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Da Craig für die Spesen aufkam, gedachte ich, mir die Kleinarbeit ruhig ein bißchen leichter zu machen. Als ich nach Hause kam, rief ich die Trushman-Agentur an und bat darum, mir sämtliches Material über Larry Prentice zu beschaffen. Seinen Hintergrund, seine Freunde, seine Familie — alles, was aufzutreiben war. »Betrachten Sie es als vordringlichen Auftrag«, sagte ich gönnerhaft, »und machen Sie sich wegen der Unkosten keine Sorgen

Dann goß ich mir einen Whisky ein und versuchte, mich nicht länger gegen eine Erinnerung zu sträuben.

Maybelle.

Sie war verrückt gewesen nach Craig. Und weil er mit ihr ins Bett gegangen war, hatte sie gedacht, daß er in sie verliebt sein müsse. Wie nicht anders zu erwarten, war er ihrer genauso überdrüssig geworden, wie er aller anderen Frauen überdrüssig wurde. Nur war Maybelle nicht bereit gewesen, taktvoll aus seinem Leben zu verschwinden.

Vielleicht hatte sie die Abkühlung von Craigs Gefühlen bloß der Tatsache zugeschrieben, daß sie sich nie an seine wilden Sexparties hatte gewöhnen können — was sie als ein etwas altmodisches Mädchen auswies. Maybelle war blond und schön, mit einer Figur, die Männer zum Träumen brachte. Aber alles trifft eben selten zusammen. Logik und die Fähigkeit zu nüchterner Überlegung gingen ihr leider völlig ab.

Maybelle organisierte eine Entführung. Sie heuerte dazu ein paar richtige schwere Jungens an, um die Sache echt wirken zu lassen, und die Burschen holten Craig direkt aus seinem eigenen Garten heraus. Programmgemäß hatten sie ihn in ein Versteck bringen sollen, das von Maybelle vorbereitet worden war. Genau im richtigen psychologischen Augenblick, wenn Craig vor Angst schlotterte, hatte Maybelle vorgehabt, in strahlender Nacktheit vor ihn hinzutreten und zu bekennen, daß sie dies für die einzige Möglichkeit gehalten habe, ihn in ihr Liebesnest zurückzubringen. Danach — davon war sie ehrlich überzeugt gewesen — würde Craig in seiner Erleichterung, daß alles nur Theater war, bei ihr bleiben und nie mehr Lust auf irgendwelche Sexparties bekommen. Sie würde die ersterbende Flamme seiner Liebe erneut entfachen, auf daß sie hinfort mit vermehrter Heftigkeit bis in alle Ewigkeit brennen möge.

Nur klappte das nicht so. Die beiden Ganoven, die sie engagiert hatte, dachten sich ihren eigenen Dreh aus. Sie brachten Craig in ein ganz anderes Versteck und verlangten dann für seine Auslieferung zweihunderttausend Dollar. Die Lösegeldforderung ging an Craigs Agenten, und auch Maybelle stürzte in wilder Panik zu dem Mann, um die Wahrheit zu bekennen. Der Agent schaltete dann mich ein, um Craig zu finden. Und ich fand ihn schließlich tatsächlich. Einer der beiden Ganoven kam dabei ums Leben, und auch Craig wurde beinahe getötet.

Hinterher bat mich Maybelle um einen Gefallen. Ich sollte Craig bitte sagen, sie habe das nur aus Liebe getan, und es täte ihr entsetzlich leid, daß alles so schiefgelaufen sei. Sie würde alles tun, was er verlange — selbst umbringen würde sie sich! — , aber sie könne niemals aufhören, ihn zu lieben. Ich fuhr also zu Craig und richtete ihm das aus.

»Diese irre Geige war seine spontane Reaktion. »Sie hätte mich beinahe auf dem Gewissen gehabt! Bestellen Sie ihr, der größte Gefallen, den sie mir tun kann, ist wirklich, sich so schnell wie möglich umzubringen. Dann brauche ich nachts wenigstens nicht mehr wach zu liegen und mir den Kopf zu zerbrechen, was sie als nächstes anstellt

Ich gab Maybelle Craigs Reaktion ziemlich wörtlich wieder, weil ich in meiner unendlichen Weisheit annahm, daß ihr eine solche Schocktherapie nur guttun könne. Sie sollte Craig so satt bekommen, daß sie ein für allemal genug von ihm hatte. Ich zitierte Craig in kaltem, unbeteiligtem Tonfall und mußte dann mit ansehen, wie Maybelle langsam die Tränen über die Wangen herabkullerten.

