7

 

»Jemand hat ihm die Bilder zugeschickt fragte Louis Friedman. »Was für ein krummer Hund könnte auf eine solche Idee kommen

»Dalton selbst? Oder wer immer Dalton geschnappt hat?«

»Sie glauben, daß Manny die Wahrheit sagt

»Ja. Denn wenn er selber Dalton kassiert hätte, müßte er auch die anderen Fotos haben. Hinter denen ich her bin, nicht wahr? Warum sollte er sich die Chance entgehen lassen, meinen Klienten auszunehmen

»Vielleicht will er Ihren Klienten direkt anzapfen, weil Sie ihm zu gerissen sind«, meinte Louis.

»Das ist natürlich auch möglich«, räumte ich ein.

»Und ich muß jetzt Benny Bescheid sagen«, stöhnte er. »Ich wünschte, ich wäre tot! Es bestehen sowieso wenig Chancen, daß ich dieses Gespräch überlebe

»Wir haben alle unsere Probleme«, sagte ich. »Bringen Sie mich bitte erst nach Hause. Mit einem toten Chauffeur kann ich nichts mehr anfangen

»Sie sind ein herzloser Halunke, Holman

Nach einigen Sekunden begann er, merkwürdige Geräusche von sich zu geben. Es dauerte geraume Zeit, bis ich merkte, daß er lachte.

»Sie haben Bruce tatsächlich ein Ding mit dem Pistolenlauf verplättet? Da hätte ich dabeisein mögen

»Nicht weil er schwul ist«, stellte ich richtig.

»Weil er ein widerlicher Schleimscheißer ist«, sagte Louis. »Ich habe schon lange Lust gehabt, ihm einmal eine in die Fresse zu hausen

Etwa zehn Minuten später hielt Louis’ Klapperkasten ächzend vor meinem Haus. Louis stellte den Motor ab, worauf sich himmlische Ruhe ausbreitete.

»Kommen Sie noch auf einen Drink mit herein«, schlug ich vor. »Sie werden eine Stärkung brauchen können

»Ja«, sagte er düster.

Wir gingen zusammen zur Tür. Ich steckte den Schlüssel in das Schloß, machte auf und schaltete sofort das Dielenlicht an.

»Gehen Sie hinein, Louis«, sagte ich ermutigend.

Ich folgte ihm mit vier Schritten Abstand, die Pistole in der Hand. Wenn ich auch wußte, daß Bruce sie entladen hatte, so war ihr das schließlich nicht anzusehen. Vor dem Eingang zum Wohnzimmer verlangsamte Louis sein Tempo. Ich legte ihm den Arm um die Schultern und machte Licht.

Es wartete niemand auf mich, und meine Magenmuskeln entkrampften sich. Falls jemand im Haus gewesen wäre, hätte er mich inzwischen schon angegriffen, überlegte ich. Oder, um genauer zu sein, er hätte Louis angegriffen. Ohne es zu wissen, hatte sich Louis seinen Drink bereits verdient.

Ich steckte die Pistole weg und trat an die Bar. Louis stieg auf einen Hocker und stützte beide Ellbogen auf die Theke.

»Reichlich Scotch«, verlangte er, »und ein paar Eiswürfel zum Abkühlen

Ich füllte ein Glas für ihn und schenkte mir selbst einen Bourbon ein. Nach ein paar Schlucken Scotch hing Louis’ Schnurrbart schon weniger traurig herunter.

»Benny wird wahnsinnig, wenn ich ihm das erzähle«, sagte Louis. »Und dann wird er womöglich etwas Unüberlegtes tun

»Wie zum Beispiel mit der Pistole in der Hand zu Tyrrels Haus hinüberrasen

Louis verzog den Mund. »So bescheuert ist Benny nicht. Und er ist auch kein Held. Aber er könnte auf die Idee kommen, ein paar harte Burschen zu Manny zu schicken

»Dürfte Manny das nicht bereits einkalkuliert haben fragte ich.

