Kapitel Siebenundzwanzig
Ashworth hatte eigentlich erwartet, dass Vera ihn sofort zum Haus der Eliots schleifen würde, egal, wie spät es schon war. Er hatte gespürt, wie aufgewühlt sie war, als Connie Masters von Veronicas Besuch erzählte, und schließlich gehörte Vera nicht zu den geduldigen Menschen. Aber als sie vor dem Cottage bei den Autos standen, überraschte sie ihn und sagte, für heute sollten sie es gut sein lassen.
«Sie wollen nicht mit dieser Eliot sprechen?»
Vera blickte die Straße hinauf, dorthin, wo das große Haus in der Dunkelheit weiß schimmerte. «Glauben Sie, sie hat uns vorhin beobachtet? Überlegt sie jetzt, was wir wohl über sie herausgefunden haben? Ich wette, dass sie mit einem Fernglas oben in einem der Schlafzimmer saß.»
«Kann schon sein.»
«Dann lassen wir sie doch noch etwas schmoren, meinen Sie nicht? Wir bescheren ihr eine schlaflose Nacht und statten ihr morgen einen Besuch ab.»
«Haben Sie Lust auf ein Bier?», fragte er. Das war seine Art, Frieden zu schließen, die feindselige Stimmung zu beenden, die seit dem Morgen zwischen Vera und ihm herrschte. Sie waren wie ein altes Ehepaar, das sich ständig zankte, dachte er. Letzten Endes konnten sie ohne einander nicht leben, einer von beiden musste nachgeben. Und für gewöhnlich war er das.
«Ich dachte schon, Sie fragen nie, Herzchen. Wissen Sie was, heute gebe ich einen aus. Als ich neulich in diesem Geschäft in Hexham war, wo sie die ganzen regionalen Delikatessen verkaufen, habe ich ein paar Flaschen Wylam besorgt. Kommen Sie doch mit zu mir, ich mache Ihnen auch ein Sandwich.»
Nur damit Sie nach einem Abstecher in den Pub nicht noch fahren müssen. Doch er sagte nichts. Er würde ohnehin noch fahren müssen – Sarah brächte ihn um, wenn er besoffen mit dem Taxi heimkäme. Er hatte sie schon angerufen, um ihr zu sagen, dass es sehr spät werden würde. «Klar», antwortete er. «Warum nicht?»
In der gesamten Grafschaft gab es wohl keinen entlegeneren Ort als den, an dem Veras Haus stand. Es klebte eingekeilt auf halber Höhe an einem Berg, und die Zufahrt war ständig unpassierbar, entweder weil es schneite oder weil sich der Weg, kaum, dass es regnete, in einen Fluss verwandelte. Wenn Vera privat unterwegs war, nahm sie immer noch Hectors Land Rover, und es war noch nie vorgekommen, dass sie wegen des Wetters nicht zur Arbeit erschienen war. Ashworth hegte den Verdacht, dass die abgedrehten Hippies dann mit Schneeschaufeln anrückten und sie freischaufelten, um sich dafür erkenntlich zu zeigen, dass sie die Augen vor allem verschloss, was in deren Haus so ablief. Vielleicht schlug sie ihr Lager aber auch im Pub des nächstgelegenen Dorfs auf, sobald schlechtes Wetter angekündigt war. Nur wegziehen würde sie nie. Sie war in den Bergen groß geworden und wurde zappelig und mies gelaunt, wenn sie länger als einen Tag woanders sein musste.
Doch der Ausblick war phantastisch, das musste Joe zugeben. Jetzt war es zu dunkel, um ihn zu bestaunen, aber er kannte ihn von anderen Besuchen. Eine offene Moorlandschaft, so weit das Auge reichte, mit einem kleinen See, wo die Gänse überwinterten. Durchs Tal schlängelte sich der Coquet, der ins Meer mündete, und von Veras Haus aus sah man auf ein kleines, graues Dorf mit einem verfallenen Wehrturm hinunter. Bei ihren Nachbarn hatten die Schafe gelammt, selbst im Haus konnten sie die Mutterschafe jetzt noch blöken hören. Verkehrslärm hörte man hier nie. Nur hin und wieder einen Düsenjet vom Militärflugplatz in Boulmer auf seinem Übungsflug durchs Tal.
