7.

Ein schwerer Schlag erschütterte die Pyramide. Rhodan hörte, dass irgendwo in dem Gebäude etwas explodierte. Gleich darauf hastete eine Menschenmenge an dem Raum vorbei, in dem der Terraner mit Staball sprach.

Der Leiter des Handelskontors trat auf den Korridor hinaus. »Behaltet die Nerven!«, rief er, doch niemand achtete auf ihn. Sekunden später wandte er sich wieder Rhodan zu: »Ich fürchte, sie wollen auf das Landefeld hinaus und mit einem der noch unbeschädigten Schiffe starten.«

Unaufhaltsam wälzte sich die Menge in den abwärtsgepolten Antigravschacht. Ein Mann blieb verletzt auf dem Flur zurück, anscheinend hatte er sich ein Bein gebrochen.

Der Verletzte gehörte zu jener Gruppe, die er bei ihrem Kampf gegen die Roboter unterstützt hatte. Rhodan ging zu ihm hin. »Ein Medoroboter wird gleich hier sein«, sagte er.

»Bringt mich nach draußen«, bat der Mann. »Das Gebäude stürzt gleich ein.«

»Hier passiert dir nichts. Staball hat mir eben gesagt, dass die Reparaturen an den Energiefeldprojektoren fast abgeschlossen sind. In wenigen Minuten wird die Pyramide unter einem Schutzschirm liegen, dann ist die Gefahr nicht mehr akut.«

»Warum steht der Schirm noch nicht?«

»Weil die Projektoren beim ersten Massensturz beschädigt worden sind. Schließlich konnte niemand mit so einem Angriff rechnen.«

Der Verletzte musterte Rhodan mit verengten Augen, ein Medoroboter kam und kümmerte sich um sein gebrochenes Bein. Der Terraner ging zu Staball zurück, der mittlerweile Meldungen der Satellitenstationen abrief.

»Diese Gesteinsmassen, die Tiere und die Roboter kommen überall auf Arxisto an«, berichtete der Kontorleiter. »Nirgendwo auf diesem Planeten gibt es noch Sicherheit. Deshalb habe ich angeordnet, mit der Evakuierung zu beginnen. Wir werden auch die TSUNAMIS dazu einsetzen müssen.«

»Wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, tun wir das«, bestätigte Rhodan, obwohl er die TSUNAMIS nur ungern zur Verfügung stellte, denn durch ihren Einsatz wurde seine eigene Beweglichkeit stark eingeengt.

Staball zeigten ihm Bilder eines Kontinents, dessen ausgedehnte Wälder größtenteils unter dunklen Massen verschwunden waren.

»Das ist Polax, ein Landstrich im Süden. Vor diesem Angriff war Polax ein Paradies. Auf dem anderen Südkontinent, Avis-Tar, sieht es kaum besser aus. In Tobal sind wir bisher noch glimpflich davongekommen, aber ich fürchte, dass es hier bald schlimmer wird.«

Feuerlanzen stachen durch die Atmosphäre. Immer neue Gesteinsmassen, die im Anziehungsbereich materialisierten, stürzten auf den Planeten herab.

Ein Labor meldete sich, dem Staball den Auftrag erteilt hatte, die aus dem Nichts kommende Materie zu analysieren. »Kannst du zu uns kommen, Arger? Wir haben etwas seltsame Ergebnisse vorliegen.«

Rhodan schloss sich dem Kontorleiter an. Gemeinsam schwebten sie im Antigravschacht zwei Stockwerke nach oben.

Ein blonder Mann kam ihnen entgegen. Er hielt eine graue, trockene Masse in den Händen. »Das ist von einem bewohnten Planeten gekommen. Wir haben Reste von Asche und organische Substanzen darin gefunden, aber das ist nicht das eigentlich Aufregende. Dies hier ist frisch eingetroffenes Material, es ist noch keine zehn Minuten hier.« Der Laborant machte eine kurze, bedeutungsvolle Pause. »Die Probe ist beinahe sechshunderttausend Jahre alt, aber sie scheint unglaublich schnell jünger zu werden, wenn ich das so sagen darf.«

»Du darfst«, bemerkte Staball sarkastisch. »Aber du darfst dich auch verständlicher ausdrücken.«

Der angehende Wissenschaftler legte das Material auf einer Arbeitsplatte ab und eilte zu einem Häufchen grauer Steine, von denen er demonstrativ mehrere in die Hand nahm. »Die befinden sich seit etwa einer Stunde auf Arxisto. Bei ihnen haben wir nur ein Alter von knapp dreihunderttausend Jahren ermittelt.«

»Und das Material, das kurz vor der Auflösung steht?«, fragte Perry Rhodan.

»Das ist jeweils nur ein paar Jahre alt, und schließlich lässt sich überhaupt kein Alter mehr feststellen, bis es sich verflüchtigt.«

Arger Staball blickte Rhodan unsicher an. Es war nicht zu übersehen, dass er mit den Aussagen wenig anzufangen wusste; er war Wirtschaftsmanager und kein Wissenschaftler.

