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Nun muss ich gestehen, dass ich mich mit beachtlicher Mühelosigkeit den Lebensbedingungen im Käfig anpasste. Vom materiellen Standpunkt aus betrachtet, lebte ich vollkommen glücklich und zufrieden: Tagsüber waren die Affen sehr aufmerksam und rücksichtsvoll zu mir, nachts teilte ich das Lager mit einem der schönsten Mädchen des Kosmos. Ich gewöhnte mich so sehr an diese Situation, dass ich über einen Monat lang keinen ernsthaften Versuch unternahm, ihr ein Ende zu bereiten. Ich hatte eben erst ein paar neue Worte der Affensprache dazugelernt – doch ich bemühte mich nicht weiter darum, mit Zira Verbindung aufzunehmen, sodass sie, die ja einen Augenblick lang etwas von meinen geistigen Fähigkeiten geahnt hatte, sich von Zaius überzeugen ließ und mich für einen Menschen ihres Planeten erachtete, also für ein Tier, ein intelligentes Tier vielleicht, doch keines, das mit Verstand ausgestattet war.

Meine Überlegenheit über die anderen Gefangenen, mit der ich die Wärter bisher verblüfft hatte, machte mich zum Vorzeigeobjekt des Instituts. Und zu meiner Schande muss ich gestehen, dass diese Stellung meinen momentanen Ehrgeiz befriedigte und mich sogar mit Hochmut erfüllte. Zoram und Zanam verhielten sich mir gegenüber äußerst freundlich, sahen es gern, wenn ich lächelte, lachte oder einige Worte sprach. Nachdem sie alle klassischen Tests mit mir durchgeführt hatten, bemühten sie sich, neue, raffiniertere zu erfinden, und wir freuten uns gemeinsam, wenn ich die Lösung der Aufgaben fand. Sie versäumten es nie, mir irgendeinen Leckerbissen zu bringen, den ich mit Nova teilte. Wir wurden überhaupt bevorzugt behandelt.

Ich war so dumm, anzunehmen, dass sich meine Gefährtin darüber im Klaren war, was sie alles meinen Talenten verdankte, und ich führte mich eine Zeit lang dementsprechend auf. Doch nach mehreren Wochen befiel mich eines Tages so etwas wie Ekel. Lag es an Novas Blick, den ich in jener Nacht besonders ausdruckslos gefunden hatte? Lag es an dem Zucker, den mir Zira verabreichte und der auf einmal bitter schmeckte? Tatsächlich schämte ich mich wohl für mein williges Nachgeben. Was würde Professor Antelle von mir halten, falls er noch am Leben war und mich in einem solchen Zustand anträfe? Ich wagte nicht einmal daran zu denken und beschloss auf der Stelle, mich wieder wie ein zivilisierter Mensch zu benehmen.

Während ich Ziras Arm wie zum Dank für ihre Gabe streichelte, griff ich nach ihrem Heft und dem Stift. Ihre sanften Vorwürfe ignorierend, setzte ich mich aufs Stroh und machte mich daran, Nova zu zeichnen. Ich bin ein ziemlich guter Zeichner, und da mich das Modell inspirierte, brachte ich auch ein annehmbares Porträt zustande, das ich der Schimpansin reichte. Sie wusste nicht, wie ihr geschah. Ein Schauer durchfuhr sie, sie blickte mich scharf an, ihre Schnauze rötete sich. Als sie weiterhin schwieg, nahm ich ihr das Heft wieder weg – sie überließ es mir widerspruchslos. Warum hatte ich mich nicht schon längst dieses einfachen Verständigungsmittels bedient? Ich rief mir meine Schulzeit ins Gedächtnis zurück und zeichnete jene geometrische Figur auf, die den Lehrsatz des Pythagoras veranschaulicht. Ich wählte dieses Beispiel nicht willkürlich, denn ich entsann mich, in meiner Jugend einmal einen Science-Fiction-Roman gelesen zu haben, in dem ein alter Wissenschaftler genau diese Methode angewandt hatte, um mit den vernunftbegabten Wesen einer anderen Welt Kontakt aufzunehmen. Ich hatte sogar während der Reise mit Professor Antelle darüber gesprochen. Er hatte dieses Verfahren gutgeheißen, und ich erinnerte mich, wie er hinzugefügt hatte, dass die Regeln des Euklid vermutlich trotz oder gerade wegen ihrer Fehlerhaftigkeit universell verbreitet waren.

