen Schreibtisch wirklich stehen haben mochte.
»Sie müssen sein neuer Sekretär sein«, sagte ich. »Charles Flavier, stimmt das?«
Sie kicherte. »Ich bin Sonja Dayton!«
»Dieser Manny«, versetzte ich. »Immer einen Scherz auf den Lippen! Wollte er mir doch tatsächlich einreden, Sie seien ein Junge! Und ich dachte schon, Manny sei auf seine alten Tage ins andere Lager übergewechselt.«
»So alt ist er noch gar nicht«, protestierte sie ein wenig zu schnell.
»Reißen Sie ihm das Toupet herunter, nehmen Sie ihm die Zahnprothese heraus, und schnallen Sie ihm das Korsett ab. Und dann sehen Sie noch einmal genau hin«, riet ich ihr. »Natürlich nur, falls Sie die Kraft dazu besitzen.«
»Sind Sie Mr. Holman?«
»Sie dürfen mich Rick nennen, Sonja.«
»Mr. Kruger hat mich schon vor Ihnen gewarnt!« Sie begann wieder zu kichern, brach dann jedoch abrupt ab.
»Und ich warne sie auch weiter vor dir, du alternder Angeber!« ertönte Mannys Stimme. »Sonja ist sehr hübsch, Angeber! Und sie gehört mir. Ganz allein mir! Hast du verstanden?«
»Verrat mir eins, Manny«, sagte ich. »Hat Stellar im Augenblick irgendwelche Projekte mit Darrach laufen?«
»Wer will das wissen?« fragte Manny mißtrauisch.
»Okay«, erwiderte ich. »Formulieren wir es anders. Wie sieht es mit Craig Martin aus? Beabsichtigt Stellar ihn demnächst einzusetzen?«
»Willst du Informationen? Oder versuchst du mir etwas beizubringen?« erkundigte er sich.
»Ich versuche dir etwas beizubringen«, erklärte ich geduldig. »Und dafür kannst du mir einen Gefallen tun.«
»Dann rede und ich werde dir sagen, ob mir das einen Gefallen wert ist!«
»In sehr naher Zukunft wird der Name Darrach anfangen zu stinken«, begann ich. »Es besteht die Möglichkeit, daß Darrach selbst gar nicht mehr vorhanden sein wird, um sich deswegen Sorgen zu machen. Aber wer immer in der fatalen Situation ist, mit ihm in Verbindung zu stehen, dürfte mit unter dem Skandal leiden. Dabei denke ich auch an Craig Martin, dessen Interessen laut einem Fünfjahresvertrag von Darrach vertreten werden.«
»Ist das wahr?« fragte Manny nach fünf Sekunden Schweigen.
»Ich schwöre es.«
»Um was für einen Gefallen geht es?«
»Ich kenne da eine sehr sympathische Person namens Agatha Grundy«, erläuterte ich. »Im Moment ist sie noch die Privatsekretärin von Morris Darrach, aber sie hat nichts mit seinen Machenschaften zu tun. Ohne ihre Hilfe hätte ich nicht in Erfahrung gebracht, was ich dir gerade gesagt habe. Wenn Darrach ins Rutschen gerät, was jeden Augenblick passieren kann, wird sie ohne Job sein. Sie ist ungemein tüchtig und wirklich sehr nett.«
»Sexy?« wollte Manny wissen.
»Laß dir von ihr ab und zu ihre Beine zeigen«, erwiderte ich vorsichtig.
»Okay«, meinte Manny. »Sag ihr, sie soll mich anrufen, wenn der Ballon platzt.«
»Vielen Dank«, versetzte ich. »Sie ist aber nicht der Typ, der sich Almosen schenken läßt. Könntest du sie nicht bei den Seefalke-Unternehmungen anrufen?«
»Na schön«, sagte er. »Jetzt gleich?«
»Dagegen wäre nichts einzuwenden.«
»Was ich nicht alles für Rick Holman tue!« seufzte er theatralisch.
»Als Gegenleistung für allerhand, was ich für Manny Kruger tue«, entgegnete ich. »Du hast nicht viel Zeit, Manny. Sieh zu, daß du möglichst schnell alles abwürgst, was Stellar mit Darrach oder Martin zu laufen hat.«
»Und ihre Beine sind gut sagst du?« fragte er gedankenvoll.
»Nicht nur gut, sondern phantastisch!«
»Wie alt ist sie denn ungefähr?«
»Etwa fünfzig«, antwortete ich gleichmütig.
»Fünfzig?«
»Sie hat die Beine und den Körper einer Zwanzigjährigen«, beruhigte ich ihn. »Und dabei meine ich eine zwanzigjährige Sexbombe. Denk vor allem an ihre langjährige Erfahrung und Praxis, Manny. Ich wette, sie hat Nummern auf Lager, von denen du bisher nicht einmal geträumt hast.«
»Ich habe davon geträumt«, erwiderte er. »Ich bin mir nur nicht sicher, ob das mein Rücken aushält. Okay, ich werde mich also für dich opfern, Rick.«
»Danke, Manny! Ich muß auflegen, bevor ich in Tränen ausbreche.«
»Und du läßt meine Sonja in Ruhe«, sagte er. »Das gehört mit zur Abmachung. Verstanden?«
»Habe ich dich gebeten, Agatha in Ruhe zu lassen?«
»Sonja ist dreiundzwanzig Jahre alt, und sie hat die Beine und den Körper einer dreiundzwanzigjährigen Sexbombe«, gab er zurück. »Einen Moment mal! Laß mich das überprüfen. Sonja, Schätzchen, heb deinen Rock hoch, bitte. Noch höher! Wunderbar! Sie hat wirklich die Beine einer dreiundzwanzigjährigen Sexbombe, Rick!«
»Wie schön für dich«, versetzte ich und legte auf.
