ISRAEL NACH DER
BABYLONISCHEN GEFANGENSCHAFT

Das oftmals in Ekstase vorgebrachte Wahrsagen oder Weissagen war im Alten Orient weit verbreitet. Orientalische Sternendeuterei, Orakeltum und dergleichen war aber gerade nicht die Sache der jüdischen Propheten. Sie verkündeten und offenbarten JHWH, Sein Wort und Seinen Willen. Seine Gesetze und Seine Gebote waren zu befolgen, damit Sein Heil erlangt wurde. Es ging den Propheten darum, nur IHM und keinen anderen »Götzen« wie den Baal, El und Moloch der phönizisch und babylonisch geprägten Umgebung zu folgen. Sie prangerten Fruchtbarkeitskulte und Sexualriten an, aber auch soziale Missstände und obrigkeitliche Missbräuche innerhalb des Judentums.

PROPHETEN    Im Alten Testament nehmen die »Prophetenbücher« breiten Raum ein. In ihnen spiegelt sich die Entwicklung der jüdischen Religion in den Jahrhunderten von etwa 800 bis 200 v. Chr. Bekannte Propheten sind Elias (9. Jahrhundert im nördlichen Nachfolgereich nach Salomon), Jesaja (8. Jahrhundert, die Zeit der akuten Bedrohung Israels durch die Assyrer unter Tiglatpileser III.), Jeremias (7. Jahrhundert), Ezechiel (6. Jahrhundert, bereits in Babylon). Die biblischen Propheten waren es, die den monotheistischen Glauben bei den Israeliten durchsetzten, die Abkehr von den naturreligiösen Kulten des Alten Orients. Daher zählt man auch sie zu den geistigen Erneuerern der Achsenzeit.

Nicht alle »Propheten« sind historische Personen und nicht alle ihnen zugeschriebenen Aussagen stammen von ihnen. Es sind eher legendäre Gestalten, ähnlich wie »Homer«. Ihre biblischen Texte wurden teilweise erst Jahrhunderte später schriftlich fixiert und redigiert. Die Quellenlage ist sehr komplex und in der Wissenschaft teilweise umstritten.

DIE BIBEL    Die Niederschrift der Bibel begann in der Babylonischen Gefangenschaft und wurde dann jahrhundertelang fortgesetzt. Das von den Christen so genannte Alte Testament war erst gegen 200 v. Chr. fertig; 100 Jahre nach Alexander dem Großen. (Zur Alexanderzeit lagen die Endfassungen der homerischen Epen in Alexandria bereits vor.)

Die Hebräische Bibel der Juden heißt natürlich nicht Altes Testament, sondern Tanach. Das ist ein Akronym aus Tora ( »Lehre«, »Fünf Bücher Mose«), Neviim (»Propheten«), Ketuvim (»Schriften«). Die griechische Bezeichnung für Tora ist Pentateuch; das heißt wörtlich »fünf Gefäße«, weil die Schriftrollen in Tongefäßen aufbewahrt wurden. Das Fassungsvermögen der Tonkrüge bestimmte im Übrigen auch den Umfang der Schriftrollen (»Bücher«).

PHARISÄER    In den antiken Religionen stand der rituelle Kult als »Gottesdienst« viel stärker im Vordergrund des religiösen Lebens als der »Glaube«. Gerade in der monotheistischen Jahwe-Religion bildete der Jerusalemer Tempel mit der Bundeslade den Mittelpunkt: der einzige Ort, wo JHWE gegenwärtig war. Für die Juden hatte sich daher nach der Tempelzerstörung Nebukadnezars 587 v. Chr. die Frage gestellt, wie die Religion ohne Tempel, also ohne Gottesdienst, weiterexistieren konnte. Die Antwort der Pharisäer lautete: Durch Gehorsam gegenüber Jahwe und das Einhalten der biblischen Ritualvorschriften, die den jüdischen Alltag außerhalb des Tempeldienstes regelten. Diese Form von Gottesgehorsam von der Sabbatruhe bis zu den Essensvorschriften konnte jeder Einzelne leisten. Die Pharisäer waren volkstümliche Fromme und beschäftigten sich viel mit der heiligen Schrift, daher auch die Bezeichnung »Schriftgelehrte«. Das Wort »Pharisäer« (hebräisch peruschim) bedeutet »die Abgesonderten«, weil sich diese priesterlichen Schriftgelehrten durch besonders aufmerksame Einhaltung der Ritualvorschriften absonderten.

Nach dem Ende der Babylonischen Gefangenschaft bauten die Juden ab 515 mit persischer Genehmigung einen neuen Tempel in Jerusalem. Diese Periode in der jüdischen Geschichte bis zu dessen völliger Zerstörung durch die Römer 70 n. Chr. ist die Zeit des »Zweiten Tempels«. Der Jahwe-Kult konnte von den Hohepriestern fortgeführt werden. Aber auch die Tradition der frommen Pharisäer blieb bestehen. Aus ihren Reihen gingen später die Rabbis (»Lehrer«) hervor. Jesus von Nazareth regte sich 500 Jahre später über diejenigen Pharisäer auf, die die Religionsgebote nur rein äußerlich, mit frömmlerischem Getue befolgten, aber nichts davon verinnerlicht hatten.

Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss
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