Kapitel 13
~Caleb~
Endlich hatte er etwas zu tun auf diesem riesigen Anwesen. Caleb hatte in den letzten Wochen nichts anderes getan, als James‘ Whiskey Vorräte zu schmälern und nun war er froh, dass er diesen Jäger im Auge behalten sollte. Xaido Barross stellte unangenehme Fragen und Caleb würde sicher auch das eine oder andere unliebsame Detail über ihn erfahren können, wenn er nur tief genug grub. Er hatte vor sich als Freund auszugeben, um an Informationen zu kommen, die James von Nutzen sein konnten, damit der Jäger ihn und Cassandra nicht mehr behelligte.
Vor der Tür des Salons hatte er sich gegen die Wand gelehnt und lauschte dem Gespräch der Jäger. Er hatte neun verschiedene Stimmen gezählt und festgestellt, dass sie alle von Herren stammten.
Vermutlich war Lady Cassandra noch nicht dazu gestoßen, aber die hitzige Diskussion über die Werwölfe des Vorabends ließ ihn schmunzeln.
„Fallen werden bei diesen Monstren nichts ausrichten, sie sind äußerst schwer zu fangen. Wir müssen eine Treibjagd machen und aufpassen, dass uns nichts geschieht“, hörte er einen der Nimrode sagen.
„Wir müssen uns ihnen aus allen Himmelsrichtungen nähern, wenn wir sie erst ausfindig gemacht haben“, meinte einer von ihnen.
„Vor allem müssen wir sie erst einmal ausfindig machen. Am häufigsten griffen sie in dem Dorf an, in dessen Gasthaus Lady Cassandra sich befand. Zwei von uns werden sich in dem Dorf verstecken, alle anderen Schützen werden um das Dorf herum Stellung beziehen. Scheinbar reißen sie am liebsten Damen, also wird Lady Cassandra als Lockvogel herhalten müssen“, überlegte ein wiederum anderer Jäger laut.
Hinter Caleb räusperte sich jemand, langsam drehte er sich um und sah in zwei wundervolle blaue Augen.
„Mylady“, sagte er höflich und verbeugte sich galant, sie knickste leicht.
„Dürfte ich erfahren, warum Ihr vor dieser Tür steht und das Gespräch meiner Mitstreiter mit anhört?“, fragte sie höflich.
„Wenn ich mich vorstellen dürfte. Mein Name ist Caleb von Kreguthal“, sagte Caleb, statt ihre Frage zu beantworten, und fragte: „Mit welch äußerst anmutender Schönheit Ihr gesegnet seid, Lady … Wie war noch Euer Name?“
Er lenkte die Jägerin ab, sicher war es James‘ Herzensdame und er würde vor ihr sicherlich nicht zugeben, dass er gelauscht hatte. Im Salon regten sich die Jäger, scheinbar erhoben sie sich und kamen zur Tür.
„Mein Name lautet Cassandra von Dulanis“, erwiderte sie, scheinbar hatte es funktioniert, sie abzulenken.
„Seid Ihr aus dem Hause des Herzogs?“, fragte er neugierig.
„Der Herzog ist mein Vater“, antwortete sie geduldig.
Die Tür öffnete sich und die junge Dame blickte den Jäger an.
„Wo hast du gesteckt, Cassandra? Wir haben uns nun ohne dich besprochen. Komm mit, ich werde dich ins Bild setzen“, sagte er.
Das musste Xaido Barross sein, denn James hatte etwas davon gesagt, dass sie miteinander befreundet waren und sich formlos ansprachen.
Cassandra hob ihre Hand, um den Jäger daran zu hindern sie am Arm zu fassen.
„Bitte warte im Speisesaal auf mich, ich bin bald bei dir“, sagte sie und er ging davon. Die anderen Jäger folgten und warfen ihnen misstrauische Blicke zu. Caleb und Cassandra lächelten ihnen zu, als alle vorübergegangen waren, richtete sie wieder das Wort an ihn.
„Warum habt Ihr dieses Gespräch mit angehört?“, fragte sie ihn leise, scheinbar hatte sie das Gefühl, dass ihre Mitstreiter noch nahe genug waren um sie zu belauschen.
Caleb jedoch wusste es besser, er hörte ihre Schritte über ihnen und einige, wie sie noch die Stufen erklommen.