»Das bestätigt, was ich schon erwähnte«, sagte Rhodan. »Alles, was auf Arxisto ankommt, kann eigentlich nur aus der Zukunft stammen. Eine andere Deutung lässt die bei der Altersbestimmung entdeckte Entwicklung nicht zu.«

»Ganz deiner Meinung«, bestätigte der Laborant.

»Aus der Zukunft?« Staball fuhr sich mit der Hand durch das Haar. »Deshalb der Ausdruck Zeitweiche.«

»Das sagte ich schon«, bemerkte Rhodan. »Das Material passt sich sozusagen den Gegebenheiten an, nachdem es die Zeitweiche verlassen hat. Es hört auf zu existieren, weil es in unserer Zeit noch nicht existieren dürfte, zumindest nicht nach den kausalen Regeln des Einsteinuniversums.«

»Ich glaube, ich verstehe«, sagte Staball unsicher. »Egal, woher das Zeug kommt. Es ist lebensbedrohend für uns alle und zwingt uns, den Planeten zu verlassen. Es ist ein unglaubliches Verbrechen, eine ganze Welt in dieser Weise anzugreifen.«

»Zieh in Erwägung, dass der Angreifer sich womöglich in einer Situation befindet, die ihm gar keine andere Wahl lässt.«

Staball wischte das Argument mit einer energischen Handbewegung beiseite. »Das spielt für mich keine Rolle, Perry. Entscheidend ist, dass die Bewohner von Arxisto tödlich bedroht und zur Flucht gezwungen werden.«

»Das ist es nicht allein«, stimmte Rhodan zu. »Wer weiß, welche Tragödien sich auf den beraubten Welten sechshunderttausend Jahre in der Zukunft ereignen. Es muss furchtbar sein, wenn große Landmassen im Nichts verschwinden und mit ihnen Tiere, Pflanzen und Intelligenzen.«

Abermals erschütterte ein schwerer Schlag die Pyramide. Diesmal war deutlich zu hören, wie die Gesteinsmassen aus der Zukunft an den Außenwänden abrutschten. Schlag auf Schlag prasselte das unheimliche Bombardement herab. Erste Risse bildeten sich in den Wänden, und nun wurde auch Rhodan unruhig. Er spürte, dass dieser Angriff nicht mehr glimpflich verlaufen würde.

 

Als die Nacht hereinbrach, erreichten die beiden Frauen, Barrett, Kyrr und Kique das Hochplateau. Anny Vorscheyn setzte durch, dass sie ein Lager aufschlugen, denn sie konnte sich vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten.

Sie wachte auf, weil ein dumpfes Dröhnen die Luft erfüllte und der Boden bebte. Zögernd richtete sie sich auf. Die anderen waren schon auf den Beinen, ihre Silhouetten zeichneten sich dunkel gegen den allmählich heller werdenden Horizont ab.

»Wenn wir hier oben bleiben, haben wir keine Chance, weil wir uns nirgendwo verkriechen können«, stellte Barrett fest. »Wir sollten sehen, dass wir Felsspalten finden, in die wir zur Not flüchten können.«

»Und darin werden wir dann vollends verschüttet.« Vorscheyn stand auf. In dem frühen Dämmerlicht reichte die Sicht nicht allzu weit. Felsbrocken unterschiedlichster Größe bedeckten die Hochebene. Nur selten behauptete sich ein Baum oder Strauch zwischen ihnen. Je näher sie Arxisto-Park kamen, desto abwechslungsreicher würde die Landschaft allerdings werden.

»Anny hat recht«, bemerkte Kique. »Wir können nur hoffen, dass es uns nicht trifft.«

Weit entfernt schlug etwas dumpf dröhnend auf. Eine Bö fauchte über das Land. Sie brachte exotische Gerüche mit, die sogar die Atemschutzfilter durchdrangen. Unmittelbar darauf ertönte ein dumpfes Dröhnen und Stampfen.

Etwas Gewaltiges näherte sich. Jeder spürte es, als sei der Raum um sie plötzlich enger geworden.

»Etwas ist angekommen«, stellte Kique erfreut fest. »Meisterlicher Kyrr, vielleicht hast du bald eine Möglichkeit, deinen Ruhm zu mehren.«

»Das will ich hoffen.« Kyrr fuchtelte mit den Tentakeln, als kämpfe er gegen einen unsichtbaren Gegner. Vorscheyn fuhr erschrocken zurück, weil ein Arm sie streifte.

»Kannst du nicht vorsichtiger sein?«, rief sie ärgerlich und rieb sich die schmerzende Schulter. »Beinahe hättest du mich erschlagen.«

Die Tentakel sanken herab. Das monströse Wesen blickte die junge Frau an. Kyrr sah unendlich traurig aus. »Es tut mir aufrichtig leid«, sagte er. »Bitte verzeih mir. Ich war zu ungestüm.«

»Ist ja schon gut.«

Kyrr schnaubte hörbar und wandte sich wieder den Felsnadeln zu. Über diesen wuchs ein Schatten auf, als ob der Wind Staub und Schmutz zu einem Wirbel zusammengetrieben habe. Dann zuckten wieder Lichter durch die Wolken, mit denen sich weitere Gesteinsmassen ankündigten. In ihrem Widerschein wurde eine riesige, metallisch glänzende Gestalt sichtbar.

»Ein Roboter – und was für ein Koloss!« Barrett wich zurück.

