13
Nach
dem Training geht’s weiter: Evaluation
In diesem
Kapitel




Die Evaluation – das ist die fünfte und letzte
Phase des Trainingszyklus, den ich in Kapitel 3 vorgestellt habe.
Wenn Sie bis dahin gekommen sind, haben Sie den kompletten
Trainingszyklus durchlaufen und können nun den Überblick genießen.
Während der Evaluation werden Sie auf die früheren Phasen
zurückblicken, zum Beispiel auf die erste Phase der Bedarfsanalyse.
Die Lernziele, die Sie in der zweiten Phase formuliert haben,
dienen Ihnen nun als Grundlage für die Evaluation.
Die Evaluationsphase (siehe Abbildung 13.1) ist auch
für Sie als Trainer sehr wichtig. Hier können Sie sich als
Geschäftspartner des Unternehmens, für das Sie arbeiten, beweisen.
Denn Sie sind die Hauptansprechperson für Fragen wie: Wie hat das
Training die Performance der Mitarbeiter verbessert? Wie stark ist
die Fehler- und Nachbesserungsquote zurückgegangen? Wie hat das
Training auf Umsatz und Mitarbeiterzufriedenheit gewirkt? Und
schließlich: Inwieweit beeinflusst das Training wirtschaftliche
Kennzahlen?
In diesem Kapitel gehe ich ausführlich
auf die Gründe für die Durchführung von Evaluationen ein,
beschreibe Kirkpatricks Evaluationsstufen und gebe Ihnen
Handlungshilfen für die Erstellung eines eigenen
Evaluationsplans.
Das Besondere in diesem Kapitel ist Dr.
Donald Kirkpatricks eigener Beitrag Der Guru der
Trainingsevaluation. Seine praktischen und logisch leicht
nachvollziehbaren Gedanken zu seinem Modell beweisen, dass nicht
alles kompliziert sein muss. Weniger ist manchmal mehr. Dieses
Kapitel enthält auch ein Interview mit Jack Phillips, einem
weiteren Fachmann zum Thema Trainingsevaluation. Ich freue mich,
dass beide in diesem Buch den Lesern ihre Perspektive zu diesem
interessanten Gegenstand mitteilen.
Abbildung 13.1: Phase 5 des Trainingszyklus: Evaluation

Ziel und
Zweck von Evaluationen
Das Ziel eines Trainings besteht darin,
die Mitarbeiter zu verändern: ihr Verhalten, ihre Ansichten, ihr
Wissen, das Niveau ihrer Fähigkeiten. Die Trainingsevaluation
wiederum hat zum Ziel, das Erreichen genau dieser Trainingsziele zu
überprüfen. Ein Weg ist dabei das Feedback. Feedback kann der
Trainer auf zweierlei Weise erhalten: durch Selbstauskunft der
Teilnehmer oder durch deren Beobachtung.
Mit verschiedenen Evaluationsmethoden
kann verschiedenen Personengruppen Feedback gegeben werden:






Kirkpatricks vier Evaluationsstufen
Das Modell verschiedener
Evaluationsstufen ist hilfreich, um die verschiedenen Kriterien zu
unterscheiden, die im Verlauf eines Evaluationsprozesses untersucht
werden müssen, um zu messbaren Aussagen über die Qualität des
Trainings zu kommen. Der US-amerikanische Experte für Evaluationen
von Trainingsprogrammen Donald Kirkpatrick hat die vier
Evaluationsstufen vor mehr als fünfzig Jahren entwickelt. Obwohl
manche Unternehmen mittlerweile eine fünfte Stufe für den Return on
Investment (ROI) hinzufügen, gilt Kirkpatricks Modell immer noch
als Standard für die Evaluation von Weiterbildungsmaßnahmen.
Beachten Sie bei der folgenden
Darstellung, wie einfach und doch elegant die einzelnen Stufen oder
Ebenen des Modells aufeinander aufbauen. Auf jeder Stufe werden die
erhobenen Daten objektiver und für das Management aussagekräftiger.
Allerdings bedeutet jede Stufe mehr Arbeit und erfordert
differenzierte Techniken der Datensammlung.
Viele Unternehmen und Organisationen
bleiben nach wie vor bei der ersten Evaluationsstufe stehen und
fragen nur nach der Teilnehmerzufriedenheit. Das ist zwar einfach,
doch die Unternehmen selbst erfahren dadurch nichts, was den
wirklichen Wert des Trainings belegen könnte.