„James bat mich ein Auge auf Euren Mitkämpfer Barross zu haben, weil er ihn über Euch ausgefragt hat. Der Graf möchte bloß vermeiden, dass Eure Ehre beschmutzt wird“, erwiderte Caleb ehrlich.
Die Jägerin nickte und schüttelte den Kopf kaum merklich.
„Wenn man die einzige Dame in einer Welt ist, die von Herren dominiert wird oder besser, eine der wenigen Damen ist, dann kommt der Beschützerinstinkt dieser zum Vorschein. Meine Ehre wird schon nicht beschmutzt werden und ich bitte Euch unsere Gespräche nicht mehr mit anzuhören“, bat sie ihn.
„Ich tue bloß das, worum mein bester Freund mich bat, Mylady“, erwiderte er und fuhr fort: „Ich werde James mitteilen, dass Ihr sein Einmischen nicht wünscht und mich nun zurückziehen.“
Cassandra lächelte ihn an und knickste erneut. Ohne ein weiteres Wort war sie davon gegangen und in Richtung des Saales verschwunden. Langsam und lautlos folgte Caleb ihr, neben der Tür des Speisesaals blieb er stehen und lauschte dem Gespräch, welches die beiden Jäger miteinander führten.
~James~
Heute würde der Mond in vollem Glanz stehen und er war bereit fort zu reiten. Caleb war bereits am Morgen fortgeritten, doch James konnte das Haus so früh nicht verlassen ohne das Misstrauen der Jäger zu wecken.
Xaido behielt ihn seit Tagen schon im Auge.
Cassandra hatte er zwar gesehen, aber keine weitere Nacht mit ihr verbracht. Der Graf war mit seinem Latein am Ende. Er wusste nicht, wie er sie wieder für sich gewinnen, sollte eigentlich hatte er gedacht, dass ihre letzte gemeinsame Nacht alle Missverständnisse bereinigt hätte, doch scheinbar war dem nicht so.
Noch immer hielten die Jäger der Silberstreifgilde sich im Haus auf und besprachen ihr Vorhaben, die beiden Werwölfe zur Strecke zu bringen.
James drang der Schweiß aus seinen Poren. Sein Gehör wurde empfindlicher und beinahe jedes Wort, das er anhörte, schmerzte ihn.
Er musste hinaus, weit weg und das, damit sie ihn nicht umbrachten, weil sie ihn mit einem der anderen Monstren verwechselten.
Er verließ sein Gemach und machte sich zur Tür auf, er spürte bereits, wie die Verwandlung begonnen hatte.
James öffnete die Haustür und wollte raus, aber etwas hielt ihn auf. Er blickte zu Boden und sah die Salzspur, die die Jäger gelegt hatten, um alle finsteren Wesen zu bannen.
Das Salz wirkte wie eine Mauer. Er war gefangen.
„Herr“, sagte Esra erschreckt, der hinter ihm aufgetaucht war.
Sein Diener wusste genau, dass es James unmöglich war, den Verwandlungsprozess bei Vollmond zu vermeiden.
„Bringt mich weg, Esra“, wies er seinen Butler an.
„Folgt mir Herr“, erwiderte er und machte auf dem Absatz kehrt.
Der Graf wandte sich um und folgte ihm.
Hurtig lief Esra zur Kellertür, der Kellerspeicher in dem das Brennholz verwahrt wurde, war mit einer Metalltür verschlossen und dort wäre James sicher.
Nacheinander liefen sie eilig die Treppen hinunter und Esra führte James in den trockenen Kellerraum.
„Lasst mich allein“, sagte James, seine Stimme war vom Schmerz verzerrt.
So viele Male hatte er diese Verwandlung bereits erlebt, doch jede schmerzte höllisch.
Sein Butler folgte dem Befehl seines Herrn, ging hinaus und verschloss die Tür von draußen.
James hörte, wie der Riegel vorgeschoben wurde und die Schritte Esras sich entfernten. Nervös ging der Graf hin und her. Seine Hände krallten sich in sein langes Haar, als wollte er sich die Haut vom Kopf reißen.
Schweiß quoll aus seinen Poren und der Stoff seiner Kleidung brannte auf seiner Haut. James ließ sein Haar los und riss sich seine Kleider vom Leib, unbeachtet landeten die Stofffetzen auf dem staubigen Boden.
