4

 

Wir aßen schnell einen Happen in einer Imbißstube. Dann setzte ich Yvonne Prentice wieder bei den Hinds ab und fuhr nach Hause. Ich rief bei der Trushman-Agentur an und bekam die Auskunft, daß der Bericht über Larry Prentice noch unvollständig sei. Ich wolle ihn aber trotzdem schon haben, sagte ich, worauf sie erwiderten, daß sie ihn gleich zur Post geben würden. Damit erklärte ich mich allerdings nicht einverstanden, sondern bat, mir die Unterlagen durch Boten zu schicken. Wenn es derart wichtig sei, sagten sie mir daraufhin zu, würden sie das Dossier von einem ihrer Mitarbeiter vorbeibringen lassen, der mit der Sache beauftragt sei. Ich bedankte mich sehr. Die Trushman-Agentur ist wirklich erstklassig. Aber bei dem Aufwand, den Craig Forrest sonst so trieb, sah ich keine Veranlassung, mich mit zweitrangigen Hilfskräften zu begnügen.

Eine Stunde später klingelte es an der Haustür. Als ich aufmachte, stand mir eine elegante Brünette gegenüber und bedachte mich mit einem eleganten Lächeln.

»Mr. Holman.« Ihre Stimme klang angenehm dunkel. »Ich bin Ellen Grant von der Trushman-Agentur

Sie trug ein graues, rohseidenes Kostüm mit einer weißen Bluse darunter, die nicht verbarg, daß Mutter Natur Miss Grants Oberweite gut bedacht hatte. Ihre Hüften waren gerundet, die Beine wohlgeformt. Ihre Frisur sah adrett aus, und ihre Augenfarbe war ein gesprenkeltes Braun. Nur der Zug um ihren Mund wirkte ein wenig geschäftsmäßig.

»Kommen Sie bitte herein«, forderte ich sie auf.

Im Wohnzimmer nahm sie auf einem Sessel Platz und preßte sittsam die Beine zusammen, was ich nicht gerade als ermutigend empfand. Dann stellte sie ihre Aktentasche auf die Knie.

»Sie werden den Bericht sicher durchlesen wollen«, sagte sie. »Er ist natürlich noch nicht vollständig

»Lesen kann ich ihn später«, antwortete ich. »Berichten Sie mir lieber, was die Agentur bisher in Erfahrung gebracht hat

»Das Leben der Schwester war sehr viel leichter zu recherchieren. Sie war mit einem Berufsrennfahrer verheiratet, der vor ein paar Jahren...«

»... in Monaco verunglückt ist«, vollendete ich. »Über die Schwester weiß ich Bescheid

»Oh, Entschuldigung, Mr. Holman.« Sie zuckte leicht die Achseln. »Bei Larry Prentice wird die Sache schwieriger

»Warum?«

»Ein kleiner Ganove, Mr. Holman, der vermutlich sein ganzes Leben lang nicht einmal richtig gearbeitet hat«, erwiderte sie. »Bei der Polizei war er gut bekannt. Vier Festnahmen wegen verschiedener Verdachtsmomente. Aber es langte nie, um ihn einzusperren. Rauschgifthandel, Zuhälterei, Erpressungen.« Sie lächelte ein wenig. »Sogar den alten Trick mit dem betrogenen Ehemann hat er nicht ausgelassen. Man wird beinahe nostalgisch bei dem Gedanken, mit wieviel Schlichtheit früher gearbeitet wurde

»Sehnen Sie sich nach Billy the Kid oder Al Capone zurück fragte ich.

»Nun sagen Sie bloß nicht, daß ich mein Alter gut zu verbergen weiß«, parierte sie. »Ich kenne das alles aus den alten Filmen, die das Fernsehen ständig zeigt. In ihrer Entstehungszeit müssen sie natürlich noch aufregender gewirkt haben. Sicher erinnern Sie sich, Mr. Holman

»Ich habe schon immer eine gewisse Wunschvorstellung gehabt«, erwiderte ich etwas zusammenhanglos. »Sobald ich es mit einer Frau wie Ihnen zu tun habe — überlegen, selbstsicher, beherrscht und sogar schlagfertig — , hätte ich gern einen Zauberstab in der Hand, mit dem ich ihr sämtliche Kleider vom Leib zaubere, so daß sie splitternackt vor mir sitzt. Wie würden Sie reagieren

»Mit einem Frösteln vermutlich«, versetzte sie gleichmütig.

