30

Nachdem sie ins Parker Center zurückgekehrt waren, ließ sich Hunter zuallererst von Brian Doyle, dem Leiter der IT-Abteilung, von sämtlichen Fotos, die auf der Finissage von Laura Mitchells Ausstellung gemacht worden waren, Kopien anfertigen. Hunter wusste, dass grundsätzlich jede Person auf den Bildern ein Verdächtiger sein konnte, aber sein unmittelbares Interesse galt der Identifizierung des Fremden, der mit Laura Telefonnummern ausgetauscht hatte. Auf dem Foto, das Hunter gesondert gekennzeichnet hatte, war das Gesicht des Mannes relativ deutlich zu erkennen, so dass Doyle es vergrößern und mit der Polizeidatenbank abgleichen konnte.

»Der Laptop, wegen dem du mich vorhin angerufen hast«, meinte Doyle, während er die Bilder auf seine Festplatte lud. »Der, den wir vor zwei Wochen von der Vermisstenstelle bekommen haben. Von einer gewissen …« Er b­egann, auf seinem unordentlichen Schreibtisch herumzuwühlen.

»Laura Mitchell«, sagte Hunter. »Das da auf den Fotos ist sie.«

»Oh, okay. Na, wie auch immer, jedenfalls konnten wir ihr Passwort knacken.«

»Was? So schnell?«

»Was soll ich sagen? Wir sind genial.« Doyle schmunzelte, und Hunter verzog das Gesicht. »Wir haben einen ganz simplen Algorithmus laufen lassen. Ihr Passwort war eine Kombination aus den ersten Buchstaben ihres Nachnamens und ihrem Geburtsdatum. Du hast gesagt, du musst dir ihre Mails ansehen?«

»Ganz genau. Ihre Mutter meinte, sie hätte ein paar E-Mails von Bewunderern bekommen, die ihr Angst gemacht haben.«

»Also, das wird schwierig werden. Das E-Mail-Programm auf ihrem Rechner wurde nie benutzt«, erklärte Doyle. »Soll heißen, sie hat die E-Mails nicht runtergeladen, sondern immer online gelesen. Wir haben die Konfigurationsdatenbank des Betriebssystems durchsucht, aber sie war nicht dumm. Sie hat nie auf ›Ja‹ geklickt, wenn der Computer sie beim Verlassen der E-Mail-Seite gefragt hat, ob er das Passwort speichern soll. Außerdem wurde ihr Browser-Verlauf automatisch alle zehn Tage gelöscht.«

»Ihr E-Mail-Passwort ist nicht dasselbe wie das für ihren Computer?«

Ein kurzes Kopfschütteln.

»Und was ist mit diesem Algorithmus, den du für das andere Passwort benutzt hast?«

»Der funktioniert online nicht. Die Internet-Sicherheit gegen E-Mail-Angriffe ist in den letzten Jahren viel schärfer geworden. Alle großen Provider blockieren den Zugang zum Konto für mehrere Stunden, manchmal sogar dauerhaft, wenn man zu oft hintereinander das falsche Passwort eingibt.« Erneut schüttelte Doyle den Kopf. »Und falls sie die E-Mails nicht gespeichert, sondern nach dem Lesen sofort gelöscht hat, was ja vermutlich der Fall ist, wenn sie ihr Angst gemacht haben, dann sind die Chancen, an die vollständigen Nachrichten zu kommen, ohnehin gleich null. Du kannst höchstens noch ein paar Fragmente retten, es sei denn, du findest den E-Mail-Provider, von dem aus die betreffende Nachricht geschickt wurde. Und dafür müsstest du dich direkt an ihren Provider wenden – Autonet. Von hier aus können wir da gar nichts machen. Du weißt, was das bedeutet, oder? Durchsuchungsbefehl, Gerichts­beschluss, das ganze Programm. Außerdem kann es sein, dass du tagelang, vielleicht sogar wochenlang rumsuchst und trotzdem nichts findest.«

Hunter rieb sich das Gesicht.

»Ein paar von meinen Leuten schauen sich gerade die anderen Dateien auf ihrer Festplatte an. Ich sage dir Bescheid, wenn wir irgendwas finden.«

31

Whitney Myers stand ganz still und starrte auf die Audiowellen, die wie unter Strom stehende Würmer über den Computerbildschirm zuckten. Cohen hatte die gesäuberte Aufnahme, die Gus ihm gegeben hatte, auf den Rechner gespielt. Das Flüstern von Katia Kudrovs Anrufbeantworter, das sie zuvor kaum hatten hören können, war jetzt klar und deutlich zu verstehen.

»DU RAUBST MIR DEN ATEM …« Pause. »WILLKOMMEN DAHEIM, KATIA. ICH HABE AUF DICH GEWARTET. ICH GLAUBE, ES IST AN DER ZEIT, DASS WIR UNS ENDLICH KENNENLERNEN

Die Aufnahme lief in Endlosschleife über Cohens Lautsprecher. Nach dem fünften Mal riss Myers den Blick vom Bildschirm los und drückte die Escape-Taste.