Ich ging zu meinem Wagen hinaus und fuhr zum Ranchero. Während der langsame Fahrstuhl mit mir in den fünften Stock hinaufkeuchte, wünschte ich mir von Herzen irgendwo anders zu sein. Dann ging ich den Flur entlang und klopfte an der Tür zur Suite der beiden.
»Wer ist da?« fragte nach ein paar Sekunden Tracys mißtrauische Stimme.
»Rick Holman«, sagte ich.
Sie öffnete und musterte mich mit ablehnender Miene. »Was wollen Sie?«
»Eine kleine Unterhaltung«, erwiderte ich.
»Sam schläft«, erklärte sie.
»Wecken Sie sie auf«, sagte ich. Dann schloß ich die Tür hinter mir und ging an Tracy vorbei in den Wohnraum.
»Sie braucht ihre Ruhe!«
Tracy trug wieder ihre reizlosen Blue jeans und das weiße T-shirt.
»Wozu braucht sie ständig Ruhe?« fragte ich ungeduldig. »Sie tut doch den ganzen Tag nichts, als höchstens einmal aufzustehen und hier im Sessel zu sitzen. Was ist das schon für eine Anstrengung? Wann ist sie überhaupt das letztemal an der frischen Luft gewesen?«
»Das Risiko können wir nicht eingehen«, entgegnete Tracy scharf. »Sie wissen selbst, daß es zu gefährlich ist.«
»Was soll denn daran gefährlich sein?« versetzte ich gereizt. »Nicht einmal ihre eigene Mutter würde sie in ihrem augenblicklichen Zustand wiedererkennen. Und noch etwas anderes: Wann bekommt sie eigentlich etwas zu essen? Sie ist viel zu dünn.«
Tracys Gesicht überzog sich mit glühender Röte. »Sam hatte viel zu viel Übergewicht! Ich habe sie auf eine Diät gesetzt und achte genau darauf, daß sie die Diät einhält. Sie muß noch acht Pfund abnehmen.«
»Wozu? Damit sie endgültig verschwinden kann?«
»Sie sind unmöglich«, stieß Tracy gepreßt hervor. »Und dämpfen Sie gefälligst Ihre Stimme ein bißchen!«
»Nein«, sagte ich laut. »Ich denke nicht daran, meine Stimme zu dämpfen. Ich will mit Ihnen beiden reden und habe nicht die Absicht, das aufzuschieben.«
»Das brauchen Sie auch nicht«, ließ sich Sams Stimme vernehmen.
Ich wandte den Kopf und sah sie auf der Schwelle zum Schlafzimmer stehen. Auch sie trug die gleichen Jeans und das gleiche T-shirt wie Tracy.
»Nun sehen Sie, was Sie angerichtet haben!« meinte Tracy bitter.
»Das ist schon in Ordnung«, beschwichtigte Sam. »Ich habe sowieso nicht geschlafen.«
Sie machte die nötigen fünf Schritte in den Wohnraum, dann streckte sie die rechte Hand aus und berührte die Armlehne des Sessels. Während sie sich setzte, trat ich an den Barschrank und goß mir einen Drink ein. Reinen Bourbon ohne Eis. Wir müssen alle unsere Opfer bringen, tröstete ich mich.
»Ist es wichtig, Rick?« fragte Sam gleichmütig.
»Ich habe die gewünschten Antworten für Sie gefunden«, antwortete ich.
»Tatsächlich?« Ihre Stimme klang lebhafter.
»Sie werden Ihnen nicht besonders gefallen«, erklärte ich ausweichend.
»Damit war von Anfang an zu rechnen«, sagte sie ruhig.
»Wollen Sie sich nicht setzen?« wandte ich mich an Tracy.
»Ich ziehe es vor stehen zu bleiben«, erwiderte sie. »Es sei denn, Sie beabsichtigen nicht, mich weiter zu beleidigen.«
»Wie Sie meinen.«
Ich ging zur Couch und ließ mich gegenüber von Sam nieder. Tracy nahm den Platz unmittelbar hinter Sams Sessel ein. Auf eigentümliche Weise wirkte sie wie eine Geheimagentin, die bereit ist, falls die Kugeln fliegen, ihre Präsidentin mit ihrem eigenen Leib zu schützen.
»Also reden Sie, Rick«, forderte Sam mich auf.
»Ich weiß nicht, wie ich es Ihnen beibringen soll, ohne brutal zu klingen«, erklärte ich. »Natürlich ist das eine törichte Bemerkung, denn es geht schließlich um eine brutale Angelegenheit.«
»Erzählen Sie mir einfach, wie es gewesen ist«, sagte Sam gleichmütig.
»Die große Auseinandersetzung im Salon der Yacht hat nichts damit zu tun«, begann ich. »Sie verkündeten allen, daß Friar sich durch Erpressung in die Geschäfte von Darrach gehängt hätte, und wie Sie nach Ihrer Rückkehr in die Staaten einer befreundeten Klatschkolumnistin die schmutzigen Geschichten der Anwesenden weitererzählen würden. Keiner hörte Ihnen richtig zu. Genaueres über Friar und Darrach wollte niemand wissen. Außerdem war allen bekannt, daß Sie selbst viel zu angreifbar waren, um dieser Klatschkolumnistin Material zuzutragen. Ganz abgesehen davon, daß Don Blake so etwas niemals zugelassen hätte. Don Blake packte Sie also beim Arm, zerrte sie aus dem Salon hinaus und brachte Sie in Ihre Kabine. Später stattete Ihnen Darrach einen Besuch ab, um das Einzige zu bekommen, was er je von Ihnen gewollt hat. Es war ihm völlig egal, ob Sie sich überhaupt bewußt waren, daß er mit Ihnen ins Bett stieg. Der Akt allein war für ihn Befriedigung genug.«
»Müssen Sie so ins Detail gehen?« warf Tracy erbittert ein.
