5. Der Schwarze Krake
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DER SCHWARZE KRAKE
Der Krake lebt von alters her,
seit er dem Urschlamm sich entwand,
in einem längst versunknen Land,
tief im dunklen Drachenmeer
Aus Die Gesichter des Epemitreus
Der Rote Löwe hatte vor drei Tagen die Barachan-Inseln verlassen. Der Morgen dämmerte, als die grüne Galeere gesichtet wurde.
Mit nacktem Oberkörper, das schwere Breitschwert an der Seite, stand Conan auf dem Quarterdeck und atmete tief den frischen, salzgeschwängerten Wind ein. Mähne und Bart waren steif vom Salz des hochgesprühten Gischtes. Die goldenen Flammen des Sonnenaufgangs färbten den östlichen Horizont und griffen nach den langen Wolkenschleiern. Der rauhe Passatwind aus dem Nordosten spielte mit dem Takelwerk und blähte die breiten Segel auf.
»Ho, Amra, so früh schon auf?« polterte eine tiefe Stimme. Conan drehte sich um und sah, wie Sigurd sich mit gespreizten Beinen gegen die Reling lehnte. Der Wind zerzauste seinen flammend roten buschigen Bart und verlieh seinen Apfelbacken einen noch tieferen Ton, er bauschte auch den wallenden roten Umhang auf, der einst den Rücken eines selbstherrlichen zingaranischen Admirals gewärmt hatte.
Conan grinste über das Bild, das der rauhe alte Nordmann abgab. Der Goldfaden, der einst in Arabesken den Umhang verziert hatte, war stellenweise abgerissen und stumpf, und einige der kunstvoll geschnitzten Elfenbeinzierknöpfe fehlten. Eine Schärpe in mehreren grellen Farben um den festen Faßbauch hielt das übliche halbe Dutzend edelsteinbesteckter Dolche, Streitkeulen und einen schweren Krummsäbel mit schartiger Klinge. Unter dem weiten Umhang trug der alte Vanir ein ehemals weißes Hemd, das nun mit allen möglichen Flecken beschmutzt und zerrissen war. Bis zum Nabel war es offen und so spitzte der silberdurchzogene rote Pelz heraus, der auf des Nordmanns Brust wucherte. Um den kahlen Schädel hatte er sich ein buntes Kopftuch gewunden, und von jedem Ohr baumelte ein großer goldener Ring.
»Hah! Bei Heimdals Horn und Tanits Schleier, das ist ein Morgen für die Götter, eh, Löwe? Wie Wein nach langem Dürsten ist es für mich, wieder einmal auf See fahren zu dürfen, ein gutes Deck unter den Füßen und eine tüchtige Mannschaft zu haben!«
»Ja«, brummte Conan. »Es ist ein gutes Schiff, das wir für die Edelsteine des Königs von Argos bekamen, und eine Besatzung so mutig wie die Burschen, mit denen ich seinerseits segelte!«
Er schaute hinunter in die Kuhl, wo die Mannschaft das Deck schrubbte und andere seemännische Arbeit verrichtete. Die Geschichten um Amra den Löwen, die schon fast zur Legende geworden waren, hatten Conan eine Auswahl von fast allen Piraten der Inseln treffen lassen, denn sämtliche Seeräuber waren geradezu erpicht darauf, Ruhm und Beute bei Amras Abenteuer im unbekannten Westen zu teilen. Eine buntgemischte Menge waren sie, diese Männer, die halbnackt im Schiffsbauch werkten und nach Teer und saurem Wein rochen, aber sie waren die Auslese der Barachanpiraten.
Die meisten waren Argossaner: mittelgroß, stämmig und mit braunem oder dunkelblondem Haar. Ein weiterer Teil bestand aus zingaranischen Renegaten mit olivfarbiger Haut und schwarzen buschigen Augenbrauen. Dann gab es Männer aus Ophir und Koth, ein paar dunkelhäutige, hakennasige Shemiten mit blauschwarzem Haar und Bart, und sogar zwei riesenhafte, braunhäutige, geiergesichtige Stygier. Auch Yasunga war dabei, der schwarze Riese aus Kush mit der glänzenden Haut, der Steuermann war; nicht zu vergessen Goram Singh, ein kräftiger, braunhäutiger Mann mit schwarzem Krausbart aus Vendhya, einem Land so weit im Osten und in diesem Teil der Welt so wenig bekannt, daß viele es für ein legendäres Land hielten. Doch ob weiß, braun oder schwarz, alle waren tüchtige, erfahrene Seeleute.