»Doch, natürlich. Vielleicht wartet er sogar darauf

»Das verstehe ich nicht

»Die beiden waren Partner, nicht wahr Louis spreizte die Hände. »Aber sie haben nie völlig selbständig gearbeitet. Sie haben gewisse Kontakte, verstehen Sie? Sie gehören zu einem Syndikat. Und das Syndikat verlangt vor allem, daß alles glatt und unauffällig läuft. Auch zwischen Partnern wie Benny und Manny Tyrrel. Das Syndikat weiß von dem Streit der beiden. Und wenn die Leute dort davon auch nicht begeistert sind, so wird doch allgemein angenommen, daß beide wieder zur Vernunft kommen. Wenn Benny nun aber offensichtlich durchdreht und Manny ein paar Schläger ins Haus schickt, muß das Syndikat eingreifen. Und das dürfte so aussehen, daß Benny aus dem Weg geschafft wird und Manny die Geschäfte allein übernimmt Louis hob sein Glas an den Mund und nahm einen langsamen Schluck. »Und deshalb werde ich Benny lieber gar nichts davon sagen, daß Manny diese Bilder hat

»Und was gewinnen Sie damit fragte ich.

»Ein bißchen Zeit. Manny wird etwa zwei Tage auf eine Reaktion von Benny warten, bevor er von neuem zu bohren anfängt. Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten, Holman. Erzählen auch Sie Benny nicht, daß Manny Ihnen die Aufnahmen gezeigt und gesagt hat, er würde sie Bennys Frau zuschicken, wenn sie aus Europa zurückkommt Er hielt abwehrend die Hand hoch, bevor ich noch etwas erwidern konnte. »Ja, okay, eine Hand wäscht die andere. Ich kann mich umhören und etwas in Erfahrung bringen

»Was denn?«

»Wegen Skip und Chuck«, erläuterte er. »Ich brauche nur ein bißchen Zeit. Dann werde ich die beiden für Sie ausfindig machen

»Also abgemacht«, sagte ich.

»Ich werde Benny sagen, das Ganze war Fehlanzeige. Manny weiß weder etwas von den Bildern noch von dem Fotografen. Okay?«

»Und Sie melden sich bei mir, sobald Sie etwas von Skip und Chuck wissen

»Gut.« Er leerte sein Glas und kletterte von dem Barhocker herunter.

Ich brachte ihn zur Haustür, sah dem davonrumpelnden Oldtimer nach und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Aber dann fiel mir etwas Wichtiges ein. Ich ging hinunter ins Schlafzimmer, lud den Achtunddreißiger neu und steckte ihn in mein Gürtelhalfter. So trank sich mein Bourbon bedeutend beruhigender. Wo mochte bloß Dalton stecken, grübelte ich. Benny Lucas schien ihn tatsächlich nicht kassiert zu haben. Sonst wären die Fotos nicht bei Manny Tyrrel gelandet. Ob Tyrrel ihn sich doch geschnappt hatte? Oder vielleicht Crystal und ihre beiden lieben Freunde Skip und Chuck? Vielleicht war er auch auf eigene Faust verduftet, um nicht mit Yvonne Prentice teilen zu müssen? Oder... Ach, zum Teufel mit diesem Dalton, seufzte ich. Und dann klingelte es an der Haustür.

In der Küche brannte kein Licht. Ich schlich auf Zehenspitzen zur Hintertür und riß sie, die Pistole in der Hand, mit einem Ruck auf. Draußen stand niemand, der darauf wartete, daß ich die Vordertür öffnete, um inzwischen durch die Hintertür hereinzukommen. Ich ging vorsichtig um das Haus herum.