»Danke, daß Sie mir die Wahrheit gesagt haben, Rick«, meinte sie schließlich. »Bitte richten Sie Craig ein Lebewohl von mir aus

»Er ist nicht der einzige Mann auf dieser Welt«, tröstete ich sie.

»Für mich ist er das«, erwiderte sie ruhig.

Erst nach etwa zwei Stunden begann ich mir Gedanken zu machen. Und noch eine weitere Stunde später war ich besorgt genug, um zu ihrer Wohnung zurückzufahren. Maybelle reagierte nicht auf mein Läuten. Bis ich den Hausmeister gefunden und dazu überredet hatte, seinen Spezialschlüssel zu benutzen, verging weitere kostbare Zeit. Als wir endlich in das Wohnzimmer kamen, lag sie zusammengekrümmt auf der Erde. Beim Niederknien nahm ich den Geruch von bitteren Mandeln wahr. Unter ihren Fingernägeln hafteten Wollfuseln von dem Teppich, in den sie sich hineingekrallt hatte. Ihr verzerrtes Gesicht verriet nur allzu deutlich die Krämpfe, die die Blausäurevergiftung verursacht hatte. Was für eine sinnlose Zerstörung. Wäre sie nicht gerade an einen Typ wie Craig Forrest geraten, wieviel anders hätte ihr Leben verlaufen können.

Craig kam für alle Unkosten auf, blieb aber der Beisetzung fern. Es hätte schlecht für ihn aussehen können, erklärte er mir später. Verdammt noch mal! Wäre er zur Beerdigung gekommen, hätten die Leute womöglich noch angenommen, daß er etwas mit Maybelles Selbstmord zu tun habe. Am liebsten hätte ich ihm ins Gesicht gespuckt. Aber das hätte auch nichts mehr geändert. Deshalb machte ich nur wortlos kehrt und ließ ihn stehen.

Und jetzt, drei Jahre danach, saß er wieder in einer Patsche, und ich war angeblich sein lieber, alter Freund. Warum sagte ich ihm nicht einfach, er solle sich gefälligst zum Teufel scheren? Weil ich mir nicht leisten konnte, daß Craig Forrest überall herumerzählte, ich hätte mich vor einem Job gedrückt. Das wäre der Anfang vom Ende meiner Karriere gewesen, versuchte ich mir selbst einzureden. Aber es war nicht die Wahrheit, das wußte ich. Nur war ich augenblicklich noch nicht bereit, mir das einzugestehen.

Meine Uhr zeigte Viertel nach drei. Vom Nachmittag war also noch allerhand übrig. Ich leerte mein Glas und rief dann das Büro von Al Hinds an. Er sei zu Hause, wurde mir gesagt, und käme in den nächsten beiden Tagen auch nicht ins Büro. Ich legte auf und ging zu meinem Wagen hinaus. Hinds wohnte in Beverly Hills, etwa zehn Autominuten von mir entfernt. Sein Haus war doppelt so groß wie das meine, ebenso wie sein Swimming-pool, der sich in einem viertausend Quadratmeter großen Garten befand. Aber Al Hinds war eben auch ein unabhängiger Produzent, den die Banken für kreditwürdig hielten.

Die beiden Volkswagen, die vor seinem Grundstück parkten, ließen möglicherweise darauf schließen, daß er umweltfreundlich dachte oder eine weitere Erhöhung der Benzinpreise erwartete. Ich stellte mein Kabriolett dahinter ab und ging zur vorderen Veranda. Nach dem dritten Läuten an der Haustür meinte ich wahrzunehmen, daß sich die Türgardine minimal bewegte. Das schien mir zwar wenig typisch für Al Hinds zu sein, aber alle Leute entwickeln mit der Zeit gewisse Skurrilitäten. Deshalb läutete ich ein viertesmal und blieb abwartend stehen. Etwa zwanzig Sekunden später ging die Tür auf.

Sie war eine Blondine mit einer Kurzhaarfrisur, die gerade noch ihre Ohren bedeckte. Ein hübscher Ponyschnitt kaschierte ihre etwas hohe Stirn, die blauen Augen waren auseinanderstehend und hatten einen intelligenten Blick. Hohe Wangenknochen unterstrichen die klassische Schönheit ihres Gesichtes. Der Mund war sensibel und verriet Sinnlichkeit. Sie trug einen schwarzen Bikini, der nichts von ihrer sehr weiblichen Figur verbarg. Ihre Brüste waren fest und voll, die Hüften geschwungen und die Beine lang und wohlgeformt.

»Kann ich Ihnen helfen fragte sie.

»Ich suche nach Al Hinds«, antwortete ich.