»Es wird noch schlimmer«, entgegnete ich.
»Bitte reden Sie«, sagte Sam.
»Dann ging die Tür plötzlich auf, und Karen Morgan platzte herein. Bevor Darrach wußte, was geschah, hatte sie Ihnen die Säure ins Gesicht geschüttet. Sie schrien und schrien in einem fort. Dann sprangen Sie auf und rannten los. Dabei prallten Sie gegen die Kabinenwand und verloren das Bewußtsein.«
»Und dann?« fragte sie mit leiser Stimme.
»Don Blake hatte etwas von Ihrem Heroin und eine Spritze aufgehoben«, fuhr ich fort. »Damit verpaßte er Ihnen eine volle Dosis. Friar organisierte eine Privatmaschine, die Sie in die Staaten zurückflog. Dort brachte Blake Sie zu dem guten Doktor in das diskrete Sanatorium, das Friar ebenfalls vermittelt hatte. An den Rest erinnern Sie sich.«
»Und mehr steckte gar nicht dahinter?« sagte Sam in verwundertem Ton. »Es ist nur passiert, weil eine hirnlose, eifersüchtige kleine Gans nicht ertragen konnte, daß mich Darrach ihr vorzog? Mich ihr vorzog! Es war, wie Sie sagen, Rick. Die meiste Zeit merkte ich überhaupt nicht, daß er mich bumste, weil ich völlig weggetreten war!«
»Wie haben Sie das in Erfahrung gebracht?« wollte Tracy wissen.
»Darrach ist schließlich mit der Sprache herausgerückt. Ich hatte mir übrigens schon so etwas gedacht. Als alle wieder nach Los Angeles zurückkamen, warf er Karen Morgan aus der Wohnung, die er für sie gemietet hatte, nahm alle Geschenke zurück und ließ seinen ganzen Einfluß spielen, um sicherzugehen, daß sie keinen Job mehr fand. Friar verschaffte ihr Beschäftigung auf dem Strip in einem Pornoklub. Wie sie mir erzählte, ging er auch gelegentlich ins Bett mit ihr, aber ohne sonderlich Spaß daran zu haben. Vermutlich wollte er sie nur unter Kontrolle behalten, um sicher zu sein, daß die Geschichte niemals durchsickerte. In dem Fall wären nämlich alle erledigt gewesen, und das wußten sie.«
»Und dieser Karen Morgan passiert nichts!« sagte Tracy gepreßt. »Es macht mich krank, bloß daran zu denken!«
»Sie alle wußten, daß ich einen Klienten hatte«, erklärte ich. »Und sie wußten auch, daß ich die Information an meinen Klienten weitergeben würde. Deshalb meinte Friar, mir und meinem Klienten einen großen Gefallen tun zu müssen.«
Ich zog das Foto aus meiner Innentasche und reichte es Tracy. Sie betrachtete es sekundenlang schweigend.
»Was ist los?« fragte Sam hastig.
»Ich habe Tracy gerade eine Fotografie gegeben«, erläuterte ich. »Sagen Sie Sam, was darauf zu sehen ist, Tracy.«
»Ein nacktes Mädchen, das auf einem Teppich liegt«, beschrieb Tracy mit unsicherer Stimme. »Sie ist offenbar tot. Karen Morgan?«
»Der große Gefallen, den uns Friar erwiesen hat«, sagte ich. »Sie starb an einer Überdosis Rauschgift, die ihr von zwei seiner Handlanger beigebracht worden ist. Sie hat sogar einen Abschiedsbrief hinterlassen, daß sie Selbstmord begehen würde. Vermutlich haben ihr die beiden bei der Abfassung geholfen.«
»Ich weiß nicht, was ich jetzt empfinden sollte«, bekannte Sam leise. »Ich kann nur sagen, daß sie mir leid tut. Ich könnte ihr niemals verzeihen, daß sie mich blind gemacht hat, aber ich möchte trotzdem nicht verantwortlich für ihren Tod sein.«
»Das sind Sie auch nicht«, versicherte ich. »Wenn jemand dafür verantwortlich ist, dann bin das höchstens ich.«
»Wollte Friar nicht wissen, wer Ihr Klient ist?« fragte Tracy in scharfem Ton.
»Natürlich.« Ich nickte. »Und zum rechten Zeitpunkt habe ich es ihm auch gesagt.«
»Sie haben es ihm gesagt!«
»Nur den Namen von Morris Darrach«, erwiderte ich beruhigend und erläuterte ihnen dann meine Gründe für diesen Schachzug.
Es folgte sekundenlanges Schweigen. Dann gab Sam ihr kehliges, unterdrücktes Lachen von sich.
»Glauben Sie, das hat er Ihnen abgekauft?«
»Ich schätze, bis zum Augenblick dürfte er es mir abgekauft haben«, sagte ich mit einem Blick auf meine Armbanduhr. »Ich habe es seinen beiden Ganoven vor etwa einer Stunde gesteckt. Die beiden haben es jedenfalls anstandslos geschluckt.«
»Und was wird das für Morris bedeuten?« wollte Sam wissen.
»Er bat Friar, mich aus dem Weg zu räumen«, erklärte ich. »Danach sprach er von mir nur noch als einem toten Mann. Ich vermute, er hat dabei von sich selbst gesprochen, nur wußte er es zu dem Zeitpunkt noch nicht.«
»Wie schrecklich!« meinte Sam und begann dann wieder unterdrückt zu lachen. »Je mehr ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir die Idee!«
»Sam!« stieß Tracy entrüstet hervor.