Sie saßen da und sprachen über Jenny Lister und dann über Danny Shaw. Er hatte sich eine Flasche Bier genommen und trank langsam; bis er fertig war, hatte Vera schon drei Flaschen intus. Sie hatte Wort gehalten und Sandwiches gemacht, und während sie kaute, redete sie ohne Pause, ließ ihm kaum eine Chance, selbst etwas zu sagen. Das war nun mal seine Rolle bei solchen Anlässen: Er war ihr Publikum, an ihm probierte sie ihre Theorien aus. Auf diese Weise verarbeitete sie das Gehörte am besten. Einmal, nachdem er bis spät nachts einem solchen Monolog gelauscht hatte, hatte er sie am Rande der Verzweiflung gefragt, wofür sie ihn überhaupt brauche. «Sie ignorieren alles, was ich sage. Ohne mich bekämen Sie das doch genauso gut hin.»
Sie war erstaunt gewesen. «Unsinn, alter Junge. Wenn Sie nicht hier wären, würde ich das alles gar nicht so gründlich durchdenken. Sie schärfen meinen Blick.» Sie hielt inne. «Und dann und wann haben Sie sogar einen guten Einfall.»
Also saß er da und hörte zu, während draußen der Mond aufging und der Wind sich legte. Sie unterbrach sich kurz, um ein Streichholz in den Kamin zu werfen und die Stehlampe mit dem abgewetzten Pergamentschirm einzuschalten, fuhr dann aber gleich wieder fort, ordnete ihre Gedanken, zog Schlussfolgerungen, plante, was sie als Nächstes tun sollten. Bei den Teambesprechungen benutzte sie die weiße Kunststofftafel, um zu verdeutlichen, was sie sagte, aber Joe wusste genau, dass sie keine schriftlichen Notizen oder Schaubilder brauchte. Sie hatte es alles im Kopf; sämtliche Verbindungen und sämtliche vermeintlichen Zufälle schienen in ihrem Gedächtnis verankert zu sein.
Über die Tote sprach sie, als hätte sie sie gekannt. «Jenny Lister. So wie ich das sehe, war sie eine stolze Frau. Das hat sie angetrieben. In allem war sie gut: eine gute Mutter, eine gute Sozialarbeiterin, eine gute Chefin. Und für ihr Alter hat sie auch noch gut ausgesehen. Das haben alle gesagt, die sie kannten. Aber sie hat sich selbst für noch ein bisschen besser gehalten. Sie war klug genug, das nicht zu zeigen, aber in ihrem Innersten hat sie das doch geglaubt. Und darum hat sich auch der ganze Plan mit dem Buch gedreht. Sie hat gemeint, sie muss der Welt beibringen, was Mitgefühl ist.» Vera blickte von ihrem Bier auf. «Sie wäre mir bestimmt ganz schön auf den Wecker gegangen, wenn ich sie gekannt hätte. Ich kann perfekte Menschen nicht ausstehen. Und viele Freunde hat sie ja auch nicht gehabt, nicht wahr? Echte Freunde. Auch diese Lehrerin ist doch eher eine Bewunderin gewesen als eine Freundin, und Jenny hat ihr nicht gerade vertraut. Sie hat nur ein paar Andeutungen fallenlassen, um sich interessant zu machen.»
Joe schwieg. Wenn Vera in Fahrt war, ließ man sie am besten einfach weiterreden. Die Kommissarin fuhr fort. «Warum ist sie also umgebracht worden? Und wieso auf eine so aufwendige Art und Weise? Man erdrosselt doch niemanden, bloß weil er einem auf die Nerven fällt. Und wenn man einen Mord begehen will, sucht man sich einen ruhigen Ort dafür aus. Nicht das Dampfbad eines protzigen Hotels, wo jede Minute einer reinplatzen kann. Das kommt mir wie ein Spiel vor, wie eine Show. Und wer von unseren Verdächtigen gibt den besten Showmaster ab?»
Die meisten von Veras Fragen waren rhetorisch, aber diesmal erwartete sie offenbar eine Antwort.