In der Einfahrt stand ein kleiner Sportwagen. Die Gestalt, die vor der Haustür wartete, war nur in Umrissen zu erkennen. Ich konnte aber deutlich wahrnehmen, daß sie entschieden weibliche Formen hatte. Deshalb schlich ich mich beruhigt wieder ins Haus zurück. Dann machte ich die Haustür auf, nachdem ich vorher das Außenlicht angeknipst hatte.

»Sie haben sich mit dem Aufmachen aber Zeit gelassen«, sagte Yvonne Prentice vorwurfsvoll.

Sie trug ein lebhaft gemustertes Puccikleid mit den dominierenden Farben braun und grün, das sich eng um ihren Körper schmiegte. Sie sah beinahe schön aus, und einen Augenblick lang ging mir der Gedanke durch den Kopf, daß Craig Forrest bei einer Heirat mit ihr gar nicht so schlecht fahren würde. Yvonne würde dabei den Kürzeren ziehen.

»Kommen Sie herein«, forderte ich sie auf.

Im Wohnzimmer ließ sie sich auf einem Sessel nieder und schlug die Beine übereinander. Einen Drink lehnte sie ab. Also nahm ich mein eigenes Glas und setzte mich ihr gegenüber.

»Mich hat die Unruhe gepackt«, erläuterte sie. »Ich bin wieder zu mir nach Hause gezogen, weil ich es inzwischen nicht mehr für nötig hielt, bei den Hinds’ Unterschlupf zu suchen. Haben Sie irgendwelche Fortschritte gemacht, Holman

»Nennen Sie mich Rick«, sagte ich.

»Na gut«, versetzte sie kühl. »Also sind Sie irgendwie weitergekommen, Rick

»Nicht viel.«

Ich berichtete ihr von Skips und Chucks wiederholtem Besuch am Nachmittag, aber sie war nicht sonderlich beeindruckt. Dann erzählte ich ihr von Benny Lucas und Manny Tyrrel. Ihre Miene belebte sich, als ich die Fotos erwähnte, von denen Manny behauptet hatte, sie seien ihm per Post zugeschickt worden.

»Sie glauben, er könnte lügen, Rick? Ich meine, daß er nicht weiß, wo Dalton ist

»Es wäre zumindest möglich«, antwortete ich.

»Könnten Sie das nicht herausfinden

»Wie?«

»Sie fahren zu seinem Haus zurück und sehen sich dort um

»Während er darauf lauert, daß ihm Benny ein paar Schläger auf den Hals schickt

»Sie haben Angst Ihre Stimme klang verächtlich.

»Ich habe Angst, in Tyrrels Haus einzudringen, und ich habe auch Angst, heute nacht hierzubleiben«, erklärte ich.

»Warum?«

»Weil Skip und Chuck Vorhaben können, mich noch einmal aufzusuchen. Von Türschlössern lassen die sich nicht abhalten

»Was werden Sie tun fragte sie.

»Wahrscheinlich in einem Hotel schlafen«, erwiderte ich.

Ihre weit auseinanderstehenden Augen musterten mich sekundenlang. Dann hatte sie einen Entschluß gefaßt.

»Sie können mit zu mir kommen und die Nacht über bleiben, wenn Sie wollen

»Vielen Dank«, sagte ich.

»Ich muß Ihnen etwas gestehen Sie lächelte plötzlich. »Ich hatte eigentlich auch sehr wenig Lust, die Nacht in meinem Haus allein zu verbringen

»Es muß angenehm sein, wenn man tapfer ist«, bemerkte ich. »Ich wünschte, ich würde jemand Tapferen kennen, wobei ich mich durchaus einschließe

»Wir können gleich aufbrechen«, sagte sie. »Wollen Sie noch eine Tasche packen

»In fünf Minuten bin ich fertig

Wir fuhren mit ihrem Wagen, und sie saß am Steuer. Ihr Haus war klein und lag etwas versteckt in der Mitte einer ansteigenden Straße, ohne Blick auf das Meer. Aber das störte mich wenig. Ich verspürte im Augenblick sowieso wenig Neigung, mir den Ozean zu betrachten.