Der Roboter lief auf zwei säulenartigen Beinen, zwischen denen sich eine mit Stahlzähnen besetzte Walze drehte. Er war etwa fünfzig Meter hoch, und auf der Spitze des kegelförmigen Körpers befand sich ein diskusförmiger Schädel, der gut und gern sechs Meter durchmaß. Von ihm und von der oberen Rundung des Kegels ragten bizarr aussehende Gerätschaften auf. Sie waren anders als die Auswüchse an den Kegelseiten, bei denen es sich zweifellos um Energiekanonen handelte.

Ein vierbeiniger Roboter schnellte sich aus einer Bodenspalte unweit der Beobachter und raste über die Hochebene. Der Gigant bemerkte den Fliehenden und zerstörte ihn mit einem einzigen Schuss.

»Nicht bewegen!«, raunte Barrett.

Die Maschine kam schnell voran. Mit jedem Schritt legte sie wenigstens zehn Meter zurück.

Triumphierend warf Kyrr die Tentakel in die Luft. »Kique – halte die Augen offen!«, brüllte er. »Jetzt beginnt der Kampf, der mir ewigen Ruhm einbringen wird. Einen solchen Gegner habe ich mir immer gewünscht.« Schreiend rannte er auf den Roboter zu.

 

Icho Tolot beschloss zu dieser Zeit, sein Versteck in TSUNAMI-36 zu verlassen und zur Hauptzentrale zu gehen. Von der fremden Macht, die ihn auf Terra stark beeinflusst hatte und in Richtung Depot treiben wollte, spürte er so gut wie nichts mehr. Deshalb bot sich ihm nun, wie er meinte, eine Gelegenheit, sich Freunden anzuvertrauen. Er wollte die Schiffsführung zumindest informieren und bitten, Perry Rhodan zu verständigen.

Als er auf den Gang hinaustrat, verriet ihm ein Infoholo, dass der TSUNAMI sich bereits im Landeanflug auf den wolkenverhangenen Planeten befand. Das war nicht die ideale Situation für ihn, unerwartet in der Zentrale zu erscheinen; die Aufmerksamkeit galt anderen Dingen.

Er wartete auf dem Korridor.

Das Schiff landete in einem Bereich des Planeten, in dem soeben der Tag anbrach. Farbige Leuchterscheinungen geisterten über den Wolken. Tolot hatte keine Erklärung für dieses Phänomen.

Der TSUNAMI näherte sich einem mit Trümmern übersäten Landefeld. Die meisten Kontrollgebäude waren nur noch Ruinen, Gesteinsmassen bedeckten weite Bereiche des Raumhafens. Trotzdem landete das Schiff, und ringsherum war ausreichend Platz. Roboter unterschiedlichster Form eilten ohne erkennbares Ziel umher.

Jäh glaubte Icho Tolot den Stich einer glühenden Nadel zu spüren, die ihm mitten durch den Kopf fuhr. Er spürte das Fremde wieder in sich und bäumte sich instinktiv dagegen auf. Zugleich fühlte er, dass es ihm auch dieses Mal nicht gelingen würde, sich zu behaupten.

Er schrie gepeinigt auf, ließ sich auf die Laufarme hinabfallen und rannte los. Wie ein lebendes Geschoss durchbrach er das nächste Schott. Brüllend raste er durch das Schiff bis zu einer Schleuse, die sich vor ihm öffnete, als habe ihn jemand gesehen und wolle ihn hinauslassen.

Eine Gruppe von zehn Robotern wandte sich ihm wie auf Befehl zu. Die Maschinen hatten humanoide Form und waren mit Greif-und Handwerkzeugen bestückt.

Zwischen Gesteinsbrocken tauchte ein zerlumpt aussehender Mann auf. Er hielt einen Strahler in der Hand. Aus geweiteten Augen starrte er Tolot entgegen, der direkt auf ihn zulief.

Die Roboter stürzten sich auf den Haluter und versuchten, ihn zu Boden zu werfen. Tolot schleuderte drei der Maschinen auf einmal von sich. Sie flogen meterweit durch die Luft, wurden beim Aufprall jedoch keineswegs beschädigt, sondern richteten sich sofort wieder auf. Sie wirkten nur ein wenig schwerfälliger, als sie den Haluter erneut angriffen.

Tolot schlug und trat um sich, sodass keiner der Roboter ihn verletzen konnte. Er entfernte sich weiter von dem TSUNAMI, und die Zahl der Roboter wuchs an. Er fing an, sie nicht nur zurückzuwerfen, sondern zu zerstören. Weil er zugleich seinen inneren Kampf gegen die fremde Macht ausfocht, gelang es ihm nicht, sich ganz auf die Roboter zu konzentrieren. Dabei war er sich ihrer mit der Zeit erdrückenden Übermacht bewusst, denn die Maschinen begruben ihn schier unter sich.