Sigurds blaue Augen ruhten auf Conans Gesicht. »Na, wie sieht es jetzt wirklich aus, Freund? Klingende Worte und großartige Versprechen von glitzernder Beute sind ja schön und gut, aber was suchen wir tatsächlich im Westlichen Ozean und wohin, genau, geht die Fahrt? Bis jetzt haben wir nichts weiter als ein paar Wale gesehen.«
Conan zuckte die Schultern. »Das weiß Crom, nicht ich. Aber ich habe von verlorenen Erdteilen und sagenhaften Inseln jenseits des Sonnenuntergangs raunen gehört. Und von dem, was Epemitreus durchblicken und was König Ariostros Horde von glattzüngigen Sternenleser andeuteten, nehme ich an, daß wir uns lediglich immer westwärts zu halten und Ausschau nach etwas Ungewöhnlichem zu halten brauchen. Beim Teufel, Nordmann, ich hoffe wir finden bald den Ursprung dieses Grauens! Diese Kostprobe des Seefahrerlebens reizt meinen Appetit nach handfesten Kämpfen. Frieden ist schön, aber ...« Conan nahm sein Breitschwert aus der Scheide und schwang es mächtig durch die Luft, daß sein Summen über das Pfeifen des Windes zu vernehmen war.
Sigurd lachte und sein Bauch wackelte. Er hob eine Braue und betrachtete den ungeduldigen Cimmerier.
»Ho ho, Freund!« schnaubte er. »So also weht der Wind! Du bist immer noch der listenreiche Halunke, wie ich ihn früher kannte. Wenn wir gegen diesen schattenhaften Feind gekämpft haben, wie wir es versprachen, sollten wir uns vielleicht ein wenig echter Seeräuberei zuwenden, oder was meinst du? Ich habe ein paar fette Kauffahrer im Hafen von Messantia liegen gesehen, und es wäre doch ein schöner Spaß, argossanische Schiffe mit dem Schiff auszuplündern, das uns ihr König verschafft hat. Was hältst du davon?«
Conan lächelte in grimmigem Spott und schlug Sigurd auf die Schulter. »Du bist immer noch das gleiche räuberische alte Walroß wie früher. Nein, das gefällt mir nicht.«
»Sag bloß nicht, daß du nach all diesen Jahren ehrlich geworden bist!«
Conan lachte schallend. »Nicht ich! Aber König zu sein, verdirbt einem den Appetit an kleineren Räubereien. Außerdem hat Ariostro mir nichts Schlimmes getan, warum also sollte ich ihm Ärger bereiten? Conn wird genügend Probleme haben, seine Grenzen gegen die Nachbarn zu schützen, ohne daß ich Unruhe stifte.«
»Dann – nun, willst du mit mir in Stygien einfallen, wie ich es vorhatte, als wir uns in Messantia wiedertrafen? Die Geiergesichter sind ernstzunehmende, harte Gegner, aber mit dieser Mannschaft könnten wir ...«
Conan schüttelte den Kopf. »Nein, nicht einmal das. Schließlich war ich schon einmal Piratenkapitän, und ein ziemlich erfolgreicher noch dazu. Warum sollte ich noch einmal die gleiche Leiter erklimmen wollen?«
»Was, bei allen flammenden Höllen, willst du dann?« knurrte Sigurd ungeduldig. »Rück endlich heraus damit, Mann!«
Conan streckte einen langen Arm aus und ein knorriger Zeigefinger deutete in Richtung Bug. »Weiter gen Westen, Freund. Dort gibt es etwas, wovon wir nichts wissen. Die Roten Schatten sind Teil davon.« Ein tiefes Lachen rumpelte in Conans Brust. »Du kannst dir mich wohl nicht als Wissensdurstigen vorstellen, eh, Sigurd?«
»Eher noch Ariostros hübsche Tänzerinnen als blutige Piraten!«
