ZEHN
„Während wir warten, können wir ja die Leute finden, deren Unterhaltung du mitgehört hast und herausfinden, wen dieser Savrov beleidigt hat, indem er seinen Namen genutzt hat”, sagte Gray zu ihr. Er tippte auf sein Ohr. „Bringt mir einen Typen namens Savrov.“
„Sie wollten ihn gerade umbringen, vielleicht ist er tot“, rief ihm Hannah in Erinnerung.
„Vielleicht, aber ich glaube, zwischen dem Moment, als du sie reden hören hast und bis ich dich dann gefunden habe, war nicht genug Zeit dafür. Ich denke, die Männer, die du gehört hast, waren die beiden, die ich im Korridor gesehen habe.“
„Tretet mal aufs Gas, Leute! Wo zum Teufel ist Savrov?“, sagte Gray in sein Kommunikationsgerät.
Es dauerte einige Minuten, aber es gab – scheinbar – keinen Savrov im Hangar. Alle waren überprüft worden.
Hannah war ein wenig schwindlig und sie rieb sich die Oberarme. Sie war sich nicht ganz sicher, ob ihr kalt oder heiß war. „Er könnte einer von den Leuten sein, die tot auf dem Schiff zurückgelassen wurden.“
„Das kann gut möglich sein. Warte eine Sekunde. Ich kann Mauro nicht sehen, hat er es geschafft?“, sagte Grayson kurz angebunden in sein Komm und lauschte der Antwort. Hannah wusste, dass das bei diesem riesigen Gebäude leichter war, als sich zuzurufen. Aber sie hätte auch gern mehr als nur die Hälfte der Unterhaltung mitbekommen. Und sogar das war eine Form von verbalem Steno.
„Scheiße“, knurrte er, nachdem er gehört hatte, was ihm in sein Ohrstück gesendet worden war.
Eine tote Spur, dachte Hannah mit schwarzem Humor. Bis zum heutigen Tag hatte sie noch nie eine Leiche gesehen und nun gewöhnte sie sich erschreckenderweise daran, eine Menge davon zu sehen.
„Wenn man den zeitlichen Ablauf in Betracht zieht, dann war der Mann auf der Treppe einer von denen, die du gehört hast“, wendete sich Gray ihr wieder zu. Schon unter normalen Umständen wäre es schwer gewesen zu wissen, mit wem er gerade gesprochen hatte, aber im Moment fiel es Hannah schwer, sich in einer normalen Unterhaltung zurechtzufinden. Ihre Konzentration und ihre Sehkraft wurden beide zunehmend verschwommener.
„Der andere Typ war ein Besatzungsmitglied. Er ist hier. Keiner von ihnen ist gefallen.“
Sie versuchte, ihre schwimmenden Gedanken zu sammeln und sah ihn mit leerem Blick an.
„Beim Kampf ums Leben gekommen. Ich habe einen Bodyguard auf der Treppe erschossen, er könnte der Boss sein. Er war mit einem Besatzungsmitglied zusammen, das ihn für uns identifizieren kann.“ Er legte ihr die Hände um die Oberarme und stabilisierte sie. Hannah hatte nicht einmal bemerkt, dass sie leicht schwankte. „Würdest du die Stimme des Mannes wiedererkennen, wenn du sie hörst?“
Das Zusammenziehen der Augenbrauen bereitete Kopfschmerzen. „Wen? Den toten Mann?“, Hannah rieb sich ungeduldig ihre Schläfen, in denen ihre nervigen Kopfschmerzen pulsierten. „Natürlich.“ Gott, war sie gereizt und verwirrt. Die Nervosität und der Drang, Streit zu suchen, könnten auch den Umständen zugeschrieben werden. Aber sie kannte ihren Körper und die Symptome waren ihr vertraut. Kalt und klamm, sie war verdammt noch mal am verhungern und ihr Herz klopfte angstvoll. Hypoglykämie, wahrscheinlich fortgeschritten, angesichts ihrer momentanen Umstände.
„Wie lange dauert es noch, bis das Flugzeug hier ist?“ Wenn es groß genug war, um den langen Flug zu schaffen und wenn Dutzende von Menschen an Bord erwartet wurden, dann würde es dort Essen geben. Etwas zu trinken.
Er schaute ihr über die Schulter. „Es ist vor ein paar Minuten gelandet. Danke“, sagte er zu einer Frau, die so wie er gekleidet war, als sie ihm eine Cola reichte. Er gab sie Hannah.
