SECHS


 

 

Allzuviel gab es nicht zu hören. Die Botschaft war kurz, nicht mehr als fünf Minuten lang. Sie fand ihr Publikum durch Mundpropaganda; die Verrückten, die bereits mit Scudder in Verbindung standen, erzählten ihren Freunden davon. Gleich und gleich gesellt sich gern. Wenn die Freunde interessiert waren, erhielten sie offenbar nähere Hinweise und schalteten ihr Empfangsgerät zu einer bestimmten Zeit auf eine bestimmte Frequenz, auf der sie eine verschlüsselte Botschaft abhören konnten. Waren sie nach allem, was Scudder zu sagen hatte, noch interessiert, so hatten sie drei Minuten Zeit, um Namen und Anschriften auf das Videoband zu sprechen. Die Scudder, um sich zu schützen, überprüfen konnte, bevor er Verbindung aufnahm. Ein Speichersystem für die eingehenden Anrufe und Daten konnte, sollte er das Glück haben, einen größeren Ansturm von Anfragen bewältigen.

Die Botschaft selbst war zündend und durchaus geeignet, Begeisterung zu wecken, blieb aber voraussagbar vage. Um Wirkung zu erzielen, stützte Scudder sich auf sein Charisma, welches beträchtlich war. Selbst Pete, der das vertraute Gesicht beobachtete, fand diesen ernsthaften alten Mann glaubwürdig. Er sprach in klarer, einfacher Sprache, ohne dramatische Gesten, und war offensichtlich ein Mann, der nicht versprach, was er nicht einlösen konnte. Die im Lande herrschenden Übelstände wurden als wahr vorausgesetzt. Ihre Wurzel lag, wollte man Scudder Glauben schenken, im System der Bildschirm-Kommunikation. Es kam darauf an, die Bildschirmgeräte außer Betrieb zu setzen, um den Weg für ein neues goldenes Zeitalter frei zu machen. Kommunikation war ein Mythos. Alles wissen hieß nichts wissen. Mit jedermann sprechen hieß mit niemandem sprechen. Scudder erwähnte die Spiele nicht, aber sie standen im Hintergrund von allem, was er sagte. Die Leute führten Scheinexistenzen, Bildschirmexistenzen, lebten in der Selbsttäuschung einer elektronisch hergestellten Scheingemeinschaft. Der Wirklichkeit entfremdet, zeigten sie sich mehr und mehr unfähig, die Realität des Lebens wahrzunehmen.

Setzt das System der Bildschirm-Kommunikation außer Betrieb. Morgen bei euch selbst, nächste Woche auf der ganzen Welt. Pete dachte an den Krater draußen im Wald. Alle Bildschirme auf der Landzunge hatte es zerstört, war zu erfahren gewesen. Was Scudder einmal getan hatte, das konnte er wieder tun. Pete stellte sich ein Szenarium vor: aufeinander abgestimmt, gleichzeitige Aktionen im ganzen Land, der zerstörerische Sprengstoff Monate vorher durch Postsendungen verteilt oder vielleicht nach spezifischen Anweisungen an Ort und Stelle hergestellt. Es war ein Rezept für Anarchie, wenn nicht mehr. Und wie er seinen Vater kannte, steckte wahrscheinlich mehr dahinter. Gleich und gleich gesellt sich gern. Eine Armee. Und alles zusammen, innerhalb Scudders Bezugsrahmen, durchaus praktikabel. Wahnsinn mit Methode. Niemand war so vernünftig wie ein durch und durch Verrückter.

Und Scudder hatte ihn ausgehorcht, was das Traurigste von allem war. Seit er am Goldenen Huppeltag angekommen war – Andeutungen, offene Propaganda, nichts hat noch irgendeinen Wert. Diese großartige neue Welt ein Haufen Scheiße, findest du nicht auch? Würdest du nicht auch sagen? Selbst der Artikel, den er diesen Morgen gelesen hatte: Lasermodulation: Verwendung und Gefahren. Nicht einmal das war zufällig gewesen. Ein lasergezündeter Sprengsatz, wenn es so etwas gab, hinterließ möglicherweise keinerlei Spuren für die Sachverständigen.

Und die verschlossene Werkstatt, ihm allein zugänglich gemacht? War das auch absichtlich geschehen, ein Pfeilschuß in die Luft? Überlegte Scudder in diesem Augenblick, ob er sein Ziel gefunden habe? Oder fing er bloß Makrelen?

Pete machte sich daran, die Schreibtischschubladen zu öffnen. Die dritte war voll von Metallknöpfen zum Anstecken: NÄCHSTE WOCHE DIE WELT. Er rührte mit dem Zeigefinger darin herum. Sie klirrten leise, glitten übereinander. Und in der zweiten Schublade, die er durchsucht hatte, waren Versandtaschen mit Papprückwand gewesen, ganze Packen davon.

Er schwitzte, und seine Hände zitterten ein wenig. Er stieß die Schubläden zu, sah sich schuldbewußt um, als erwarte er, daß Scudder oder Maudie plötzlich hinter ihm stünden.

Wieviel konnte Maudie wissen? Vielleicht hatte sie die Sache mit der Bombe erraten, aber mehr wußte sie wahrscheinlich nicht. Offenbar machte sie sich Sorgen. Und das war der Grund, aus dem sie ihn zu diesem Besuch veranlaßt hatte. Lieber Gott, er wünschte, sie hätte es bleiben lassen.

Er hatte die Bandschleife weiterlaufen lassen, aber Ton und Bild ausgeschaltet. Mit einem persönlichen Schnarren und Klappern, das ihn zusammenfahren ließ, schaltete sich plötzlich die Ausdruckstation ein. Das Empfangslicht leuchtete auf und signalisierte eine Eingabe am Bildschirm. Sein Vater mußte eine Antwort von irgendeinem anderen Verrückten bekommen. Er ließ das Bild kommen. Eine Schrift erschien: Leroy Stolzhauer, App. 7d, 1409 Cumberland Boulev … Er schaltete wütend aus, wollte es nicht wissen.

Bedrückt verließ er die Werkstatt, sperrte die Tür sorgsam hinter sich zu und ging hinunter, um Maudies Datenanschluß im Herrenzimmer in Betrieb zu nehmen. Es gab noch mehr Dinge, von denen er nichts wissen wollte, aber sie ließen sich nicht so leicht meiden wie Leroy Stolzhauer. Sie drängten sich ihm geradezu auf: das offizielle System mußte an alles gedacht haben, auch an kriminelle Verschwörer. Also benötigte er nur Maudies Datenanschluß, um die Bestätigung zu erhalten, die er nicht wollte.

Seine Mutter mußte gehorcht haben. An der Tür zum Herrenzimmer fing sie ihn ab.