»Und Gus hat gesagt, das ist seine normale Stimme? Ohne elektronischen Stimmenverzerrer oder dergleichen?«

Cohen nickte. »Aber er war clever. Er hat geflüstert, um seine Stimme unkenntlich zu machen. Selbst wenn er geschnappt wird, kann man ihn anhand dieser Aufnahme hier niemals identifizieren.«

Myers trat von Cohens Schreibtisch zurück und fuhr sich mit zwei Fingern leicht über die Oberlippe. Das tat sie immer, wenn sie nachdachte. Sie wusste, dass sie Leonid Kudrov das Band würde vorspielen müssen, wenn sie sich in zwei Stunden mit ihm traf. Sie zweifelte nicht daran, dass es den vor Sorge aufgewühlten Mann zu Tode erschrecken würde.

»Hast du noch mein Diktiergerät mit den sechzig Nachrichten?«, fragte sie, bevor sie an ihren eigenen Schreibtisch zurückkehrte und in ihrem Notizbuch zu blättern begann.

»Ja, hier ist es.«

»Okay, spiel die letzte Nachricht noch mal vor.« Sie hielt inne. »Nein, spiel den Teil direkt nach der letzten Nachricht vor. Was mich interessiert, ist die elektronische Ansage, die die Zeit des Anrufs festhält.«

»Zwanzig Uhr zweiundvierzig«, antwortete Cohen wie aus der Pistole geschossen.

Myers hob die Brauen.

»Ich hab mir das Ding so oft angehört, dass es mir auf ewig ins Gehirn gebrannt ist«, sagte er.

»Bist du ganz sicher?«

»Hundertprozentig.«

Myers senkte den Blick wieder in ihr Notizbuch. »Katias Vater hat gesagt, er habe seine Tochter um zwanzig Uhr dreiundfünfzig angerufen. Das Telefonat hat vier Minuten und zwölf Sekunden gedauert.«

»Sie hat das Gespräch angenommen, oder?«

Myers nickte.

»Aber elf Minuten früher ist noch der Anrufbeantworter rangegangen. War sie da noch weg?«

Myers blätterte eine Seite um. »Nein, der Portier hat ausgesagt, sie sei gegen acht gekommen. Er hat ihr die Koffer ins Penthouse gebracht.« Erneut legte Myers die Finger an die Oberlippe. »Na klar. Das Handtuch auf dem Fußboden in der Küche. Katia muss in der Dusche gewesen sein.« Noch einmal sah sie rasch in ihren Notizen nach. »Mist! Weißt du noch, wie ich dir gesagt habe, dass es keine Aufzeichnungen der Überwachungskameras in ihrem Gebäude gibt, weil durch einen Kurzschluss sämtliche Sicherungen rausgeflogen sind?«

»Hm.«

»Die Kameras sind kurz vor acht ausgefallen.«

Cohen räusperte sich und beugte sich vor. »Und wir wissen ja schon, dass das unmöglich Zufall gewesen sein kann.«

»Das bedeutet, der Kidnapper wusste exakt, um wie viel Uhr Katia nach Hause kommen würde.« Myers hielt inne und kämpfte gegen das ungute Gefühl in ihrem Innern an. »Er hat bereits in ihrer Wohnung auf sie gewartet. Deswegen sagt er auch ›Willkommen daheim‹. Er wusste, dass sie zu Hause war.«

Cohens Miene veränderte sich schlagartig. »Das heißt, sein letzter Anruf kam aus der Wohnung?«

»Sieht ganz so aus.«

»Aber wieso? Wieso anrufen, wenn er schon drin war?«

»Ich weiß es nicht. Um ihr noch mehr Angst einzujagen? Aus Sadismus? Das spielt doch keine Rolle.«

Cohen spürte, wie sich jedes Haar an seinem Körper aufstellte. »O mein Gott.«

»Was?«

»Das Zischen im Hintergrund, das Gus in der Aufnahme gehört hat. Im Studio hat er mir gesagt, dass es ein bisschen so klingt wie Wasser, das irgendwo gegen eine Scheibe trommelt. Vielleicht ein Regenschauer.« Cohen fing Myers’ Blick auf. »Der Kidnapper war in ihrem Schlafzimmer, als er sie angerufen hat. Er hat ihr beim Duschen zugesehen.«

32

Als Hunter am nächsten Morgen um sieben Uhr einundfünfzig sein Büro betrat, wartete Captain Blake bereits auf ihn.

»Carlos hat mir gesagt, Sie haben das Mordopfer identifiziert?«

Hunter nickte. »Sie heißt Laura Mitchell.« Er reichte Blake einen zweiseitigen Bericht.

Sie überflog ihn und hielt überrascht inne. »Der Täter hat ihr in ihrer eigenen Wohnung aufgelauert?« Ihr Blick sprang von einem Detective zum anderen.