»Nun tu nicht so, Schätzchen«, versetzte Sam. »Gib es zu, es ist eine absolut köstliche Vorstellung!«
»Ich finde es widerwärtig«, protestierte Tracy gepreßt. »Holman erweist sich damit als genauso mies wie diese Leute. Und zieht uns durch unsere Verbindung mit ihm auch noch in den Schmutz hinein!«
»Du solltest deinen Mund nicht ganz so voll nehmen, Schätzchen«, entgegnete Sam mit überraschender Schroffheit. »Wie steht es mit Friar?« wandte sie sich dann wieder an mich.
»Das liegt bei Ihnen, Sam«, erwiderte ich. »Sie können Friar sowie Craig Martin und Teresa Klune erledigen, die beide bestochen wurden, um den Mund über das Vorgefallene zu halten. Liegt Ihnen daran?«
»Wie soll ich das anstellen?«
»Indem Sie einfach nur die ganze Geschichte publik machen«, sagte ich. »Es besteht im Augenblick keine Gefahr. Friar nimmt an, alles sei geregelt, und er braucht sich nur noch um Morris Darrach zu kümmern. Soviel er weiß, befindet sich Samantha Dane unter der Obhut einer Krankenschwester noch immer irgendwo am Ende der Welt. Diese Lösung funktioniert großartig, hat er mir erzählt, sonst hätte sich Don Blake wohl kaum auf eine Reise nach Europa begeben. Wenn Sie also der Öffentlichkeit mitteilen, was mit Ihnen geschehen ist, wird Friar von einer Lawine überrollt werden.«
»Nein!« rief Tracy.
»Wieso nein?« fragte ich verständnislos.
»Sam kann das nicht machen«, erklärte sie leidenschaftlich. »Es würde sie völlig aus der Bahn werfen. Dieser ganzen widerlichen Publizität ausgesetzt zu sein! Es würde sie umbringen. Begreifen Sie, Holman? Es würde sie umbringen!«
»Okay«, sagte ich. »Was soll sie also mit dem Rest ihres Lebens anfangen? Es hier in einer Suite im Ranchero verbringen? Schlafend und ab und zu aufstehend, um diesen Langstreckenlauf ins Wohnzimmer zu unternehmen, wo sie sich zur Abwechslung einmal hinsetzen kann? Und auf keinen Fall zu viel zu essen, wegen dieser verdammten Diät, die Sie ihr verordnet haben? Nach vierzig Jahren werden Sie beide dann mit zur Legende des Ranchero gehören. Die beiden alten Damen, die vierzig Jahre lang immer nur in einer Suite gelebt haben ohne jemals auszugehen.«
»Sie gemeiner Kerl!« schrie Tracy mich an. »Raus hier!« Sie musterte mich mit unversöhnlichem Haß in ihren blauen Augen. »Na schön! Sie wollen, daß ich es ausspreche, also sollen Sie es hören! Sam und ich haben eine wundervolle Beziehung zueinander. Ja, wundervoll! Diese Beziehung hat uns bis jetzt Kraft gegeben und wird uns auch künftig stützen und weiterhelfen. Wir brauchen nichts anderes, Holman, so schwer das für Sie auch zu begreifen sein mag! Wir haben uns und das genügt uns!«
»Es gäbe noch etwas«, meinte ich bedächtig und verabscheute mich beinahe, daß ich es sagte. »Sie könnten auch in das Blockhaus nach Montana zurückkehren.«
»Das könnten wir!« versetzte Tracy gepreßt. »Aber das geht Sie jetzt nichts mehr an, Holman!«
»Nur Sie zu dritt«, fuhr ich fort. »Sie und Sam, zufrieden und gestützt von Ihrer wundervollen Beziehung, und der wächserne Don Blake in ewiger Ruhe in der Werkzeugkiste im Hobbyraum.«
Tracy ließ ihren Blick noch eine Sekunde auf mir ruhen. Dann brach sie in Tränen aus und rannte ins Schlafzimmer.
»Sie sind wirklich ein Schuft, Rick«, bemerkte Sam ruhig. »Aber ich nehme an, das wissen Sie bereits.«
»Sie haben mich engagiert, um herauszufinden, wer Sie geblendet hat und warum«, versetzte ich langsam. »Und Sie wollten wissen, was mit Don Blake geschehen ist.«
»Sie haben ihn gefunden«, sagte sie.
»Ermordet. Wollen Sie wissen warum?«
»Ich denke, Sie werden es mir sowieso erzählen.«
»Sie hörten in der Nacht dieses Geräusch von einem Wagen und dann gedämpfte Laute im oder um das Haus«, begann ich. »Später gingen Sie an die frische Luft, fanden das Schloß nicht vor die Hobbyraumtür gelegt und tasteten sich in den Raum hinein. Dann entdeckten Sie Don Blakes Leiche in der Holzkiste.«
»Ja«, bestätigte sie.
»Das ist alles erfunden, nicht wahr?« fragte ich. »Sie haben weder in jener Nacht noch in einer anderen etwas gehört.«
»Ich dachte, ich hätte vielleicht etwas gehört«, erwiderte sie unsicher.
