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Paul Sugar ließ sich krachend in einen Sessel in der hinteren Ecke des leeren Cafés fallen. Er schlug die Morgenausgabe der Bristol Evening Post auf.
Über dem Falz sah er die Schlagzeile »MANN AUS MORDRÄTSEL VERSCHWINDET« und überflog die Geschichte mit geübtem Desinteresse:
DEPRESSIVER EHEMANN VERMISSTER FRAU VERSCHWINDET – POLIZEI STREITET VERSÄUMNISSE BEI DER SUCHE AB
Der Ehemann der vermissten Caroline Reese aus Bath, deren Verbleib bis heute nicht aufgeklärt wurde, ist ebenfalls verschwunden.
Der Landschaftsgärtner Jonathan Reese wurde seit dem 27. Juli nicht mehr gesehen, als ein Freund der Familie die Eingangstür seines Hauses offen und sein Abendessen nur zur Hälfte aufgegessen vorfand.
Nachdem seine Frau im Juni 2004 aus ihrem gemeinsamen Zuhause verschwunden war, wurde Mr Reese von der Polizei von Avon und Somerset ausgiebig befragt, im Anschluss jedoch ohne Anklage freigelassen.
Mr Reeses jetzige Lebensgefährtin Rebecca Devlin, eine 33-jährige Reisekauffrau aus Yate, gab an, Mr Reese sei depressiv gewesen, seit sein Landschaftsgärtnereibetrieb Ende letzten Jahres in finanzielle Schwierigkeiten geriet, und sorgt sich um seine Sicherheit.
Ms Devlin sagte der Post, »die Polizei ist offenbar nicht daran interessiert«, nach ihm zu suchen. Die Polizei von Bath weist diesen Vorwurf zurück.
Eine Polizeisprecherin erklärte, Mr Reeses Fall sei genauso behandelt worden wie jede andere Vermisstenmeldung.
»Wir haben nicht langsam reagiert, sondern wir müssen einfach eine gewisse Zeitspanne abwarten, bevor wir die Zeit und die Kräfte der Polizei darauf verwenden, eine Suchaktion zu starten«, sagte sie.
Paul verstand, worum es ging, las weiter.
Seine flinken blauen Augen schossen unter den Falz: »Vier Verletzte bei Busunfall in Bedminster. Bier zu viel für Mann aus Bristol führt zu Gerichtsverhandlung.«
Auf der nächsten Seite konnte man bei einem Gewinnspiel Tickets für das Musical We Will Rock You gewinnen, das im Hippodrom von Bristol aufgeführt wurde. Dann stieg in Paul dieses Gefühl auf.
Er konnte es nicht anders beschreiben als eine Veränderung im Gewebe irgendwo an seinem Hinterkopf. Es war die leichte Aufregung, die er immer spürte, kurz bevor ihm eine Idee kam.
Er las die Teilnahmebedingungen für das Gewinnspiel zu We Will Rock You noch einmal durch und fragte sich dabei, was er wohl gesehen oder übersehen hatte.
Unter einem Bild von Ben Elton stand: »We Will Rock You ist nicht einfach nur ein Titel, sondern ein Versprechen!«
Paul sah es sich lange an. Dann blätterte er zurück zur ersten Seite und arbeitete sich von unten nach oben durch.
»Vier Verletzte bei Busunfall in Bedminster. Bier zu viel für Mann aus Bristol führt zu Gerichtsverhandlung.«
»MANN AUS MORDRÄTSEL VERSCHWINDET«.
Paul erinnerte sich daran, wie er mit Pat Maxwell, die begonnen hatte, nach Alter und Kohl zu riechen, in genau diesem Café gesessen hatte. Sie hatte angeboten, ihm einen Hungerlohn dafür zu zahlen, dass er irgendeine Frau fand.
Und dieser Mann, dieser verschwundene Mann aus dem Mordrätsel, war der Ehemann der Frau, die er für Pat Maxwell hatte finden sollen.
Paul starrte auf die Geschichte, bis sein Latte Macchiato mit Sojamilch kalt war.
Er hatte so ein Gefühl.
Dann trank er den Latte Macchiato mit angewidertem Gesichtsausdruck aus – lieber den Magen verrenken als dem Wirt was schenken. Er faltete die Zeitung zusammen, steckte sie sich unter den fleischigen Arm und ging zur Arbeit.