»Sieht ganz so aus, Captain, ja«, bestätigte Hunter.

»Wie hat er sich Zutritt verschafft? Gab es irgendwelche Einbruchsspuren?«

Er schüttelte den Kopf.

»Vielleicht hat sie ihn selbst reingelassen«, mutmaßte Garcia.

Blake nickte. »Was bedeuten würde, dass der Täter möglicherweise eine falsche Identität benutzt hat, um ins Gebäude zu gelangen und bei ihr zu klingeln. Oder vielleicht kannten sie sich auch, oder er hat sich als Sammler oder ­potentieller Käufer oder Ähnliches ausgegeben und einen Termin mit ihr vereinbart. Aber trotzdem – wieso sollte er sich dann hinter einem Gemälde verstecken? Das ergibt doch gar keinen Sinn.«

»Eben«, pflichtete Hunter ihr bei. »Und genau aus diesem Grund glaube ich auch nicht, dass Laura ihren Mörder hereingelassen hat. Trotzdem besteht die Möglichkeit, dass sie sich kannten.«

Captain Blake dachte einen Moment lang nach. »Vielleicht hatte der Täter einen Schlüssel.«

Hunter nickte. »Entweder das, oder er hat das Schloss geknackt.«

»Hatte sie einen Freund? Liebhaber?«

»Wir reden später noch mit ihrem Exverlobten. Seine Maschine aus Dallas landet um Viertel vor drei.«

»Wie lange war er weg?«

Hunter rieb sich die Stirn. »Seit Dienstagabend.«

»Womit er als Verdächtiger ja wohl ausfällt.«

»Das wäre etwas voreilig, Captain.«

Captain Blake sah Hunter ins Gesicht. »Hm, rechnen wir mal nach. Er war seit Dienstagabend nicht in L. A. Die Leiche unseres Opfers wurde vor zwei Tagen gefunden – am Mittwochnachmittag, wir erinnern uns. Es gibt keinen genauen Todeszeitpunkt, aber im Bericht der Forensiker vom Tatort steht, dass sie höchstens drei bis sechs Stunden vor Auffinden gestorben sein kann. Woraus wir schließen, dass er zum Zeitpunkt ihres Todes nicht in Los Angeles war, Robert.«

»Das ist richtig«, räumte Hunter ein, »aber bedenken Sie eins, Captain: Wir haben keinen Beweis, dass der Killer sie tatsächlich getötet hat. Genauso gut hätte er sie lebendig in der Fleischerei ablegen können, und zwar mehrere Stunden bevor sie dann schließlich gestorben ist. Vielleicht sogar schon am Abend vorher. Damit hätte sich der Ex ein beinahe wasserdichtes Alibi verschafft. Bevor wir irgendwelche Verdächtigen von der Liste streichen, brauchen wir mehr Informationen.«

»Gut, das sehe ich ein«, stimmte Blake zu. »Was ist mit diesem anderen Kerl, von dem Carlos mir erzählt hat? Der, der Laura auf der Finissage angesprochen hat?«

Hunter suchte auf seinem Schreibtisch nach dem Foto des Fremden und reichte es ihr. Blake starrte es einige Sekunden lang an.

»Wir haben das Bild gestern in die Polizeidatenbank eingespeist. Bislang noch keine Treffer. Außerdem haben wir einige Uniformierte mobilisiert, die damit jede Kunstgalerie abklappern, jeden Ausstellungsraum, jedes Museum, jede Kunstschule, jedes Café – jeden nur erdenklichen Ort, an dem Kunstausstellungen stattfinden. Die Assistentin in der Daniel Rossdale Art Gallery war sich sicher, dass sie ihn früher schon mal auf einer anderen Ausstellung gesehen hatte. Woraus folgt, dass der Mann vermutlich ein echter Kunstliebhaber ist. Vielleicht haben wir Glück und jemand erkennt ihn wieder.«

»Die Befragung der Nachbarn aus Lauras Wohnhaus hat nichts ergeben«, führte Garcia den Bericht fort. »Zwei bis drei Wochen sind eine lange Zeit, wenn man sich an irgend­was oder irgendjemanden Ungewöhnliches erinnern soll.«

»Hat die Spurensicherung sonst noch was in ihrer Wohnung gefunden?«

Hunter goss sich ein Glas Wasser ein. »Es wurden mehrere schwarze Fasern von der Ziegelwand sichergestellt. Die Testergebnisse sind noch nicht da, aber vielleicht haben wir damit trotzdem schon einen ersten Anhaltspunkt.«

»Nämlich?«

»Einige der Fasern kamen von einer Stelle etwa einen Meter achtzig über dem Boden.«

»Haare?«, fragte Captain Blake.

»Nein.«

»Das heißt, wer auch immer da gestanden hat, hat eine Skimaske oder dergleichen getragen«, schloss sie.