Sie sah sie skeptisch an. „Wo kommt die denn plötzlich her?“
„Hensley hat sie vom Flugzeug geholt. Komm“, sagte er sanft und nahm die Dose zurück. „Ich mach sie dir auf.“
Sie war sich völlig sicher, dass sie sich ihr verfluchtes Getränk selbst öffnen konnte, aber im Augenblick wusste sie nicht so genau wie.
Er legte seine große, warme Hand über ihre und hob sie ihr an den Mund. „Trink.“
Hannah öffnete ihren Mund und ließ sich die prickelnde, viel zu süße Limonade in den Mund laufen. Er versenkte die Finger seiner anderen Hand in ihrem Haar und stützte so helfend ihren Hinterkopf. Sie brauchte alle Hilfe, die sie bekommen konnte. Ihr Gehirn funktionierte nur noch in Zeitlupe.
„Trink alles aus, Schatz, mit dem Zucker wirst du dich besser fühlen.“
Und so war es auch, ihre Finger legten sich um sein Handgelenk, während sie trank. Sie konnte sich nicht gleichzeitig gegen Unterzuckerung und gegen Grayson wehren. Meine Güte, sie konnte im Augenblick kaum einen klaren Gedanken fassen.
„Du machst mir höllische Angst, Tink, weißt du das? Ist nicht deine Schuld. Aber verflucht, du brauchst jemand, der sich um dich kümmert.“
„Brauch ich wirklich nicht“, sagte sie scharf und entzog sich ihm, sodass seine Hand fiel. Die Limo zu trinken half. Ziemlich gut. Und sie fühlte sich mit jedem Moment klarer, in dem der Zucker ihr ins Blut überging. „Ich sollte nur ein paar Tage hier sein, höchstens. Ich bin mit genug Insulin für zwei Wochen hergekommen und mit einer ganzen Tasche voll von Snacks und Süßigkeiten für Notfälle. Ich wusste nicht, dass ich entführt und gezwungen werden würde, all meine Sachen auf einem dem Untergang geweihten Schiff zurückzulassen.“
Er strich ihr über die Wange und graue Augen musterten ihr Gesicht. „Das war ja auch noch.“
Sie fuhr sich befangen mit den Fingern durch ihr zerzaustes Haar. Ihr Make-up hatte sie sicher schon vor Stunden abgeschwitzt und wahrscheinlich hatte sie Pandaaugen.
Sie legte ihre Hände auf die harte Wand seiner Brust und schob ihn jämmerlich kraftlos von sich. Sie spürte das Knistern des Kontaktes bis ganz hinauf in ihre Arme. „Du bist in meiner Intimsphäre und all deine Spionellen beobachten uns.“
„Bist du bereit, den Typen zu identifizieren?“
Er sprach in sein Kommunikationsgerät, während er sie beobachtete. Seine Augen machten eine ganze Menge ganz eigener Versprechen. „Bringt Deeks zu mir.“ Er drehte sich zu ihr zurück und seine Augen blickten sie konzentriert an. „Was soll er sagen?“
Sie dachte über die Unterhaltung nach, die sie mitgehört hatte. „‚So wie angewiesen. Exakt dreißig Minuten von jetzt an.‘“ Was sich zufällig als viel weniger herausgestellt hatte.
„Du wirst die Stimme allein daran erkennen?“
„Absolutes Gehör, du erinnerst dich?“
„Es gibt keine einzige Sache über dich, die ich vergessen habe.“ Er hielt ihrem Blick ohne zu zucken stand.
„Dann bleibt ja nur noch, dass dein Orientierungssinn gestört ist. Man möchte meinen, dass ein Typ wie du, der ein schlagkräftiges Team wie das hier anführt, den Weg nach Hause finden könnte. Andererseits … könnte man sich da auch irren.“
„Glaub ja nicht, dass ich dich nicht mit verbundenen Augen, im Dunkeln, auf einem anderen Planeten finden würde“, murmelte Gray gepresst.