Er nahm ein dumpfes Brausen wahr und glaubte, dass sich ein gewaltiges Raumschiff auf den Raumhafen herabsenkte. In einem Akt der Verzweiflung stemmte er sich in die Höhe und drehte sich um die eigene Achse. Einige der wie Kletten an ihm hängenden Roboter wirbelten davon. Tolot sah seltsame Leuchterscheinungen über sich, wie er sie schon während der Landung wahrgenommen hatte. Dann verschwand der Himmel schlagartig, und eine ungeheure Gesteins-und Schuttmasse erschien. Der Haluter hatte den Eindruck, die Trümmer eines Mondes zu sehen, die auf ihn herabstürzten, und er begriff, dass er ihnen nicht entgehen konnte. Selbst wenn er sich zur Flucht wandte, würde er nicht schnell genug sein.

Brüllend reckte er die Arme in die Höhe und wartete darauf, unter den Gesteinsmassen begraben zu werden.

 

»Jetzt hat er den Verstand völlig verloren«, sagte Tom Barrett. »Er kann unmöglich gegen diesen Roboter kämpfen.«

Kyrr bewegte sich mit verblüffender Geschwindigkeit auf das riesige Gebilde zu. Dabei nahm er sein Schwert und die Axt auf, die er zwischen den Felsen abgelegt hatte.

Ein Blitz zuckte von der Spitze des Giganten herab und traf das ruhmsüchtige Wesen. Eine sichtbare Wirkung blieb jedoch aus. Kyrr erwies sich als immun gegen den Energiebeschuss. Es hatte sogar den Anschein, dass Kyrr durch den Treffer gestärkt wurde, er schien zu wachsen.

Der nächste Schuss verfehlte sein Ziel, denn Kyrr war blitzschnell zur Seite gesprungen. Überhaupt schnellte er sich ungemein geschmeidig hin und her, als könne er schon vorher erkennen, wohin sein Gegner zielte. Er erreichte einen der klobigen Füße des Roboters und verließ damit den Erfassungsbereich der Strahler.

Der Robotkörper fuhr mächtige Greifarme aus, doch sie bewegten sich zu langsam für Kyrr. »Kique!«, brüllte das Wesen mit dem Kugelrumpf. »Hoffentlich schläfst du nicht! Ich erwarte einen großartigen Bericht über diesen Kampf.«

»Du kannst dich auf mich verlassen.« Der kleine Humanoide schrieb Notizen in sein Buch.

Der Roboter wendete sich ab und marschierte weiter. Kyrr kletterte allerdings an einem Bein des Kolosses hoch. Mit einem Tentakel klammerte er sich fest und hieb mit der Axt auf ein Gelenk dicht unter der Bodenplatte der Maschine ein. Allerdings sah es nicht so aus, als könne Kyrr den Roboter mit dieser Attacke ernsthaft gefährden.

Plötzlich krachte es. Eine Stichflamme zuckte aus dem malträtierten Bereich hervor, im nächsten Moment blockierte das Gelenk. Die Maschine hob den riesigen Stahlfuß an, konnte ihn jedoch nicht voransetzen. Ihr Gewicht verlagerte sich zum Teil auf die Walze, und diese zermalmte das Gestein unter sich, als sie sich vorandrehte.

Kyrr stieß Triumphschreie aus. Er hangelte sich an der Unterseite des Roboters entlang und in gefährlicher Nähe über die Stahlzähne der Walze hinweg zum nächsten Bein. Die Maschine blieb stehen. Einer ihrer Arme klappte nach vorn, die Greifklauen streckten sich nach Kyrr aus.

»Pass auf, Kyrr!«, schrie Kique. Dann legte er erschrocken die Hand vor den Mund, beugte sich eifrig über sein Buch und schrieb. Offenbar liebte es sein Herr und Meister nicht, wenn er sich in dieser Weise einmischte.

Der ruhmsüchtige Kämpfer wich den Klauen geschickt aus und ging zum Angriff über. Er schwang sich auf den Arm, zog sich schnell zu dem höchsten Gelenk empor und stieß sein Schwert hinein. Damit löste er eine Explosion aus, die ihn fast in die Tiefe geschleudert hätte. Kyrr konnte sich jedoch mit einem Tentakel halten, während der mechanische Arm unter ihm abbrach.

»Er schafft es«, sagte Anny Vorscheyn verblüfft, während sie sich langsam in die Deckung eines Felsens zurückzog. Barrett und Marlett Berga folgten ihr, Kique blieb ungeachtet der Gefahr in der Nähe des Roboters.

»Kyrr wird einen Arm nach dem anderen abbrechen und das Ding damit kampfunfähig machen«, vermutete Barrett. »Allerdings bleiben dann noch die Energiewaffen.«

Kyrr kletterte inzwischen am Rumpf des Roboters empor, geriet dabei jedoch in den Bereich der Strahlwaffen, deren Projektionsrohre sofort herumschwenkten.

 

Icho Tolot veränderte seine Molekularstruktur, das Einzige, was ihn noch retten konnte. Gedankenschnell erhielt der Haluter dadurch eine Widerstandskraft, die mit Terkonitstahl vergleichbar war. Nur noch der Einsatz von Hochenergiewaffen konnte ihn in diesem Zustand gefährden.

Mit ungeheurer Wucht prasselten die Gesteinsmassen auf ihn herab. Die Roboter wurden geradezu zermalmt, Tolot aber kauerte zusammengerollt unter dem Geröll und wartete darauf, dass es über ihm ruhig wurde. Danach musste er sich irgendwie befreien.