»Fehlt Ihnen jeder Sinn für Neugier

»Neugier worauf?«

»Nun hören Sie aber! Jedes Mädchen ist neugierig. Und ich bin neugierig, was Sie betrifft. Was Sie zum Beispiel unter diesem Kostüm anhaben. Sie wollen mir ja nicht einmal einen kleinen Blick auf Ihr Höschen gestatten. Welche Farbe hat es

»Wollen wir jetzt fortfahren, Mr. Holman

»Na ja, bitte«, sagte ich. »Wie steht es mit seinen Freunden? Geschäftspartnern?«

»Die sind so ziemlich vom gleichen Kaliber wie Larry Prentice selbst«, antwortete sie. »Lloyd Dalton, ein Fotograf, der im gleichen Haus eine Etage über Prentice wohnt. Sie haben gelegentlich zusammengearbeitet. Wenn Prentice Fotos zu Erpressungszwecken brauchte, machte Dalton diese Aufnahmen

»Wen gibt es sonst noch

»Wie ich schon sagte, ist unser Bericht noch nicht komplett. Wir arbeiten noch nicht einmal ganze vierundzwanzig Stunden an dem Auftrag, Mr. Holman

»Ich habe ja nichts dagegen, daß Sie gleich zu weinen anfangen«, sagte ich, »aber nehmen Sie bitte auf die Polstermöbel Rücksicht

Sie preßte die Lippen zusammen. »Es besteht die Möglichkeit, daß er auch in irgendeiner Verbindung zu Benny Lucas stand. Das versuchen wir gerade noch genauer festzustellen

»Benny Lucas?«

»Sie scheinen ein sehr behütetes Dasein zu führen, Mr. Holman«, sagte sie. »Vermutlich liegt das daran, daß Sie in Beverly Hills wohnen. Benny Lucas ist eine ziemlich große Nummer in Ganovenkreisen. Aber er ist so geschickt, daß man ihm noch nie etwas nachweisen konnte. Illegales Glücksspiel, Rauschgift und so weiter. Das Büro des Staatsanwalts hat schon mehrfach Untersuchungen gegen ihn eingeleitet, aber es ist immer alles wieder im Sande verlaufen

»Verheiratet

»Seine Frau hält sich momentan zu einem ausgedehnten Urlaub in Europa auf«, erläuterte sie. »Es geht das Gerücht, Benny habe sie weggeschickt, weil er Ärger mit seinem Partner hat

»Seinem Partner echote ich.

»Manny Tyrrel. Bis die Geschichte beigelegt ist, will Benny kein Risiko eingehen

»Okay«, sagte ich. »Kommen wir wieder auf Larry Prentice zurück

»Die Beziehung zwischen ihm und seiner Schwester war denkbar schlecht«, fuhr sie fort. »Als der Rennfahrer verunglückte, ließ er sie zwar nicht als reiche Witwe, aber doch gut versorgt zurück. Anscheinend hat Larry ständig versucht, Geld aus ihr herauszuholen. Selbst als der Mann noch lebte. Ich glaube aber nicht, daß sie ihn genug haßte, um ihn zu töten

»Ein interessanter Gedanke«, meinte ich.

»Der Sie hoffentlich nicht in Gewissenskonflikte bringt«, sagte sie katzenfreundlich. »Ich vermute, daß die Schwester Ihre Klientin ist

»Und ich vermute, daß Ihr Körper sehr viel weiblicher ist, als er unter diesem Kostüm versteckt aussieht«, versetzte ich. »Sehr feste Brüste und Schenkel, möchte ich annehmen

Sie ließ den Schnellhefter auf den Boden fallen und klappte betont langsam ihre Aktentasche zu.

»Sollten Sie nach der Lektüre des Zwischenberichts noch irgendwelche Fragen haben, Mr. Holman, können Sie mich jederzeit im Büro erreichen

»Jetzt kann ich Sie auch erreichen«, entgegnete ich. »Dazu brauche ich nur ein bißchen die Arme auszustrecken

»Man hat mich schon vor Ihnen gewarnt«, sagte sie, »und ich war auf etliches vorbereitet. Daß Sie auch ein Sittenstrolch sind, hat man mir leider verschwiegen

»Noch irgendwelche Leute, die mit Larry Prentice in Verbindung standen, und die Sie noch nicht erwähnt haben?«

»Bis jetzt haben wir leider nicht mehr. Aber wir arbeiten selbstverständlich daran. Bei der Obduktion wurde ein sehr hoher Prozentsatz Alkohol im Blut festgestellt. Prentice hat offenbar noch kräftige Prügel bezogen, Todesursache war jedoch, daß er beim Fallen mit dem Kopf gegen die Kante der Kühlschranktür schlug

»Sie scheinen einen guten Draht zur Polizei zu haben«, sagte ich anerkennend.