Er war nackt und sein Gesicht war der Ausdruck reinsten Schmerzes. Heiß loderte es in seinem Inneren und kalt glänzte der Schweiß auf seiner Haut.
Der Graf sah, hörte und roch nichts mehr.
Dieser Schmerz zwang ihn in die Knie. Die Berührung des staubbedeckten Holzbodens, auf dem auch einzelne Splitter Holz lagen, war die stachelige Spitze der Pein. Nur seine Hände und seine Füße berührten den Boden, sein Körper wölbte sich nach oben, doch das Elend zwang nun auch noch seine Knie auf den Boden. James konnte nicht schreien, weil diese Qualen ihm die Stimme nahmen. Ein beobachte würde nur ein Keuchen hören, ausgestoßen von Lungen, die sich mit Luft füllen und dabei ihre Form ändern. Knochen brachen und sortierten sich neu. Organe veränderten ihr Form und Größe und ordneten sich neu an.
James‘ Oberschenkel verkürzten sich, seine Hände und Füße verlängerten sich. Finger verkürzten sich, Klauen und Krallen wuchsen. Fell wuchs und bohrte sich wie feurige Nadelstiche durch seine schweißnasse Haut. Man hörte das Knacken der brechenden Knochen.
Niemand, der solch eine Verwandlung noch nicht durchgemacht hatte, konnte im leisesten erahnen, wie sehr es schmerzte. Blutig fielen ihm die Zähne aus und seine Kiefer verformten sich. Neue Zähne wuchsen, scharf und spitz waren sie bereit Beute zu reißen und zu töten. James Nase war so empfindlich, dass Gerüche zu sehen waren. Die Ohren wurden so scharf, dass Töne zu sehen waren. Ein letztes Mal erbebte der Körper des Grafen, ein letztes Mal dachte er als Mensch und dann war seine Verwandlung vollendet. Ein Werwolf heulte inmitten des Holzvorrates und brach durch die Falltür hinaus in die Vollmondnacht.
~Esra~
Gerade als Esra die Kellertüre verschlossen hatte, hörte er wie Holz zerbrach. Sofort kamen die Jäger herbei gestürmt und wollten das Haus verlassen.
„Das war sicherlich nur der Holzvorrat, manchmal passiert es, dass die Scheite umfallen und es gibt ein solches Geräusch“, wandte er sich an die Monsterjäger.
Argwöhnisch musterten sie den Butler und nickten.
„Wir sollten dennoch nachsehen, es kann auch sein, dass die Werwölfe zurückgekehrt sind“, erwiderten Hernan und Xaido im Chor.
Hilfesuchend sah er Cassandra an, die scheinbar wusste, was tatsächlich geschehen war.
Die Jägerin räusperte sich.
„Meine Herren, reitet ins Dorf, wenn es wirklich die Werwölfe sind, werde ich sie zu Euch führen.“
Bewundernd sahen die Jäger ihre mutige Mitstreiterin an und nickten.
Die Männer verließen das Haus und nur wenig später ritten sie davon. Cassandra sah ihnen, am Fenster stehend, nach.
Sie wandte sich an Esra.
„Packt Kleidung für den Grafen ein und gebt sie mir. Ich werde mich auf die Suche nach ihm begeben.“
Esra gefiel es nicht.
„Ihr werdet dem Herrn doch wohl nichts antun?“
Scheinbar ärgerte seine Frage sie.
„Wenn ich ihn zuerst finde, wird er diese Nacht unbeschadet überstehen“, erwiderte sie gekränkt.
„Ich danke Euch, Mylady“, sagte er und näherte sich der Tür.
„Bringt die Tasche in den Stall, dort werde ich Euch erwarten“, wies sie ihn freundlich an und verließ den Salon.
Schnell lief der Butler in James‘ Gemach und warf Hose, Hemd und Umhang in eine Tasche.
Er hoffte, dass Cassandra die Wahrheit gesagt hatte und dem Grafen nichts antun würde.
Wie sie verlangt hatte, brachte er die Handtasche eilig in den Stall. Er sah, dass die Jägerin das Pferd bereits gesattelt hatte und sie war bewaffnet. Er räusperte sich.