»Wir gehen davon aus, dass der Täter sich gegen die Wand gelehnt hat«, sagte Hunter. »Wenn wir damit recht ha­ben und die Fasern von irgendeiner Art von Kopfbedeckung stammen, dann müsste er zwischen eins achtzig und eins neunzig groß sein.«

»Und wenn nicht?«

»Dann könnten sie von einem Pullover stammen, und unser Verdächtiger ist ein zwei Meter fünfzehn großer Riese.«

»Dann würde er uns wenigstens leichter auffallen«, scherzte Garcia.

»Keine Anzeichen eines Kampfes?«, fragte Blake ohne die Andeutung eines Lächelns.

»Nein.«

Sie wandte sich ab und starrte auf die Magnetwand mit den Fotos vom Leichenfundort. Ganz egal wie oft sie sie ansah, sie erschrak jedes Mal. Die Gewalt in der Stadt schien Jahr für Jahr schlimmer zu werden.

»Reden Sie mit mir, Robert, ich werde nämlich langsam ungeduldig. Es ist zwei Tage her, dass wir die Leiche gefunden haben. Zwei Tage, seit dieser Scheißkerl eine Bombe in der Rechtsmedizin hat hochgehen lassen, durch die zwei Menschen ums Leben gekommen sind. Einer davon war einer meiner besten Freunde. Und bis jetzt haben wir nichts vorzuweisen. Wieso hat er sie so lange gefangen gehalten, bevor er sie getötet hat? Haben die Mitchells eine Lösegeldforderung oder Ähnliches erhalten?«

Hunter schüttelte den Kopf. »Nein. Und höchstwahrscheinlich ist der Täter auch nicht hinter Lösegeld her. Bei Verschleppung mit anschließendem Mord geht es selten um Lösegeld.«

Captain Blake spürte einen kalten Hauch im Nacken. »Sie meinen, er hat sie aus sexuellen Gründen gefangen gehalten?«

»Möglich wäre es. Aber ohne Obduktionsbericht werden wir niemals wissen, ob Laura Mitchell vergewaltigt wurde oder nicht.«

Captain Blake stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus.

»Es gibt immer einen Grund, weshalb ein Entführer seine Geisel gefangen hält, ohne Geld von den Angehörigen zu erpressen«, fuhr Hunter fort. »Die zwei häufigsten sind Rachegelüste oder eine Obsession des Täters, die dazu führt, dass er sich nicht vom Opfer lösen kann. In neun von zehn Fällen fängt sie als eine Art platonische Beziehung an.« Hunter hielt inne. Sein Blick ruhte auf dem Porträt von Laura Mitchell. »Und fast immer ist oder wird diese Obsession irgendwann sexuell.«

Captain Blake verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen.

»Aber irgendwas passt hier nicht«, fuhr Hunter fort.

»Was meinen Sie damit?«

»Eines zeigen die Fotos vom Leichenfundort ganz klar: Der Täter hat Laura nicht gefoltert.«

Blake legte die Stirn in Falten.

»Bei den meisten Entführungen mit anschließendem Mord spielen Folter, Demütigung und sadistischer sexueller Missbrauch eine große Rolle«, klärte Hunter sie auf. »Wenn es bei der Entführung nicht um Geld geht, gibt es, wenn – und falls – das Opfer später gefunden wird, fast immer klare Anzeichen dafür, dass es gefoltert und gequält wurde.« Er ging zur Magnetwand. »Als wir Laura Mitchell noch nicht identifiziert hatten, haben Garcia und ich uns jedes einzelne dieser Fotos ganz genau angesehen. Wir haben nach körperlichen Merkmalen gesucht, die uns einen Hinweis auf ihre Identität geben konnten.« Er schüttelte den Kopf. »Sie hatte nicht einen Kratzer am Leib. Die Leiche wies keinerlei Verletzungen auf – bis auf die Nadelstiche und die Schrammen, die sie sich mit den Fingernägeln selbst zugefügt hat.«

»Wenn ihr Entführer auf Rache aus gewesen wäre«, nahm Garcia den Faden auf, »dann hätte er sie gefoltert, Captain. Wenn er von ihr besessen gewesen wäre, hätte er sie mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit vergewaltigt. In beiden Fällen hätte sie Verletzungen am Körper gehabt.«

»Sobald der Täter Gewalt anwendet, um zu bekommen, was er will«, fuhr Hunter fort, »beginnt die Abwärtsspirale. Die Gewalt, die er über sein Opfer hat, und das Gefühl der Macht, das er dabei empfindet, wirken auf ihn wie Drogen. Die Gewalt eskaliert, die Vergewaltigungen werden brutaler, bis schließlich …« Er ließ den Rest des Satzes in der Luft hängen.