Sie verdrehte die Augen. „Klar, schätze, mich in meiner eigenen Wohnung zu finden, war einfach viel zu leicht. Nächstes Mal werde ich dran denken, dem Bräutigam die Augen zu verbinden und die Kirche auf einem Planeten ohne verfluchtes Sonnenlicht zu buchen.“
Gray presste die Kiefer aufeinander. „Offensichtlich geht’s dir besser.“
„So langsam.“
Ein hochgewachsener, grimmig aussehender Mann mit graumeliertem Haar und schroffem Gesicht kam heran zu Grayson. „Alle sind fertig und Deeks humpelt seinen Hintern gerade hierher.“
„Gut“, sagte Hannah, dankbar für die Unterbrechung. „Dann ist das hier gleich vorbei und ich kann nach Hause.“
„Das ist nicht vorbei, Tink.“
„Grayson, du bist ein Versprechen und drei Jahre zu spät dran“, sagte Hannah schneidend. „Bring ihn einfach dazu, die Sätze zu sagen, damit ich von hier verschwinden kann.“
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Absolutes Gehör hatte scheiße wenig mit dem Erkennen einer Stimme zu tun. Ganz besonders, wenn Hannah zu der Zeit Angst um ihr Leben hatte. Aber sie war alles, was er im Moment hatte. „Bringt Deeks her.“
Die drei verängstigten und laut protestierenden ‚Investoren‘, inklusive seines kleinen Bruders, forderten ihre Rechte ein. Als hätten sie irgendwelche Rechte in einem fremden Land und im Umgang mit Terroristen, die auf der verfluchten Fahndungsliste stehen.
„Legt sie auf Eis“, wies er die Teams an.
„Was willst du mit der Besatzung machen? Mitnehmen, entsorgen oder hierlassen?“, fragte Kyatta in seinem Ohr, während er einen ungesund aussehenden Typen, mit zu viel Körperfett und einem kleinen Glatzkopf zu den anderen aufgestellten Bodyguards bugsierte. Wegen der Fußfessel konnte er nur kleine Schritte machen. Obwohl Gray angewiesen hatte, sie am Leben zu lassen, wurde an die Lebensqualität kein Gedanke verschwendet. Viele der Kriminellen hatten gesprungene Lippen, ausgewählte, klaffende Wunden und eine Sammlung bunter Blutergüsse. Was für ein Jammer.
Die Besatzung war noch nicht vernommen worden. Sie würden so gut wie gar nichts wissen, außer, dass sie sich vor der Küste von Südafrika um ihr eigenes Bier gekümmert hatten, dann gekapert, entführt und dazu gezwungen worden waren, für die lange Reise nach Südamerika an Bord zu bleiben. Sie kannten keine der Personen an Bord, außer sich selbst und dies war das erste Mal seit Monaten, dass sie an Land waren. Ihre Körpersprache zeigte deutlich, dass sie sich nicht einmal untereinander mochten und so schnell wie möglich verschwinden wollten. Sie waren von niedrigster Priorität und würden als letzte verhört werden.
„Klar“, sagte Gray zu Charlie. „Wir bringen die Besatzung nach Hause. Wo auch immer das ist. Verwahrt sie vorerst sicher.“
„‘Ne Sekunde noch“, sagte er zu Hannah, fort vom Komm. Sie sah wesentlich besser aus, seit dem sie die Cola getrunken hatte. Sie hatte wieder Farbe im Gesicht und sie zitterte nicht mehr. Sie hatte ihm eine Höllenangst gemacht, als sie in den Hangar gekommen waren und er gesehen hatte, wie schwach und abwesend sie gewesen war.
Er hob ihr Kinn und Hannah blickte ihn kühl an: „Hast du keine Terroristen, die du terrorisieren musst?“
„Ich habe ein paar Minuten Zeit und kompetente Leute, die das Terrorisieren übernehmen.“
Sie verdrehte die Augen. „Bitte verschwende deine freien Minuten nicht auf mich. Geh zu deinem Spionage Kram. Ich bin ein großes Mädchen. Ich kann beiseitetreten und deine männliche Tapferkeit … beobachten.“
Er lächelte. „Du bist knatschig.“
„Ach denkste?“ Sie warf ihm einen genervten Blick zu. „Beweg dich und mach dein Spionage Kram, damit ich das hinter mir lassen kann.“
Die Nachwirkungen eines Adrenalinschubes wirkten sich bei den meisten Menschen so aus – knatschig zu sein war noch mild. Er hatte Leute in manische Raserei verfallen und völlig überschnappen sehen, die nur halb so viel durchgemacht hatten, wie Hannah soeben. Er vermutete, dass in ihrem Fall ihre Reizbarkeit auch eine Menge mit niedrigen Blutzuckerwerten zu tun hatte.