»Was hast du gemacht?«

»Gemacht?«

»Um Millies Schwierigkeiten zu beheben.«

Er hatte Millies Schwierigkeiten vergessen. »Ich … ich brauchte bloß eine Interferenz auszusteuern. Es war nicht viel Mühe.«

»Sie hält dich für ein Genie.«

»Wie ich sagte, es war nicht viel daran.«

»Sie und dieser Gaston wollen dich zum Essen einladen.«

»Ruf sie an, sei so gut! Sag ihr, daß ich es nicht schaffen kann!«

»Sie werden dich stolz bewirten, Junge. Dieser Gaston hat seinen eigenen französischen Koch mitgebracht.«

Er konnte um alles in der Welt nicht an Millie Carter und ihren Gaston denken. Er schob sich an seiner Mutter vorbei, schloß die Tür halb, schaute durch den Spalt hinaus. »Tut mir leid, Mutter – ich habe zu tun. Du erinnerst dich? Ich sagte, daß ich deinen Datenanschluß brauchen würde. Erinnerst du dich?«

Sie starrte ihn einen Augenblick lang an, dann zuckte sie die Achseln und ging fort. Sie verstand es, sich mit ungezwungener Selbstverständlichkeit im Reichtum der Schulman-Villa zu bewegen. Aber wie gefährdet war alles da.

Er schloß die Tür und sperrte ab. Dann setzte er sich an den Datenanschluß. Er wählte die Kodenummer seines Koordinators. Es kam das Besetztzeichen, und er mußte von seiner offiziellen Vorrangschaltung Gebrauch machen.

Sein Koordinator funkelte ihn an. »Hoffentlich haben Sie einen triftigen Grund, Pete. Ich bin in einer Besprechung.«

»Ja, tut mir leid. Seien Sie so gut und stellen Sie mich zur Abteilung Aufstände und Empörungen durch.«

»Deswegen unterbrechen Sie meine Besprechung? Warum tun Sie es nicht direkt?«

»Ich brauche Ihre Ermächtigung.«

»Ja. Ja, verstehe … Sie sehen mitgenommen aus, Pete. Wollen Sie mir nicht sagen, was es damit auf sich hat?«

»Lieber nicht. Können Sie mir nicht einfach vertrauen?«

Sein Koordinator zögerte. »Ja, Sie sehen nicht gut aus, Mann.« Er wandte sich zur Eingabetastatur. »Werde Sie durchstellen. Schließlich ist es zu unserem Besten. Niemand verliert gern einen Spieler an diese Burschen.«

Der Bildschirm erlosch. Mein Gott, dachte Pete, wäre es nur ein Spieler, den er verliert.

Aufstände und Empörungen war auch belegt. Er ließ den Anruf einspeichern und wartete stirnrunzelnd. Er konnte es nicht verstehen. Scudder war ein Fachmann für Elektronik, hätte er es sich nicht denken können? Mittels Zerhacker kodierte Sendungen konnten entschlüsselt werden. Mit den Hilfsmitteln der Zentrale mußte es möglich sein, sein Signal anzupeilen und zu orten. Man würde Wache halten – sicherlich mußte er das wissen? Nein, er hatte sich wie alle anderen täuschen lassen, täuschen von der Illusion nationaler Einheit, nationaler Stabilität, nationaler Zufriedenheit! Die Verwaltung machte ihre Sache gut. Er war nicht der erste, und ganz gewiß würde er nicht der letzte sein. Auf einmal wurde Pete klar, daß er sich irren mochte. Die Möglichkeit bestand, wie entfernt auch immer, daß Scudder auf irgendeine Weise durch das Netz der Überwachung geschlüpft war. Und was dann – sollte er den alten Mann anzeigen? Es war ein verteufeltes Dilemma: Berufspflicht gegen Familienloyalität. Aber er hatte das starke Gefühl, daß die Familienloyalität siegen würde. Darum tat er gut daran, vorsichtig zu Werke zu gehen.

Aus dem Bildschirm lächelte ihm ein junger Mann in einem feschen hochroten Anzug zu. Aufstände und Empörungen übte seit jeher eine starke Anziehungskraft auf Exzentriker aus. »Zentrale Abrechnungsstelle. Kann ich Ihnen helfen?«

Es war die übliche Fassade. Man mußte immer damit rechnen, daß ein Außenseiter irgendwie durchkam.

Pete gab sich als Kollege zu erkennen, nannte sein Arbeitsgebiet, und der junge Mann entspannte sich. »Tut mir leid, daß ich Sie warten ließ. Bei uns herrscht Hochbetrieb.« Er wedelte locker mit der Hand. »Mein Name ist Spencer.«

»Pete hier.« Er hoffte, daß Spencer es damit bewenden lassen würde. Wenn er im Archiv Unterlagen anforderte, würde er auch den Nachnamen bekommen, was Pete aus naheliegenden Gründen vermeiden wollte.

»Betrifft dieser Anruf den Index?« Die Personaldaten des Archivs blieben offenbar unangezapft. »Sie meinen, einer Ihrer Spieler macht Schwierigkeiten?«

Vorsichtig jetzt. »Äh … nicht einer von meinen, nein.«

»Dann also keine Index-Kodenummer. Verdammt – Sie machen es mir nicht leicht, Pete. Sollten Sie sich nicht lieber an seinen Schiedsrichter wenden?«

»Ich bin nicht sicher, daß er einen hat.«

Spencer seufzte. »Dann geben Sie mal den Namen, Pete, und wir werden sehen, was wir tun können. Den Namen werden Sie doch haben, nicht wahr?«

»Laznett.« Pete buchstabierte es. »Scudder Laznett.«

Spencer tastete den Namen ein. »Laznett – davon sollte es nicht viele geben … Was genau haben Sie gegen den Mann?«

Denk nach, Mensch! Improvisiere! »Ah … nicht viel. Eine Beschwerde von einer alten Klatschbase. Vielleicht will Sie ihm nur was anhängen. Aber ich mußte es nachprüfen.«

»Gewiß. Kann nicht verstehen, warum sie den Index nicht für allgemeine Anfragen freigeben. Dann könnten Leute wie Sie draußen davon Gebrauch machen. Und uns würde es eine Menge Arbeit ersparen.«

Pete zuckte die Achseln. »Geheimnistuerei. Jemand da oben schätzt das Gefühl, die Fäden in der Hand zu halten.«

Die Antwort ließ auf sich warten. Er begann zu hoffen. Vielleicht war im Index nichts gespeichert. Vielleicht war Scudder doch durchgerutscht.

»Dann sollte jemand da oben mal zu uns kommen und es für ein paar Schichten bei uns versuchen.« Spencer blickte zu seinem benachbarten Bildschirm. »Aha, da kommt etwas. Laznett, Scudder … geboren 11.4.1971, Elektroingenieur, betreibt eine Reparaturwerkstätte für elektronische Geräte. Verheiratet mit Maud Laznett, geborene Fisher?«

Pete hatte es erwartet, hatte es die ganze Zeit gewußt. Trotzdem krampfte sein Magen sich zusammen. »Das muß er sein«, sagte er.