»Er ist im Moment nicht zu Haus«, erwiderte sie. »Das heißt, er und seine Frau sind beide unterwegs. Sie müßten aber bald zurückkommen

»Darf ich dann auf ihn warten Ich bemerkte das Zögern in ihren blauen Augen. »Ich bin Rick Holman. Nicht direkt ein Freund von Al, aber er kennt mich

Ihr Blick wanderte über mein Gesicht. Dann nickte sie. »Ich denke, das wird schon in Ordnung sein. Kommen Sie herein, Mr. Holman

Ich folgte ihr durch die Diele in den Wohnraum. Sekundenlang zupfte sie nervös an dem Gummiband ihres Bikinihöschens, bis sie in einem plötzlichen Entschluß sagte:

»Bitte entschuldigen Sie mich einen Augenblick, Mr. Holman. Ich möchte mich schnell umziehen. Ich habe draußen in der Sonne gelegen und wollte gerade in mein Zimmer hinauf, als Sie läuteten

»Aber selbstverständlich.«

Als sie auf die Tür zuging, zuckte es mir in der Hand, ihr den festen, runden Popo zu tätscheln. Es sei sinnlos, Yvonne Prentice in den Palisades zu suchen, hatte Craig gesagt, weil sie untergetaucht sei. Wenn sie mit den Hinds’ befreundet war, warum sollte sie nicht vorübergehend bei ihnen wohnen? Auf einen Versuch konnte ich es ruhig ankommen lassen.

»Verzeihen Sie«, sagte ich und lächelte etwas verlegen, als sie sich nach mir umwandte. Ihre vollen Brüste hüpften ein wenig. »Ich bin ein großer Rennsportfan. Sie sind doch wohl nicht zufällig Yvonne Prentice

Ihre Lippen wurden schmal. »Ich kann verstehen, wenn Sie sich an Carl erinnern, Mr. Holman. Er ist erst zwei Jahre tot, und er war einer der besten Fahrer auf den Grand-Prix-Strecken. Aber ich bin überrascht, daß Sie mich erkennen

»Wahrscheinlich habe ich Sie zusammen mit Ihrem Mann in der Zeitung abgebildet gesehen«, parierte ich schnell. »Eine schöne Frau vergesse ich niemals, selbst wenn ich sie nur von einem Foto her kenne

»Erinnern Sie sich vielleicht auch noch an den Text zu dem Bild, Mr. Holman fragte sie eisig.

Es gelang mir nur mit Mühe, meinen Blick von dem Einschnitt zwischen ihren Brüsten loszureißen. »Den Text?«

»Er dürfte etwa gelautet haben: >Der bekannte Rennfahrer Carl Losey und seine blonde Frau.< So haben mich die Zeitungen meistens beschrieben. Oder sie waren ein bißchen förmlicher und nannten mich Yvonne Losey. Aber niemals Yvonne Prentice. Ich habe meinen Mädchennamen erst vor einem Jahr wieder angenommen, weil ich es satt hatte, sofort als junge Witwe bedauert zu werden, wenn ich irgendwo vorgestellt wurde

»Ach, tatsächlich murmelte ich ausweichend.

»Aber Sie haben mich als Yvonne Prentice erkannt«, fuhr sie in dem gleichen kalten Ton fort. »Das finde ich höchst interessant. Und ich hätte gern den Grund dafür erfahren

»Ich wußte, daß Sie mit Al Hinds befreundet sind«, erklärte ich. »Deshalb hielt ich es für möglich, daß er wissen könne, wo Sie im Augenblick zu finden seien

»Warum wollten Sie mich finden

»Ich bin dazu da, Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen«, versuchte ich mich selbst zu definieren. »Heute am frühen Nachmittag hatte ich ein längeres Gespräch mit Craig Forrest, und er hat mich engagiert

»Wozu flüsterte sie.

»Um die Wahrheit herauszufinden. Er will wissen, ob er Ihren Bruder umgebracht hat

»Er hat Larry umgebracht«, versicherte sie mit Nachdruck. »Und das weiß er! «

»Craig sagt, daß er sinnlos betrunken war und sich an gar nichts mehr erinnern kann«, versetzte ich. »Deshalb soll ich versuchen, für ihn die Wahrheit in Erfahrung zu bringen

»Und was geschieht, wenn Sie — mit Sicherheit! — herausfinden, daß er meinen Bruder umgebracht hat

»Dann können Sie mit den Hochzeitsvorbereitungen anfangen«, antwortete ich.

»Oder hat er Sie beauftragt, mich auch noch umzubringen

»Seien Sie nicht albern«, wehrte ich ab.

»Die Fotos beweisen, daß er Larry getötet hat«, sagte sie.