»Nun, ich kann so einige verschiedene Schriften lesen, und in der Hofbibliothek von Tarantia fand ich Geschichten über den Kataklysmus vor achttausend Jahren, als der Ozean Atlantis verschlang. Sie berichten, daß viele Tausende von Atlanter sich zum Festland retten konnten – nach Thuria, wie sie unseren Erdteil damals nannten. Und im eisengebundenen Buch von Skelos steht: ›Andere flohen von dem untergehenden Atlantis westwärts, und man erzählt sich, daß sie dort einen Kontinent erreichten, der am anderen Ende des Westlichen Ozeans liegt. Was aus diesen Flüchtlingen wurde, weiß ich nicht zu sagen, denn nach dem Untergang von Atlantis wurde der weglose Ozean zu groß für die Schiffe jener Tage, um eine regelmäßige Verbindung zwischen den uns bekannten Ländern und dem unbekannten Land im Westen aufrechtzuerhalten.‹ Mehr fand ich darüber nicht, aber es mag sehr wohl etwas mit unserer gegenwärtigen Mission zu tun haben.«
»Nun?« fragte Sigurd. »Auch ich habe Ähnliches schon einmal gehört.«
»Nun«, sagte auch Conan, »wenn es ein Land gewaltiger Magie ist, muß es auch ein Land des Reichtums und der Macht sein, reif zum Pflücken für unternehmungslustige Männer, wie wir es sind. Warum sollten wir uns mit der Beute von ein paar Schiffen zufriedengeben, wenn wir mit ein bißchen Glück und genügend Mut ein ganzes Reich erobern können?«
Sigurd seufzte und fuhr sich mit den behaarten Handrücken über die Augen. »Ah, Amra, ich hätte es ja wissen müssen, daß du in deinem dicken Schädel einen Plan ausgebrütet hast, der wilder und wahnsinniger ist, als ein normaler Sterblicher ihn sich ausdenken konnte. Du bist mir wahrhaftig der richtige alte Wolf! Doch selbst wenn sie uns den Drachen zum Fraß vorwerfen, wenn wir dort angelangt sind, komme ich mit dir, bis zum Sonnenuntergang, wenn es sein muß, bei den Göttern!«
Mißtrauisch spähte er zur Sonne hoch, dann wandte er sich mit verärgertem Schnauben dem nächsten Achterruder zu, an dem ein einäugiger Shemit stand.
»Avast, du hakennasiger Hund! Bist du blind oder stinkbesoffen?« brüllte er. Er stieß den verblüfften Seemann zur Seite und nahm die Pinne selbst in die geschickten Pranken. »Wir sind einen halben Strich vom Kurs abgekommen, den du gestern abend gesetzt hast, Amra. Diese verfluchten, faulen Hunde – der Abschaum der Barachans, bei den Eingeweiden Ahrimans und den Brüsten Ischtars!« Wütend blinzelte er zur Sonne hoch und zog die Pinne mit einem Ruck herum. Der Rote Löwe gehorchte wie ein wohlerzogenes Pferd und legte sich ein wenig schief.
Da erschallte ein Ruf vom Ausguck: »Segel ahoi!«
Conan sprintete zur Reling und spähte mit scharfen Augen auf die dunstig graue See, doch er sah nichts.
»Wo?« brüllte er zum Ausguck hinauf.
»Eineinhalb Strich backbord voraus!« kam die Antwort.
»Ich sehe es!« Der alte Nordmann stand wieder neben Conan. Er schnaufte wie ein Walroß, nachdem er den einäugigen Seemann wieder an die Pinne zurückgestoßen hatte. »Ja, dort ist es – und bei den Göttern, es sieht aus wie eine Galeere!«
Conan schirmte die Augen mit einer Hand ab, und sein Blick folgte Sigurds deutendem Finger. Aus dem wallenden Morgendunst hoben sich zwei schlanke, kahle Masten. Als der Rote Löwe von einer mächtigen Welle hochgetragen wurde, konnten die Männer auf dem Achterdeck unter diesen Masten eine lange, niedrige Galeere sehen.