Eine Stimme wisperte und flüsterte in ihm, ohne dass er sie verstand. Nur ein Begriff wurde ihm bewusst: Depot.

Tolots gequälte Seele setzte ungeahnte Kräfte frei. Tonnenweise wuchtete er das auf ihm lastende Material zur Seite, wie ein Maulwurf wühlte er sich voran. Dabei benutzte er beide Armpaare und auch die Beine als Grabschaufeln, und je intensiver die Stimme in ihm flüsterte, desto wilder arbeitete er sich voran, als könne er auf diese Weise der Stimme entfliehen.

Doch sie gab ihn nicht frei. Kaum durchbrach Icho Tolot die obere Schicht der Schuttmassen, fühlte er die geistige Umklammerung deutlicher denn je. Gequält brüllte er auf und sah sich mit den Armen schwingend um, bereit, sich auf jeden Gegner zu stürzen, der in seine Nähe kam.

Doch er war allein. Ringsum türmten sich die Massen auf, die vom Himmel herabgestürzt waren. Dichter Regen prasselte herab und band den Staub.

Icho Tolot horchte in sich hinein. Vernahm er spöttisches Gelächter? Wollte ihm die unbekannte Macht zu verstehen geben, dass all seine Anstrengungen vergeblich waren? Er ließ sich auf die Laufarme sinken, verharrte aber noch sekundenlang auf der Stelle.

Ein Felsbrocken stürzte aus den Wolken herab und traf seinen Rücken. Obwohl das Geschoss zersplitterte, durchliefen schmerzhafte Erschütterungen Tolots stahlharten Körper.

Brüllend richtete er sich auf. Er konnte nicht mehr unterscheiden, woher die Angriffe gegen ihn kamen. Versuchte die fremde Macht, ihn zu töten? Wollte sie ihn nicht nur geistig, sondern auch körperlich vernichten?

Er warf sich herum und rannte weiter.

 

Als es schon so aussah, als werde Kyrr in den nächsten Sekunden vom Energiefeuer aus mehreren Geschützen erfasst, verschwand das Kugelwesen unvermittelt in einer Nische.

Etwa zehn Meter von der Stelle entfernt, an der Kyrr in den Roboter eingedrungen war, platzte die Metallhülle der Maschine explosionsartig auf, und das Kugelwesen kroch aus der entstandenen Öffnung heraus. Es schwang sich auf eine Art Sims und eilte darauf entlang.

Wieder versuchte der Roboter, den Kämpfer mit einem seiner Greifarme zu packen, und er kam Kyrr mehrfach bedrohlich nahe. Der schlug mit der Axt auf eine der riesigen Stahlhände ein, hangelte sich an einem schimmernden Gitter entlang und sprang mit einem Satz über fast zehn Meter hinweg zu einem Antennenbündel. Es brach unter seiner Last ab, doch Kyrr fand mit einem Tentakel leidlich Halt. Während er sich in pendelnde Bewegung versetzte, ließ er sofort wieder los, flog einige Meter weit durch die Luft und landete hinter dem Greifwerkzeug auf dem Arm des Roboters.

»Hast du aufgepasst, Kique?«, schrie er nach unten. »Schreibe das auf! Vergiss es nicht!«

Sein Sekretär griff sich stöhnend an die Stirn und beklagte den Leichtsinn seines Herrn. »Das kostet mich die letzten Nerven«, jammerte Kique. »Sollte ich das alles überleben, werde ich nur noch ein zitternder Greis sein.«

Kyrr schien keine Furcht zu kennen. Er kletterte über den Greifer hinweg und sprang erneut zum Rumpf des Roboters hinüber. Mit unglaublicher Geschicklichkeit stieg er in die Höhe bis zu dem diskusförmigen Gebilde. Hier befanden sich die meisten Antennen, und er riss eine nach der anderen aus ihrer Verankerung.

Der gigantische Roboter schwankte. Aus mehreren Geschützen zuckten Energiebündel ziellos in die Landschaft und in die tief hängenden Wolken hinauf. Es fing an zu regnen. Innerhalb weniger Sekunden goss es in Strömen. Da der Roboter weiter feuerte, breitete sich Nebel aus.

Tom Barrett und die beiden Frauen hasteten davon.

Nur Augenblicke später ließ eine krachende Explosion sie zusammenschrecken. Sie blieben stehen und versuchten, etwas zu erkennen. Doch sie konnten nur noch ahnen, wo der gigantische Roboter war. Hin und wieder blitzte es über ihnen auf.

Eine Reihe knatternder Explosionen durchbrach die Stille. Gleich darauf explodierte etwas, und der Nebel riss auf. Der riesige Roboter schien zu schwanken. Dann kippte er – und schlug mit ohrenbetäubendem Krachen auf die Felsen. Metall-und Plastikteile wirbelten wie Geschosse durch die Luft. Ein faustgroßes Stück traf Tom Barrett an der Schulter und warf ihn zu Boden.

Der diskusförmige Schädel der Maschine zerbarst keine zehn Meter von Barrett und den Frauen entfernt. Eine ölige Flüssigkeit schwappte aus dem Torso. Es roch beißend. Irgendwo sprühten Funken.