»Craig hat die Fotos bis jetzt noch nicht gesehen

»Das wird er. Sehr bald.«

»Haben Sie gesehen, wie er Ihren Bruder getötet hat

Sie schüttelte den Kopf. »Ich war nicht dabei, als es passierte. Aber Lloyd. Und er hat fotografiert

»Lloyd war ein Freund Ihres Bruders wollte ich wissen.

»Ich möchte nicht mehr darüber reden. Bitte verlassen Sie dieses Haus, Mr. Holman. Und zwar gleich

»Craig hat mich lediglich beauftragt, die Wahrheit herauszufinden«, versicherte ich noch einmal. »Vielleicht können Sie mir dabei helfen

»Gehen Sie jetzt fauchte sie.

Ich zog eine Visitenkarte aus meiner Tasche und drückte sie ihr in die Hand. »Denken Sie noch einmal darüber nach«, sagte ich. »Und fragen Sie Al Hinds, was er von mir weiß. Vielleicht ändern Sie Ihre Meinung

»Das bezweifle ich sehr

»Es tut mir übrigens leid, was mit Ihrem Bruder geschehen ist

»Mir nicht«, versetzte sie gleichmütig. »Sie brauchen wegen Larry keine Krokodilstränen zu vergießen, Mr. Holman. Er war zwar mein Bruder, aber er war auch der größte Halunke, der mir je über den Weg gelaufen ist. Hätte Craig ihn nicht umgebracht, hätte es jemand anders getan. Es war nur eine Frage der Zeit

Das gab mir für die Rückfahrt einiges zum Nachdenken. Zu Hause angelangt, beschloß ich, etwas für meine körperliche Ertüchtigung zu tun. Ich schwamm sechsmal durch meinen Swimming-pool, streckte mich dann für ein paar Minuten neben dem Beckenrand aus, und als ich aufwachte, war es sechs Uhr. Eine kalte Dusche machte mich wieder munter. Dann zog ich mich an und überlegte, was ich mit dem angebrochenen Abend anfangen solle. Die Trushman-Agentur würde mir das Dossier über Larry Prentice zusammentragen, und Yvonne Prentice mußte von allein zu dem Entschluß kommen, sich mit mir in Verbindung zu setzen. Blieb mir also nur schöpferische Untätigkeit übrig, die ich mit einem Drink einzuleiten gedachte.

Ich schenkte mir einen Campari-Soda ein und machte es mir auf der Couch bequem. Fünf Minuten später begann ich mich zu fragen, was denn wohl so schöpferisch an Untätigkeit sein mochte? Und dann klingelte es an der Haustür. Der gute, alte Al Hinds! dachte ich gerührt. Er mußte mich Yvonne Prentice in leuchtenden Farben geschildert haben, daß sie es kaum noch abwarten konnte, sich dem fabelhaften Rick Holman anzuvertrauen.

Falsch gedacht!

Mein Willkommenslächeln erstarrte, als ich die Tür öffnete.

»Ich weiß«, sagte Crystal mit einem verführerischen Augenzwinkern. »Aber Craig hat darauf bestanden. Und wenn Craig auf etwas besteht, muß man tun, was er sagt, oder man hat hinterher eine geschwollene Lippe. Wer will schon eine geschwollene Lippe haben

Sie schob sich an mir vorbei in die Diele und baute sich vor mir auf.

»Schwul bist du nicht, hat er gesagt. Vielleicht bist du bloß impotent? Na, dann können wir auch irgendwelche anderen Spielchen treiben. Mir soll’s recht sein. Oder wir einigen uns auf eine Partie >Mensch ärgere dich nicht<. Craig will mich jedenfalls vor morgen nicht wiedersehen. Alles, was er mir spendiert hat, war eine Taxifahrt hierher. Heute abend wirst du mich nicht mehr los, Holman

Ich schloß die Tür und ging ihr ins Wohnzimmer nach. Sie trug noch immer das durchsichtige Hängerkleid, und sie war noch immer barfuß. Ein Wunder, daß sie der Taxifahrer unterwegs nicht vergewaltigt hatte.

Crystal ließ sich dekorativ auf der Couch nieder und lächelte mich an. »Ich bin froh, daß du wenigstens nicht Antialkoholiker bist. Könnte ich einen sehr trockenen Martini mit Eis haben

Ich trat hinter die Theke der Hausbar und füllte ein Glas für meinen ungebetenen Gast. Ihre Augen mit den schweren Lidern verfolgten mich dabei mit lässigem Interesse.

»Macht dir das nichts aus fragte ich.