»Wenn Sie mit Ihren sexuellen Phantasien jetzt fertig sind, Mr. Holman, würde ich mich gern verabschieden

»Einen hübsch gerundeten Hintern«, sagte ich. »Etwas prall, aber das habe ich gerade besonders gern

»Also doch noch nicht fertig«, murmelte sie. »Ich werde aber trotzdem gehen. Ihre kindische Sexbesessenheit macht einen geradezu pubertären Eindruck

»Daran sind nur die frigiden amerikanischen Frauen schuld«, verwahrte ich mich. »Weil sie sich strikt weigern, sich vor uns Männern auszuziehen, müssen wir uns vorstellen, wie sie nackt aussehen. Die einzige Möglichkeit, mich von meiner Besessenheit zu heilen, besteht darin, daß Sie jetzt sofort Ihre Kleider ablegen

»Ich weiß selbst nicht, wie ich in diese Situation geraten bin«, sagte sie in verwundertem Tonfall. »Es war ein ganz normaler Tag im Büro. Ich dachte, ich würde nur diesen unvollständigen Bericht bei Ihnen abliefern. Und nun sehen Sie, was daraus geworden ist! «

»Sie brauchen sich schließlich keine Sorgen zu machen, falls ich anfangen sollte, Ihnen die Kleider vom Leibe zu reißen, nicht wahr sagte ich beruhigend. »Ich meine, Sie sind eine Mitarbeiterin der Trushman-Agentur und bestimmt in Judo und Karate ausgebildet. Wahrscheinlich könnten Sie mir mit einem schnellen Handkantenschlag mühelos den Schädel spalten

»Sind Sie wahnsinnig

»Okay.« Ich zuckte die Achseln. »Dann haben Sie also eine versteckte Waffe. Eine niedliche Zweiundzwanziger im Strumpfband. Und wenn ich Ihre Kleider packe, greifen Sie nach der Pistole. Ich sehe gerade noch Ihren Oberschenkel aufblitzen, und dann — Peng! — bin ich tot.«

»Man sollte Sie irgendwo einsperren und den Schlüssel wegwerfen sagte sie. »Ich bin an einen Irren geraten

»Früher war ich ganz normal«, erklärte ich wehmütig. »Erst Mädchen wie Sie, die sich nicht vor mir ausziehen wollten, haben mich zu dem gemacht, was ich bin. Wäre denn mit Geld etwas bei Ihnen zu erreichen? Sagen wir zehn Dollar für einen schnellen Blick

»Bleiben Sie mir vom Leibe

Sie wich hastig zurück, die Aktentasche vor den Bauch gepreßt, als könne sie notfalls die Funktion eines Keuschheitsgürtels übernehmen.

»Oder wie wäre es mit ein paar Schnäpsen Ich sah sie lüstern an. »Die würden Sie ein bißchen anwärmen und entspannen

»Wenn Sie mich nicht sofort hier herauslassen, werde ich schreien«, drohte sie.

»Dann mal los«, sagte ich unbeeindruckt. »Wenn Sie richtig laut schreien, werden die Nachbarn Sie vielleicht hören. Im Augenblick sind Sie auf Urlaub in Mexiko

Sie blickte verzweifelt um sich. Ich ließ mich auf der Couch nieder, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und grinste breit.

»Falls Sie gehen möchten, Miss Grant, bitte sehr. Ich werde nicht versuchen, Sie aufzuhalten

»Das ist doch bestimmt irgendein Trick«, sagte sie mißtrauisch.