»Na, dieser Laznett scheint nicht faul gewesen zu sein …« Spencers Augen weiteten sich, als er den Text überflog. Dann fiel ihm Pete ein. »Ach ja, Pete, ich denke, das geht in Ordnung. Alles unter Kontrolle. Sie können Ihrer alten Schachtel sagen, daß sie sich umsonst aufgeregt hat.«

Pete räusperte sich. Er war so weit gekommen, warum sich dann nicht darin wälzen. »Unter Kontrolle, sagen Sie? Was genau besagt das? Oder sollte ich es nicht erfahren?«

»Warum nicht? Sie sind einer von uns, oder? Jedenfalls kennen Sie die Bräuche.« Spencer blickte wieder zu dem abgerufenen Text. »Dieser Laznett scheint ein richtiger Organisator zu sein. Zehn von unseren Leuten arbeiten daran. Mischen mit, wissen Sie, spielen die Mitverschwörer. Überwachen ihn … He, das ist gut – er verteilt Ansteckknöpfe. Nicht zu glauben.«

Pete konnte es glauben. »Was geschieht, wenn er zu weit geht?«

»Dann kassieren wir ihn, natürlich. Aber das tun sie selten. Es gibt tausend Möglichkeiten, sie daran zu hindern.«

»Der Job würde mir nicht gefallen.«

»Warum nicht? Die Burschen sind glücklich, die Gefängnisse leer. Sie haben doch auch den Kurs mitgemacht. Sie wissen Bescheid.«

»Ja. Deshalb bin ich in Konsumgüter gegangen.« Aber Spencer hörte nicht zu. »Sagen Sie mal, dieser Bursche kann sich wirklich sehen lassen. Er macht diese Bomben und verschickt sie. Wir haben über unsere Gewährsleute welche bekommen und getestet. Und ich sage Ihnen, sie funktionieren. Ist das nicht das Höchste?«

Auf Lobpreisungen Scudders aus solcher Quelle konnte Pete verzichten. »Hört sich gefährlich an«, sagte er. »Haben Sie die Polizei verständigt?«

»Um alles zu ruinieren? Gerade wenn wir unseren Spaß daran haben? Lieber Gott, es ist nur ein Spiel.«

»Ich bezweifle, daß es für Laznett ein Spiel ist.«

»Gut, der Bursche tut Ihnen leid, das kann ich verstehen. Er tut uns allen leid. Sehen Sie, er ist siebenundsechzig, ein alter Mann. Wäre es Ihnen lieber, wenn er im Gefängnis landete?«

Nein, Pete wollte seinen Vater nicht im Gefängnis sehen. Lieber wäre es ihm gewesen, wenn er so frühzeitig über die ganze Angelegenheit ins Bild gesetzt worden wäre, daß er sie hätte beenden können. Offen und ehrlich. Bevor sie zu einem Spiel gemacht wurde.

»Ich glaube, ich sollte es Ihnen sagen«, sagte er. »Ich heiße auch Laznett. Pete Laznett. Dieser Alte ist mein Vater.«

Spencer betrachtete ihn freundlich über den Rand seiner nicht existenten Brille hinweg. »Ich überlegte schon, wann Sie endlich damit rausrücken würden«, sagte er. »Sicherlich denken Sie nicht, wir würden derartige Informationen jedem Beliebigen geben?«

Scudder Laznett, Elektronikingenieur, geboren 11.4.1971, verheiratet mir Maud Laznett, geborene Fisher, Hausfrau, geboren 27.10.1976. Kinder: Peter Laznett, Schiedsrichter Geschäftsspiele, Personalnummer 70736/KX, geboren 19.5.2005 … Pete mußte es dem Burschen lassen, er war gut in seinem Job: als er die Eintragung im Index gelesen hatte, war seinem Gesicht nichts anzumerken gewesen, und wenn Pete das Gespräch beendet hätte, ohne seine Identität zu enthüllen, wäre eine Meldung fällig gewesen.

»Und was soll ich jetzt tun?«

Spencer betrachtete seinen Handrücken. »Das ist das Dumme mit Familie. Deshalb versuchen wir sie herauszuhalten. Sie wollen immer etwas tun.« Er hob seinen Blick, der jetzt kalt war, und schlau. »Und meistens verpfuschen sie es nur. Der Betreffende taucht unter. Seine Beweggründe ändern sich nicht. Ein unzufriedener Bürger mehr. Und niemand weiß, was er vorhat.«

»Also schlagen Sie vor, daß ich nichts unternehmen soll?«

»Überlassen Sie es einfach den Sachverständigen. Wenn Sie Ihren Job behalten wollen.«

»Danke.«

»War mir ein Vergnügen. Schönen Tag noch, Pete! Und keine Sorge. Wir werden den alten Mann im Auge behalten.«

Pete unterbrach die Verbindung. Und ob sie ihn im Auge behalten würden. Sie hatten ihn schon eingewickelt. Gewährten ihm Narrenfreiheit, und er würde den Unterschied nie merken. Der arme verrückte Alte.

Pete verließ das Herrenzimmer durch, die Türflügel, die zur Terrasse hinausführten. Er schritt die Stufen hinunter und folgte dem Pfad das Kliff entlang und hinunter zum Strand. Dort waren ein paar Leute in Liegestühlen, und Kinder spielten. Ein Stück weiter standen zwei kleine dunkle Gestalten bis zum Bauch in der Brandung und warfen unsichtbare Angelleinen aus. Pete umging den Strand rückwärts bis zu den Dünen, wo er, abgeschirmt durch das lange faserige Gras, zu seinem Vater und dem alten Meikeljohn hinabblicken konnte. Sie waren von der Gischt durchnäßt und lachten und riefen einander zu. Hinter ihnen lagen drei meterlange Goldmakrelen oberhalb der Gezeitenlinie im Sand, langgestreckte, muskulöse Körper, die Schuppen verkrustet mit nassem Sand. Eine von ihnen schlug krampfhaft mit dem Schwanz, lag wieder still.

Spencer in seinem hochroten Anzug hatte gesagt, er solle es den Sachverständigen überlassen. Wenn er seinen Job behalten wollte. Aber der Job war irrelevant. Nicht wahr? Job oder nicht, die Wege, die ihm offenstanden, boten keine Lösungen. Sollte er Scudder sagen, er habe die Videoaussendung gesehen, und so tun, als ob er sie ernst nehme? Sollte er versuchen, ihm das Ganze auszureden? Weitere Spiele spielen? Mit einem Mann, der das Recht hatte, das einzigartige Recht des Vaters, Aufrichtigkeit von ihm zu erwarten? Oder sollte er Scudder die volle Wahrheit sagen und ihn zerstören, ihn in seinen eigenen Augen als den größten Einfaltspinsel auf dieser Seite des Mondes bloßstellen … Nichts zu tun, war sicherlich einfacher. Wenn er schon ein Spiel mit seinem Vater trieb, dann nur durch Weglassen; so war es irgendwie weniger beleidigend. Zumindest hielt es den alten Knaben bei Laune und vom Gefängnis fern.

So oder so, der Job war irrelevant, nicht wahr?

Er blickte hinab zu den beiden Männern, die in der Brandung standen und ihre Angeln auswarfen. Sie brauchten die Fische nicht – schon jetzt hatten sie mehr gefangen als sie in einer Woche essen konnten. Scudder hatte Fisch nicht einmal besonders gern, und Maudie erst recht nicht. Was er dort trieb, war trotz all seiner ernsten Prinzipien ein Spiel. Er spielte genau wie jeder andere. Natürlich würde er das leugnen: Angeln war Männerangelegenheit, und eine ernsthafte Sache. Aber das ließ sich auch von Aufruhr sagen. Warum ihn also nicht seinen ernsten Spielen überlassen?