»Weiter!«, keuchte Barrett. Jeden Moment konnte die zurückfallende Glut ein Feuer entfachen.

Tatsächlich waren der Jäger und die Frauen noch keine zwanzig Meter weit gekommen, da wuchs hinter ihnen eine Feuerwand auf. Die schnell spürbar werdende Hitze trieb die drei weiter.

»Was ist mit Kyrr und seinem Schreiber?«, fragte Anny Vorscheyn zögernd.

Barrett zuckte die Achseln. »Was soll schon sein? Beide sind tot. Oder glaubst du, dass sie das überlebt haben? Kyrr war wenigstens fünfzig Meter hoch, als wir ihn zuletzt gesehen haben, und Kique war so nahe bei dem Roboter, dass er dem Feuer bestimmt nicht entkommen konnte.«

 

Überall knisterte und knackte es in den Wänden und Decken der Pyramide. »Die Prallfeldgeneratoren arbeiten«, sagte Arger Staball zögernd. »Allerdings haben wir mittlerweile genügend Überraschungen erlebt ...«

Nachdenklich schaute er den Mitarbeitern aus dem Labor nach, die eben an Rhodan und ihm vorbeigelaufen waren und bereits im Antigravschacht verschwanden. »Du musst sie verstehen«, sagte er, und das klang wie eine Entschuldigung. »Sie wissen nicht, wo ihre Angehörigen sind, und wenn ich sie nicht daran gehindert hätte, wären sie bereits an Bord eines der Evakuierungsschiffe gegangen.«

»Ich mache ihnen keinen Vorwurf«, meinte Rhodan.

Augenblicke später schwebten sie beide ebenfalls abwärts. Sie betraten die große Halle auf dem Eingangsniveau. Einige Dutzend Männer und Frauen redeten aufgeregt durcheinander.

»Wir werden Arxisto verlassen.« Mühelos übertönte Staball alle anderen. »Solange aber Schuttmassen auf uns herabstürzen, müssen wir warten.«

»Woher kommt das Zeug eigentlich?« Eine rothaarige Frau drängte nach vorn und baute sich empört vor Rhodan auf, als sei er schuld an dem Geschehen.

Um Ruhe heischend hob der Terraner die Arme. Er wartete, bis auch das letzte Flüstern verstummte, dann redete er knapp und präzise. Allerdings erwähnte er die Superintelligenz Seth-Apophis nicht, sondern sprach lediglich von einer anonymen Macht. Auch die tatsächlichen Aufgaben der Kosmischen Hanse behielt er für sich.

»Wenn das so ist, wird es Zeit, dass wir zurückschlagen«, erwiderte ein vierschrötiger Mann.

»... und zwar massiv«, bekräftigte die Rothaarige. »Was haben wir damit zu tun, dass es diesen Unbekannten dreckig geht?«

»Falls sie wirklich Hilfe brauchen, dann sollen sie nicht mit allem um sich werfen. Immerhin haben wir Tote und viele Verletzte zu beklagen.«

»Ruhig Blut«, mahnte Rhodan. »Lasset uns tagfahrten. Gar leicht ist das Fähnlein aufgezogen, aber nur schwer in Ehren herabgeholet.«

»Was soll das denn heißen?«, fragte die Rothaarige.

»Das sind die Worte eines berühmten Mannes einer Hanse, die lange vor unserer Zeit existiert hat. In diesem Leitspruch liegt so viel Wahrheit, dass wir darüber nachdenken sollten.«

»Ich verstehe das nicht.«

»Es heißt, dass wir uns vor einem überstürzten Angriff hüten sollen. Tagfahrten bedeutet so viel wie verhandeln, vorsichtig taktieren, Verständnis für den anderen haben und den friedlichen Weg suchen.«

»Das hört sich brauchbar an«, bemerkte der Vierschrötige.

»Und was soll das andere, das mit dem Fähnlein?«, fragte die Frau.

Rhodan lächelte. »Der Satz meint, dass es leicht ist, die Waffen gegen einen anderen zu erheben und loszuschlagen. Dazu gehört nicht viel Verstand. Wenn der Kampf aber erst einmal begonnen hat, dann ist es schwer, ihn zu beenden, denn keine der streitenden Parteien wird zugeben, dass sie die Auseinandersetzung verloren hat. Keiner will sich demütigen, sondern mit möglichst heiler Haut herauskommen. Es ist sehr viel schwieriger, einen Krieg zu beenden, als einen anzufangen.«

»Das klingt ähnlich vernünftig«, lobte die Rothaarige.

»Es ist vernünftig«, beteuerte Rhodan. »Und wir haben uns dafür entschieden, zu tagfahrten – nach alter hansischer Tradition, was nicht heißen soll, dass hier und da nicht doch mal ein Schuss fällt, wenn es nötig wird, die eigene Position zu verteidigen.«

Zustimmendes Murmeln antwortete ihm. Aber darauf kam es Rhodan gar nicht an. Er wusste, welchen Weg die Menschheit zu gehen hatte. In diesen Minuten war ihm vor allem wichtig, den Menschen um ihn herum die Angst zu nehmen.

 

Ein schriller Pfiff erschreckte die beiden Frauen und den Mann. Sie wandten sich um.