»Sie dachten vielleicht, Sie hätten etwas hören müssen«, korrigierte ich. »Stimmt das?«
»So wird es wohl sein, Rick.«
»Was für ein Mensch war dieser Don Blake?«
»Don?« Sie lächelte unwillkürlich. »Das ist eine merkwürdige Frage. Er war ein Agent, ein Hansdampf in allen Gassen wie alle Agenten. Aber im Grunde genommen war er ein netter Kerl. Er hat sich mir gegenüber nie schlecht benommen. Seine Abrechnungen stimmten immer auf Heller und Pfennig, und er hat mich nie verraten und verkauft. Ich bin ganz sicher nicht seine unkomplizierteste Klientin gewesen, trotzdem hat er sich rührend um mich gekümmert. Besonders nachdem mir die Säure ins Gesicht geschüttet worden war.«
»Und er stellte diese halbe Million von Ihnen für Tracy bereit, um Sie finanziell unabhängig zu machen«, fügte ich hinzu. »Ich nehme an, er war zu dem gleichen Schluß gekommen, wie ich soeben. Der einzige Ausweg für Sie würde sein, endlich die Öffentlichkeit zu informieren und die Wahrheit zu berichten. Er wußte jedoch, daß so ein Schritt für ihn gefährlich sein würde. Deshalb rief er Gerry Mondale an, bat ihn, für eine Weile seine Geschäfte zu führen und zu verbreiten, Don sei nach Europa gereist. Er beschwor Mondale, unbedingt den Mund zu halten, weil sein, Blakes, Leben in Gefahr sei. Zu jenem Zeitpunkt war sein Leben allerdings noch nicht gefährdet. Er wußte nur, daß er in Gefahr geraten würde, sobald Sie seinen Rat befolgen und die Öffentlichkeit über Ihr Schicksal in Kenntnis setzen würden. Deshalb vermute ich, er kam dieses letztemal zum Blockhaus, um Sie davon zu überzeugen, daß dieser Schritt die richtige Entscheidung für Sie sei.«
»Das hat er aber nie getan«, versetzte sie. »Ich meine, er hat mich nie zu überzeugen versucht.«
»Weil er dazu keine Gelegenheit mehr bekam«, erklärte ich. »Er war tot, bevor er mit Ihnen darüber reden konnte.«
»Sie meinen, jemand hat ihn umgebracht, bevor er mit mir sprechen konnte?«
Ich spähte zur Schlafzimmertür hinüber und sah, daß Tracy nach ihrem Rückzug die Tür nicht geschlossen hatte.
»Er sprach zuerst mit Tracy«, erläuterte ich. »Das war im Grunde vollkommen logisch. Er brauchte Tracys ganze Hilfe, die sie Ihnen während einer weiteren nervenzermürbenden Phase Ihres Lebens zu geben vermocht hätte.«
»Müssen Sie mir das erzählen, Rick?« Ihr Gesicht war plötzlich verzerrt und gequält.
»Betrachten Sie es von Tracys Standpunkt«, fuhr ich entschlossen fort. »Tracy liebte Sie. Wie sie selbst gesagt hat, bestand zwischen Ihnen beiden die nach Tracys Meinung ideale Verbindung. Wahrscheinlich erlebte sie das zum erstenmal in ihrem Leben. Vielleicht ist ihre Ehe kaputtgegangen, weil sie immer eine latente Lesbierin gewesen ist und eine heterosexuelle Verbindung ihr darüber erst Gewißheit verschafft hat. Denn für Tracy war es tatsächlich die perfekte Beziehung. Tracy liebte Sie, und Sie waren von ihr vollkommen abhängig. Ja, mehr noch - falls niemand dazwischenkam, würden Sie Ihr Leben lang von ihr abhängig bleiben.«
»Tracy?« flüsterte sie.
»Auch Geld war kein Problem«, spann ich meinen Faden weiter. »Blake hatte diese halbe Million auf Tracys Namen bereitgestellt. Sie beide hätten allein von den Zinsen bequem leben können!«
»Aber als ich nach Los Angeles fahren und Sie engagieren wollte, hat sie keinerlei Einwände erhoben.«
»Wie hätte sie das tun können?« versetzte ich. »Sie legten offensichtlich großen Wert darauf, und wenn sie Ihren Wunsch vereitelt hätte, wäre vielleicht eine Mißstimmung zwischen ihnen eingetreten. Tracy war es egal, wer für Ihre Blindheit verantwortlich war. Das Unglück war passiert, bevor Sie beide sich kennengelemt hatten. Selbst wenn Sie den Grund dafür in Erfahrung bringen würden, war das nicht wichtig für Tracy.«
»Aber sie hat Ihnen schließlich die Schlüssel für das Blockhaus gegeben, als Sie sie darum baten, nicht wahr?«
»Ihr blieb keine andere Wahl«, erwiderte ich. »Übrigens glaube ich nicht, daß Tracy plante, Don Blake umzubringen. Ich nehme an, sie hat es im Affekt getan, aus Verzweiflung, weil sie plötzlich dachte, sie würde alles verlieren, wenn er seinen Plan weiter vorantrieb. Hinterher wußte sie nicht, was mit der Leiche anfangen. Ich bezweifle, daß sie die körperliche Kraft besessen hätte, den Togen bis ins Tal zu schleppen und ein Loch zu graben, das groß genug gewesen wäre, ihn zu beerdigen. Auf jeden Fall war er in der Kiste bedeutend sicherer. Kein Fremder konnte ihn durch Zufall entdecken. So konnte sie nur hoffen, daß ich ihn nicht finden würde, als ich zum Blockhaus fuhr.«
»Er hat recht.«
Tracy kam mit energischen Schritten aus dem Schlafzimmer. Ihr Gesicht war gerötet, und ihre trockenen Augen funkelten. »Es tut mir leid, daß ich dich vorhin so zum Narren gemacht habe, Sam. Das ist sonst nicht meine Art.«
Sam machte schweigend eine abwehrende Handbewegung.