»Sie müssen bloß auf das Fußbodengitter aufpassen«, erwiderte ich. »Wenn Sie darüber hinweggehen, drücke ich heimlich auf den Knopf einer Heißluftanlage, die Ihnen den Rock bis über den Kopf hochbläst. Und während Sie damit beschäftigt sind, ihn wieder herunterzuziehen, kann ich mir Ihre schönen Beine ansehen und Ihre reizvolle Unterwäsche. Das heißt, falls Sie überhaupt Höschen tragen. Vielleicht gehören Sie auch zu jenen Mädchen, die Höschen lästig finden und lieber überall frische Luft rankommen lassen

»Sie...« Miss Grant schnappte nach Luft. »Sie... unbeschreibliches Ferkel!«

»So gefallen Sie mir sehr viel besser, Miss Grant«, sagte ich. »Jetzt scheinen Sie mir ein richtig nettes Mädchen zu sein. Nicht überlegen oder selbstbewußt oder beherrscht! Nicht einmal mehr schlagfertig! Und Sie tragen Höschen. Davon bin ich überzeugt

Sie gab einen dumpf-grollenden Ton von sich, der tief aus ihrer Kehle kam, während in ihren Augen Mordlust glitzerte.

Dann schluckte sie trocken und lächelte plötzlich. Es war eine unglaublich schnelle Veränderung.

»Vielleicht habe ich es nicht besser verdient«, sagte sie.

»Sie sind mir nicht böse Es war jetzt an mir, mißtrauisch zu sein.

»Ich kann einen Spaß vertragen«, erklärte sie gleichmütig. »Da können Sie jeden bei uns im Büro fragen. Die werden Ihnen bestätigen, daß die gute, alte Ellen Grant nicht so leicht übelnimmt

Sie ließ ihre Aktentasche auf den nächststehenden Stuhl fallen und kam langsam auf mich zu. Ich nahm schnell die Hände herunter für den Fall, daß sie doch Judo konnte. Aber dann blieb sie etwa vier Schritte vor mir stehen und holte tief Luft, so daß sich ihr Brustkorb dehnte.

»Ich glaube, ich muß Ihnen gratulieren, Mr. Holman. Sie haben eine phantastische Intuition«, lobte sie mich.

»Sie sind Karate-Expertin fragte ich nervös.

Sie schüttelte den Kopf. »Die detaillierte Beschreibung«, sagte sie, »war perfekt

»Tatsächlich?«

»Ich werde es Ihnen beweisen

Sie beugte sich vor und faßte mit beiden Händen ihren Rocksaum. Dann richtete sie sich auf und zog den Rock empor, bis er sich um ihre Taille bauschte. Ich bekam den Anblick nackter, strammer Schenkel und eines weißen Spitzenhöschens geboten, das reichlich durchsichtig war. Leider war er viel zu kurz. Im nächsten Augenblick ließ sie den Rock wieder fallen und lächelte erneut.

»Ich hoffe, Sie sind jetzt zufrieden«, sagte sie.

Ich war es nicht, aber ich schwieg.

Sie ging zu dem Stuhl, nahm ihre Aktentasche und wandte sich zur Tür. »Auf Wiedersehen, Mr. Holman«, sagte sie kehlig. »Ich hoffe, Sie werden nach mir Sehnsucht haben

Die Türklingel schrillte, und ich schoß wie elektrisiert von meiner Couch auf.

»Machen Sie für mich auf«, sagte ich. »Aber lassen Sie sich Zeit

»Was?«

»Gehen Sie zur Tür«, drängte ich. »Für eine Erklärung ist jetzt keine Gelegenheit

Ich raste aus dem Wohnzimmer und die vier Stufen hinunter, die zu meinem Schlaf- und Badezimmer führen. Es dauerte nicht lange, mir meine Achtunddreißiger aus der obersten Schreibtischschublade zu schnappen. Ich fühlte mich bedeutend wohler, als ich sie in meiner Hand spürte.

Als ich wieder zurückkam, konnte ich schon die Stimmen in der Diele hören. Also wartete ich ab und verbiß mir die Schmerzen, die meine plötzliche Aktivität in meinem blessierten Körper geweckt hatte. Dann erschien Miss Grant mit einem verblüfften Ausdruck im Gesicht. Ich konnte ihr das nachempfinden. Wer hätte keinen verblüfften Ausdruck im Gesicht, wenn einem jemand ein Schießeisen an den Kopf hält? Chuck hatte die Pistole gezückt, während ihm Skip unbewaffnet folgte.

»Okay, Holman«, sagte der Gorilla. »Lassen Sie die Waffe fallen oder Ihre Freundin hat ein Loch im Kopf! «

»Sie ist entbehrlich«, erwiderte ich.