»Aber hier liegt die Sache anders«, ergriff Garcia wieder das Wort. »Wir haben die Entführung, das Gefangenhal­ten des Opfers und den Mord – aber keine Gewaltanwendung.«

Bei Garcias letzten Worten hätte sich Captain Blake fast verschluckt. »Keine Gewaltanwendung?« Sie sah zu den Fotos an der Magnetwand und dann zu den beiden Detectives. »Er hat ihr eine Bombe in den Unterleib gesteckt und sie zugenäht – als sie noch am Leben war. Was zum Teufel bezeichnen Sie denn als Gewaltanwendung?«

»Genau das ist der springende Punkt, Captain«, fiel Hunter ihr ins Wort. »Die Gewalt kam erst ganz zum Schluss, mit dem Mord selbst. Und wir sind uns alle darin einig, dass es ein zutiefst sadistischer Mord war. Aber das Fehlen jeglicher Verletzungen an Lauras Körper deutet darauf hin, dass der Täter ihr gegenüber nicht gewalttätig geworden ist, solange sie von ihm gefangen gehalten wurde. Es gab keine Eskalationskurve. Die Steigerung ging von Verzicht auf Gewaltanwendung direkt zu bestialischer Gewalt, in einem einzigen Schritt.«

»Und was sagt uns das?«

Hunter hielt ihrem Blick stand. »Dass wir es mit einer emotional extrem labilen, hochexplosiven Persönlichkeit zu tun haben. Wenn er die Kontrolle über sich verliert, verliert jemand anders sein Leben.«

33

Patrick Barlett war einer der einflussreichsten Finanzberater in ganz Kalifornien. Er leitete sein Unternehmen vom vierzigsten Stock des berühmten 777 Tower aus.

Die Gestaltung des Empfangsbereichs war darauf ausgelegt, maximalen Eindruck zu schinden. Barlett schien der Ansicht zu sein, dass man Geld am besten mit Geld anlockte. Zumindest drängte sich Hunter diese Vermutung auf.

Hinter dem halbrunden Tresen aus Stahl und grünem Glas standen zwei Empfangsdamen, die Hunter und Garcia mit synchronem Lächeln begrüßten. Hunter zeigte seine Marke vor, gab aber acht, dabei das Wort »Morddezernat« mit dem Daumen zu verdecken. Sofort verlor das Lächeln der beiden Damen etwas von seiner Strahlkraft, und zwei Minuten später wurden Hunter und Garcia in Patrick Barletts Büro vorgelassen.

War der Empfangsbereich bereits eindrucksvoll gewesen, so konnte man Barletts Büro nur als majestätisch bezeichnen. Die Wand an der Westseite war komplett verglast und bot einen Panoramablick auf Los Angeles, wie ihn nur wenige je genießen durften. Der Boden bestand aus makellos abge­zogenen Eichendielen. Die Wände waren in einem Weißton mit einem Hauch Blau darin gestrichen. Es herr­schten scharfe Kanten und spiegelblanke Oberflächen vor.

Barlett begrüßte die beiden Detectives mit einem einschüchternden Händedruck.

»Bitte, kommen Sie doch herein«, sagte er mit tiefer, wohltönender Stimme. »Entschuldigen Sie die Unordnung, ich bin direkt vom Flughafen hierher gefahren.«

Barlett war einunddreißig Jahre alt, so groß wie Garcia, aber mit der stämmigen Statur eines Quarterbacks, gebräunter Haut und einem Schopf dichter brauner Haare. Seine Augen waren dunkel, fast schwarz, und er hatte die ebenmäßigen, attraktiven Gesichtszüge eines Hollywood­stars.

Als Hunter den Anlass ihres Besuchs nannte, sah er, wie sich der Blick aus Barletts Augen veränderte, als wäre etwas unvorstellbar Kostbares zerbrochen.

Barlett setzte sich hinter seinen imposanten Schreibtisch und konnte die erste Minute lang nicht sprechen. Sein Blick ruhte eine Weile auf Hunter, bevor er zu einem kleinen gerahmten Bild glitt, das auf seinem Schreibtisch stand. Es zeigte drei Pärchen bei einem Galadiner. Patrick und Laura saßen nebeneinander. Sie sahen glücklich aus. Verliebt.

»Das muss ein Irrtum sein.« Das Sonore in seiner Stimme hatte einem angstvollen Zittern Platz gemacht.

Hunter schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, nicht.«

»Doch, das ist es ganz bestimmt. Wer hat die Leiche identifiziert?«

»Mr Barlett.« Diesmal klang Hunters Stimme fester. »Es ist kein Irrtum.«

Patricks Blick kehrte einen Augenblick lang zu dem gerahmten Bild zurück, bevor er sich davon losriss und Zuflucht in der Aussicht suchte. Er nahm die Hände vom Schreibtisch in seinen Schoß, wie um ihr Zittern zu verbergen. Die Geste wirkte wie die eines Kindes.

»Wann haben Sie Miss Mitchell zuletzt gesehen, Mr Barlett?«, fragte Garcia.

Schweigen.