»Holman hat es alles so schön formuliert«, fuhr Tracy mit spröder Stimme fort. »Es hätte das Ende meiner ganzen Welt bedeutet, die du für mich bist, Sam, wenn es Blake gelungen wäre, dich zu bewegen, mit deiner Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen. Deshalb konnte ich einfach nicht zulassen, daß er mit dir sprach.«
»Ich entdeckte seine Leiche eines nachts durch Zufall«, sagte Sam leise. »Ich habe dir nie erzählt, daß ich Bescheid wußte, denn ich dachte, wenn ich es täte und du hättest ihn umgebracht, würdest du es mir gestehen müssen. Und das hätte unser Verhältnis zerstört.« Sam hob plötzlich den Kopf. »Ich muß dir die Wahrheit sagen, Tracy. Ich stehe wegen der Hilfe, die du mir gegeben hast, auf ewig in deiner Schuld. Mit nichts könnte ich dir das je zurückzahlen. Aber ich hatte Angst, wenn ich dir eingestehen würde, daß ich von Don weiß, könntest du weggehen und mich allein lassen. Oder...«, ihre Stimme klang auf einmal erstickt, »...mich womöglich auch umbringen.«
»Sam!« In Tracys Stimme schwang nacktes Entsetzen mit. »Aber du wußtest doch, daß ich dich liebe. Ich habe dich immer geliebt. Wie konntest du bloß glauben, ich könnte dir etwas antun. Eher hätte ich mich selbst umgebracht!«
»Im Grunde war ich davon auch überzeugt«, antwortete Sam gequält. »Aber irgendwie fehlte mir die letzte Gewißheit. Vielleicht dachte ich, du wärst in dieser Beziehung wie ich. Zwei einsame Frauen, die sich lieben und zueinander zärtlich sind, geben sich gegenseitig sehr viel Trost. Aber es ist doch nicht die wahre Erfüllung, meinst du nicht auch?«
»Nicht die wahre Erfüllung?« wiederholte Tracy flüsternd.
»Ich wüßte nicht, wie sie es je sein könnte«, versetzte Sam nachdenklich. »Ich meine, so eine Beziehung könnte nie so vollkommen sein, wie die Liebe zwischen einem Mann und einer Frau.«
Sekundenlang stand Tracy wie erstarrt.
»Es ist erstaunlich, wie dumm ich manchmal sein kann«, sagte sie schließlich mit erzwungener Gleichmütigkeit. »Ich dachte, du liebst auf genau dieselbe Weise, wie ich dich liebe, Sam. Nun ja. Das zeigt, wie sehr man sich irren kann. Werden Sie jetzt die Polizei rufen, Holman?«
»Ich werde niemanden rufen«, erklärte ich wahrheitsgemäß. »Das ist nicht meine Entscheidung.«
»Sie meinen, die Entscheidung liegt bei Sam?«
»Und bei Ihnen.«
»Ich verstehe.« Sie nickte bedächtig mit dem Kopf, als befürchtete sie, er könne ihr von den Schultern fallen. »Nun, es ist eine ziemlich schwerwiegende Entscheidung, nicht wahr? Ich denke, ein bißchen frische Luft könnte dabei helfen.« Sie durchquerte den Raum, zog die Vorhänge zurück und öffnete dann die Balkontür.
»Es bleibt Tracy überlassen, was sie tut«, erklärte Sam. »Ich bin einverstanden, wie immer sie sich entscheidet.«
»Natürlich«, sagte ich.
»Falls ich befolge, was Sie sagen, Rick, und meine Geschichte an die Öffentlichkeit bringe«, meinte sie zögernd, »brauche ich jemanden, der mich dabei unterstützt. Ich kann das nicht allein bewältigen.«
»Da haben Sie recht«, bestätigte ich. »Nur ich wäre da nicht der richtige Mann für Sie.« Mir kam plötzlich eine Idee. »Ich wüßte aber zwei Leute, die dafür genau in Frage kämen.«
»Und zwar wen?«
»Manny Kruger und eine Frau namens Agatha Grundy.«
»Manny Kruger von der Stellar?«
»Sie kennen ihn?«
»Ich kenne Manny.« Ein flüchtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Sie könnten mit ihm recht haben. Aber ob er es übernehmen wird?«
»Ganz bestimmt«, erwiderte ich zuversichtlich.
»Und diese Frau Agatha Grundy? Was für ein herrlicher Name! Heißt sie wirklich so?«
»Sie ist eine fabelhafte Person«, sagte ich. »Lassen Sie sich erzählen, wie ich ihr zum erstenmal begegnet bin! Ich kam in Darrachs Büro, und sie saß hinter ihrem Schreibtisch und sah aus wie...«
»Schhh!« unterbrach mich Sam. »Haben Sie das auch gehört, Rick?«
»Was?«
»Ein Geräusch.« Sie schauderte plötzlich zusammen. »Ein schreckliches Geräusch! So als würde ein nasser Fisch gegen eine Betonwand geklatscht.«
Ich wußte nicht mehr zu sagen, wie ich auf den Balkon gekommen war, jedenfalls stand ich plötzlich draußen. Natürlich war es zu spät. Ich beugte mich über das Geländer und spähte hinab. Der Körper von Tracy Simon lag mit ausgebreiteten Armen auf dem Steinboden fünf Stockwerke tiefer.
»Alles läuft also ganz fabelhaft, Rick, ganz fabelhaft!« versicherte Manny begeistert.
»Das freut mich zu hören«, sagte ich.
»Sam geht es gut. Sie hat genau an den richtigen Stellen sogar schon ein bißchen zugenommen. Habe ich dir übrigens erzählt, daß Stellar gerade mit ihr einen neuen Vertrag abgeschlossen hat?«
»Um was zutun?«
»Charakterrollen zu spielen«, erwiderte er. »Und bevor du mir ins Wort fällst — ich spreche nicht von Blinden-Rollen! Kontaktlinsen und ein besonderes Make-up können die Grundprobleme lösen. Was Sams Gesicht betrifft, meine ich. Aber ich glaube, es ist die ganze tragische Erfahrung, die Sam hat reifen lassen. Das Erlebte hat aus ihr eine fabelhafte Frau ohne Drogenprobleme gemacht und — darauf wette ich meinen Kopf! — auch eine großartige Schauspielerin.«
»Was sagt sie selbst dazu?«
»Sie freut sich darauf, wieder arbeiten zu können, nachdem ich sie davon überzeugt habe, daß nicht etwa nur Mitleid dahinter steckt. Ich mußte sie daran erinnern, daß sie eine reiche Frau ist und Mitleid oder Wohltätigkeit gar nicht nötig hat.« Er kicherte unterdrückt. »Und Agatha kommt ganz fabelhaft mit ihr aus. Du müßtest die beiden hören, wenn sie sich über ihre Männeraffären unterhalten, Rick!« Seine Stimme wurde ernst und bekam einen respektvollen Tonfall. »Diese Agatha ist eine unwahrscheinliche Frau. Du wirst es nicht glauben, aber sie hat die Beine und den Körper einer Zwanzigjährigen. Und dabei meine ich eine zwanzigjährige Sexbombe!«
»Tatsächlich?« fragte ich atemlos.