„Warum tragt Ihr Eure Waffen?“, fragte er in seinem gewohnt teilnahmslosen Ton.
„Weil es dort draußen zwei Werwölfe gibt, die mir ans Leder wollen“, erwiderte sie und stieg auf Athene.
Die Jägerin hielt ihre Hand auf, um die Tasche entgegen zu nehmen.
„Ich werde den Grafen gesund zurück bringen“, sagte sie lächelnd und Esra reichte ihr die Tasche mit James‘ Kleidern.
Er nickte ihr zu und sie ritt los. Ihr Umhang wehte im Wind, der ihr entgegenschlug, ebenso wie ihr langes Haar.
Sie war gänzlich in schwarz gekleidet und Esra vermutete, dass es Absicht war, weil sie nun kaum mehr auszumachen war.
Der Diener sah bloß die Stute, die sich immer weiter entfernte. Eilig verließ Esra den Stall und wollte den Schaden an der Falltür zum Keller ansehen. Er ging um das Haus herum und sah, dass das Holz zerstört war. Splitter und größere Stücke lagen im näheren Umkreis herum. Seufzend holte der Butler Bretter, einen Hammer und Nägel, um das Loch zu reparieren. Er positionierte sie und begann sie festzumachen. Es dauerte nicht lang und es war dicht, am Morgen würde er einen Handwerker beauftragen, um eine neue Tür dort anzubringen.
Esra sammelte die Holzsplitter und Stücke ein, die um ihn herum lagen, und schaffte sie schnell in den Kamin des Salons. Schon oft hatte er Beweise vernichten müssen und er tat es immer wieder gern, denn der Graf schützte ihn und Margret. Deshalb wollte er auch James beschützen, doch die Jäger die nun auf Werwolf Jagd waren, erschwerten es Esra.
~Cassandra~
Athene galoppierte durch die düstere Vollmondnacht und Cassandra sah sich hektisch um. Immer wenn Äste brachen, stoppte sie das Pferd und ritt in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Doch meist hatte die junge Jägerin es sich eingebildet und niemanden ausmachen können. Drei Werwölfe machten Avabruck unsicher und sie hoffte, dass James nicht in die Arme ihrer Mitstreiter laufen würde. Cassandra war hin und her gerissen, würde die Silberstreifgilde erfahren, dass sie ein Monster geschützt hatte, würden sie sie unehrenhaft entlassen und aus Belron verbannen. Auch wenn er ein Monstrum war, den Tod hatte er nicht verdient und in seinem Fall, war es ihr egal, dass ihre Lebensaufgabe auf dem Spiel stand.
Das Ross galoppierte durch das nächtliche Avabruck. Auf einmal vernahm Cassandra hinter sich schwere Pfotenschläge und sie sah über ihre Schulter.
„Verdammt“, fluchte sie und trieb Athene weiter an.
Hinter ihr waren zwei Werwölfe aufgetaucht und jagten sie. Mehrmals riskierte sie einen Blick. Weil sie abermalig über ihre Schulter geblickt hatte, übersah sie den Ast, der sie vom Pferd riss. Mit einem dumpfen Aufprall landete die Jägerin auf ihrem Rücken und Athene galoppierte weiter. Die Tasche mit James Kleidung hatte sie noch umhängen und nun erhob sie sich ruckartig, schnell hatte sie ihre Silberklingen gezogen und stellte sich den Monstern. Erneut.
Das silberne Mondlicht fiel auf das Fell der Werwölfe und schimmerte. Ihre Schatten waren monströs, ebenso wie sie selbst und vorsichtig wich Cassandra zurück.
Sie folgten ihr langsam, als würden sie ihre Beute in Sicherheit wiegen wollen. Es reichte der Jägerin, sie zog einen Beutel mit Silberstaub aus ihrer Hosentasche und warf ihn auf die Werwölfe. Ihr Heulen war ohrenbetäubend.
Cassandra hörte weitere Pfotenschläge auf sich zukommen. Sie hoffte darauf, dass es James war, der zu ihr eilte und vor allem, dass er sie nicht angreifen würde. Denn verteidigen würde sie sich allemal. Einer der Werwölfe rannte auf sie zu und holte mit seinen Klauen aus. Cassandra riss die Klinge hoch und zog durch. Die linke Pfote des Einen flog durch die Luft und landete im Gras. Das Monstrum heulte laut und stürmte erneut auf sie zu.