Es gab ein klares Warum nicht, und Pete hatte es längst zum Gegenstand seiner Grübeleien gemacht. Die stolze Annahme seiner eigenen überlegenen Wahrnehmungen. Die unerträgliche Herablassung zu glauben, daß er die Weisheit und die Großzügigkeit besitze, zu urteilen und Entscheidungen zu treffen. Sein Vater war kein Kind, in Gottes Namen, dem man gütig sein harmloses kleines Spiel erlaubte.

Und doch …

Ein Triumphschrei, lauter als der Rest, drang vom Strand herauf. Beim alten Meikeljohn hatte einer angebissen. Er schwankte, seine Angelrute war zu einem Halbkreis gebogen, und Scudder platschte hinüber, ihm zu helfen. Die beiden Alten schwankten vor und zurück, fluchten aufgeregt. Die Brandung spaltete das Sonnenlicht um sie her in Regenbogen. Pete wandte sich ab. Er würde nichts tun, es einfach den Sachverständigen überlassen.

Er hatte seine überlegene Wahrnehmung ausnahmsweise auf sich selbst angewandt und war zu dem Urteil gelangt daß sein Job ihm möglicherweise mehr bedeutete als alles andere auf der Welt.

Zur Schulman-Villa zurückgekehrt, betrat er durch die Terrassentüren wieder das Herrenzimmer. Er hatte Papierarbeit zu erledigen und setzte sich an den Datenanschluß. Erst nachdem er ungefähr zehn Minuten dagesessen hatte, wurde ihm bewußt, daß all seine Papiere noch in der Aktentasche oben im Schlafzimmer waren. Er schlüpfte auf Zehenspitzen hinaus und holte sie. Nichts wäre ihm zu diesem Zeitpunkt unangenehmer gewesen als eine Begegnung mit seiner Mutter.

Ungefähr um drei kam ein Anruf. Er überließ ihn Maudie, aber einen Augenblick später klopfte sie an die eichene Tür. »Du wirst verlangt«, sagte sie. »Es ist Grace Shakewell.«

»Sag ihr, daß ich zu tun habe«, rief Pete zurück.

»Sag es ihr selber!«

Er schlug die Hände vors Gesicht. »Warum gibt sie keinen Unterricht?«

»Wo bist du gewesen, Junge? Es ist Ferienzeit.«

»Bitte, Mutter!« Er hatte Arbeit. »Sag ihr, daß ich später zurückrufen werde, ja?«

Er hörte sie in den Hörer murmeln. Dann ging sie fort, und er beugte sich wieder über den Datenanschluß und überprüfte Ergebnisse. Nach der progressiven Bewertung sah es so aus, als sollte Schindler mit weitem Vorsprung gewinnen. Er wünschte, es wäre Nancy – wie die Dinge sich entwickelten, würde sie sich nicht einmal für die Gebietsmeisterschaften qualifizieren.

Nach fünfzehn Minuten brachte ein weiterer Anruf Maudie an die Tür zurück. »Wenn du nicht populär bist! Diesmal ist es Hartford. Er will dich zum Hummerfang mitnehmen.«

»Ich kann nicht. Ich kann einfach nicht …« Er dachte darüber nach, schaltete ein. »Pete hier, Hartford. Mutter sagt mir, du …«

»Ich lege um sieben ab, um zu den Körben hinauszufahren, Pete. Ich dachte, Pete, der Ausflug könnte dir gefallen.«

»Das ist nett von dir, Hartford. Aber …«

»Mal eine Abwechslung von den Bildschirmen, dachte ich.«

Er hatte recht. Es würde auch eine Abwechslung von dem sein, wovon die Bildschirme ihn bewahrten. Von seines Vaters harmlosem kleinen Spiel. Aber trotzdem: »Sieh mal, Hartford, ich habe einen Haufen Arbeit, die getan sein will. Ich weiß wirklich nicht, ob …«

»Dann sieh zu, daß du es schaffen kannst. Vor sieben fahre ich nicht. Der Kutter liegt bei den Muschelbänken, natürlich. Muß aber pünktlich sein – die Tide wartet nicht.«

Pete wußte nicht, warum er sich die Mühe weiterer Einwendungen machte. Hätte er nicht mitfahren wollen, würde er den Anruf nicht abgenommen haben. »Gut, ich werde kommen, Hartford. Und danke.«

»Denk dir nichts dabei.«

Sie trennten sich. Maudie, noch immer vor der Tür, hatte einen langweiligen Nachmittag. »Hartfort ist ein netter Junge. Es wird dir Spaß machen.«

»Ich hoffe es.«

Die Tür knarrte unter ihrem angelehnten Gewicht. »Grace wollte mit dir zu Connolly.«

»Ich werde sie später anrufen.«

»Mir scheint, die letzte Nacht war keine gute Idee.«

»Ich sagte, ich werde sie später anrufen.«

»Das Dumme mit den Leuten heutzutage ist die Art und Weise, wie sie alles überstürzen. Alles oder Nichts, gleich am Anfang. Ich und Scudder, wir ließen uns Zeit.«

Als ob es euch genützt hätte. Aber Pete, dessen Stimmung sich mit der Aussicht auf einen Abend auf See hob, war großzügig. »Es ist nicht das Ende der Welt, Mutter. Ich werde sie wirklich anrufen.«

»Dann sieh zu, daß du es tust. Sie ist ein feines Mädchen. Hat es nicht leicht, mit dieser Mutter.«

Hartford ein netter Junge. Grace ein feines Mädchen. Und Alice Shakewell … wenn seine Mutter nur wüßte. Er lächelte in sich hinein. Der Scherz, so krankhaft er war, hatte eine derbe, nicht landzungenmäßige Unschuld an sich. Er wartete freundlich, daß sein Stillschweigen Maudie von der Tür vertreiben werde.

Endlich: »Dann essen wir um sechs. Das läßt dir genug Zeit.«

»Großartig.«

»Was denn?«

»Ich sagte, großartig.«

Er wandte sich wieder dem Datenanschluß zu, gab einen neuen Satz Zahlen ein und datierte sie. Mittwoch, der achte. Der nächste Tag war der neunte. Donnerstag der neunte. Gedankenverbindungen klickten in seinem Kopf. Eine plötzliche, wunderbare Lösung all seiner Probleme.

»Mutter«, rief er, »ist morgen nicht der Tag, wo dein Doktor Besserman kommt?«

Aber Maudie war, wie die Ironie es wollte, von seiner Einsilbigkeit vertrieben worden.

Gleichviel, es spielte keine Rolle. Seine Arbeit hatte ihn gelehrt, anderen Leuten zuzuhören und sich zu erinnern, was sie gesagt hatten. Maudies Kopfdoktor sollte am Donnerstagnachmittag kommen, und sie wollte Pete mit ihm bekannt machen. Und Maudies Kopfdoktor kannte Scudder. Hatte mit ihm Poker gespielt, Gott sei ihm gnädig, und ihn für geistig gesund erklärt. Wenn jemand Ideen haben konnte, wie die gegenwärtige Situation zu meistern war, so mußte es Dr. Besserman sein. Situationen waren die Spezialität eines Kopfdoktors.

Pete rasselte den Rest seiner Arbeit in dreißig Minuten herunter. Verantwortung wurde delegiert, Entscheidungen aufgeschoben. Morgen nachmittag würden seine Probleme durch freundliches Entgegenkommen von Maudies Kopfdoktor vergessen sein. Er ordnete seine Papiere, legte sie weg und rief Grace an.