Er blinzelte schwerfällig. »Ich sagte, lassen Sie die Waffe fallen, sonst lege ich die Dame hier um

»Okay«, sagte ich. »Sie schießen der Dame in den Kopf, und ich schieße Ihnen in den Bauch

»Steck die Pistole weg, du Holzkopf ließ sich Skip vernehmen. »Das war von Anfang an eine ziemlich blöde Idee. Hast du noch nie was von Chancengleichheit gehört

»Dem ist sogar egal, wenn die Frau hops geht«, sagte Chuck indigniert. »Was ist denn das für ein Schlappschwanz

»Jedenfalls ist er schlauer als du«, knurrte Skip unwillig. »Steck also endlich die verdammte Pistole weg

»Na gut«, sagte Chuck verdrießlich. »Aber wenn er uns beide umlegt, hast du schuld

»Holman wird niemanden umlegen«, versetzte Skip.

Chuck schob die Pistole in sein Schulterhalfter. Miss Grant stieß einen schwachen Seufzer aus, bevor ihre Knie nachgaben. Dann sackte sie graziös zu Boden. Ihr Rock schob sich weit über die Schenkel hoch, aber jetzt hatte ich keine Zeit dafür.

»Wir sind ziemlich früh dran«, sagte Skip. »Technisch gesehen haben Sie also noch die Chance, einen längeren Urlaub zu nehmen, Holman. Sofern Sie heute abend verschwinden. Im Augenblick nur eine Frage: Was haben Sie mit Lloyd Dalton gemacht

»Na, so ein Zufall«, erwiderte ich. »Dasselbe wollte ich Sie gerade fragen

Er strich sich seinen roten Bart, während er darüber nachdachte.

»Wir vergeuden unsere Zeit«, warf Chuck ein. »Es gibt nur die Möglichkeit, es aus ihm herauszuprügeln

»Ich dachte, ihr hättet euch Lloyd geschnappt«, sagte ich. »Arbeitet ihr nicht für Manny Tyrrel

»Ich habe noch nie von einem Manny Tyrrel gehört«, erklärte Chuck lässig. »Wer soll denn das sein

»Dalton war verschwunden, als ich heute kurz nach zwölf Uhr mittags in seine Wohnung kam«, sagte ich.

Es vergingen fünf lange, schweigende Sekunden. Dann nickte Chuck kurz mit dem Kopf.

»Okay. Es hat keinen Zweck zu streiten, solange Sie eine Waffe in der Hand haben. Aber nehmen Sie diesen langen Urlaub, Holman

»Solltet ihr hier noch einmal auftauchen, leg ich euch beide um«, sagte ich ruhig.

»Das bezweifle ich«, versetzte Chuck. »Aber vielleicht können wir uns einen weiteren Besuch sowieso ersparen. Sie scheinen recht gut mit der Schwester von Prentice befreundet zu sein. Und bei der könnten wir einhaken

Ellen Grant gab einen leisen, stöhnenden Laut von sich und bewegte die Beine. Skip sah auf sie hinab und verzog den Mund zu einem Grinsen.

»Bei der auch«, sagte er.

»Laßt euch so etwas nicht einfallen«, drohte ich.

»Überlegen Sie es sich noch mal«, sagte Skip beinahe heiter. »In Acapulco ist es in dieser Jahreszeit sehr schön. Sie könnten ja die Puppe hier mitnehmen. Okay, Chuck, gehen wir

»Nur noch eins, bevor ihr verschwindet«, hielt ich sie zurück.

»Was denn?«

Ich machte einen schnellen Schritt vorwärts und schlug Chuck mit dem Pistolenknauf ins Gesicht. Sein Kopf flog von dem Aufprall nach hinten. Dann stöhnte er vor Schmerz auf. Ein dunkelrotes Mal zeichnete sich ab, wo ich ihn getroffen hatte.

»Das war eine Art von Dankschreiben für gestern abend«, sagte ich. »Und nun verschwindet

Ich brachte sie bis vor die Haustür hinaus und sah zu, wie sie mit ihrem Auto davonfuhren. Als ich ins Wohnzimmer zurückkehrte, rappelte sich Ellen Grant gerade hoch. Sie strich sich den Rock über den Beinen glatt. Ich half ihr in einen Sessel und goß ihr dann einen Kognak ein. Sie nahm einen Schluck, an dem sie beinahe erstickte.