«He! Sind Sie schon am Einschlafen? Führe ich hier Selbstgespräche?»
«Danny Shaw?» Die Antwort kam zaghaft heraus, und dafür schämte er sich. Er fühlte sich ihr gegenüber immer wie ein Achtjähriger, der mit aller Macht versucht, sich vor der Lehrerin nicht zum Narren zu machen.
«Unser zweites Opfer? Dann wären wir also wieder bei Charlies These, dass der Mord an Danny ein Racheakt war. Nein, das glaube ich einfach nicht. Oh, ich bin mir sicher, dass Danny ein ganz schöner Angeber war, aufgeblasen ohne Ende. Aber das sind vermutlich viele Jungs in dem Alter. Nein, ich denke da an Michael Morgan. Es kommt mir so vor, als hätte sein ganzer Akupunkturzirkus mehr mit Schauspielerei zu tun als mit Medizin. Er schafft sich gern eine Bühne, lenkt die Leute ab. Die glauben an den Zaubertrick und fühlen sich dann gleich besser.»
«Aber warum sollte er Danny umbringen?» Joe war wieder zum Stichwortgeber geworden.
«Wir wissen, dass sie sich gekannt haben. Vielleicht ist Morgan ja rausgerutscht, was er vorhatte. Danny hat dringend Geld gebraucht. Ich hätte es ihm durchaus zugetraut, dass er es mit Erpressung versucht.»
«Warum hätte Morgan sich das Willows als Bühne für den ersten Mord aussuchen sollen? Ihm muss doch klar gewesen sein, dass wir rauskriegen, dass er da arbeitet. Und ganz sicher wäre er der Allerletzte, der Jennys Tasche in Connies Garten geworfen hätte. Er würde bestimmt nicht wollen, dass wir den Elias-Jones-Fall wieder ausgraben.»
Einen Augenblick lang saß Vera schweigend da. «Verdammt», sagte sie dann fröhlich. «Sie haben natürlich recht. Ich kann den Hundesohn nur nicht ausstehen und würde ihn zu gern für irgendwas vor Gericht stellen. Ihm die Arroganz aus dem Gesicht vertreiben. Aber so darf man keine Ermittlungen führen. Man sollte es nie persönlich werden lassen.» Sie grinste ihn an, schließlich war klar, dass sie es immer persönlich werden ließ. Das Feuer erhellte die eine Hälfte ihres Gesichts; der Rest lag im Schatten, und einen Moment lang sah sie sehr jung aus, fast schon kokett. «Was ist dann Ihre Theorie, Joe? Wo liege ich falsch?»
«Ich glaube, dass Jenny Lister von jemandem aus ihrem engeren Umkreis umgebracht worden ist», sagte Joe. Er hatte nur ein Bier getrunken, aber das verlieh ihm genug Selbstvertrauen, um nun eine Theorie in den Raum zu stellen, ohne sie vorher zu durchdenken. Sie war ihm während Veras Monolog durch den Kopf geschossen. «Das Willows hat der Mörder gewählt, um uns auf eine falsche Fährte zu locken. Niemand würde sich seinen Arbeitsplatz aussuchen, um einen Mord zu begehen, es sei denn, man bringt jemanden im Affekt um. Deshalb glaube ich, dass es jemand aus Jenny Listers Umfeld in Barnard Bridge war. Immerhin ist dort auch ihre Tasche gefunden worden.»
Er hatte erwartet, auf Hohn und Spott zu stoßen, zu hören zu bekommen, dass er zu viele altmodische Krimis lese, aber sie nahm seine These ernst. «Nun, das grenzt das Feld der Verdächtigen ein. Zählen Sie Hannah auch dazu?»
Das verwirrte ihn. «Nein! Na ja, vielleicht.»
«Wir haben nur ihr Wort, dass sie an dem Morgen nicht mit ihrer Mutter zum Schwimmen gegangen ist», sagte Vera. «Im Fitness-Club hat keiner das Mädchen gesehen, aber das hat nichts zu sagen. Jenny könnte ihre Karte benutzt haben, um Hannah durchzulassen. So was habe ich schon beobachtet.»