Ebene
I: Zufriedenheit (reaction)
Auf Ebene I wird gemessen, wie zufrieden
die Teilnehmer mit dem Training waren. Die Teilnehmerreaktionen
sind relevant, wenn es darum geht, ob das Seminar eines externen
Trainers wiederholt werden soll. Auch wenn die Mitarbeiter für die
Weiterbildungsmaßnahme gezahlt haben, ist die Zufriedenheit eine
entscheidende Messgröße. Bei internen Weiterbildungsveranstaltungen
gibt die Teilnehmerzufriedenheit Aufschluss darüber, welche
Änderungen am Trainingsdesign eventuell notwendig sind. Für externe
Berater wäre dies sicherlich auch interessant, doch darauf hat das
Unternehmen, das den Trainer engagiert hat, in der Regel keinen
Einfluss. Die Evaluation der Teilnehmerzufriedenheit findet bei
nahezu allen Trainingsmaßnahmen statt.
Wenn Sie ein mehrtägiges Seminar leiten,
kann es sinnvoll sein, am Ende jedes Seminartages eine Evaluation
durchzuführen. Bei einem eintägigen Seminar ist vielleicht auch zur
Halbzeit am Mittag ein kurzes Feedback angebracht, damit der
Trainer das Programm je nach Bedarf noch kurzfristig umstellen
kann. Auch die Teilnehmer profitieren, wenn sie über ihren
bisherigen Lernfortschritt kurz nachdenken.



Auf Ebene I werden zwar keine Aussagen
über Leistungsverbesserungen oder tatsächliche Verhaltensänderungen
gemacht. Dennoch liefert diese Evaluationsstufe wertvolle
Informationen.





Ebene
II: Lernen (learning)
Auf Ebene II wird gemessen, ob die
Teilnehmer tatsächlich etwas gelernt haben, das heißt, ob sie – je
nach Trainingsziel – ihr Wissen ausgebaut, ihre Fähigkeiten
verbessert oder ihre Verhaltensweisen geändert haben. Was haben die
Teilnehmer aufgenommen? Wissen sie, wie sie das Gelernte umsetzen
können?
Die Ziele des Trainingsdesigns geben eine
erste Grundlage dafür, was auf Ebene II zu evaluieren ist. An
dieser Stelle können Trainer nicht nur herausfinden, wie zufrieden
die Teilnehmer waren, sondern was sie im Ergebnis künftig anders
tun können. Tests, Fertigkeitsübungen, Simulationen,
Gruppenevaluationen, Rollenspiele und andere Assessment-Instrumente
richten das Augenmerk darauf, was die Teilnehmer während des
Trainings gelernt haben. Tests gehören zwar zum Lernen, doch allein
das Wort wird häufig mit Stress und Unbehagen verbunden und ruft
schlechte Erinnerungen an die Schule hervor. Deshalb sollten Sie
andere Wörter als »Test« oder »Prüfung« verwenden, auch wenn Sie
genau dies tun. Die Daten, die durch Messung von Lernergebnissen
erhoben werden, können auf verschiedene Weise genutzt werden.




Ebene
III: Verhalten (behavior)
Auf Ebene III wird geprüft, ob die
Teilnehmer das erlernte Wissen und die Fähigkeiten auch umsetzen
können. Findet tatsächlich ein Lerntransfer am Arbeitsplatz
statt?
Da auf dieser Ebene das Verhalten am
Arbeitsplatz gemessen werden muss, ist die Evaluation um einiges
schwieriger. Erstens können die Teilnehmer das neue Verhalten erst
dann zeigen, wenn sie Gelegenheit dazu haben. Zweitens ist es
schwierig vorherzusagen, wann sie es umsetzen. Dass sie gleich die
erste Gelegenheit ergreifen, ist nicht gesagt. Bei dieser
Evaluationsstufe ist also der Zeithorizont wichtig.
Manchmal ist es noch komplizierter: Der
Teilnehmer hat vielleicht das Verhalten gelernt und bereits
angewendet, doch der Vorgesetzte erlaubt ihm nicht, damit
fortzufahren. Als Trainer hoffen Sie, dass dies nicht geschieht,
doch solche Fälle gibt es leider häufiger, vor allem wenn die
Abteilung Weiterbildung sich selbst fragt, ob das Problem
vielleicht durch Training gar nicht gelöst werden kann. Zur dritten
Evaluationsstufe gehört es auch zu messen, wie häufig die gelernten
Fähigkeiten und Fertigkeiten eingesetzt werden, je nachdem welche
günstigen oder ungünstigen Umstände bestehen.
Die Evaluationsstufen I und II sollten
unmittelbar nach dem Training erfolgen, für die dritte Stufe gilt
dies nicht. Zunächst müssen die Teilnehmer am Arbeitsplatz
beobachtet werden, müssen Fragebogen entwickelt und muss mit den
Vorgesetzten geredet werden. Schließlich werden die Daten
ausgewertet. Die Evaluation ist vielleicht schwieriger, der Nutzen
ist jedoch eindeutig.