»Alles in Ordnung«, beruhigte ich sie. »Die beiden sind weg. Und ich bin froh, daß Sie Höschen tragen. Das paßt zu Ihnen

»Es war schrecklich sagte sie. »Als ich die Tür aufmachte, hatte der Kerl schon die Pistole in der Hand, und er hielt sie mir an die Schläfe. Dann sagte er, wenn ich ihn nicht zu Ihnen brächte, würde er mich erschießen

»Er hat nur Spaß gemacht«, versicherte ich.

Sie nahm einen zweiten Schluck Kognak und begann wieder zu würgen. Ich hatte genug Kognak im Haus und überlegte kurz, wenn ich ihr genug geben würde... Dann trat ich mir im Geiste selbst in die Rippen. Dies war jetzt wirklich weder die richtige Zeit noch der richtige Platz, schimpfte ich mich aus. Nun ja, die richtige Zeit jedenfalls bestimmt nicht.

»Er ist ein blöder Tölpel«, tröstete ich sie, »der denkt, es geht immer noch alles wie in diesen alten Filmen vor sich, die Sie vorhin erwähnt haben

Ihr Kopf fuhr plötzlich hoch, und ihre braungesprenkelten Augen funkelten mich an. »Sie haben gewußt, daß die beiden es waren fauchte sie. »Deshalb haben Sie mich zur Tür geschickt

»Ich mußte erst meine Pistole holen«, verteidigte ich mich. »Aber deswegen sollten Sie sich nicht so aufregen. Sie arbeiten doch für die Trushman-Agentur, nicht wahr? Da müssen Sie doch an solche Situationen gewöhnt sein

»Gewöhnt sein sie schrie fast. »Ich stelle Nachforschungen an! Meine Tätigkeit spielt sich im Büro ab. Ich sammele Material und setze Berichte auf

»Nun ja«, sagte ich großzügig, »es ist eben niemand vollkommen

»Und als er gedroht hat, er würde mich erschießen, haben Sie gesagt, ich sei entbehrlich!«

»Das war doch bloß ein Witz«, versicherte ich hastig. »Ich wußte, daß er nicht schießen würde

»Wie, zum Teufel, hätten Sie das wissen können Diesmal schrie sie wirklich. »Angenommen, Sie hätten sich geirrt? Dann wäre ich jetzt tot

»Warum trinken Sie nicht noch einen Schluck Kognak«, schlug ich dummerweise vor.

»Erst lassen Sie mich beinahe erschießen, und nun versuchen Sie, mich zu verführen Sie machte eine schnelle Handbewegung, und der schöne Kognak klatschte mir ins Gesicht. Zu allem Überfluß begann er mir in den Augen zu brennen. Dazu trommelte Miss Grant mit beiden Fäusten gegen meine Stirn.

»Sie sind ein Ungeheuer, Holman schrie sie. »Und ein Sittenstrolch obendrein!«

»Vielleicht sollte ich dann lieber umsatteln«, murmelte ich. »Jedenfalls scheine ich in beiden Rollen nicht sehr überzeugend zu sein

Ihre Fäuste hörten zu trommeln auf, und als ich mir endlich den Kognak aus den Augen gewischt hatte und wieder sehen konnte, stand sie bereits mit ihrer Aktentasche in der Hand vor mir.

»Ich werde einen ausführlichen Bericht machen, wenn ich ins Büro zurückkomme«, sagte sie steif. »Ich bezweifle sehr, daß die Trushman-Agentur je wieder einen Auftrag von Ihnen übernimmt

»Sie sind der Meinung, die glauben das alles fragte ich.

Sie schnob geringschätzig durch die Nase, dann strebte sie entschlossen der Tür zu.

»Nur eins noch«, rief ich ihr nach.

Sie blieb stehen und wandte sich mit verächtlichem Gesichtsausdruck um. »Den Versuch, mit umzustimmen, können Sie sich sparen, Mr. Holman«, sagte sie. »Ich werde einen kompletten Bericht machen und keine Einzelheit auslassen

»Ich dachte nur, ob Sie mir vielleicht noch einen letzten Blick auf Ihr Höschen gewähren, bevor Sie gehen. Damit der Nachmittag nicht als völliger Fehlschlag endet