»Mr Barlett?«

Barletts Blick kehrte zu den Detectives zurück. »Was? Bitte nennen Sie mich doch Patrick.«

»Wann haben Sie Miss Mitchell zuletzt gesehen, Patrick?«, wiederholte Garcia die Frage, diesmal eine Spur lang­samer.

»Vor Wochen, am Abend ihrer Finissage in der …« Er blickte in die Luft, während er nach dem Namen der Galerie suchte, ihn aber nicht fand. »… irgendwo in West Hollywood.«

»In der Daniel Rossdale Art Gallery?«, half Hunter ihm auf die Sprünge.

»Ja, so hieß sie.«

»Standen Sie auf der Gästeliste?« Erneut Garcia.

»Es gab keine Gästeliste.«

»Ich meine, wusste Miss Mitchell, dass Sie kommen würden? Hat sie Sie eingeladen?«

Barletts Verhalten änderte sich schlagartig, und er wurde abweisend.

»Werde ich hier etwa beschuldigt?« Er fuhr fort, ohne die Antwort abzuwarten. »Das ist vollkommen grotesk. Wenn Sie glauben, dass ich fähig wäre, Laura etwas anzutun, dann sind Sie die stümperhaftesten Detectives, die diese Stadt je gesehen hat. Entweder das, oder Sie haben sich nicht die Mühe gemacht, unsere gemeinsame Vergangenheit zu überprüfen. Wir waren ein Paar. Ich liebe Laura. Ich würde lieber selber sterben, als ihr auch nur ein Haar zu krümmen.«

Hunter fiel auf, dass Barlett nicht einmal daran dachte, zu erwähnen, dass er zum Zeitpunkt des Auffindens der Leiche gar nicht in der Stadt gewesen war.

»Haben Sie nach der Finissage noch mal versucht, mit ihr Kontakt aufzunehmen? Wie es scheint, sind Sie an dem Abend nicht gerade im Guten auseinandergegangen.«

»Was?« Patrick funkelte Garcia an. »Das ist absoluter Unsinn. Sie haben überhaupt keine Ahnung, wovon Sie reden, Detective. Ja, ich hatte an dem Abend ein bisschen zu viel getrunken. Ich habe mich wie ein Vollidiot aufgeführt, das gebe ich unumwunden zu. Aber das war auch alles. Mehr ist nicht passiert. Und ja, ich habe versucht, sie am nächsten Tag anzurufen, um mich bei ihr zu entschuldigen, aber es ist nur der Anrufbeantworter rangegangen.«

»Haben Sie eine Nachricht hinterlassen?«

»Ja.«

»Hat sie Sie zurückgerufen?«

Barlett lachte nervös auf. »Nein. Das tut sie nie, ich habe mich schon daran gewöhnt.«

»Was genau meinen Sie damit, wenn Sie sagen, Sie haben sich wie ein Vollidiot aufgeführt?« Die Frage kam von Garcia. »Was genau ist denn zwischen Ihnen vorgefallen?«

Barlett zögerte, als überlegte er, ob es klug war, mehr preiszugeben. »Da Sie beide mich offenkundig als Verdächtigen betrachten, schlage ich vor, dass wir diese Unterhaltung erst fortsetzen, wenn ich meinen Anwalt hinzugezogen habe.«

»Wir verdächtigen Sie nicht, Patrick«, widersprach Garcia. »Wir versuchen nur, einige Sachverhalte zu klären.«

»Nun, für mich hört sich das hier an wie ein Verhör. Wenn Sie also nichts dagegen haben – ich glaube wirklich, dass mein Anwalt dabei sein sollte.« Er griff nach dem Telefon auf seinem Schreibtisch.

Garcia ließ sich gegen die Lehne seines Stuhls sinken und fuhr sich mit der Hand über das stoppelbärtige Kinn.

»Das liegt natürlich in Ihrem Ermessen, Patrick«, ergriff Hunter das Wort. »Aber geholfen ist damit niemandem. Es kostet bloß Zeit. Zeit, die wir andernfalls damit verbringen könnten, Lauras Mörder zu finden.«

Patrick hielt mitten im Wählen inne und funkelte Hunter an.

»Ich bin mir bewusst, dass die Fragen, die wir Ihnen stellen, für Sie sehr unangenehm sind, aber im Moment ist jeder ein Verdächtiger, und wir würden unsere Arbeit nicht richtig machen, wenn wir nicht auch zu Ihnen gekommen wären. Nach unseren bisherigen Erkenntnissen scheint die Finissage der letzte Zeitpunkt gewesen zu sein, zu dem irgendjemand Miss Mitchell lebend gesehen hat. Sie hatten an diesem Abend Streit mit ihr.« Hunter beugte sich vor. »Sie sind ein intelligenter Mann, also denken Sie nach. Ihre Wutausbrüche sind ein offenes Geheimnis, Sie hatten eine Vergangenheit mit Laura Mitchell, und Sie versuchen seit vier Jahren erfolglos, sie dazu zu überreden, zu Ihnen zurückzukehren. Wundert es Sie da, dass wir hier sind? Was hätten Sie denn an unserer Stelle getan?«

»Ich würde Laura niemals etwas antun«, wiederholte Barlett.