«Und wie wäre Hannah nach Barnard Bridge zurückgekommen?», fragte Joe. «Listers Auto stand noch beim Willows, und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln hätte sie eine Ewigkeit gebraucht. Da wäre sie zu Fuß noch schneller gewesen.»
«Vielleicht hat Simon Eliot sie ja aufgelesen. Sie hätten es sicher zusammen durchgezogen. Wie auch immer es vor sich gegangen ist, ohne ihn hätte sie es nie getan.»
«Und ihr Motiv?» Joe konnte nicht glauben, dass sie das ernsthaft in Betracht zogen. Er stellte sich Hannah Lister so vor, wie Holly sie beschrieben hatte, betäubt vor Kummer und Schock. Aber vielleicht wäre einem ja genau so zumute, wenn man die eigene Mutter umgebracht hätte.
«Wir wissen, dass Jenny nicht gerade erfreut über die geplante Hochzeit war und sie gebeten hat, zu warten. Diese Beziehung ist so intensiv.» Vera runzelte die Stirn. «Man spürt, dass die beiden ein bisschen verrückt sind. Wenn Jenny nun was gegen Simon in der Hand gehabt hätte – womit sie ihn zwingen konnte, das Mädchen fallenzulassen –, wäre Hannah durchgedreht. Buchstäblich.» Vera verengte die Augen zu Schlitzen und malte die Szene so aus, dass auch Joe sie vor sich sah. «Sie sind zusammen im Dampfbad. Draußen hört man den Lärm vom Pool, aber da drinnen sind die beiden allein, abgeschnitten vom Rest der Welt. Halbnackt. Das führt zu Vertraulichkeiten und ernsthaften Gesprächen. Man kann sich nicht verstecken. Wenn Jenny dem Mädchen nun klargemacht hat, dass die Hochzeit unter keinen Umständen stattfinden wird, traue ich Hannah schon zu, dass sie durchdreht und ihre Mutter umbringt. Und dann ruft sie Simon an und bringt ihn dazu, ihr aus der Patsche zu helfen.»
«Und Danny Shaw?»
«Die gleiche Theorie wie bei Morgan. Er war da, hat gesehen, was passiert ist, und dann versucht, die beiden zu erpressen.» Unvermittelt sah sie auf. «Wir wissen immer noch nicht, ob er und Hannah sich von der Schule her kannten. Aber ich denke, dass er sie mit Sicherheit wiedererkannt hätte. So viele junge Leute gibt es nicht in dem Tal.»
«Wieso hätte Hannah Jennys Tasche in der Nähe von Connies Cottage wegwerfen sollen?»
Plötzlich lachte Vera laut auf. «Das weiß der Himmel. Um uns auf eine falsche Fährte zu locken? Im Ernst, ich glaube kein Wort davon. Hannah hat ihre Mutter auf gar keinen Fall umgebracht. Man muss sie nur sehen, dann weiß man, dass sie wirklich trauert. Wir sind hier im Land der Märchen, mein Hübscher. Im Land der Phantastereien.»
«Und was ist mit dem Rest der Eliot-Familie?»
Vera gab keine Antwort. Sie ging zum Fenster und sah auf das Tal hinab, dann schwankte sie unsicher die Treppe hoch, auf die Toilette. Joe hörte die Spülung in den alten Rohren gurgeln. Er stand ebenfalls auf. Am wolkenlosen Himmel hing der Halbmond. Der Ausblick auf die Lichtpünktchen unten im Tal war schwindelerregend. Als würde man bei Nacht aus einem Flugzeug schauen. Durch das Fenster konnte er die Kälte spüren. Vera kam zurück.