»Pete hier. Tut mir leid, daß ich angebunden war.«

»Wir können nicht alle Ferien haben. Maudie sagte, du würdest zurückrufen. Ich war nicht besorgt.«

»Aber ich.« Eine hübsche Wendung. »Deshalb habe ich mich mit Hartford zum Hummerfang verabredet.«

»Brauche ich diese Art von Schutz?«

»Wir beide brauchen sie … Mutter sagte mir, du hättest Connolly vorgeschlagen.«

»Nicht direkt. Ich rief an, um Hallo zu sagen. Aber du kennst Maudie.«

»Sie hat Connolly vorgeschlagen?«

»Das nennt man eine Mutter sein.«

»Eine Art von Mutter.« Nicht Alice Shakewells Art. »Es tut mir leid.«

Grace lachte. »Keine Ursache. Ich war geschmeichelt.«

Wie ungezwungen sie war. Er wünschte ausnahmsweise, daß das Bildtelefon sich nicht durch seine hohen Kosten aus dem Markt katapultiert hätte. Er hätte sie gern gesehen, das lange, sonnengebleichte Haar, die Gelöstheit.

»Du bist Gold, mein Liebes.«

»Wir sind«, verbesserte sie ihn. »Ich werde mich an uns erinnern, Pete Laznett.«

Er erschrak. Reiste sie ab? Sicherlich nicht. »Aber du riefst an, um Hallo zu sagen.«

»Freilich. Aber es ist ein schöner Tag, und das wollte ich dir bloß sagen.«

Er schämte sich seiner plötzlichen Panik. »Nett von dir.«

»Mein Vergnügen.«

Sie schwiegen. Er sagte: »Heute abend, vielleicht? Nach Hartfords Hummer?«

»Das würde mir gefallen. Man kann auch zu vorsichtig sein.«

»Und Gold ist zum Ausgeben da.«

»Ja, Gold ist zum Ausgeben da.«

Sie gab sich vielleicht zu stilvoll. Reines Gold … Er zögerte. Die Offenheit verlangte, daß er ihr von seinem Gespräch mit Alice erzählte. Darunter kam er nicht weg. Aber nicht jetzt. Und von jenseits der verschlossenen Tür hinter ihm drangen plötzlich Geräusche zu ihm, die von Scudders Rückkehr kündeten. Er beschloß, es ihr am Abend zu sagen.

»Bis später also, Liebes.«

»Lieber etwas früher, ja?«

Er unterbrach die Verbindung, stand auf, atmete tief durch, Gerüche von Kiefernnadeln und See, und alten, ungelesenen Büchern. Dann ging er ohne Gewissensbisse, mit seinem Vater durch Auslassung Spiele zu spielen. Es war, wie Grace ihm gesagt hatte, ein schöner Tag.

Er fand Scudder in der Küche. Der alte Meikeljohn war, zusammen mit Scudders Anglerstiefeln, offenbar draußen im Hof abgestreift worden. Maudie ignorierte die vier großen Fische auf dem Küchentisch. Ihnen war der gammabestrahlte Vorratsraum im Keller zugedacht, und dann, unauffällig, der Abfalleimer. Pete bewunderte sie. Und für den Fall, daß sein Vater aufmerksam war, an seine Werkstatt, die Sendung und die Videobandschleife dachte, an die Ansteckknöpfe und Kuverts, war er auch aufmerksam genug, es nicht zu zeigen. Er hob die Fische empor, wog sie in den Händen, posierte in waidmännischen Haltungen, und erinnerte sich, der Bescheidenheit zuliebe, der größeren Trophäen anderer Männer. Dann ging er hinauf, trockene Kleider anzuziehen.

Und (da er schon oben war) anhand der Zeituhr die Rückrufe auf seiner Sendung zu überprüfen?

Wie Maudie versprochen hatte, wurde früh zu Abend gegessen. Scudder begrüßte die Vorverlegung, stolz auf seinen Naturburschen-Appetit. »Du hättest mit uns kommen sollen, Pete.«

Pete erinnerte sich nicht, gefragt worden zu sein. »Ich hatte einen Haufen Arbeit zu erledigen.«

»Scheiß drauf! Ich auch, aber es hinderte mich durchaus nicht.«

»Ich wünschte, du würdest nicht solche Ausdrücke gebrauchen«, sagte Maudie.

Pete wechselte das Thema. »Wartet diesen Abend nicht auf mich. Es könnte spät werden.«

»Du bist alt genug, weiß Gott.« Seine Mutter seufzte. »Wie spät?«

»Ich weiß es nicht. Ist es wichtig?«

Sie stocherte in ihrem Rührei. Er und Scudder hatten Steaks. »Hartford kommt immer vor Dunkelwerden zurück«, sagte sie zu ihrem Rührei.

Pete wurde ungeduldig. »Wenn du es wissen mußt, ich werde länger ausbleiben, weil ich mich mit Grace aushuppeln werde.«

»Deswegen brauchst du nicht zu brüllen, Junge. Wir hören noch gut.«

Er wünschte, er hätte es nicht gesagt. Es war nicht einmal die Wahrheit. Jeder konnte sich aushuppeln und tat es vielleicht auch. Aber er und Grace waren nicht irgendwer. Sie hatten noch etwas anderes.

Scudder beugte sich vor. »Und unterlaß die schmutzigen Reden vor deiner Mutter.«

Er konnte fluchen, so viel er wollte, aber keine schmutzigen Reden, lieber Gott nein, nicht vor seiner Mutter, und auch nicht hinter ihrem Rücken – jetzt so wenig wie in all den Kindheitsjahren, als ein wenig Offenheit ihm hätte helfen können.

»Dann bist du gegen die Huppeltechnik?«

»Das ist genug! Es gibt Dinge, die zwischen Menschen stattfinden, nicht zwischen Maschinen. So sollte es jedenfalls sein!«

Es war ein Argument aus alten Tagen, das längst beantwortet war. Niemand leugnete, daß die Huppeltechnik an sich nicht mehr als eine verbesserte Form der Selbstbefriedigung war, aber die hatte es in mancherlei Gestalt lange vor Conrad Huppel gegeben. Es kam darauf an, was die Leute aus ihren Huppelgeräten machten. Gemeinsamkeit war, was zählte, was von jeher gezählt hatte. Und daß die Geräte einem die Furcht vor unzulänglicher Vollbringung nahmen, verhalf dazu.

Aber Pete hatte keine Lust zu streiten. Für Scudder war Sex wahrscheinlich niemals mehr gewesen als eine Art der Befriedigung, eine verbesserte Selbstbefriedigung, und der Versuch, solche Unterschiede zu erklären, würde dem Versuch gleichkommen, Grace zu erklären. Eine peinliche Vertraulichkeit, vor solch einem Publikum. Und vergeblich. Denn sein Vater hatte bestimmt recht; manche Dinge fanden zwischen Menschen statt, nicht zwischen Maschinen.

Er wandte sich zu Maudie. »Entschuldige«, sagte er.

Er aß seinen Teller leer, so rasch er konnte. Und verweigerte das Speiseeis, die heiße Karamelsoße, den Mürbekuchen mit Stachelbeeren. Er verließ den Tisch.