»Was, bei den scharlachroten Höllen der stygischen Set-Anbeter, hat eine Galeere hier zu schaffen?« polterte Conan. »Wir müssen in Landnähe sein. Kein Seemann würde bei klarem Verstand mit einem solchen Schiff so weit in den Westlichen Ozean hinaussegeln. Wenn schon die Wellen sie nicht verschlingen, würde ihre Besatzung vor Hunger und Durst eingehen und aus Mangel an Plätzen zum Ausruhen.«
Die Galeere war jetzt näher, und so konnten sie die grazile Form des niedrigen, seegrünen Schiffskörpers sehen. Weiße Gischt schäumte entlang ihrer Seiten auf, und Conan bemerkte das Blitzen des Sonnenscheins auf dem tropfenden Wasser von den zweideckigen Ruderreihen – eine Bireme also. Sie hatte einen hohen, gebogenen Bug aus Messing in Form eines Drachenkopfes. Unter dieser Galionsfigur schnitt in Höhe des Meeresspiegels ein langer, gefährlich spitzer, mit Grünspan überzogener und mit Entenmuscheln beklebter Bronzeramm durch die Wogen.
»Hm, das ist verdammt seltsam, Amra!« fluchte Sigurd. »Sie segelt unter keiner Flagge! Na ja, aber du hast ja selbst gesagt, daß wir Ausschau nach etwas Ungewöhnlichem halten sollen, und das dürfte doch wohl ungewöhnlich genug sein.«
Conan zuckte die Schultern. »Was ist denn da auf ihren Bug gemalt?«
Sigurd blinzelte. »Sieht aus wie eine schwarze Wolke mit rotem Mittelpunkt – oder ist es ein schwarzer Seestern?«
Mit finsterem Gesicht betrachtete Conan die merkwürdige grüne Galeere. »Ein Handelsschiff ist es keinesfalls, sondern nach dem Ramm und den Doppelrudern zu schließen ein Kriegsschiff. Lassen wir sie vorüberziehen, denn Beute hat sie uns sicher keine zu bieten, höchstens einen sinnlosen Kampf ...«
Trotzdem, dachte er, ist es merkwürdig, daß sich ein solches Schiff in diesem unbefahrenen Meeresteil aufhält. Könnte es tatsächlich das sein, was wir suchen? Conan warf die graue Mähne zurück und rief zu dem Ausguck auf dem Fockmast hoch:
»Ahoi, dort oben! Kannst du das Zeichen auf ihrem Bug erkennen?«
»Etwas wie schwarze Tentakel um ein brennendes Auge – ein Krake, vielleicht ...«
Conans Stimme hob sich zu einem gewaltigen Brüllen: »Steuermann! Zwei Strich backbord, auf die Galeere zu! Alle Mann an Deck und an die Waffen! Macht euch bereit zum Reffen! Schützen aufs Vorderdeck, spannt die Bogen. Yasunga, stell einen Entertrupp zusammen. Jungs, hier ist der Kampf, nach dem ihr gefiebert habt!«
Sigurd blickte ihn verwirrt an. »Was soll das, bei Mitra?«
»Das Zeichen des Schwarzen Kraken, du roter Hund von Vanaheim! Sagt dir das denn nichts? Streng doch deinen Kopf ein bißchen an!« knurrte Conan.
Sigurd folgte dem Cimmerier über das Quarterdeck und blieb stehen, als der es tat, um sich vom Schiffsjungen die Kettenrüstung verschnüren zu lassen und den gehörnten Helm auf den Kopf zu stülpen. Der Nordmann dachte mit gerunzelter Stirn nach. Plötzlich glättete sie sich, aber sein Gesicht wirkte ungewöhnlich bleich.
»Meinst du damit«, fragte er gedehnt, »die alte Sage über das Wappen des Hexenkönigs von Atlantis?«
»Allerdings. Und jetzt sieh zu, daß du in deine Rüstung kommst, ehe sie deinen fetten Bauch über das ganze Deck verteilen.«
»Ihr Götter des Meeres!« stöhnte Sigurd und wandte sich langsam ab. »Der Krake der Atlanter! Das hätte doch alles vor achttausend Jahren samt und sonders untergehen müssen ... Crom, Badb und Ischtar! Kann er es wirklich sein?«
Obgleich sie ganz offensichtlich kein Kauffahrer mit wertvoller Ladung war, wendete die grüne Galeere und floh mit dem Morgenwind vor dem Roten Löwen. An jedem ihrer beiden Masten bauschte sich ein hohes Dreieckssegel auf und füllte sich mit der steifen Brise. Der Rote Löwe folgte ihr dichtauf im schäumenden Kielwasser.