Ich warf meine Tasche ins Gästezimmer. Dann ließen wir uns beide im Wohnraum nieder.

»Möchten Sie etwas trinken fragte sie.

»Im Moment nicht«, erwiderte ich.

»Vielleicht einen Kaffee?«

»Nein, vielen Dank.«

»Haben Sie jetzt keine Angst mehr? Ich meine, weil Sie hier doch keinen unerwünschten Besuch mehr zu befürchten brauchen

»Ich habe keine Angst mehr

»Sie sehen aber noch immer ziemlich verkrampft aus, Rick. Vielleicht sollten Sie doch etwas trinken

»Okay«, sagte ich. »Dann trinke ich eben etwas

»Ich will Ihnen doch nur helfen«, meinte sie gepreßt.

»Ich nehme dasselbe, was Sie trinken

Sie holte eine Schale mit Eiswürfeln aus der Küche und öffnete eine Schrankklappe.

»Sind Sie mit Whisky einverstanden fragte sie.

»Ja, okay«, sagte ich. »Aber viel Eis.«

Sie schenkte ein und reichte mir mein Glas. Dann lächelte sie mir mit einem Anflug von Verlegenheit zu.

»Ich habe Ihnen ein kleines Geständnis zu machen«, begann sie. »Mich hatte weniger Unruhe als Nervosität gepackt, und ich war eigentlich entschlossen gewesen, Sie zu fragen, ob ich die Nacht in Ihrem Haus verbringen dürfe. Aber Sie haben mir dann den ganzen Wind aus den Segeln genommen

»Ich hätte vielleicht Bedingungen gestellt«, sagte ich.

»Zum Beispiel, daß ich in Ihrem Bett hätte übernachten müssen?«

»So ähnlich.«

»Mein Gott, Sie sind aber wirklich nicht besonders aufgelegt

»Meine blauen Flecken tun weh

»Welche blauen Flecken?«

Ich stellte mein Glas aus der Hand, zog meine Jacke aus und dann mein Hemd.

Sie riß erschrocken die Augen auf, als sie die Regenbogenfarben auf meinem Körper sah.

»Rick, es tut mir leid! Das habe ich nicht gewußt. Ich meine, als Sie sagten, Sie seien zusammengeschlagen worden, dachte ich...« Sie zuckte hilflos die Achseln. »Ich weiß selbst nicht genau, was ich mir gedacht habe

Ich zog mein Hemd wieder an und knöpfte es zu. »Ich tu mir im Augenblick ein bißchen selber leid«, sagte ich. »Bis jetzt hat mich noch niemand aus meinem eigenen Haus gegrault

»Wenn Sie keine Angst gehabt hätten, müßten Sie verrückt sein«, versicherte sie.

»Vielleicht würde ich mich wohler fühlen, wenn ich verrückt wäre

»Das ist doch Blödsinn Sie seufzte unterdrückt. »Ich meine, was hätten Sie denn tun können, wenn Sie heute nacht in Ihrem Haus geblieben wären? Die ganze Zeit wach sitzen für den Fall, daß die beiden tatsächlich kommen? Womöglich hätten Sie sich ganz umsonst die Nacht um die Ohren geschlagen

»Larry hat manchmal für Benny Lucas gearbeitet«, sagte ich, »das heißt, also auch für Manny Tyrrel, weil die beiden bis vor kurzem Partner waren

»Ich habe keine Ahnung, für wen er gearbeitet hat«, versetzte sie. »Ich weiß nur das eine: Auf anständige Art hat mein Bruder sein ganzes Leben lang keinen Dollar verdient

»Irgendwo muß es da eine Verbindung geben«, beharrte ich. »Dalton hat diese Fotos für Benny aufgenommen. Und er hat auch geknipst, als Craig Ihren Bruder totschlug