»Was?«

»Craig verfügt einfach: Tu meinem alten Freund Holman einen Gefallen und geh ins Bett mit ihm. Und das macht dir nichts aus

»Wenn dem so wäre, säße ich nicht hier, oder Sie verzog träge die Mundwinkel. »Was willst du, Holman? Den Prickel der Jagd oder so was? Vielleicht möchtest du ein paar Freunde anrufen, damit wir uns zusammen vergnügen können. Ich habe es gern, wenn das Haus voll ist. Ich sammele berühmte Stars«, fügte sie nach einer Pause hinzu. »Das ist eine Art Hobby von mir. Die meinen alle, ich sei leicht ins Bett zu bekommen. Dabei ist es genau umgekehrt. Ich verleibe sie meiner Sammlung ein. Du würdest natürlich nicht zählen, Holman. Dafür bist du nicht berühmt genug, oder

»Nein, berühmt bin ich nicht, aber dafür besonders interessant Ich brachte ihr den Martini und zog mich dann in einen Sessel zurück.

»Davon muß ich mich erst überzeugen lassen«, sagte sie herausfordernd.

»Bitte sehr. Wann können wir anfangen

»Daß du interessant bist, könnte sogar stimmen«, meinte sie gönnerhaft. »Ich habe gehorcht, als du dich mit Craig unterhalten hast. Das tue ich immer. Noch so eine von meinen schlechten Angewohnheiten. Ich horche an Schlüssellöchern, an Nebenstellen von Telefonanschlüssen — wo immer die Chance besteht, daß ich etwas aufschnappen kann. Du bist Privatdetektiv, nicht wahr

»Als solcher bin ich jedenfalls zugelassen«, bestätigte ich. »Ich ziehe es jedoch vor, mich Industrieberater zu nennen

»Du scheinst ganz schön Kies zu machen«, stellte sie anerkennend fest und fuhr sich dabei mit der Hand über den Oberschenkel. »Wenn ich mir das Haus ansehe und die Art, wie Craig vor dir auf dem Bauch kriecht. Du bist der erste, dem er mich als Geschenk angeboten hat

»Ich fühle mich geschmeichelt«, sagte ich.

»Mit einem hat Craig recht gehabt Sie legte kokett den Kopf schief. »Ich bin eine Rarität. Mich kannst du auf den Kopf stellen, und ich finde immer noch Spaß dabei. Bei Crystal ist kein Ding unmöglich

»Das klingt mir ehrlich gestanden ein bißchen zu sehr nach Bodenturnen«, bekannte ich. »Kannst du auch kochen

»Selbstverständlich. Wenn du Hunger hast, brauchst du nur Bescheid zu sagen. Dann mache ich uns Abendessen

Mit meiner schöpferischen Untätigkeit schien es wirklich vorbei zu sein. Crystal nahm einen Schluck Martini. Dann stellte sie das Glas ab und stand auf.

»Hast du einen Swimming-pool wollte sie wissen.

»Ja.«

»Hast du etwas dagegen, wenn ich ihn benütze

»Durchaus nicht«, erklärte ich. »Nur mußt du auf meine Gesellschaft verzichten. Ich bin vorhin schon ein paar Runden geschwommen

Sie zog sich das Kleid über den Kopf und ließ es auf die Couch fallen. Dann beugte sie sich vor und streifte das winzige Höschen ab.

»Ich finde mich schon allein zurecht«, meinte sie zuversichtlich. »Du könntest inzwischen so nett sein und meine Tasche ins Schlafzimmer stellen

»Gern«, sagte ich bereitwillig.

Ihr Körper war gleichmäßig sonnengebräunt. Die beiden festen Pobacken wogten aufregend, als sie hinausging. Das Geschenk, das mir Craig geschickt hatte, war doch gar nicht so übel, stellte ich fest.

Nach einer halben Stunde kehrte sie zurück und fand mühelos allein den Weg zum Bad und Schlafzimmer. Ich machte mir einen zweiten Campari-Soda zurecht, weil ich mir auf keinen Fall einen antrinken wollte. Schließlich durfte ich Crystal nicht enttäuschen.

Eine weitere halbe Stunde verging, dann erschien Crystal im Wohnzimmer. Ihre langen schwarzen Haare fielen ihr wieder glatt auf die Schultern, aber dazu trug sie diesmal ein hochgeschlossenes schwarzes Kleid, das keinerlei Einblicke erlaubte. Nach dem durchsichtigen Hängerchen wirkte es verblüffend sittsam.

»Ich hätte gern einen frischen Martini, Holman«, verlangte sie.