Gott sei Dank war das Flugzeug angekommen, denn Gray war sich ziemlich sicher, dass sie jetzt in einem Scheiß Koma sein würde, wenn ihre Hypoglykämie schlimmer geworden wäre, statt ihm hier freche Antworten zu geben. Zu wissen, dass er ihre Krankheit mit hätte einkalkulieren sollen, ließ es ihm übel werden. Und so verflucht wütend auf seinen Bruder, dass er Colton ungespitzt in den Boden rammen wollte. Zweimal. Einmal für sich selbst. Einmal für sie.
Er stellte sich so hin, dass er Hannah im Auge behalten konnte und teilte seinen Teamführern mit, was sie zuvor im Korridor gehört hatte.
Um sie herum wurden Menschen verlegt und neu in einer Linie aufgestellt. „Ohne Besatzung.“ Nicht, wenn ihre Interpretation der Unterhaltung korrekt war. „Einer der Männer gab offensichtlich die Befehle. Ich habe einen Typen im Korridor vor ihrer Kabine erledigt. Bodyguard Typ. Bewaffnet. Er war mit einem Besatzungsmitglied dort. Bin nicht sicher, ob sie die beiden waren, die sie gehört hat. Einem Besatzungsmitglied wäre die Sprengung des Schiffes nicht anvertraut worden, oder die Sicherung der Diamanten. Der Mann, der die Befehle gegeben hat, muss also einer der drei bekannten Anführer an Bord sein. Der andere ein hochgestelltes Mitglied der Organisation.“ Er musterte die aufgestellten Männer. „Fehlt jemand?“
„Nur Mauro, weißt du noch?“
„Jupp. Totale Scheiße.“ Sorenson oder Deeks mussten Steinfisch verraten oder diese gesamte Mission war eine verdammte Pleite. Und die Diamanten hatten sie immer noch nicht gefunden. Gray hoffte, sie waren auf dem Grund des Ozeans.
„Kannst du noch ein paar Minuten durchhalten und einigen dieser Typen zuhören, bevor du gehst?“
„Sicher.“
„Einer nach dem anderen, du zuerst.“ Gray zeigte auf William Deeks, einen zweiundvierzig Jahre alten Kenianer in einem dunklen, abgewetzten, befleckten tausend Dollar Anzug mit aufgeknöpftem, weißem Hemd und dreitausend Dollar Schuhen. Der Mann, der seit mehr als zweiundzwanzig Jahren mit Steinfisch arbeitete. Keine bekannte Adresse. Schwester: alleinstehende Mutter, kleine Tochter. Beide leben in Nairobi. Die mahagoniefarbene Haut des Mannes glänzte im Deckenlicht. Er sah nicht nervös aus, nicht einmal sonst wie besorgt.
„Ihr werdet Esmeralda nicht lebend verlassen“, sagte Deeks mit seiner gut tönenden Stimme, die Afrika gemischt mit britischer Privatschule hören ließ, während er von Bren Edde zügig vorwärts geschoben wurde. „Geschweige denn Ecuador. Steinfisch weiß über die T-FLAC Bewegungen Bescheid und die Vergeltung wird heftig und schnell sein.“
„Wir haben Adimu und Dafina“, erwiderte Gray ohne zu zögern. „Wo finden wir deinen Chef und wer von euch hat die Diamanten?“
Als der Kenianer die Namen seiner Schwester und seiner Nichte hörte, zuckte er in Reaktion darauf zusammen. Aber er hatte sich sehr schnell wieder im Griff und blickte Gray undurchschaubar an. „Du würdest keine Frau und kein kleines Kind verletzen.“
„Um Steinfisch in die Finger zu bekommen? Scheiße, klar! Ganz sicher würde ich das. Beantworte die Frage.“
„Niemand weiß, wo er ist. Wir wissen es nie. Und für die Diamanten ist die Antwort eindeutig. Auf dem Grund des Südpazifiks.“
„Ist das deine endgültige Antwort?“
„Das ist die Wahrheit.“
Nicht einmal annähernd. Aber sie hatten Zeit und die angemessenen Räume, um ihn woanders zu befragen. Im Augenblick wollte er, dass Hannah die Stimme erkannte, damit sie gehen konnte. „Wiederhole diese Worte. ‚So wie angewiesen. Exakt dreißig Minuten von jetzt an.‘“
Deeks wiederholte die Worte. Hannah schüttelte den Kopf und der Mann wurde in seine Ecke des Hangars zurückgebracht.