Sie zuckte zusammen. »Müssen wir das jetzt unbedingt erörtern

»Ich bin frustriert«, erklärte ich. »Wegen Skip und Chuck kann ich nichts unternehmen, solange ich nicht weiß, wo die beiden sind. Vielleicht hat Manny Tyrrel diesen Dalton irgendwo versteckt. Aber da komme ich auch nicht weiter. Jedenfalls heute nacht nicht mehr. Eigentlich müßte ich die Rolle eines Katalysators spielen, dabei verstecke ich mich hier, damit mich nicht zwei böse Wölfe erwischen

»Wenn Sie sich heute nacht sowieso nicht mehr als Katalysator betätigen und irgendwelche Reaktion herbeiführen können, dann versuchen Sie wenigstens, für eine Weile abzuschalten«, meinte sie ganz vernünftig.

»Ich denke, da haben Sie recht«, sagte ich.

»Müssen Sie dauernd diese Pistole tragen fragte sie. »Mir wird schon ganz unheimlich, wenn ich sie bloß ansehe

»Nein, natürlich nicht.« Ich schnallte das ganze Halfter ab und hängte es über eine Stuhllehne.

Sie leerte ihr Glas, und ich leerte das meine. Dann sah sie mich forschend an. »Ich denke, es ist Zeit, für heute Schluß zu machen«, sagte sie. »Ich für meinen Teil gehe jedenfalls ins Bett. Gute Nacht, Rick.«

»Gute Nacht, Yvonne.«

»Falls Sie noch etwas trinken möchten, bedienen Sie sich bitte selbst. Bis morgen früh dann.«

Nachdem sie gegangen war, goß ich mir noch einen Whisky ein, trank ihn schnell aus und machte mich auf den Weg ins Gästezimmer. Vielleicht sollte ich doch lieber nach Hause zurückfahren, überlegte ich mißgestimmt. Und die beiden umlegen, falls sie auftauchen sollten. Sofern sie mich nicht zuerst umlegten natürlich. Und wenn es mir nun gelang, die beiden zu erledigen, überlegte ich weiter, was hatte ich damit gewonnen? Zwei Leichen, deren Vorhandensein ich der Polizei erklären mußte. Aber Dalton war ich noch immer keinen Schritt näher gekommen.

Ich zog mich resigniert aus und stieg ins Bett. Helles Mondlicht fiel zum Fenster herein. Ich kämpfte mit mir, noch einmal aufzustehen und den Vorhang zuzuziehen, aber dann ließ ich es doch bleiben. Das Mondlicht änderte sowieso nichts an der Tatsache, daß ich hellwach war und nicht einschlafen konnte. Ich richtete mich auf und knipste die Nachttischlampe an. Es hatte zögernd an meine Tür geklopft.

»Rick?« Ihre Stimme klang gedämpft und noch zögernder als das Klopfen geklungen hatte. »Sind Sie noch wach

Ich stand auf und machte die Tür auf. »Nein«, sagte ich grinsend, »ich schlafe fest

Erst in diesem Augenblick wurde mir bewußt, daß ich überhaupt nichts anhatte. Aber das war ganz in Ordnung so. Ich war für die Gelegenheit angemessen bekleidet. Auch Yvonne war splitternackt. Sekundenlang starrten wir uns wortlos an. Dann kam sie in das Zimmer und drückte die Tür hinter sich zu.

»Ich habe mich so schrecklich einsam gefühlt flüsterte sie.

Das Licht der Nachttischlampe fiel mit sanftem Schimmer auf ihre vollen Brüste, den weichen Schwung ihres Leibes und die langen, wohlgeformten Beine.

»Armer Rick!« Sie kam näher an mich heran und fuhr mit beiden Händen über meinen Körper. »Es muß scheußlich weh getan haben Ihre Hände glitten weiter nach unten. »Gott sei Dank sind wenigstens ein paar Stellen verschont geblieben

Ich legte die Arme um sie und zog sie zu mir heran. Ihr Mund mit den feuchten, warmen Lippen fand den meinen. Dann spürte ich, wie sich ihre Zungenspitze zwischen meine Lippen drängte. Ich packte mit beiden Händen ihr Hinterteil und preßte sie an mich, während sie eifrig mit der Zunge meinen Mund erforschte.

