Zusammenkunft auf Arran
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W
ILL SINCLAIR SASS schon auf der Bettkante und rieb sich die Augen, als Tam am nächsten Morgen hereinkam, um ihn zu wecken. Tam hatte eine brennende Kerze und einen Krug mit warmem Wasser dabei und trug ein zusammengefaltetes Handtuch über dem Arm. Er brummte einen Gruß, zündete die Kerze auf dem Tisch an seiner Kerzenflamme an und stellte den Krug in die Schüssel auf dem Tisch. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und verließ das Zimmer.
An jedem normalen Tag wäre es zwecklos gewesen, Will auf irgendetwas anzusprechen, bevor er sich den Schlaf aus den Augen gewaschen hatte, doch an diesem Morgen war Will bereits hellwach. Er hatte einen anstrengenden Tag vor sich.
Seine Begegnung mit Angus Og am Vortag war erfolgreich verlaufen – seine Schiffe würden sich ungehindert in den hiesigen Gewässern bewegen können. Wieder an Land hatte er gemeinsam mit dem mürrischen Lowlander, der James Douglas’ Proviantmeister war, die Vorkehrungen dafür getroffen, dass man seine Flotte am Strand von Lamlash mit einer einfachen warmen Mahlzeit empfing. Den Abend hatte er in seiner Kammer mit Schreibarbeiten verbracht, und als er sich sicher war, dass er nichts vergessen hatte, war er eingeschlafen und hatte den Schlafmangel der vorigen Nacht wieder wettgemacht.
Diesmal war er so früh, dass unten noch viele Schläfer lagen, als er seinen Porridge aß. Die Männer, die seinen Tisch teilten, waren genauso schweigsam wie er selbst, und niemand schien Notiz davon zu nehmen, dass er seine volle Templeruniform angelegt hatte. Nach dem Porridge schnitt er sich eine Scheibe Fleisch von einem kalten Braten ab, streute ein wenig Salz darüber und steckte sie in ein Stück Brot, das noch ofenwarm war.
»Das sieht gut aus«, sagte Tams Stimme in seinem Rücken. »Das möchte ich auch. Hier, ich habe Euch Eure Sachen mitgebracht.«
Will dankte ihm mit einem Kopfnicken und biss in sein Brot, bevor er es auf den Tisch legte und sein Schwert und seinen Schild entgegennahm. Er legte seinen Umhang ab, um sich den Schwertgürtel über die Schulter zu heben, und zog dann den Umhang wieder darüber. Nachdem auch Tam etwas gegessen hatte, brachen sie auf, um am Strand mit Sir Edward zusammenzutreffen.
Es war noch dunkel, als sie unten eintrafen, doch das Langboot des Admirals erwartete sie bereits. Kaum hatten sie darin Platz genommen, als vier der Ruderer auch schon hinaussprangen und das Boot vom Kies ins Wasser schoben. Zehn Minuten später hieß Sir Edward de Berenger sie an Bord seiner Galeere willkommen und gab den Befehl zum Aufbruch. Dann setzten sich die Ruder des Schiffes in Bewegung, und Will sah, wie sich der Admiral entspannte.
»Nun, Kommandeur«, sagte de Berenger schließlich. »Wie sind Eure Gespräche mit dem König verlaufen?«
»Zufriedenstellend. Wir haben die Erlaubnis, unter gewissen Vorbehalten hierzubleiben. Was ist mit Euch? Gab es irgendwelche Zwischenfälle?«
»Unglücklicherweise ja, auch wenn die Fahrt im Prinzip gut verlaufen ist.«
»Was ist geschehen?«
»Einige Ritter der Garnison sind auf die Idee gekommen, auf einer Landzunge an Land zu gehen. Sie haben den Widerspruch ihres Schiffskapitäns ignoriert, der zwar ein fähiger Mann ist, aber nur ein Sergeant, der ihnen letztlich nichts entgegenzusetzen hatte, aber die Geistesgegenwart besaß, de Narremat davon in Kenntnis zu setzen. Dieser hat ihnen de l’Armentière hinterhergeschickt, der sie auch stellen konnte. Ihm haben sie ebenfalls nicht gehorcht, also hat er mit seiner Ramme ihr Boot versenkt, sie aufgefischt und sie zu de Narremat gebracht. Dort sitzen sie jetzt unter Deck in Ketten und rosten vor sich hin.«
»Tod und Teufel. Wisst Ihr, wer es war?«
»Nein, aber es waren Tempelritter, die zu lange auf See gewesen sind und denen es nicht gefällt, nichts zu sagen zu haben. Wahrscheinlich können wir von Glück reden, dass nur diese vier an Bord des einen Schiffes waren. Auf den anderen Schiffen hat es keine Vorfälle gegeben.«
»Und es wird keine weiteren geben, denn ich werde sie jetzt alle wieder an die Kandare nehmen und sie daran erinnern, wer sie sind und was sie gelobt haben. Genau darüber habe ich gestern mit dem Bischof und dem König gesprochen.«
Sie konnten die Bucht von Lamlash schon sehen, die reglos wie ein Spiegel vor ihnen im Morgenlicht lag, durchbrochen nur von den ankernden Schiffen der Templerflotte.
»Habt Ihr angeordnet, dass niemand an Land geht, bevor ich komme?«
»Aye. Doch seht. Dort drüben sind Leute. Wer kann das sein?«
Eine kleine Prozession von vielleicht vierzig Männern schlängelte sich mit vollbeladenen Handkarren über den Landweg auf die Bucht zu.
»Köche«, lächelte Will. »Douglas’ Männer, mit freundlichen Grüßen ihres Proviantmeisters. Nach den Zeremonien wird es eine warme Mahlzeit geben.«
Bei dem Wort »Zeremonien« zog de Berenger fragend die Augenbrauen hoch, doch er schwieg.
»Jetzt brauche ich zuerst meinen Bruder. Seine Männer müssen vor allen anderen an Land sein. Könnt Ihr uns in Rufweite seines Schiffes bringen?«
Jetzt lächelte auch der Admiral. »Besser noch – da das Wasser vollkommen ruhig ist, können wir neben ihm beilegen, und er kann zu uns hinunterspringen. Dort drüben ist sein Schiff.«
Er rief seinen Kapitän herbei, zeigte auf das Schiff, auf dem sich Kenneth Sinclair befand, und erteilte ihm die notwendigen Anweisungen. Während die Galeere des Admirals mit ihrem Manöver begann, beugten sich Will und der Admiral über eins der Pergamente, und begannen mit den Vorbereitungen für einen langen, wichtigen Tag.