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Ich zog mir eine Hose an, schlüpfte in Sandalen, holte einen langen Regenmantel aus der Garderobe und rannte zum Aufzug. Auf dem Weg schob ich Elliotts Nachricht in meine Schultertasche. In meiner Eile, so schnell wie möglich zu Mack zu gelangen, bevor er es sich wieder anders überlegte, hatte ich vergessen, dass die Garage um drei Uhr morgens geschlossen wurde. Manuel erinnerte mich daran, als ich ihm das Garagengeschoss als Ziel angab.
Ich tat das Einzige, was mir zu tun blieb, ging hinaus auf die Straße und hielt verzweifelt nach einem Taxi Ausschau. In der Nähe war weit und breit keins zu sehen, doch als ich um die Ecke in die Fifty-seventh Street lief, sah ich eins dieser illegalen Taxis mir entgegenkommen. Ich muss einen merkwürdigen Eindruck gemacht haben, wie ich da stand und heftig mit den Armen ruderte, um seine Aufmerksamkeit zu erregen, doch der Fahrer hielt an. Ich stieg ein, nannte mein Fahrziel, und er wendete und fuhr nach Westen.
Als wir an der Ecke 104th Street und Riverside Drive anhielten, war niemand zu sehen. Ich bezahlte die Fahrt und stieg aus. Die Straße lag verlassen da. Dann fiel mir ein Transporter auf, der nicht weit entfernt geparkt stand, und obwohl die Lichter ausgeschaltet waren, hatte ich das Gefühl, dass Elliott und Mack darin sitzen könnten. Ich ging darauf zu, um besser sehen zu können, und tat so, als suchte ich nach meinem Schlüssel, um in das nächste Wohngebäude zu gelangen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite bemerkte ich eine große Baustelle und daneben, an der Ecke, ein mit Brettern vernageltes altes Reihenhaus.
Dann trat ein Mann aus dem Schatten eines nahe gelegenen Hauseingangs. Für einen Moment dachte ich, es sei Elliott, doch dann sah ich, dass er viel jünger war, jemand, dessen Gesicht mir bekannt vorkam. Es war dieser Vertreter des Eigentümers von Macks Wohngebäude. Ich hatte ihn bei meinem ersten Besuch bei den Kramers kennengelernt, und er hatte mich am Montag angesprochen, als ich deren Wohnung weinend verlassen hatte.
Was in aller Welt hatte er um diese Uhrzeit hier zu suchen, fragte ich mich, und wo steckte Elliott?
»Ms. MacKenzie«, sagte er hastig. »Ich weiß nicht, ob Sie sich an mich erinnern. Mein Name ist Howard Altman.«
»Ich erinnere mich. Wo ist Mr. Wallace?«
»Er ist bei so einem Kerl, den ich in dem Haus da hinten erwischt habe. Es gehört Mr. Olsen. Der Kerl hatte sich da eingenistet. Von Zeit zu Zeit schau ich dort nach dem Rechten, obwohl es eigentlich verrammelt ist.« Er nickte zu dem mit Brettern vernagelten Eckhaus. »Der Kerl hat mir fünfzig Dollar gegeben, damit ich Mr. Wallace anrufe, und dann hat mir Mr. Wallace weitere fünfzig Dollar versprochen, wenn ich eine Botschaft für Sie aufschreibe und Ihnen überbringe.«
»Sie sind in dem Haus dort? Wie sieht dieser andere Mann aus?«
»Er ist so an die dreißig, würde ich sagen. Er hat angefangen zu weinen, als Mr. Wallace hereinkam. Beide haben dann geweint.«
Mack befand sich da drinnen, er hatte versucht, sich in dieser Bruchbude zu verstecken. Ich folgte Howard Altman über die Straße und den Bauzaun entlang zum hinteren Eingang des Hauses. Er öffnete sie und bedeutete mir mit einer Geste einzutreten, doch als ich in das dunkle Innere blickte, bekam ich Angst und machte einen Schritt zurück.
Irgendetwas stimmte nicht.
»Sagen Sie Mr. Wallace, er soll nach draußen kommen«, sagte ich zu Howard.
Statt zu antworten, packte er mich und zog mich in das Haus.
Ich war zu überrascht, um mich zu wehren. Er zog die Tür hinter sich zu, und bevor ich schreien oder mich losreißen konnte, stieß er mich eine Treppe hinunter. Ich stürzte, schlug irgendwo auf dem Weg nach unten mit dem Kopf auf und verlor das Bewusstsein.
Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als ich die Augen wieder öffnete. Es war stockfinster. Die Luft, die ich einatmete, roch unerträglich faulig. Ich spürte geronnenes Blut auf meinem Gesicht. Mir dröhnte der Schädel, und irgendetwas stimmte nicht mit meinem rechten Bein, auf dem ich lag. Es war ungewöhnlich abgewinkelt, und ein pochender Schmerz strahlte von ihm aus.
Dann spürte ich, wie sich etwas in meiner Nähe bewegte, und eine flüsternde Stimme stöhnte: »Wasser, bitte, Wasser.«
Ich versuchte, mich zu bewegen, aber es gelang mir nicht. Ich musste mir das Bein gebrochen haben. Ich tat das Einzige, was mir noch einfiel. Ich feuchtete einen Finger in meinem Mund an, dann suchte ich im Dunkeln, bis ich auf die ausgetrockneten Lippen von Leesey Andrews stieß.