»Zieh dir was Warmes an«, rief ihm seine Mutter nach, »wenn du auf das Wasser hinauswillst.«

Er kam frühzeitig zu den Muschelbänken. Es herrschte noch Hut, die Tide kippte gerade um, und er stand auf dem Anlegesteg unter dem alten Schuppen der Küstenwache und blickte zur See hinaus, wo die kleine Flotte der Hummerkutter an Bojen festgemacht lag. An einigen der Kutter lagen Ruderboote, und Männer waren damit beschäftigt, die Decks zu waschen und Seile zu entwirren. Einer von ihnen mußte Hartford sein, aber aus der Entfernung konnte er ihn nicht erkennen. Die Bucht war ruhig, die entfernten Hügel in leichten Dunst gehüllt. Möwen ließen sich vom Seewind tragen und zogen ihre endlosen Kreise. Die Schulman-Villa war in einer anderen Welt.

Nach einer Weile sah einer der Männer auf den Kuttern Pete und winkte. Er rief ihm etwas zu, aber die Worte gingen im beharrlichen Glucksen und Plätschern des Wassers an den Bohlen des Stegs verloren. Pete rief zurück: freundliche, nichtspezifizierte Silben. Hartford ließ die Maschine an, machte die Bugleine los, trug sie nach achtern und machte sie an seinem Beiboot fest. Dann ging er ins Ruderhaus, der Kutter drehte sich, nahm langsam Fahrt auf und glitt auf die Anlegebrücke zu. Hinter ihm breitete sich das Kielwasser in gemessenen, lautlosen Riffeln aus.

Er kam längsseits. Der mickrige Hartford Ganz. Gebräunt. Breitschultrig. Geschickt.

»Hast es also geschafft«, sagte er.

Pete stieg mit einem weiten Schritt über, fühlte das sanfte, kaum merkliche Nachgeben des Kutters unter seinen Füßen. »Und ob ich es geschafft habe.«

Der Kutter legte ab, wendete in einem engen Halbkreis und lief aus. Auch die anderen Kutter am Liegeplatz warfen die Leinen los und nutzten den einsetzenden Ebbstrom, um auszulaufen. Das Rauschen der Turbinen erfüllte die Luft. Sie nahmen Fahrt auf. Pete lehnte sich aus dem Ruderhaus in den Wind. Er blickte zurück zu dem grasigen Abhang über den Felsen, beim Gebäude des Jachtklubs, wo er mit seinem Vater zum Huppeltags-Hummeressen gegangen war. Jetzt lag alles verlassen, aus diesem ungewohnten Blickwinkel kaum wiederzuerkennen. Und der Anlaß selbst lag schon in unermeßlicher Ferne.

Hartford tippte seine Schulter an, hielt ihm eine Zigarettenpackung hin. Jeder zündete sich eine an.

»Ich erinnere mich nicht, daß du jemals herausgekommen wärst«, sagte Hartford. »Ich meine damals, in den alten Tagen.«

»Mit deinem Vater? Nein.«

»Kann nicht sagen, daß ich es dir zum Vorwurf mache. Er war schwierig.«

Sie blieben eine Weile still, hingen ihren verschiedenen Erinnerungen an Basil nach. Möglicherweise war es sogar derselbe Basil. Der Kutter folgte dem Verlauf der felsigen Küste, hundert Meter draußen, auf der Leeseite der Schafinsel.

Hartford zog heftig an seiner Zigarette. »Es war ein schwieriges Gewerbe, damals. Man muß ihm das zugute halten. Oft waren wir nahe daran, unterzugehen.«

Der Basil, an den sich Pete erinnerte, hatte es sich nie anmerken lassen. Er hatte die Welt regiert.

»Es gab Zeiten, da dachten wir, der Hummer wäre endgültig erledigt.«

»Und was geschah dann?«

»Die Wissenschaft geschah. Unser Kutter war als einziger übriggeblieben. Zehn Hummer am Tag – in der Hochsaison! Nichts. Dann kam dieser Meeresforscher daher. Die Regierung war in Sorge. Die Leute wollten nicht auf ihren Hummer verzichten. Vater und ich, wohlgemerkt, wir hätten vor die Hunde gehen können. Das kümmerte niemand. Aber die besseren Leute in den Städten wollten ihren Hummer. Also wurde etwas unternommen.«

»Dieser Meeresforscher fand eine Lösung?«

»Ja. Unterwasserzäune. Künstliche Aufzuchtgründe. Auf der anderen Seite der Schafinsel ist eine Solaranlage zur Wärmegewinnung. Beheizt über ein Rohrleitungssystem den Meeresboden und erhöht die Wassertemperatur. Früher dauerte es neun Jahre, bis ein Hummer, die marktfähige Größe erreichte. Jetzt erreicht er sie in zwei Jahren.« Er drückte seinen Zigarettenstummel aus und schnippte ihn über Bord. »Man hat auch den Kannibalismus unter den Hummern zurückgedrängt. Zur Fütterung entwickelte man bestimmte Kombinationen von Nahrungsstoffen. Heute fangen wir das ganze Jahr zweihundert am Tag, ohne große Mühe.«

»Das ist großartig.«

»Ist es wirklich. Schade ist nur, daß der alte Herr es nicht mehr erlebt hat.«

Pete wartete. Die Geschichte, wenn es eine geben sollte, würde zur rechten Zeit kommen. Als der Kutter aus dem Windschutz der Insel kam, wurde er von einer Welle hochgehoben und klatschte mit dem Bug abwärts. Gischtspritzer fleckten die Scheibe des Ruderhauses.

»Sie propagierten Gummianzüge und Tauchausrüstungen«, sagte Hartford. »Es gab wieder mehr Kutter, und man wollte, daß wir uns um die Wartung der Einrichtungen am Meeresboden kümmerten und die Fütterung übernahmen. Vater sagte, es sei verrückt, aber er sah ein, daß es notwendig war, und lernte auf seine alten Tage noch Tauchen. Alter Hund, neue Kunststücke. Verhedderte sich in einem Netzzaun und kam nicht los.«

Pete schaute weg. Welch elende Art, umzukommen. »Tut mir leid.«

Hartford hob die Schultern. »Er war schwierig, brachte mir aber eine Menge bei.« Er machte eine Pause. »Ich würde es gern weitergeben. Das Problem ist, ein Mädchen zu finden, das bereit ist.«

»Du meinst, du möchtest heiraten?« Pete fragte sich, warum er so verblüfft war. »Du möchtest Kinder?«

»Eins oder zwei. Warum nicht? Das Leben ist leicht.« Hartford lehnte sich aus der Türöffnung des Ruderhauses und spuckte gewandt leewärts. »Wie ich immer sage, diese Huppelgeräte sind schön und gut. Aber wozu ist der Graphit im Bleistift da?«

Pete schwieg. Es war ein Gesichtspunkt. Ein guter. Ich würde es gern weitergeben … Was weitergeben, in Gottes Namen? Der Glückspilz.

»Trotzdem«, sagte Hartford, »so, wie die Mädchen heutzutage sind, sieht es nicht danach aus, daß ich es schaffen werde.«

»Da gibt es immer noch Effie Googins«, improvisierte Pete.