Tom Barrett stöhnte gequält, als er Kyrr mit seinem Begleiter Kique sah. Die beiden kamen hinter ihnen her. Der ruhmsüchtige Kyrr war deutlich angewachsen, sein kugelförmiger Rumpf wirkte nahezu doppelt so groß wie zuvor. Kyrr winkte mit beiden Tentakeln und pfiff erneut.

»Du meine Güte«, hauchte der Jäger. »Ich dachte wirklich nicht, dass die beiden das überlebt haben.«

»So kann man sich irren«, bemerkte Anny Vorscheyn.

Dichter Regen peitschte ihnen entgegen. Längst waren sie bis auf die Haut durchnässt, aber das störte sie nicht. Ausgesprochen trockene Perioden gab es ohnehin so gut wie nie auf Arxisto.

»Ich habe gesiegt!«, triumphierte Kyrr. »Ich habe den Zweikampf gegen den größten und gefährlichsten Roboter gewonnen, den das Universum jemals gesehen hat. Kique hat einen objektiven Bericht über dieses unvergleichliche Gefecht geschrieben. Auf allen Planeten des Universums wird man ihn lesen und mich bewundern – mich, den großen Kyrr.«

»Du bist unbesiegbar, Kyrr«, antwortete Vorscheyn. »Ich gestehe, dass ich an dir gezweifelt habe. Aber nun weiß ich, dass es nichts und niemanden gibt, der dich bezwingen kann.«

Kyrr umschlang sich selbst mit seinen Tentakeln und hob seinen Kopf aus dem Kugelrumpf, sodass der lange Hals sichtbar wurde. »Wie wahr«, dröhnte er. »Niemand ist größer als ich.«

Aus dem nicht mehr allzu fernen Wald antwortete ein dumpfes Brüllen. Kyrr reckte den Kopf, seine Augen weiteten sich. »Ein neuer Gegner?«, fragte er erregt. »Er wird schnell merken, dass sich niemand mit mir messen kann.«

Dröhnend brach sich ein rot gekleideter Koloss seinen Weg durch dichtes Unterholz. »Wer wagt es, sich Icho Tolot in den Weg zu stellen?«, schrie er und kam schnell näher. Bäume stieß er einfach um und zertrümmerte übermannsgroße Felsen, obwohl er sie ebenso leicht hätte umgehen können.

»Er rennt alles über den Haufen«, stellte Marlett Berga fest.

Augenblicke später war der Haluter heran und prallte mit voller Wucht gegen Kyrr. Das Wesen mit dem Kugelrumpf schrie auf und flog über den Angreifer hinweg. Tolot raste indes einige Hundert Meter weiter und warf sich dann erst herum.

»Weg hier!«, rief Vorscheyn. »Bringt euch in Sicherheit!« Sie rannte zu einem kantigen Felsblock, der mehr als zehn Meter hoch aufragte. Berga und Barrett folgten ihr dichtauf.

Sie hatten den Felsen erst halb erstiegen, als der Haluter heran war. Er brüllte röhrend, streckte die Arme aus und senkte den Kopf.

Kyrr erwartete ihn mit ausgebreiteten Tentakeln. Er hatte sich erst gegen einen Riesen durchgesetzt, der mehr als zehnmal so groß war wie der Haluter. Außerdem war der Roboter bewaffnet gewesen wie eine Festung, aber Kyrr hatte dennoch gesiegt. »Ich werde dich töten, wie ich jeden getötet habe, der sich mir zum Kampf stellte«, rief er.

Der Haluter tobte heran.

»Weiche ihm aus!«, schrie Kique. »Er bringt dich um.«

»Schreibe es auf!«, befahl Kyrr lachend. »Ich will alle Einzelheiten dieses Kampfes nachlesen können.«

Kique konnte nicht mehr antworten, denn beide Kontrahenten prallten mit unglaublicher Wucht zusammen. Tolot brachte es dennoch nicht zuwege, seinen Widersacher mehr als einige Meter weit über den Boden zu schieben. Die Tentakel schlangen sich um ihn, und dann wälzten sich beide über den Boden und schlugen blindwütig aufeinander ein. Tolot hämmerte mit vier Fäusten gegen den Kugelrumpf, Kyrr hieb mit seinen Tentakeln und dem gefährlichen Horn nach dem Haluter. Letztlich versuchte Kyrr, seinen Gegner zu erwürgen. Dabei prallten beide gegen Bäume, die wie dünnes Holz zersplitterten und andere Urwaldriesen mit sich rissen.

Kique flüchtete nun ebenfalls auf den Felsen. Mit weit aufgerissenen Augen verfolgte er den Kampf und vergaß sogar, Notizen zu machen.

Unvermittelt lösten sich die Gegner aus ihrer Umklammerung. Sie entfernten sich einige Schritte voneinander. Kyrr riss einen Felsbrocken hoch, der fast eineinhalb Meter durchmaß, und schlug ihn wuchtig auf den Kopf des Haluters. Tolot blieb stehen, als sei ihm der Hieb sogar willkommen; der Fels zersplitterte auf seinem Schädel.

Wild hämmerten nun Tolots Fäuste gegen Kyrrs Kugelleib. Die Schläge kamen so schnell, dass sie kaum noch voneinander zu unterscheiden waren.