Jedenfalls machte die Zeichnung auf Zira außerordentlichen Eindruck. Ihre kurze Schnauze färbte sich purpurn, und sie stieß einen lauten Schrei aus. Sie fasste sich erst wieder, als Zoram und Zanam nachsehen kamen, was los war. Zira warf mir einen verstohlenen Blick zu und tat dann etwas Eigenartiges – sie verbarg die Zeichnung. Sie sprach zu den Gorillas, die daraufhin den Raum verließen. Ich begriff, dass sie sie unter irgendeinem Vorwand hinausgeschickt hatte. Dann wandte sie sich mir wieder zu und ergriff meine Hand, diesmal aus ganz anderen Beweggründen als sonst, wenn sie mich wie ein junges Tier nach einem gelungenen Kunststück streichelte und kraulte. Schließlich reichte sie mir mit bittendem Gesichtsausdruck wieder Heft und Stift.

Nun war plötzlich sie es, die es danach drängte, mit mir Kontakt aufzunehmen. Insgeheim dankte ich Pythagoras und vergnügte mich noch ein wenig mit Geometrie. Auf eine Seite des Heftes zeichnete ich, so gut ich konnte, die drei Kegelschnitte mit ihren Achsen und den Brennpunkten – eine Ellipse, eine Parabel und eine Hyperbel. Dann zeichnete ich auf die gegenüberliegende Seite einen Kegel. Bekanntlich ergeben sich je nach Lage der Schnittebenen zur Kegelachse diese drei Kegelschnitte. Ich demonstrierte nun, wie eine Ellipse zustande kommt, und zeigte mit dem Finger auf die entsprechende Figur in meiner ersten Zeichnung. Die Schimpansin staunte. Sie riss mir das Heft aus den Händen, zeichnete ihrerseits einen Kegel mit einer anderen Schnittebene und wies mit dem langen Finger auf die Hyperbel. Ich war so bewegt, dass mir Tränen in die Augen traten und ich Ziras Hände krampfhaft umklammerte. Hinter mir im Käfig kreischte Nova vor Empörung – instinktiv hatte sie die Bedeutung dieses Gefühlsausbruchs erfasst. Was da zwischen Zira und mir entstand, war eine mit Hilfe der Geometrie errichtete geistige Brücke. Ich empfand darüber beinahe sinnliche Befriedigung, und ich spürte, dass die Schimpansin ähnliches durchlebte. Sie riss sich brüsk los und lief aus dem Saal, blieb jedoch nicht lange fort. Ich schwelgte inzwischen in Träumereien und wagte Nova dabei nicht anzusehen. Sie umkreiste mich murrend, und mich überfiel fast ein Schuldgefühl ihr gegenüber.

Als Zira zurückkam, reichte sie mir ein auf ein Zeichenbrett aufgezogenes großes Blatt Papier. Ich überlegte einige Sekunden lang und entschloss mich dann zum alles entscheidenden Vorstoß. In einer Ecke des Blattes entwarf ich das System des Beteigeuze, wie wir es bei unserer Ankunft entdeckt hatten – mit dem riesigen Fixstern und seinen vier Planeten. Ich zeichnete die genaue Position Sorors und des kleinen Trabanten ein. Danach zeigte ich mit dem Finger auf die betreffende Stelle und dann auf Zira. Sie gab mir mit einem Zeichen zu verstehen, dass sie begriffen hatte.

Daraufhin skizzierte ich in einer anderen Ecke des Blattes unser Sonnensystem mit den wichtigsten Planeten. Ich deutete auf die Erde und tippte mir mit dem Finger auf die Brust. Diesmal verstand Zira nicht gleich. Auch sie zeigte zuerst auf die Erde, dann wies ihr Finger zum Himmel. Ich machte eine bestätigende Geste. Sie war wie vom Donner gerührt, und ich bemerkte, wie es in ihrem Kopf fieberhaft zu arbeiten begann. Ich half ihr, so gut ich konnte, indem ich von der Erde zu Soror eine Linie zog, die Flugbahn unseres Raumschiffes darstellend, und dann auch noch dieses selbst zeichnete, natürlich in einem viel zu großen Maßstab. Ihr ging ein Licht auf. Ich war überzeugt, dass sie nun über meine wahre Natur und Abstammung im Bild sein musste. Sie wollte sich gerade wieder an mich wenden, als im selben Moment Zaius am Ende des Ganges auftauchte.

Die Schimpansin erschrak. Hastig rollte sie das Blatt Papier zusammen, steckte ihr Heft in die Tasche und legte mit beschwörendem Blick den Finger an die Lippen. Sie riet mir also, mich vor Zaius nicht zu erkennen zu geben. Ich gehorchte – ohne den Grund für diese Geheimnistuerei einzusehen, doch in der Gewissheit, in ihr eine Verbündete gefunden zu haben – und verhielt mich weiterhin wie ein intelligentes Tier.