«Die Eliots», sagte sie, als hätte sie das Zimmer gar nicht verlassen, «sind keine Gutsherren. Haben keine nennenswerten Ländereien, kein altes Vermögen. Oder nicht mehr. Stammen aus der Gegend, das verrät einem der Name. Eliot. Die gehören zu einem dieser schottischen Clans. Aber ich habe den Eindruck, die Vorfahren von Christopher Eliot waren Händler oder Bauern, keine Aristokraten. Bei Veronica liegen die Dinge etwas anders. Sie spielt gern die Lady. Achtet auf die gesellschaftliche Stellung. Und ihr Großvater hat in der Tat einmal ein herrschaftliches Haus besessen, Dienstboten und ein großes Anwesen. Es modert heute da unten am Fluss vor sich hin, und das ist auch merkwürdig. Vielleicht sollten wir da mal nachhaken. Liegt ihr so viel an ihrem guten Namen, dass sie dafür töten würde? Ich bin mir nicht sicher, aber es sind schon Morde für weniger begangen worden.»
Sie ging zurück zu ihrem Platz vor dem Feuer, und Ashworth folgte ihr.
«Die gute Veronica verbirgt etwas», sagte Vera. «Aber deshalb ist sie noch keine Mörderin. Vielleicht hat sie ja ein paar Kröten aus der Kasse vom Women’s Institute abgezweigt und macht sich in die Hosen vor Angst, dass wir das rauskriegen. Ich würde zu gern wissen, wieso sie plötzlich Connie Masters’ Freundin sein will. Ich habe wirklich keine Ahnung, was da vor sich geht. Aber ich kann auch keine Verbindung zu Danny Shaw erkennen, außer natürlich, sie hat ihn sich zu ihrem Lustknaben erkoren.»
«Shaw könnte der Kerl gewesen sein, der am Nachmittag nach dem Mord bei Connies Cottage vorbeigekommen ist.»
«Das könnte er.» Sie zog ihn ein bisschen auf, weil sie daran natürlich selbst schon gedacht hatte.
«Ist das der Plan für morgen früh? Auf nach Barnard Bridge, Connie ein Bild von Danny Shaw zeigen und mit Veronica plaudern?»
«Aye.» Vera gähnte. «Das sollte fürs Erste genügen. Und wenn wir ein neueres Foto von Morgan bekommen können, wo er die Haare abrasiert hat, lassen Sie Connie auch darauf mal einen Blick werfen.» Sie sah zu ihm hinüber. «Haben Sie eigentlich vor, die ganze Nacht hier zu bleiben? Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht, aber ich brauche meinen Schönheitsschlaf. Und Ihr Frauchen wird schon ganz vergessen haben, wie Sie aussehen. Jetzt hauen Sie schon ab.»
Joe war überrascht. Normalerweise versuchte Vera alles, um ihn dazu zu bringen, bis in die Morgenstunden zu bleiben. Oft genug hatte sie ihm das Bett in ihrem Gästezimmer angeboten: Jetzt seien Sie kein Spielverderber, Joey, alter Knabe. Trinken Sie noch was und leisten Sie einer alten Frau Gesellschaft. «Wir haben noch nicht über Elias Jones gesprochen», sagte er.
«Nein, haben wir nicht.» Sie grinste ihn an. «Und, was sagt Ihnen das?» Sie sah aus, als würde sie in ihrem Gedächtnis nach einem bestimmten Ausdruck kramen. «Das unüberwindliche Hindernis. Genau das ist Elias Jones in diesem Fall. Wir sehen ihn alle, aber keiner traut sich ran.»
Joe argwöhnte, dass sie sich betrunkener stellte, als sie war. Eigentlich konnte sie so ziemlich jeden unter den Tisch trinken. Wie auch immer, dachte er, besser ich breche jetzt auf, bevor sie sich’s noch anders überlegt. Er stand auf und ging zur Tür, wobei er halb erwartete, dass sie ihn wieder zurückrief. Aber sie blieb, wo sie war, und starrte ins Feuer.
Draußen war es so kalt, dass es ihm für einen Moment den Atem verschlug. Der metallische Geruch nach Eis lag in der Luft, vielleicht der letzte Frost in diesem Frühjahr. Er blieb kurz stehen und sah durchs Fenster zurück auf Vera, die mit geschlossenen Augen in ihrem Sessel zusammengesunken war. Selbst von da, wo er stand, und obwohl sie schon halb schlief, konnte er spüren, welche Kraft von ihr ausging.
Wenn hier überhaupt jemand ein unüberwindliches Hindernis darstellt, dachte er, dann ist es Vera Stanhope.