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NACHWORT

Ich habe sowohl hier wie auch in Der Wanderer eine große Anzahl Ratten auftauchen lassen, obwohl ich nicht glaube, dass sie schuld an der Verbreitung der Pest waren. Unter den medizinischen Historikern herrscht Uneinigkeit darüber, ob der Schwarze Tod (so genannt wegen der dunklen Schwellungen, die die Erkrankten entstellten) tatsächlich die Beulenpest war, die vermutlich über Flöhe von Ratten übertragen wurde, oder eine Form von Milzbrand, dessen Erreger sich über Vieh und Wild verbreiten. Glücklicherweise mussten Thomas und seine Gefährten diese Frage nicht entscheiden. Im Mittelalter sah man die Ursache für die Seuche in den Sünden der Menschheit, verstärkt durch eine ungünstige astrologische Konjunktion des Saturn, die stets Unheil verhieß. Die Krankheit löste Panik und Verwirrung aus, da sie bis dahin unbekannt war und es kein Mittel dagegen gab. Sie breitete sich von Italien nach Norden aus und tötete ihre Opfer innerhalb von drei bis vier Tagen, wobei sie mysteriöserweise manche Menschen verschonte. Dies war die erste Pestepidemie in Europa. Natürlich hatte es auch vorher schon Seuchen gegeben, aber keine von so verheerenden Ausmaßen, und sie sollte die Menschheit noch vierhundert Jahre lang immer wieder heimsuchen. Damals nannte man sie noch nicht den Schwarzen Tod – diese Bezeichnung wurde erst im neunzehnten Jahrhundert geprägt –, sondern schlicht die «Pestilenz».

Sie raffte mindestens ein Drittel der europäischen Bevölkerung dahin. In manchen Gemeinden lag die Sterberate sogar bei über fünfzig Prozent, aber insgesamt dürfte die Schätzung von einem Drittel wohl zutreffen. Sie schlug in ländlichen Gegenden ebenso erbarmungslos zu wie in den Städten, und ganze Dörfer wurden ausgelöscht. Einige davon kann man noch heute als Wälle und Gräben zwischen Feldern erkennen, und an anderen Orten findet man Kirchen, die einsam irgendwo auf der Wiese stehen. Das sind die sogenannten Pestkirchen, Überreste ehemaliger Dörfer.

Nur die ersten und letzten Passagen von Der Erzfeind basieren auf wahren Ereignissen. Die Pest hat es gegeben und ebenso die Belagerung und Eroberung von Calais, aber alles andere ist frei erfunden. Es gibt keine Stadt namens Berat und auch keine Festung von Castillon d’Arbizon. Ein Astarac hat es gegeben, aber was immer dort einst gestanden hat, ist jetzt von einem großen Stausee überflutet. Das Gefecht, mit dem dieses Buch beginnt, die Eroberung von Nieulay und seinem Turm, hat tatsächlich stattgefunden, aber der Sieg brachte den Franzosen keinen Vorteil, da es ihnen nicht gelang, den Ham zu überqueren und die englische Hauptarmee anzugreifen. Die Franzosen traten den Rückzug an, Calais fiel, und der Hafen blieb noch weitere dreihundert Jahre in englischer Hand. Die Geschichte der sechs Bürger von Calais, die zum Tode verurteilt und dann begnadigt wurden, ist weithin bekannt, und Rodins berühmte Statue vor dem Rathaus der Stadt erinnert noch heute daran.

Thomas’ Sprachschwierigkeiten in der Gascogne sind nicht erfunden. Zu jener Zeit sprach der Adel sowohl dort wie auch in England Französisch, aber das einfache Volk unterhielt sich in einer Vielzahl regionaler Sprachen und Dialekte, vornehmlich Okzitanisch, auch langue d’oc genannt, woraus die heutige Bezeichnung Languedoc entstanden ist. Das Okzitanische ist eng mit dem Katalanischen verwandt, der Sprache Nordspaniens. Als die Franzosen die Gebiete im Süden eroberten, versuchten sie, diese Sprache zu unterdrücken, doch sie wird bis heute gesprochen und erlebt derzeit eine Art Renaissance.

Und der Gral? Längst verschwunden, vermute ich. Manche sagen, es sei der Becher gewesen, aus dem Jesus beim Abendmahl trank, andere meinen, es wäre die Schale, in der das Blut von dem Speerstich bei der Kreuzigung aufgefangen wurde. Was immer es war, es ist nie gefunden worden, obgleich bis heute Gerüchte kursieren und manche überzeugt sind, der Gral sei irgendwo in Schottland verborgen. Dennoch war der Gral die begehrteste Reliquie des mittelalterlichen Abendlands, vielleicht weil er so geheimnisumwoben war, vielleicht auch weil sich durch die Verbreitung der Artus-Sage die alten keltischen Geschichten von Zauberkesseln mit denen vom Gral vermischten. Seine Legende zieht sich wie ein goldener Faden durch die Jahrhunderte und inspiriert die Menschen bis heute, und deshalb ist es wohl am besten, wenn er unentdeckt bleibt.