»Gut, aber indem Sie mauern, beweisen Sie das nicht. Ganz egal was Sie tun, mit Anwalt oder ohne, letzten Endes werden Sie unsere Fragen beantworten müssen. Der einzige Unterschied ist, dass wir Sie in Gewahrsam nehmen müssen und sich das Ganze viel länger hinzieht.« Hunter warf einen vielsagenden Blick auf das gerahmte Foto. »Der Mörder von Laura, der Frau, die Sie so sehr geliebt haben, läuft immer noch frei herum. Glauben Sie wirklich, dass es klug ist, uns auflaufen zu lassen?«

Barletts Blick ruhte auf dem Foto.

Hunter und Garcia warteten.

»Ich war eifersüchtig. Ich gebe es zu«, sagte er schließlich, während sich seine Augen mit Tränen füllten. »Dieser Kerl ist hinter Laura hergelaufen wie ein hungriger Köter. Hat sie die ganze Zeit angestarrt, als wäre sie nackt. Dann habe ich gesehen, wie sie sich mit ihm unterhalten hat. Laura war sehr auf ihre Privatsphäre bedacht, sie hat nie geflirtet, also war ich natürlich eifersüchtig. Aber es war nicht nur das. Irgendwas an dem Kerl kam mir unheimlich vor.«

»Wie, unheimlich?«, hakte Hunter nach.

»Ich weiß nicht genau. Sein Blick, wenn er sie angestarrt hat. Wie gesagt, er ist ihr überallhin gefolgt, war immer nur ein paar Schritte von ihr entfernt. Und er war ganz sicher nicht wegen der Kunst da.«

»Woher wissen Sie das?«

»Weil er keins der Bilder auch nur eines Blickes gewürdigt hat. Während alle anderen herumgegangen sind und sich die Ausstellung angesehen haben, hat er die ganze Zeit Laura angeschaut … nur Laura. Als wäre in Wirklichkeit sie die Ausstellung.«

»Denken Sie nicht, dass Ihre Eifersucht Sie in Ihrer Meinung von dem Mann ein wenig beeinflusst haben könnte?«, meinte Garcia.

Barlett schüttelte den Kopf. »Ich war eifersüchtig auf ihn, zugegeben, vor allem nachdem ich gesehen habe, wie er und Laura sich unterhalten haben und wie sie ihn dabei angelächelt hat. Aber das ist nicht der Grund, weshalb er mir komisch vorkam. Mir war vorher schon aufgefallen, wie er sie angestarrt hat. Wenn ich es Ihnen doch sage, er war nicht wegen der Ausstellung da, sondern allein wegen ihr.«

»Haben Sie Laura das gesagt?«, fragte Garcia.

»Ja, aber sie wollte mir nicht zuhören. Sie dachte, ich wäre bloß eifersüchtig. Dabei habe ich doch nur versucht, sie zu beschützen.«

Hunter zog einen Schnappschuss aus einer mitgebrachten Mappe. Es war eins der Fotos aus der Daniel Rossdale Art Gallery. Das, auf dem der große, dunkelhaarige Fremde zu sehen war, der mit Laura Telefonnummern ausgetauscht hatte. Er stand neben ihr und schaute in die Kamera. Hunter legte das Foto vor Patrick auf den Schreibtisch. »Ist das der Mann, den Sie meinen?«

Patrick beugte sich vor. Seine Brauen zogen sich zusammen. »Ja, das ist er.«

»Und Sie haben ihn vorher noch nie gesehen?«

»Nicht vor diesem Abend, nein.«

Hunters Handy klingelte in seiner Tasche.

»Detective Hunter«, meldete er sich, dann lauschte er lange Zeit schweigend. Seine Augen leuchteten auf, während er sich zu Garcia umdrehte.

»Sie machen Witze.«

34

»Wo genau fahren wir eigentlich hin?«, fragte Garcia, als er den Wagen aus der Parklücke lenkte.

»Norwalk«, sagte Hunter und tippte die Adresse, die man ihm per Telefon durchgegeben hatte, ins Navigationsgerät ein.

Einer der Polizisten, die mit dem Foto des Unbekannten die Kunstgalerien abgeklappert hatten, war fündig geworden. Der Besitzer einer exklusiven Galerie in Manhattan Beach hatte ihn auf dem Foto wiedererkannt. Neun Monate zuvor hatte er während einer Ausstellung ein Bild von Laura Mitchell erworben.

Die meisten Kunstgalerien bitten ihre Kunden, das erstandene Bild bis zum Ende der Ausstellung in der Galerie hängen zu lassen. Zu diesem Zweck nahm die Manhattan Beach Gallery stets Namen und Telefonnummer eines jeden Kunden auf.