Ebene
IV: Ergebnisse (results)
Auf Ebene IV wird der Einfluss des
Trainings auf das Unternehmen oder die Organisation selbst
gemessen. Die Stichwörter sind Kosten-Nutzen-Analyse oder Return on
Investment. Auf dieser Ebene sind andere Methoden
erforderlich als auf den vorigen.
Die Ergebnisse lassen sich in
wirtschaftlichen Kennzahlen ausdrücken wie: verminderte
Personalfluktuation, verbesserte Qualität, ausgebauter
Kundenservice, verminderter Ausschuss, rückläufige Fehlerquote,
weniger Fehlzeiten, weniger Reklamationen. Sie müssen auch die
andere Seite der Gleichung beachten, das heißt, wie viel das
Training insgesamt (Design und Durchführung) im Vergleich zu den
Ergebnissen kostet. Die Datenerfassung dazu ist relativ leicht: Man
addiert die Kosten für Trainer, Material und Ausrüstung,
Reisekosten, Raumbelegungskosten und Kosten der Abwesenheit am
Arbeitsplatz.

Die Messungen beziehen sich auf die
tatsächlichen, für das Unternehmen erzielten Effekte des Trainings.
Zu den Messdaten auf Ebene IV gehören Produktivität, Qualität,
Effizienz, Kosten und Kundenzufriedenheit.
Der Guru
der Trainingsevaluation
Von Dr. Donald
Kirkpatrick
Ja, ich habe das Buch Evaluating Training Programs: The Four Levels
veröffentlicht. Hier können Sie lesen, wie es dazu kam.
Ich unterrichtete am Management
Institute der University of Wisconsin und wollte meinen Doktor in
Erziehungswissenschaften machen. Das Thema meiner Dissertation
lautete: »Evaluating a Human Relations Training Program For
Supervisors«. Ich dachte, da ich am Institut unterrichtete, könnte
ich gleich den Erfolg meines Trainingsprogramms untersuchen. Das
waren meine Überlegungen:
Wenn ich etwas bewerten will,
interessiert mich als Erstes, welchen Eindruck die Teilnehmer von
dem Programm haben. Schließlich sind sie unsere Kunden! Ich nannte
das Ganze REACTION.
Als Nächstes wollte ich messen,
inwieweit die Teilnehmer die Dinge lernten, die wir ihnen zu
vermitteln suchten: Managementlehre und Managementmethoden sowie
Mitarbeitermotivation und -ausbildung. Außerdem wollte ich wissen,
ob sich durch das Trainingsprogramm die Einstellung der Teilnehmer
zu ihrem Unternehmen, ihrem Beruf und seinen neuen
Herausforderungen verändert hatten. Deshalb nannte ich diesen Teil
der Evaluation LEARNING.
Schließlich wollte ich wissen, ob die
Teilnehmer das Gelernte am Arbeitsplatz praktisch umsetzen, und
nannte diesen Teil BEHAVIOR. Und zuletzt wollte ich herausfinden,
ob für das Unternehmen konkrete Trainingsergebnisse messbar sind,
und nannte dies RESULTS.
In der Zeitschrift Training & Development, herausgegeben von der ASTD,
veröffentlichte ich 1959 eine Serie von vier Artikeln, jeder war
einer der »Ebenen« gewidmet, so wie sie nun genannt wurden. Viele
Trainer probierten sie aus und erzählten einander davon. Viele
haben mir geschrieben und um eine Kopie der Artikel gebeten.
Erst 1993 bat mich Jane Holcomb, eine
befreundete Kollegin, ein Buch darüber zu schreiben, denn niemand
konnte die Artikel mehr finden, sondern redeten nur noch von den
»vier Ebenen«. Die erste Auflage von Evaluating
Training Programs: The Four Levels erschien 1994. Einige
Jahre später kam eine broschierte Ausgabe heraus, 1998 erschien die
zweite, um einige neue Fallstudien ergänzte Auflage. Ich wollte im
zweiten Teil des Buches einige Fallstudien hinzufügen, um dem Leser
zu zeigen, wie andere Organisationen die vier Ebenen anwandten. Als
Erstes sprach ich mit Dave Basarab, dem Evaluationsexperten bei
Motorola. Als ich ihm sagte, wer ich bin, antwortete er: »Don
Kirkpatrick! Wir benutzen Ihre vier Ebenen auf der ganzen Welt!«
Ich reagierte eher mit Unglauben: »Wirklich?« Basarab hat
schließlich nicht nur eine Fallstudie geschrieben, sondern auch das
Vorwort zu dem Buch verfasst.
Ich halte Vorträge auf vielen
Konferenzen und in vielen Unternehmen. Manche bezeichnen mich
bereits als einen »Guru« oder als eine »Legende«, doch eigentlich
habe ich nur vier einfache und praktische Wege zur Evaluation von
Trainingsmaßnahmen aufgezeigt.
Leitfaden für die Durchführung der vierstufigen
Evaluation
Nach dem allgemeinen Überblick zeige ich
Ihnen nun, mit welchen Methoden Sie jede einzelne Evaluationsstufe
durchführen können. Sie erfahren außerdem, was Sie bei der
Entwicklung eines eigenen Evaluationsplanes beachten müssen.
Messung auf Ebene I
Die Teilnehmerzufriedenheit kann leicht
während des Seminars oder im direkten Anschluss daran gemessen
werden, am besten, bevor die Teilnehmer den Raum verlassen.
Normalerweise wird dazu ein Bewertungsblatt mit konkreten Fragen,
einer Zufriedenheitsskala und einer offenen Frage ausgeteilt. Seit
Neuestem verwenden Trainer auch Online-Fragebogen. Der Nachteil ist
allerdings eine geringere Rücklaufquote.
Wie gehen Sie vor?
1.
Legen Sie fest, was Sie wissen
wollen.
Wahrscheinlich wollen Sie etwas darüber
wissen, wie relevant der Inhalt für die beruflichen Anforderungen
der Teilnehmer war und ob der Schwierigkeitsgrad der behandelten
Themen angemessen war. Sie werden auch wissen wollen, ob sie mit
der Präsentation des Trainers zufrieden waren, ob er zugänglich war
und auf Fragen eingehen konnte oder wie sie dessen kommunikative
Fähigkeiten einschätzen.
2.
Gestalten Sie ein Format, das
die Teilnehmer leicht ausfüllen können und das es Ihnen ermöglicht,
die Antworten zu quantifizieren.
Es gibt viele verschiedene Arten von
Fragebogen, die Gestaltung hängt davon ab, was Sie (siehe Punkt 1)
von den Teilnehmern wissen wollen. Sie können kurze Statements
formulieren, die anhand einer Skala zwischen 0 bis 7 (»stimme gar
nicht zu« bis »stimme voll zu«) bewertet werden sollen. Offene
Fragen sind ebenfalls möglich. Sie können auch beides miteinander
kombinieren. Wenn Sie konkrete, wertende Fragen stellen, ist es auf
alle Fälle empfehlenswert, am Ende einige Zeilen für allgemeine
Bemerkungen freizulassen.
3.
Versuchen Sie, eine
Rücklaufquote von 100 Prozent zu erzielen.
Wenn das Timing stimmt und für das
Ausfüllen des Fragebogens genügend Zeit eingeplant wird, können Sie
einen kompletten Rücklauf erzielen. Zwanzig Minuten vor Seminarende
teilen Sie die Blätter aus und bitten die Teilnehmer, sich vor dem
Zusammenpacken etwas Zeit zu nehmen. Je mehr Zeit Sie
veranschlagen, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass
Sie ausführliche Kommentare erhalten.