»Ja. Ja, da gibt es immer noch die alte Effie …«

Sie lachten, vereint in der männlichen Lüge. Für keinen von ihnen hatte es jemals Effie Googins gegeben. Dieses Privileg war an Karl Sandheim, Jake Platt, Josh Candel gegangen … Bekannt und numeriert.

Der Kutter stampfte, und Hartford stemmte sich, die Hände am Ruder, mit gespreizten Beinen gegen die Rückwand des Ruderhauses. »Das mit den Gummianzügen und den Taucherausrüstungen hat sich nie durchgesetzt, weißt du. Aber das hatte nichts damit zu tun, was mit dem alten Mann geschah. Du kannst rechtschaffene Fischer nicht dazu bringen, daß sie ins Wasser springen. So weit lassen sie sich nicht drängen. Das hätten die von der Regierung wissen sollen.«

Die Männer hier oben waren Romantiker. Oder vielleicht war das ein stadtgeborener Mythos. Vielleicht waren sie einfach dumm. Wie dem auch sein mochte, es war ein Wunder, daß die Hummerfischer der Landzunge sich so weit hatten treiben lassen: Unterwasserzäune, künstliche Aufzuchtgründe, eine Solaranlage auf der Schafinsel … Als Pete sein Elternhaus verlassen hatte, war davon gesprochen worden, wieder Schafe auf die Insel zu bringen.

Hartford drehte den Bug in die steil auflaufende See, stellte die Maschine auf kleine Fahrt. Sie waren über den Hummergründen. Langsam lief er auf die erste Reihe eines riesigen Gitternetzes aus Markierungsbojen zu, die mit orangener Leuchtfarbe gestrichen waren. Sobald er den Kutter in den Fördermechanismus eingeklinkt und das Fanggerät über die Bordwand geklappt hatte, kamen die Körbe automatisch hoch, öffneten sich an der Oberfläche und entleerten ihren Inhalt in das Fanggerät. Hartford nahm die Hummer heraus, vier oder fünf von jedem Korb, und warf sie in einen großen, mit Seewasser gefüllten Tank, der den Laderaum des Kutters einnahm. Ein Hebeldruck versah den Korb mit frischem Köder, dann verschwand er wieder im Wasser. Das Boot steuerte sich selbst. Die Körbe kamen einer nach dem anderen hoch.

Andere Boote waren mit ihnen unterwegs und fischten ihre Abschnitte des Gitternetzes ab. Ihre Fänge schienen ähnlich zu sein: vier oder fünf Exemplare in jedem Korb. Pete beugte sich über den Fang – schon bewegten sich dort unten an die vierzig glänzend schwarzbraune Hummer, die Scheren abwehrend emporgehoben. Und Hartford hatte sich kaum die Hände naß gemacht.

»Zweimal in der Woche gibt es eine Extrafahrt«, sagte Hartford. »Dann wird Futter ausgebracht, und Jungtiere aus den Becken werden in die Aufzuchtgründe gesetzt. Und im Frühjahr und Herbst gibt es Instandhaltungsarbeiten. Und Stürme. Aber man hat uns einen Schutz gegen Sturmschäden gegeben. Elektrostatik über den Hummergründen – der Teufel weiß, wie das funktioniert, aber die Wellenwirkung wird reduziert. Also haben wir mit den Stürmen nicht allzuviel Verdruß.«

Pete merkte, daß er sich rechtfertigte. Das Leben sei leicht, hatte er gesagt. Pete kam es nicht so vor. Bei jedem Wetter draußen, Elektrostatik oder nicht, winters und sommers.

»Ich wollte dich fragen«, sagte Hartford, »wie es ist, wenn man bei den Spielen mitmachen will.«

Das Wort traf ihn wie ein Schlag. Er hatte die Spiele vergessen. Sie hatten nicht existiert. »Du was?«

»Du bist doch in dem Schwindel, nicht? Ich brauche deinen Rat. Du dachtest doch nicht, du seist nur für die Fahrt hier.«

»Das ist wunderbar. Wirklich großartig … – übrigens sind sie kein Schwindel.«

»He, was sagst du da, Pete? Noch einmal mit Gefühl, ja?«

Pete war empört. »Ich sage dir, es ist kein …« Er fing Hartfords Blick auf und brach ab. Er fragte sich, was und wen er verteidigte. »Nicht mehr Schwindel als alles andere heutzutage.«

Ein Korb kam herauf. Hartford hob den ersten Hummer heraus, packte ihn geschickt hinter den fuchtelnden Scheren. »Ich hoffte, du würdest eine Abteilung empfehlen können.«

»Eine Branche? Du zahlst dein Geld und triffst deine Wahl.«

»Nein. Ich meine, du kennst mich, und du kennst die Spiele. In welcher Abteilung, welcher Branche würde ich deiner Meinung nach am besten zurechtkommen?«

Pete blickte weg, über die See hin zum blassen Horizont. Er kannte Hartford nicht. Der mickrige Hartford Ganz. Er wußte so gut wie nichts über ihn. »Du könntest dich immer auf einem der weniger überlaufenen Nebengebiete betätigen.«

»Zum Beispiel?«

»Zum Beispiel die Lebensmittelversorgung von Luftlinien. Ich weiß sehr wenig darüber, aber …«

»Kannst du mich in der Luftlinienversorgung sehen?«

»Du könntest dir das Fachwissen durch Lektüre aneignen. Jeder muß irgendwo anfangen und sich reinknien.« Um ehrlich zu sein, er konnte Hartford in nichts sehen.

»Gut. Also lese ich nach, was ich brauche.« Hartford warf die letzten Hummer aus dem Korb in den Wassertank. »Was dann?«

»Dann setzt du dich an den Bildschirm und schaltest dich ein. Das ist alles. Es gibt einen geringen monatlichen Beitrag. Aber die Zentrale stellt den Einsatz.«

»Den Einsatz?«

»Sie setzt dein arbeitendes Kapital fest und trägt es ein. Jeder fängt gleich an. Wieviel es im einzelnen ist, hängt von dem Gebiet ab, auf dem du tätig werden willst. Manche brauchen natürlich mehr als andere.«

»Natürlich.«

Der Mann zog ihn mit seiner Ignoranz auf. War noch stolz darauf. »Hör mal – bist du sicher, daß du mitmachen willst?«

»Ist mal eine Abwechslung.«

»Das reicht nicht.« Und ob es reichte. Für die Mehrzahl der Spieler reichte es allemal. Sie zahlten ihren Beitrag und trafen ihre Wahl. Damit unterstützten sie die Anstrengungen, welche die Zentrale in die ernsthaften Spieler investierte … Aber es war nicht richtig gewesen, daß er Hartford in nichts sehen konnte. Zu seiner eigenen Überraschung wurde ihm klar, daß er Hartford in nichts sehen wollte.

Unsinn. Sentimentaler Unsinn. »Ich meine, wenn das deine Einstellung ist, wirst du nie gewinnen.«

»Ich könnte Glück haben.«

»Schon möglich.« Er könnte auch verborgene Talente entdecken. Er war kein Dummkopf.