»Ich bin dir wirklich sehr dankbar«, versicherte er. »Falls ich dir einen Gefallen tun kann, Rick, brauchst du nur zu pfeifen, und ich komme angerannt!«
»Ich würde Sam sehr gern einmal besuchen«, sagte ich.
»Ja, weißt du...«, Mannys Stimme klang etwas verlegen, »...das Problem ist, sie möchte dir nicht begegnen. Versteh mich nicht falsch, alter Junge! Sie ist dir unendlich dankbar für das, was du für sie getan hast und wird dir das niemals vergessen. Und ich bin heilfroh, daß Stellar mit heiler Haut davongekommen ist, als die Bombe platzte! Einigermaßen grotesk, daß Friars Handlanger die Sache mit Darrach vermasselt haben! Wie mir erzählt wurde, haben sie ihn um fast zwei Meter verfehlt. Aber trotzdem hat er jetzt bestimmt genug mit der Angst zu tun, daß er vor Gericht restlos auspacken wird!«
»Ich weiß«, versetzte ich kühl. »Du wolltest mir sagen, warum Sam mir nicht zu begegnen wünscht.«
»Wollte ich das?« Seine Stimme klang befangen. »Nun, es hat damit zu tun, daß sich Tracy Simon vom Balkon des Ranchero gestürzt hat. Ich meine, nicht daß dir Sam direkt einen Vorwurf daraus macht, aber...«
»Aber sie findet, ich hätte bis zu einem gewissen Grad Schuld daran gehabt«, vollendete ich. »Und ich nehme an, von Sams Standpunkt aus betrachtet, ist es ihr lieber, den Vorwurf mir als sich selbst zu machen, nicht wahr?«
»Ich verstehe nicht ganz, wie du das meinst, alter Junge.«
»Vergiß es«, sagte ich. »Und grüß Agatha von mir.«
»Ich denke gar nicht daran, ihr von dir Grüße auszurichten«, erklärte er entschieden. »Agatha gehört mir. Ganz allein mir! Verstanden?« Er knallte den Hörer auf.
Grund genug, mir einen Drink zu genehmigen, fand ich. Deshalb trat ich an die Bar und schenkte mir einen Bourbon ein. Er würde einen weiteren einsamen Abend einleiten. Der Lärm ebbt ab und die Karawane zieht weiter, hat einmal jemand gesagt. Sams Karawane war weitergezogen, hatte Manny und Agatha mitgenommen und mich zurückgelassen im kalten Schnee. Wenn ich weiter solch trüben Gedanken nachhing, würde ich noch in Tränen ausbrechen, rief ich mich angewidert selber zur Ordnung.
Es war ein schöner Abend mit einem flammend roten Sonnenuntergang, und ich beschloß ganz verwegen zu sein und ein Bad in meinem Schwimming-pool zu nehmen. Wozu hatte ich sonst so eine Luxuseinrichtung?
Ich schwamm also gemächlich einige Bahnen, ließ mich ein Weilchen auf dem Rücken treiben und entschied dann, mir einen weiteren Drink verdient zu haben. Als ich mich gerade abgetrocknet hatte, klingelte es an der Haustür. Ich durchquerte das Haus, knipste die Außenbeleuchtung an und öffnete schließlich die Tür.
Im Lampenlicht stand ein Mädchen mit schulterlangen tizianroten Haaren vor mir. In ihren leuchtenden grünen Augen lag ein sinnlicher Ausdruck, der noch gesteigert wurde durch den weichen Schwung ihrer vollen Lippen. Sie trug ein dünnes grünes Seidenkleid, das ihre Brüste eng umspannte und deren Spitzen schmeichelnd hervorhob.
»Sind Sie Rick Holman?« fragte sie mit belegter Stimme.
Es gelang mir, meine Zunge vom Gaumen zu lösen. »Der bin ich«, antwortete ich einfältig.
»Das freut mich aber!« Sie bedachte mich mit einem Lächeln, das mein Blut sofort zu Fiebertemperaturen hochtrieb. »Darf ich hineinkommen?«
Ich riß die Tür so weit wie möglich auf und drückte mich an die Wand, um ihr keine Gelegenheit zu lassen, es sich womöglich noch einmal anders zu überlegen. Sie ging mit entschlossenen Schritten durch die Diele ins Wohnzimmer, und ich klappte eilig die Haustür zu. Einen Moment lang überlegte ich sogar, die Tür abzuriegeln, doch ich wollte meinen Gast nicht gleich kopfscheu machen.
»Wie ich sehe, trinken Sie gerade einen Schluck«, bemerkte sie intelligent, als ich ihr ins Wohnzimmer folgte. »Ich könnte auch ein Gläschen vertragen. Vielleicht einen Harvey Wallbanger?«
»Gerade mit dem kann ich leider nicht dienen«, bedauerte ich.
»Um so besser!« Sie lächelte erneut. »Es ist nur, weil sie ihn immer trinkt und ich diesen schrecklichen Minderwertigkeitskomplex habe. Im Grunde trinke ich sowieso lieber Scotch on the rocks, wenn Ihnen das recht ist.«
Ich füllte ihr Glas im Eiltempo und drückte es ihr in die Hand.