»Warum sagst du nicht Rick zu mir? Ich denke, ein persönliches Geschenk sollte das Recht haben, mich beim Vornamen zu nennen

»Okay, Rick.« Sie setzte sich auf einen Barhocker und musterte mich. »Den einen Martini noch, und dann mache ich uns Abendessen

»Gemütlich sagte ich.

»Das gefällt dir wohl«, konstatierte sie selbstgefällig. »Du hast genau diesen töricht-zufriedenen Gesichtsausdruck, den alle beim erstenmal haben. Ein Mädchen, das nicht nur gut bumsen, sondern auch gut kochen kann.«

»Das findet man selten zusammen«, bestätigte ich.

»Irgendwann werde ich vielleicht einmal meine Memoiren schreiben«, verkündete sie. »Dann werde ich reich und berühmt, nicht wahr

Ich schob ihr den Martini über die Bartheke zu. »Erwähnst du mich auch wollte ich wissen.

»Ich weiß noch nicht, ob du interessant genug bist«, erwiderte sie zögernd. »Übrigens fällt mir da noch etwas anderes ein. Ich will auch nicht, daß Craig zu dieser Heirat gezwungen wird

»Warum nicht?«

»Verheiratete Männer sammele ich nicht. Das habe ich mir von Anfang an zur Regel gemacht. Geschieden können sie ruhig sein und, wenn sie wollen, hinterher auch heiraten. Aber nicht, so lange ich mit ihnen zusammen bin

»Eine ziemlich altmodische Auffassung«, grinste ich. »Direkt rührend in ihrer Schlichtheit.«

»Vielleicht bin ich im Grunde meines Herzens ein altmodisches Mädchen

»Craig gehört doch sowieso schon zu deiner Raupensammlung«, wandte ich ein.

»Er ist aber eine wichtige Nachschubquelle für mich«, erläuterte sie, »auf die ich nicht verzichten möchte. Jedenfalls noch nicht so schnell.« Sie nahm einen Schluck Martini und stellte das Glas auf die Theke zurück. »Vielleicht erinnert er sich wirklich nicht mehr, oder er hat dich angelogen

»Wie meinst du das

»Als er Montag nachmittag nach Hause kam, fand ich ihn nicht völlig weggetreten auf der Türschwelle vor. Er wurde erst ein paar Minuten später bewußtlos

»Das ist ja ein Ding! «

»Es war noch jemand bei ihm«, fuhr sie vorsichtig fort. »Ein sehr höflicher Mann. Er half Craig ins Haus und entschuldigte sich wegen Craigs Zustand bei mir. Craig hätte zuviel getrunken, erklärte er — als ob das nicht klar genug gewesen wäre

»Hatte der Mann auch einen Namen fragte ich hoffnungsvoll.

»Ein alter Freund.« Sie schnitt ein Gesicht. »Alle sind alte Freunde, wenn Craig so einen in der Krone hat wie an jenem Montag. Der Mann war schätzungsweise Mitte Dreißig, ein etwas mausgrauer Typ mit dicken Brillengläsern

»Wie war er angezogen

Sie krauste die Nase. »Als hätte er die ganze Woche in denselben Klamotten gesteckt

»Hat er sonst noch etwas gesagt

Sie überlegte einen Augenblick. »Ja. Kurz bevor Craig endgültig umkippte, meinte er zu ihm, er solle sich keine Sorgen machen. Lloyd würde sich um alles kümmern

»Weißt du, ob irgendeiner von Craigs Freunden Lloyd heißt

»Nein. Aber diesen Mann, von dem ich dir erzählt habe, kann ich mir nicht als Craigs Freund vorstellen

»Und das war alles

»Ich dachte, du solltest es lieber erfahren

»Vielen Dank.«

»Bedeutet es irgend etwas

»Woher soll ich das wissen

»Du enttäuschst mich«, sagte sie. »Ich mache jetzt das Abendessen

In Anbetracht der begrenzten Vorräte in meinem Kühlschrank brachte sie ein vorzügliches Menü zustande. Nachdem wir es beendet hatten, schickte sie mich ins Wohnzimmer, um mir dort einen Drink zu genehmigen, während sie noch die Küche in Ordnung bringen wollte. Soviel Hausfraulichkeit fand ich natürlich lobenswert. Falls sie anschließend jedoch mit einem Strickzeug hereinkommen würde, war ich entschlossen, sie auf dem Fußboden zu vergewaltigen. Ich war dabei, mir einen Whisky einzuschenken, als das Telefon läutete.

»Mr. Holman?«

»Am Apparat«, bestätigte ich.