»Und außerdem, wer will schon gewinnen? Wie der Engländer sagte, es kommt auf das Spiel an.«

Möglicherweise. Aber Hartford war kein Carlton Mathis. Soviel wußte Pete. Er würde jedesmal aufs Ganze gehen. »Na, dann brauchst du nur noch dein Tätigkeitsfeld zu wählen.«

»Ich dachte, das hättest du für mich getan.«

»Das war nur so hingesagt.« Er war jetzt noch weniger davon überzeugt als zuvor, doch mochte es auch Unsinn sein, es hatte sein professionelles Pflichtgefühl angerührt. »So etwas will überlegt sein.«

»Dann überlege, Mann!«

Sie erreichten das Ende der Bojenreihe. Hartford löste die Verbindung, ging auf volle Fahrt und nahm Kurs auf die Landzunge. Im Tank kletterten an die zweihundert Hummer mit unheilvoll gereckten Scheren übereinander. Bald kam der Kutter in ruhigeres Wasser, und zu ihrer Rechten standen die Häuser der Landspitze gleich bizarren feudalen Festungen zwischen den Bäumen über der felsigen Küste. Der Widerschein der untergehenden Sonne flammte in ihren Fenstern. Der Kutter hielt genau auf das rote Sonnenauge zu.

Hartford zog seine Jeans hoch. »Hast du schon überlegt?«

Er hatte nicht. »Was ist mit Schiffsversicherungen?« schlug er vor, weil es das erste war, was ihm einfiel.

»Du meinst, das Zeug verkaufen?«

»Natürlich nicht. Versichern, Statistik, Auswerten, solche Dinge.«

»Vielleicht versuche ich lieber, mir ein paar Kinder anzuschaffen.«

Sie lächelten. Es war eine gute Idee. Verspätet machte sich jedoch Petes professionelles Pflichtgefühl bemerkbar. »Du könntest immer noch beides tun. Viele unserer Spieler haben Kinder.«

»Aber Kinder kosten Zeit. Meine jedenfalls würden.«

Die Idee, Kinder zu haben, gefiel ihm immer besser, je länger er darüber nachdachte: das Huppel-Ideal, ein Mann, der die Verantwortung nicht fürchtet, der die Zuwendung geben wollte. Aber eine grausige Erscheinung seiner eigenen Vergangenheit erhob sich in Petes Erinnerung, und er konnte nicht umhin: »Du würdest sie mit deiner Zuwendung nicht erdrücken?« fragte er.

Hartford blieb eine Weile still. Seine Antwort, als sie kam, war präziser, als es schien. Er sagte: »Wie geht es eigentlich Scudder?«

»Scudder?« Petes Gesicht nahm einen bestürzten Ausdruck an. »Oh, gut geht’s ihm. Gut …«

»Bloß kommen wir irgendwie nie ins Gespräch.« Hartford verlagerte sein Gewicht, stieß Pete kameradschaftlich an und sagte: »Du weißt es besser als die meisten, Pete. Kinder haben ihr eigenes Leben – zu sorgen, daß sie es auch bekommen, kostet Zeit.«

Pete blickte weg. Er war zornig – zornig auf sich selbst, weil er sich etwas daraus machte, und zornig auf Hartford, weil der es wußte. Niemals hätte er vermutet, daß sein Leben so transparent gewesen war, und er wünschte, es wäre nicht so gewesen.

»He, erinnerst du dich noch an die faule Kate?« Hartford drehte am Steuerruder. »In dem chinesischen Schnellimbiß an der Kreuzung? Habe ich dir je erzählt, wie ich sie beinahe gebumst hätte?«

Sie sprachen über die faule Kate mit der Hasenscharte und der einen falschen Brust, und wie Hartford sie beinahe gebumst hätte, bis die Schafinsel achteraus lag. Anscheinend war sie noch immer dort, noch immer behaftet mit der Hasenscharte, und noch immer gab sie Eierwecken aus. Die Sache mit der falschen Brust war jedoch längst Geschichte. Heute war sie eine große Dame, mit zwei chinesischen Helfern.

Ein gelber Lastwagen wartete bei der Anlegebrücke. Hartford machte fest, und der Lastwagen saugte den Tank des Kutters mit einem dicken Plastikschlauch aus. Als Hartford mit dem Fahrer den Fang überprüfte, machte Pete sich auf. Andere Kutter warteten auf die Entladung, und jenseits der Ankerplätze hoben sich die Muschelbänke aus dem zurückweichenden Wasser.

»Danke für die Fahrt, Hartford!«

»Und danke für den Rat!«

Pete konnte sich nicht erinnern, einen gegeben zu haben. »Wir müssen mal wieder zusammenkommen. Ich rufe dich an.«

Aber Hartford hatte den Kopf im Fenster des Lastwagens. Er argumentierte für zweihundert, während der Fahrer auf einhundertachtundneunzig beharrte. Pete ging den Weg zur Straße hinauf. Vielleicht hatte er sich geirrt. Wenn er die Dinge anders angefaßt hätte, hätte er den Spielen vielleicht zu einem wirklich großen Teilnehmer verhelfen können.

In der Türöffnung ihres Teils des Shakewell-Hauses, die Arme locker herabhängend, die Körperumrisse von grellen Sonnenuntergangsfarben im Raum hinter ihr durch das gazeartige Seidenkleid projiziert, erwartete ihn Grace. Sie, die absolute Richtigkeit ihres Seins dort in diesem Augenblick, hielt ihn zurück. Er stand erstarrt, bis die Richtigkeit ihn anzog und die Stufen hinauftrug. Keine Spiele, kein Hartford, kein Scudder. Nur sie.

Die Schatten waren lang geworden. Die Sonne tauchte in die See. Eine Kette von Brandgänsen flog pfeilschnell über das dunkelnde Wasser zu ihren Schlafplätzen auf der Schafinsel.

Ein Kajütenboot mit weißem Segel glitt langsam vorüber. Musik wehte herüber, verging. Pete legte einen Zeigefinger an ihre Stirn, fuhr die Linie ihrer Brauen nach, der Augenhöhle, der Wange. Sie waren draußen auf der Terrasse.

»Hartford möchte Kinder«, sagte er.

»Ich weiß. Er hat es mir gesagt.«

»Und du?«

Sie öffnete die Augen. »Ich weiß nicht.«

Sie stellte seinen Gedanken sowenig in Frage wie er selbst. Es war eine logische Folgerung.

Sein Finger erreichte ihren Mundwinkel. »Du solltest, mein Liebes.«

»Hartfords Kinder?«

»Er meint es.«

Sie nahm seinen Finger zwischen die Lippen und biß leicht darauf. »Er und ich haben nicht, was wir haben.«

»Darauf, was wir haben, baut man keine Familie auf, Grace.«

»So sagt man.«

»Es ist wahr.«

Sie legte den Kopf zurück, um ihn anzusehen. »Keine Ausnahmen?«

»Ausnahmen sind nur das. Eben Ausnahmen.«

»Du denkst, ich sollte?«

Er lächelte. »Ich bemühe mich.«

»Vielleicht ist besser, was wir haben.«

»Natürlich ist es das. Heute.«

»Also werde ich morgen Hartfords Kinder haben.«

»Nein. Nein …« Er beugte den Kopf, ließ seine Lippen auf den ihren ruhen. Sie öffnete den Mund, und ihre Zungen berührten einander leicht. Dann wandte er den Kopf zur Seite, bis seine Wange an ihrer lag. »Sagen wir nächstes Jahr«, sagte er. »Oder vielleicht das Jahr darauf.«