Icho Tolot trieb seinen Gegner vor sich her. Selbst als es Kyrr gelang, seine Axt vom Boden aufzuheben, änderte der Haluter sein Vorgehen nicht. Die Waffe sauste krachend auf ihn herab, brachte ihm aber nicht den kleinsten Kratzer bei. Kreischend vor Wut und Enttäuschung, warf Kyrr die Axt weg.

Im einen Moment droschen die beiden neben dem Felsen aufeinander ein, dann wieder rangen sie mehr als einen Kilometer entfernt miteinander. Schließlich tobten sie zwischen den rauchenden Überresten des gigantischen Roboters, und beide packten Stahlträger, die sich aus dem Gerüst der Maschine gelöst hatten. Mit diesen gewaltigen Keulen hieben sie aufeinander ein oder versuchten, sich gegenseitig damit zu durchbohren. Die Luft dröhnte unter den Titanenschlägen, Funken sprühten.

»Sehe ich richtig?«, fragte Anny Vorscheyn verstört. »Haben die beiden eine Aureole?«

»Ja, das stimmt«, bestätigte Barrett überrascht. »Sie sind von schimmernder Energie umgeben.«

Offenbar ging von Kyrr etwas Leuchtendes aus, was die Kämpfer umloderte. Mittlerweile war sein Leib wieder kleiner geworden, ein klares Zeichen dafür, dass Kyrr viel von der im Duell mit dem Riesenroboter gewonnenen Energie verloren hatte. Aber auch Tolot wirkte ausgelaugt, seine Schläge kamen langsamer und weniger wuchtig als vorher.

Jäh ließ Kyrr den Stahlträger fallen, den er als Waffe benutzt hatte. Es gelang ihm, hinter den Haluter zu kommen. Er packte dessen obere Arme und bog sie zurück. Klirrend polterte Tolots Stahlträger auf die Felsen.

»Nein«, flüsterte Vorscheyn entsetzt. »Das darf nicht sein. Wehre dich, Tolot, du stehst auf unserer Seite.«

»Wieso ist er überhaupt auf Arxisto?« Fragend schaute Marlett Berga von ihrer Begleiterin zu Barrett und wieder zurück. »Jeder von uns kennt doch die Geschichten, die über Tolot erzählt werden, aber dass er ausgerechnet hier ...«

Der Haluter brüllte gepeinigt auf. Er ließ sich rückwärtsfallen. Mit seinen Laufarmen umklammerte er Kyrrs Beine und riss den Gegner um. Das ruhmsüchtige Wesen stürzte auf ihn, und jetzt packte Tolot den Feind am Kopf.

Kyrr beging einen verhängnisvollen Fehler. Er wollte sich dem Griff des Haluters entwinden. Sein Kopf löste sich weiter vom Rumpf, und der lange dünne Hals kam zum Vorschein. Tolot erkannte seine Chance augenblicklich. Er packte das Kugelwesen mit allen vier Händen am Hals und drückte zu.

Verzweifelt wehrte sich Kyrr. Mehrmals gelang es ihm für wenige Sekunden, den würgenden Griff zu lockern und nach Luft zu schnappen. »Kique«, röchelte er dabei. »Schreibe das nicht auf! Streiche alles, was du geschrieben hast. Diese Schande ...« Er bemerkte nicht einmal, dass sein Schreiber schon längst nicht mehr in der Nähe war.

Berga sprang auf. »Nein, Tolot!«, rief sie. »Du darfst ihn nicht töten!«

Kyrr konnte sich nicht mehr aus dem Griff lösen. Sein Kopf schwoll an, doch als es schon aussah, als würde er sterben, geschah mit ihm das Gleiche wie mit aller Materie, die aus der Zukunft nach Arxisto geschleudert worden war. Er löste sich auf.

Tolot registrierte sofort, was geschah. Er zog sich von Kyrr zurück, der sich danach langsam aufrichtete.

»Ich habe verloren«, wimmerte Kyrr. »Dies war mein größter Kampf, aber ich habe ihn verloren.« Dann verflüchtigte er sich vollends.

 

Icho Tolot fühlte sich ausgelaugt wie nie zuvor. Nun, da dieses Duell vorbei war, wandelte sich seine Struktur zurück, und er wurde wieder zu einem Wesen aus Fleisch und Blut. Über die Veränderung brauchte er nicht nachzudenken, sie wurde von seinen Instinkten eingeleitet und kontrolliert.

Tolot horchte in sich hinein. Dieser Gegner war ihm willkommen gewesen. Endlich hatte sich ihm die Möglichkeit geboten, sich bis an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit auszutoben und in einer Art Drangwäsche einen Ausgleich zu finden. Er hatte nicht mit derart hartem Widerstand gerechnet. Niemals war er einem Gegner begegnet, der ihm so gefährlich geworden war. Wie der Kampf ausgegangen wäre, hätte er Kyrr nicht an seiner einzig empfindlichen Stelle packen können, darüber machte Tolot sich keine Gedanken.

Das Fremde in ihm hatte sich völlig zurückgezogen – er spürte es nicht mehr. Voller Hoffnung fragte er sich, ob das so bleiben würde.