Wir blieben sekundenlang so stehen. Dann hob ich sie in meine Arme und trug sie zum Bett hinüber.

Hinterher lagen wir noch lange Zeit eng umschlungen, die Beine ineinander verschränkt. Dann richtete sich Yvonne plötzlich auf, beugte sich vor, um mich ins Ohrläppchen zu beißen und sprang aus dem Bett, bevor ich mich revanchieren konnte.

Sie reckte wohlig die Arme empor. »Ich fühle mich so herrlich, Rick! Das muß unbedingt gefeiert werden, findest du nicht

»Da hast du recht«, pflichtete ich ihr bei.

»Ich habe noch eine Flasche Sekt im Kühlschrank. Die werden wir jetzt austrinken

Sie war im Handumdrehen mit der geöffneten Flasche und zwei Gläsern zurück. Wir ließen uns nebeneinander auf der Bettkante nieder und tranken. Nachdem sie ihr zweites Glas fast geleert hatte, warf sie mir einen lüsternen Blick zu.

»Ich merke schon, daß mir der Sekt in den Kopf steigt«, verkündete sie.

»Und mir steigt er noch ganz woanders hin«, erwiderte ich. »Trink dein Glas aus, dann werde ich es dir zeigen

Sie kippte den Sekt mit einem Zug nach hinten, dann stand sie auf und stellte ihr Glas weg. Dabei stolperte sie über meine Tasche, die noch auf der Erde stand.

»Räumst du nie deine Sachen weg wollte sie wissen.

»Nicht, wenn ich eine nackte Frau bei mir habe, die das für mich tun kann«, erklärte ich. »Es macht mir Spaß zuzusehen, wie du dich bewegst. Aber wenn du den Anzug in den Schrank gehängt hast, kommst du gleich ins Bett zurück. Verstanden?«

Sie ging kichernd mit meinem Anzug zum Schrank hinüber und machte die Tür auf. Dann begann sie erneut loszukichern.

»Was ist denn so Komisches in dem Schrank fragte ich.

Sie fuhr fort, die gleichen Laute von sich zu geben, doch dann merkte ich, daß es gar kein Kichern, sondern eher eine Art Ächzen war. Mein Anzug fiel zu Boden, während sich Yvonne langsam zu mir umdrehte. Ihre Augen waren vor Entsetzen geweitet, und sie zitterte wie Espenlaub.

»Was ist denn los

Ich kam gerade noch rechtzeitig aus dem Bett, um sie aufzufangen. Ich ließ sie behutsam zu Boden sinken und sah nach, was sie so erschreckt hatte.

Jemand hatte ihm einen Kleiderbügel unter das Jackett geschoben und ihn in den Schrank gehängt. Seine vergrößerten Augen starrten mich blicklos durch das dicke Brillenglas an. Sein Mund war noch immer mit ungläubigem Ausdruck geöffnet. Um den Hals trug er eine teuer aussehende Kamera. In der Mitte seiner Stirn klaffte ein schwarz umrandetes Loch, aus dem erstaunlich wenig Blut geflossen war. Seine Haut fühlte sich eiskalt an, und es gelang mir nicht, seinen rechten Arm zu bewegen. Die Totenstarre war also schon eingetreten, was hieß, daß er schon ziemlich lange tot sein mußte. Ein Gerichtsmediziner hätte das sehr viel genauer feststellen können. Aber die Polizei zu benachrichtigen war im Augenblick das letzte, was ich vorhatte.

Zumindest ein Problem war gelöst. Wir brauchten nicht mehr nach Lloyd Dalton zu suchen.

Wir hatten ihn gefunden.