Der Mann hieß James Smith.

Norwalk liegt siebzehn Meilen südöstlich vom Stadtzentrum und ist größtenteils ein mittelständisches Wohnviertel. Hunter und Garcia brauchten fünfundfünfzig Minuten von der South Figueroa Street bis zu der Adresse im ärmeren Teil von Norwalk.

Smith’ Apartment lag in einem sechsstöckigen Haus voller Sozialwohnungen. Der alte, graue Betonkoloss hatte schmutzige Fensterscheiben und benötigte dringend einen frischen Anstrich. Garcia parkte den Wagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Fünf junge Männer, die ein Stück entfernt Basketball spielten, hielten abrupt inne. Fünf Augenpaare folgten Hunter und Garcia, als sie über die Straße gingen.

»Qué pasa, Bullen?«, rief der Größte und Muskulöseste von ihnen. Sein nackter Oberkörper glänzte vor Schweiß. Brust, Arme und Hals waren fast vollständig mit Tattoos bedeckt, von denen Hunter einige als Gefängnistattoos erkannte. »Qué quieres aquí, puercos?« Er ließ den Ball fallen und verschränkte herausfordernd die Arme vor der Brust. Die anderen vier stellten sich hinter ihm auf wie eine Verteidigungslinie.

»No somos policías«, sagte Hunter und hielt seine Mitgliedskarte für den Fitnessclub in die Höhe. Er wusste, dass die Jungs zu weit weg waren, um lesen zu können, was dar­aufstand. »Ich bin von der Wohnungsbaubehörde.« Dann deutete er mit einem Kopfnicken auf Garcia. »Und mein Kollege ist vom Sozialamt.«

Schlagartig verflüchtigte sich die knallharte Attitüde der Jungs.

»Scheiße, Alter, ich muss los«, sagte einer mit Brille und sah auf die Uhr. »Ich hab in einer Stunde ein Vorstellungsgespräch.«

»Ja, ich auch«, meinte ein Dünner mit kahlrasiertem Schädel.

Sie alle nickten und murmelten auf Spanisch vor sich hin, während sie sich eilig zerstreuten und dabei ihre Handys zückten.

Garcia konnte sich das Schmunzeln nicht verkneifen.

Die Eingangshalle des Gebäudes war genauso vernachlässigt wie der ganze Rest: schmutzige Wände, Wasserflecken an der Decke. Der schale Gestank von Zigarettenqualm empfing sie, als sie durch die Tür aus Glas und Stahl gingen.

»Welcher Stock?«, fragte Garcia.

»Vierter.«

Garcia machte Anstalten, den Knopf für den Aufzug zu drücken.

»Bist du lebensmüde?«, sagte Hunter lachend. »Schon gemerkt, wie es hier aussieht? Das Risiko ist mir zu hoch.« Er deutete auf das Treppenhaus. »Ich gehe auf Nummer sicher.« Zwei Stufen auf einmal nehmend, stiegen sie in den vierten Stock hinauf.

Der Korridor war lang, schmal und schlecht beleuchtet. Es roch nach gebratenen Zwiebeln und Pisse. Sie kamen an einer halbgeöffneten Wohnungstür vorbei, hinter der ein Baby schrie, während im Fernsehen eine Gerichtsshow lief.

»Nicht gerade das Umfeld, in dem man einen Kunstliebhaber vermuten würde«, meinte Garcia.

Apartment Nummer 418 war das vorvorletzte am Ende des Korridors. Hunter klopfte an und wartete fünfzehn Sekunden.

Nichts.

Er klopfte erneut und legte dann das Ohr ans Türblatt. Zehn Sekunden später war zu hören, wie sich drinnen jemand näherte. Die Tür wurde mit einem lauten Schnappen aufgeschlossen und einen winzigen Spalt geöffnet, gerade so weit, wie es die Sicherheitskette erlaubte. In der Wohnung brannte kein Licht. Alles, was sie sehen konnten, waren zwei Augen, die sie aus einer Entfernung von etwa dreißig Zentimetern anstarrten. Der süßliche Duft von Jasmin wehte ihnen entgegen.

»Mr Smith?«, fragte Hunter. »James Smith?«

Schweigen.

Unauffällig stellte Hunter die Spitze seines Stiefels von außen gegen die Tür. Dann hielt er seine Dienstmarke hoch. »Wir würden Ihnen gerne ein paar Fragen stellen.«

Zwei weitere Sekunden Schweigen. Dann wurde urplötzlich von innen gegen die Tür gedrückt. Nur Hunters Fuß verhinderte, dass sie ins Schloss fiel.

»James …? He, was soll das?«, rief Hunter.

Der Druck auf die Tür ließ jäh nach, als Smith sie losließ. Drinnen entfernten sich Schritte. Einen Sekundenbruchteil sahen sich Hunter und Garcia verdutzt an. Dann begriffen sie beide gleichzeitig.

»Die Feuertreppe!«