»Vielen Dank.« Ihr Lächeln verschwand plötzlich. »Ich brauche Ihre Hilfe, Mr. Holman.«
»Rick«, versetzte ich automatisch.
»Rick. Ein objektives Urteil. Ich brauche es dringend. Sie haben doch nichts dagegen?«
»Durchaus nicht«, versicherte ich. »Worüber denn?«
»Halten Sie mal einen Augenblick.« Sie reichte mir ihr Glas zurück.
Ich nahm es gehorsam entgegen und überlegte verwundert, ob sie einen besonderen Tick haben mochte. Dann beugte sie sich vor, griff nach ihrem Rocksaum und hob ihn bis zur Taille hoch. Ihre Beine, appetitlich sonnengebräunt, waren von formvollendeter Schönheit mit straffen, keineswegs zu mageren Oberschenkeln. Sie trug ein knapp sitzendes schwarzes Spitzenhöschen, das die sanfte Wölbung ihres Venushügels mit verlockender Deutlichkeit erkennen ließ.
»Was meinen Sie, Rick?« erkundigte sie sich nervös.
»Wozu beziehungsweise worüber?«
»Ich bin dreiundzwanzig Jahre alt«, erläuterte sie. »Also sind dies dreiundzwanzigjährige Beine, nicht wahr?«
»Richtig.«
»Sind es nun schöne dreiundzwanzigjährige Beine, oder einfach nur irgendwelche alten Stampfer?«
»Es sind wunderschöne dreiundzwanzigjährige Beine«, versicherte ich mit Nachdruck. »Nicht nur wunderschöne, sondern ganz phantastische, umwerfende Beine!«
»Vielen Dank.«
Sie ließ ihren Rocksaum wieder fallen und wandte mir dann ihren Rücken zu. Im nächsten Augenblick hatte sie den Reißverschluß ihres Kleides geöffnet und ließ es an sich heruntergleiten. Danach trat sie über das kleine Stoffhäufchen hinweg und drehte sich wieder zu mir um. Sie trug nur noch das schwarze Spitzenhöschen am Leib. Ihre Brüste waren fest und voll und reckten sich mir so knackig entgegen, als wollten sie allen Gesetzen der Schwerkraft widersprechen. Die großen Warzen begannen sich, ihrer schützenden Hülle beraubt, zusammenzuziehen.
»Und die Figur«, meinte sie. »Ist es einfach die Figur einer Dreiundzwanzigjährigen oder die aufregende Figur einer Dreiundzwanzigjährigen?«
»Die Figur ist aufregend«, bestätigte ich. »Nicht nur aufregend, sondern geradezu atemberaubend. Und wunderschön!«
»Das hat Manny auch immer gesagt«, versetzte sie niedergeschlagen.
Mir ging ein Licht auf. »Sie sind Sonja!«
»Sonja Dayton«, nickte sie. »Sie haben mich beruhigt, Rick, und dafür bin ich Ihnen dankbar.«
Ich gab ihr hastig ihr Glas zurück, bevor sie womöglich etwas so Überflüssiges tat und ihr Kleid wieder anzog.
»Sie sind eine Frau von absolut perfekter Schönheit«, brachte ich mit belegter Stimme hervor. »Sie besitzen die tollsten Beine und die beste Figur, die ich je gesehen habe. Ich bin schon völlig verrückt nach Ihnen.«
Sie musterte mich zweifelnd. »Genau das hat Manny auch immer gesagt.«
»Wen interessiert denn, was Manny gesagt hat!« Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Es tut mir leid, wenn ich ein bißchen laut geworden bin.«
»Schon in Ordnung«, versetzte sie gleichmütig. »Aber wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie von einer fünfzigjährigen alten Schachtel mit einem Gesicht, als wäre ein Laster drübergefahren, ausgebootet worden wären?«
»Agatha?« fragte ich überrascht. »Agatha Grundy?«
»Ich glaube, so heißt sie«, erwiderte Sonja steif.
»Agatha Grundy und Manny Kruger?«
»Das habe ich Ihnen doch gerade gesagt! Und ich finde es einfach pervers!«
»Sie sind nicht einmal halb so alt und besonders reizend«, sagte ich. »Manny ist ein dummer Klotz!«
»Aber warum sie und nicht ich?« jammerte Sonja.
»Dafür gibt es nur eine Erklärung«, meinte ich und griff nach ihrem Arm. »Kommen Sie und setzen Sie sich mit mir auf die Couch, damit ich es Ihnen erklären kann.«
Ich nahm ihr das Glas aus der Hand, stellte es auf die Bartheke und führte Sonja dann zur Couch.
»Es muß eine Frage der Technik sein, Sonja«, bemerkte ich mit ernster Miene, nachdem wir Platz genommen hatten.
»Der Technik?«
»Nur eine bessere Technik kann Ihnen diese ältere Frau voraushaben«, fuhr ich fort. »Wenn Sie diese Technik gelernt haben, werden Sie ihr nicht mehr unterlegen sein.«
»Glauben Sie das wirklich, Rick?«
Ich legte einen Arm um ihre Schulter und zog sie näher an mich heran. Dann umschloß ich ihre rechte Brust mit der linken Hand und liebkoste mit dem Daumen ihre Brustwarze.
»Ich mag das«, seufzte sie wohlig. »Aber das ist deine Technik, nicht meine. Findest du nicht auch?«
»Stimmt«, sagte ich. »Zu deiner Technik kommen wir ein bißchen später, Sonja.«
»Einverstanden«, versetzte sie prompt. »Aber da wäre noch eins, Rick.«
»Und zwar?«
»Wenn wir unsere Technik weiterentwickeln wollen, solltest du da nicht erst einmal deine Badehose ausziehen?«