»Hier ist Yvonne Prentice Ihre Stimme klang etwas zögernd. »Ich habe mit Al Hinds über Sie gesprochen. Er sagt, ich kann Ihnen uneingeschränkt glauben

»Und?«

»Ich habe Ihr Wort, daß Sie von Craig nur engagiert worden sind, um die Wahrheit herauszufinden, wer meinen Bruder umgebracht hat

»Das haben Sie«, sagte ich.

»Ich möchte mit Ihnen reden

»Wann?«

»Die Hinds werden morgen den ganzen Tag lang unterwegs sein. Könnten Sie, sagen wir um zwölf Uhr, hierherkommen

»Mit Vergnügen«, stimmte ich zu.

»Vielen Dank«, sagte sie und legte auf.

Ich kehrte zu meinem Whisky zurück und nahm ihn mit hinüber zur Couch. Etwa zehn Minuten später kam Crystal herein. Ein Strickzeug hatte sie zu meiner Erleichterung nicht mitgebracht, aber auch ihr schwarzes Kleid nicht. Nur ihren nackten, geschmeidigen, aufreizenden Körper.

Sie ging zur Bar und machte sich einen Drink zurecht. Als sie sich über den Eisbehälter beugte, berührten ihre Brüste fast die Bartheke.

»Hausfrau habe ich jetzt genug gespielt«, erklärte sie. »Ein Geschenk sollte es damit nicht übertreiben

»Klingt sehr vernünftig«, sagte ich zustimmend. »Ich begann mir schon gewisse Sorgen zu machen

»Willst du die ganze Nacht angezogen herumsitzen fragte sie etwas ungeduldig. »Ich hoffe, du bist doch nicht etwa so einer

Ich erhob mich von der Couch und zog mich aus. Crystal nahm einen Schluck aus ihrem Glas und kam dann langsam auf mich zu. Unmittelbar vor mir blieb sie stehen und schlang die Arme um meinen Hals. Ich spürte den Druck ihrer festen Brüste.

»Mhm, das ist schon besser«, murmelte sie. »Weder impotent noch schwul, Rick.«

Ich ließ meine Hände über ihre Hüften gleiten und zog sie noch dichter an mich heran. Sie streifte meine Lippen mit einem Kuß, dann legte sie den Kopf zurück.

»Das Geschenk hat das Recht, einen kleinen Anspruch zu erheben«, erklärte sie. »Beim erstenmal übernehme ich die Aktivität. Danach kannst du mit mir anstellen, was du willst. Abgemacht?«

»Abgemacht.«

»Okay.« Ihre Stimme wurde plötzlich sachlich. »Leg dich hin

»Im Bett würde es aber bequemer sein«, gab ich zu bedenken.

»Wir haben eine Abmachung«, versetzte sie scharf. »Und dieser mollige Schaffellteppich wirkt ausgesprochen anregend auf mich. Leg dich hin

Ich streckte mich gehorsam auf dem Schaffellteppich aus, während sie sich neben mir auf die Knie niederließ.

»Nimm die Hände hinter den Kopf, und mach die Augen zu«, befahl sie.

Ich kam ihrer Aufforderung nach. Ihr Mund preßte sich hart auf den meinen. Dann begann sie, mit der Zunge meine Lippen auseinanderzudrücken, während sich ihre Hände mit meinem Körper beschäftigten. Sie war eine Meisterin auf diesem Gebiet, und ich überließ mich ihren Künsten bereitwillig. Craig Forrest hatte mit seinen Anpreisungen nicht übertrieben. Sie verstand es wirklich, einen Mann hochzukitzeln. Aber sie verbot mir eisern, die Augen zu öffnen.

»Es war schön mit dir«, sagte sie schließlich mit einem befriedigten Seufzer. »Dich zu haben, hat mir wirklich Spaß gemacht. So sammele ich die meisten meiner Exemplare. Flach auf die Erde gepinnt wie ein Schmetterling. Und ich hole mir mein Vergnügen dabei Sie lachte kehlig. »Komisch, daß die Männer gewöhnlich meinen, sie hätten mich gehabt!« Ihre Lippen streiften mich mit einem flüchtigen Kuß.

Ich hob gerade rechtzeitig die Lider, um zu sehen, wie sie sich aufrichtete. Erst als ich meinen Blick weiterwandern ließ, merkte ich, daß wir Gesellschaft hatten. Zwei Kerle standen mit grinsenden Gesichtern im Zimmer. Einer hatte etwa mein Gewicht und meine Figur mit roten Haaren und einem roten Bart. Der andere war kleiner und untersetzter. Er hatte dichtes schwarzes Haar, war glattrasiert und sah aus, als sei ihm ein Lastwagen übers Gesicht gerollt.