Conan war die Takelung hochgeklettert und hielt sich mit einer sonnengebräunten Hand fest, während er mit der anderen die Augen abschirmte.
»Seltsam – verdammt seltsam!« murmelte er. »Alle Ruder sind in Bewegung, aber ich will ein verfluchter Stygier sein, wenn auch nur ein Ruderer an den Riemen sitzt. Auch Kämpfer scheint sie keine an Bord zu haben. Weder auf dem Achter- noch auf dem Vorderdeck sind welche, und nicht ein Mann ist in der Takelung.«
Er kletterte wieder aufs Deck hinunter, wo Sigurd und Yasunga standen.
»Wahrhaftig verflucht merkwürdig, Amra«, brummte der alte Nordmann. »Und schau dir einmal die Form ihres Rumpfes an. So ein Schiff habe ich in meinem ganzen Leben noch nie gesehen!«
»Grünes Höllenschiff«, sagte Yasunga mit tiefem, wohlklingendem Baß. »Ein Geisterschiff, Amra!«
»Höllenschiff oder Erdenschiff«, schnaubte Conan. »Sie flieht, als hätte sie die Kaiserin von China mit all ihren Schätzen an Bord.« Er hob die Stimme: »Milo! Braß die Segel! Und paß auf die Takelung auf, wenn dir deine Haut lieb ist!« Er wandte sich wieder Sigurd und Yasunga zu. »Sie ist flink, da sie sowohl mit Rudern als auch mit Segeln ausgestattet ist, aber mit unserer größeren Bespannung holen wir sie vielleicht doch noch ein. Wo immer sie auch her ist, sie ist in verdammter Eile, uns abzuschütteln!«
»Aber ohne Begleitung«, brummte Sigurd kopfschüttelnd. »Verdammt merkwürdig. Wer hat schon je von der Galeere eines Königs oder einem Schatzschiff gehört, die sich ohne zusätzlichen Schutz im Meer herumtreiben?«
Die Besatzung stand nun kampfbereit auf ihren Posten. Bogenschützen spannten ihre Bogen auf dem Vorderdeck und überprüften die Pfeile in ihren Köchern, um sich zu vergewissern, daß sich keine Schäfte verbogen hatten. Auf dem Mitteldeck standen die Männer an den Tauen, während die Deckkämpfer sich an der Reling gesammelt hatten, wo sie ihre Helmriemen befestigten, sich der Schnürung ihrer Rüstungen annahmen und ihre Säbel noch einmal wetzten.
»Bei Crom!« donnerte Conan. »Wir werden schon herausfinden, was sie für eine kostbare Fracht trägt, daß sie allein bei unserem Anblick wie eine scheue Maid die Flucht ergreift!«
Die von der Aufregung der Jagd erhitzten Männer brüllten ihren Kampfruf. Sigurd, der nun von Hals bis Schenkeln in einer Lederrüstung steckte, die dicht mit Bronzeplättchen benäht war, kam schnaufend die Leiter zum Achterdeck hoch. Conan klopfte ihm auf die Schulter.
»Crom und Mitra, du altes Seepferd, die Aussicht auf einen Kampf läßt mein Herz schneller schlagen.«
Der Nordmann grinste breit und stieß einen Freudenschrei aus, der einen Pegasus in der Paarungszeit herbeigelockt hätte, wäre einer in der Nähe gewesen.
»Na, da siehst du, Löwe, der alte Sigurd sagte, daß sich bald was tun würde, und jetzt geht's schon los! Ich spüre es in meinen Knochen, daß wir einen Schatz vor uns haben, wie wir in unserem ganzen Leben noch keinen gesehen haben!«
Conan lachte. »Ah, dann wollen wir nicht länger warten!«
Mit prallen Segeln brauste die Karracke hinter der Galeere her. Die Wellen halfen nach und hoben und senkten sich unter ihr. Ihr stumpfer Bug stieß Doppelfächer grünen Schaums auf, und weißer gischtete in ihrem Kielwasser. Und vor ihnen ruderte und segelte die grüne Galeere dahin, ihre beiden Dreieckssegel dicht beisammen ausgestreckt wie die ledernen Schwingen eines Flugreptils alter Zeit.