„Bringt Sorenson.“
Sorenson, ein Mann Ende fünfzig, mit weißem Haar, gepflegter Sonnenbräune und Unterlippenbärtchen, starrte ihn kalt und berechnend an. Genau wie Deeks trug er einen maßgeschneiderten Anzug und teure Schuhe. Er sah völlig heruntergekommen aus, mit einem langen Riss im Hosenbein und einer Gesichtshälfte bedeckt mit getrocknetem Blut aus einer hässlichen Wunde über seinem Auge. Grays Leute hatten ihm die Krawatte abgenommen. Aber er sah aus wie ein Mann, der sein Hemd bis oben hin zuknöpfte und irgendeine teure Krawatte in einem Windsor Knoten gebunden trug.
Grayson wiederholte seine Fragen zu Steinfisch und den Diamanten, drohte dem Mann damit, ihm seine Medikamente zu verweigern und erhielt als Antwort Schweigen.
„Beantworte die verfluchte Frage“, sagte Gray kalt, da der Mann einfach nur dastand.
„Ist dir entgangen, wie das Schiff explodiert ist?“
„Da deine Leute die Detonation angezettelt haben, Arschloch, wissen wir, dass jemand sichergestellt hat, dass die Steine sicher waren, bevor es hochging. Ist es nicht Zeit für deine Medikamente?“
„Ich weiß nicht, was mit den Diamanten passiert ist. Wenn ich sterbe, hast du gar nichts.“
„Wenn du am Leben bleibst, habe ich gar nichts“, sagte Gray. „Was habe ich also zu verlieren, wenn ich dabei zusehe, wie dein Herz versagt?“ Gut gedrillt und loyal bis zum Untergang, schwieg Sorenson weiterhin.
„Sag das-“
„Fick di-“ Plötzlich griff sich der ältere Mann an die Brust und fiel auf die Knie. Mit aufgerissenen, wilden Augen keuchte er: „Medikament.“
„Gerne. Wiederhol das zuerst: ‚So wie angewiesen. Exakt dreißig Minuten von jetzt an.‘“
Sorenson fiel vornüber und rang mit schmerzverzerrtem Gesicht nach Atem.
„Scheiße.“ Grayson hockte sich neben ihn und prüfte den Puls an seinem Hals. Schien ihm in Ordnung zu sein, aber was wusste er schon über Herztransplantation? „Willst du noch irgendetwas sagen, um Abbitte für deine Sünden zu leisten, bevor du krepierst?“
„Grayson!“, rief Hannah entsetzt.
„Hilf. Mir.“
„Hilf mir zuerst, Blödmann. Wo ist Steinfisch?“
„Sir?“ Ein Besatzungsmitglied, das nah genug war, um zu sehen, was passierte, erhob die Stimme, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Um die vierzig, Glatze, Britisch. Seine Kleidung war so wie die der meisten anderen Gefangenen mit getrockneten Blutspritzern, Fettflecken und Flecken von dem öligen Rauch der Explosion bedeckt. Eine rote Wunde auf seiner Wange sah wie eine Verbrennung aus.
„Wenn ich kurz fragen darf“, sagte er ehrerbietig. „Ich habe auch ein Herzproblem. Ich habe Medikamente. Wenn ich die zurückhaben könnte…?“ Er blickte hinüber zu Kyatta.
Hannah griff nach seiner Hand. „Das ist-“
„Einen Augenblick, Schatz.“ Charlie blickte ihn fragend an. Grayson nickte. „Sicher. Bring sie herüber.“ Entweder es funktionierte, oder nicht. Auf ein weiteres Nicken von Gray hielt Charlie Kyatta an und verabreichte Sorenson das Medikament.
„Das ist er!“ Hannah griff mit beiden Händen seinen Unterarm. „Das ist der Mann!“
Gray sah zu, wie Charlie versuchte, Sorensons Mund zu öffnen und ihm die verdammte Pille zu geben. Schöner Mist, jetzt durfte der Mann nicht sterben. „Es war Sorenson?“ Kein Wunder. Sorenson war Steinfischs Nummer eins. Er lag ausgestreckt auf dem Boden und es sah so aus, als erholte er sich ziemlich schnell von seinem ‚Herzanfall‘, so wie er Charlie Kyattas Hand aggressiv von seinem Mund fortschlug.
„Nein. Um Himmels Willen, Grayson! Nicht er! Der Mann dort, der Hilfe angeboten hat! Von der Besatzung! Er spricht mit einem scheinbar Britischen Akzent, aber er ist Amerikaner. Das ist der Mann, den ich vor meiner Kabine gehört habe.“