»Die postkoitale Traurigkeit«, bemerkte der Rothaarige in gebildetem Tonfall. »Bleiben Sie ruhig liegen, Holman, und entspannen Sie sich

»Das ist Skip«, stellte Crystal den Rothaarigen vor, »und das ist Chuck Sie wies auf den Gorilla. »Ich habe ihnen gesagt, daß sie warten müßten, bis ich dich in meine Sammlung aufgenommen habe. Dafür wollten sie wenigstens zusehen Sie zuckte wegwerfend die Achseln. »Ich habe gegen Publikum nichts einzuwenden. Im Gegenteil, es beflügelt mich und regt meine Phantasie an

»Vom Standpunkt des Voyeurs aus betrachtet war es sehr interessant«, gab Skip zu wissen. »Ich hatte nur Mühe, mir das Lachen zu verbeißen, als ich seinen Gesichtsausdruck beobachtete

»Okay«, knurrte Chuck unwillig. »Nun haben wir also unseren Spaß gehabt. Sag’s ihm

»Wir wollen nicht, daß du dich einmischst, Rick«, erklärte Crystal. »Der arme Craig bekommt sonst nur noch mehr Schwierigkeiten. Und er hat jetzt schon Probleme genug

»Aber die schaffen wir ihm vom Hals«, ergänzte Skip. »Ohne Ihre Hilfe.«

»Du wirst also morgen ganz dringend außerhalb der Stadt zu tun haben, Rick«, fuhr Crystal fort. »Du kannst Craig anrufen und dich entschuldigen, oder du kannst es auch bleiben lassen. Uns ist das egal. Aber wenn du morgen abend noch hier bist, kommen die Jungens zurück

»Wozu fragte ich sauer.

»Um dir noch ein bißchen von dem zu verpassen, was du jetzt gleich kriegen wirst«, antwortete Chuck, der Gorilla.

»Ich glaube, das ist mein Stichwort, unter die Dusche zu verschwinden und mich dann anzuziehen«, meinte Crystal lässig. »Ich überlasse dich den beiden

Sie fingen im gleichen Augenblick an, als sie den Raum verlassen hatte. Chucks Stiefel knallte mir in die Rippen, daß ich auf den Bauch rollte. Dann packte er mich bei den Haaren und riß mich hoch. Skip hielt mir die Hände hinter dem Rücken fest, während sein Partner mit den Fäusten in meine Magengrube schlug. Dieses miese Spielchen behielten sie etwa fünf Minuten lang bei. Ich wurde kurz bewußtlos, aber der Rest von Crystals Martini, den sie mir ins Gesicht kippten, machte mich schnell wieder munter. Chuck placierte seine Schläge brutal und präzise nur an Körperstellen, wo sie, wenn ich bekleidet war, nicht sichtbar sein würden.

Als sie mit mir fertig waren, ließen sie mich wieder auf den Schaffellteppich fallen. Ich blieb zusammengekrümmt liegen, die Knie vor Schmerz bis zum Kinn hochgezogen, und horchte auf meinen röchelnden Atem.

»Ich bin fertig«, ertönte Crystals Stimme. »Wir können gehen

Ihr Gesicht tauchte plötzlich vor dem meinen auf, weil sie sich zu mir herabgebeugt hatte. »Du behältst garantiert nichts Bleibendes zurück, Rick«, beruhigte sie mich. »Die Jungens sind wirklich Experten für so etwas. Aber wenn du noch hier bist, wenn sie morgen abend wiederkommen, wird es bedeutend unangenehmer werden. Du willst doch bestimmt nicht, daß deine Männlichkeit Schaden nimmt, oder

Sie tätschelte mir gönnerhaft den Kopf, wie einem Pudel, der in die Gaskammer soll.

»Du warst ein sehr reizvolles Exemplar, Rick. Du sollst wissen, daß ich dich wirklich genossen habe. Tausend Dank.«

Ich hörte die beiden Kerle kichern, während Crystals Kopf aus meinem Blickfeld verschwand.

»Verabschiedet euch von Rick, Jungens«, sagte sie. »Wahrscheinlich wird er für die nächsten Wochen verreist sein. Es würde mich nicht überraschen, wenn er sich ein bißchen in Acapulco amüsiert

»Auf Wiedersehen, Holman«, ließ sich Skip vernehmen. »Sollten Sie morgen abend doch noch hier sein, wird sich Chuck ein Vergnügen daraus machen, Sie zu kastrieren. Nicht wahr, Chuck

Der Gorilla machte sich nicht die Mühe zu antworten. Er gab mir zum Abschied nur noch einen weiteren Tritt in die Rippen.