Der andere Werwolf näherte sich ihr von hinten und nun bereute sie es, sich alleine auf die Suche gemacht zu haben, doch war es notwendig, weil niemand ihrer Mitstreiter James‘ Geheimnis kannte. Ein entfernteres, tieferes Heulen zerriss die Stille der Nacht.
„Oh nein“, sagte sie leise und trat die Flucht an.
Cassandra rannte los, gegen drei Werwölfe würde sie niemals ankommen. Sie stolperte und landete bäuchlings im Gras.
Die Monstren näherten sich ihr. Sie kroch weiter und hoffte im hohen Gras zu entkommen. Ein Windhauch striff ihre Wangen, über sie war etwas hinweg gesprungen und sie richtete sich auf. Sie sah, wie dort wenige Meter von ihr entfernt, drei Ungetüme miteinander kämpften. Heulen, jaulen und knurren drang zu ihr herüber und dann ein Schrei. Der hinzugekommene Werwolf hielt die anderen beiden in Schach.
Die Jägerin rappelte sich auf und hockte sich in das hohe Gras, unbedingt wollte sie dieses Gefecht beobachten, denn normalerweise kämpften diese Monster nicht miteinander, sondern gingen sich aus dem Weg. Doch dies war ein Kampf um das Revier. Klauen holten aus und schlugen zu, Zähne gruben sich tief in die Glieder. Es war grausam was die Jägerin mit ansah und doch hoffte sie, dass der größte Werwolf ihre Verfolger besiegte. Knochen knackten und brachen, doch wusste Cassandra, dass sie ebenso schnell verheilten. Der einzige Weg diese Wesen unschädlich zu machen, waren Silberklingen oder man musste ihnen die Glieder abschlagen, so wie sie es mit der Pfote des Einen getan hatte.
Der Größte von ihnen schlug ihre beiden Angreifer in die Flucht und, scheinbar, geschwächt schleppte er sich in den Wald zu anderen Seite der Straße.
Mutig folgte die Jägerin ihm, es konnte bloß James sein. Ihre Suche und dieser Kampf hatten beinahe die ganze Nacht gedauert. Äußerst vorsichtig bewegte sie sich zum Waldrand, vertraute voll und ganz auf ihr Gehör und folgte dem Monstrum weiter. Sie hörte ihn schnauben. Ein lauter Aufprall ließ die Jägerin zusammenzucken und ihre Klinge hielt sie schützend vor sich. Cassandra näherte sich einer Lichtung, finster lag sie vor ihr, weil die Wolken sich vor den Mond geschoben hatten. Dort lag er, der Werwolf. Atmete schwer und schien verletzt zu sein. Sie war sich sicher, dass er sie nicht angreifen würde, und schlich sich zu ihm. Wenige Meter von ihm weg, kniete sie sich auf den Boden und sah ihn an.
„James?“, fragte sie leise und das Monstrum knurrte schwach.
„James, ich weiß, dass Ihr es seid“, sagte sie und vorsichtig kroch sie auf ihn zu. Sie setzte sich zu dem Werwolf und die restliche Nacht verharrten sie so.
Der Tag brach an und langsam veränderte das Wesen seine Gestalt. Gebannt sah die Jägerin zu, denn eine Verwandlung hatte sie noch nie mit angesehen. Das Fell fiel aus und Haare sprossen. Die Klauen verwandelten ihre Form und sie sah seine Hände. So ging es weiter, bis James nackt vor ihr lag. Er war verwundet, dieser Kampf musste ihn einiges an Kraft gekostet haben und regungslos hatte er seine Rückwandlung über sich ergehen lassen. Cassandra leerte die Tasche und versuchte James zu bekleiden. „Ihr müsst mir ein wenig helfen, James“, sagte sie besorgt und er setzte sich schweigend auf. Es dauerte eine Weile, bis er angekleidet war. „Wir werden nun zu Eurem Anwesen zurückkehren. Könnt Ihr laufen?“, fragte sie. Der Graf nickte. Cassandra legte seinen Arm um ihre Schulter und schleppte sich mit ihm aus dem Wald. Hoffentlich begegneten sie ihren Mitstreitern, die ihr helfen konnten den verletzten Graf Heim zu bringen.