Wenn Sie als interner Trainer tätig sind,
hat Ihre Abteilung höchstwahrscheinlich bestimmte
Bemessungsstandards entwickelt, die Sie erfüllen sollten, das
heißt, ab denen sie mit Ihren Trainerleistungen zufrieden ist (zum
Beispiel eine Bewertung von 5,5 bis 7 auf der
Zufriedenheitsskala).
Eine umfassende Checkliste zur
Trainingskompetenz finden Sie am Ende dieses Kapitels. Einige
Aspekte daraus können Sie gut für die Evaluation auf Ebene I
nutzen. Vielleicht wollen Sie und Ihre Kollegen sie auch für ein
gegenseitiges Feedback verwenden.

Messung auf Ebene II
Haben die Teilnehmer etwas gelernt? Die
Evaluation auf Ebene II kann anhand von Selbsteinschätzungen,
Assessments, Tests, Simulationen, Fallstudien oder anderen Aufgaben
durchgeführt werden. Die Lernevaluation sollte zum Ende der
Weiterbildung durchgeführt werden, bevor die Teilnehmer
verabschiedet werden. Dies setzt voraus, dass auch vor der
Trainingsmaßnahme gemessen wird. Ein Vorher-Nachher-Vergleich macht
den Lerneffekt durch das Training sichtbar.
Was wird gemessen? Wissen, Fähigkeiten
(Skills) und/oder Verhaltensweisen/Einstellungen – je nach
Trainingsgegenstand. Mit Tests lässt sich Wissen abfragen,
Verhaltensstudien und Meinungsbefragungen messen
Einstellungsänderungen. Der Erwerb bestimmter Fähigkeiten wird
durch Leistungstests und Arbeitsproben evaluiert. Wie auf Ebene I
ist durch die Integration der Evaluation in das Seminar eine
100-prozentige Rücklaufquote erzielbar.
Manche Trainer führen die Evaluation zum
Vergleich mit einer Kontrollgruppe durch. Auch Kirkpatrick
empfiehlt dieses Vorgehen, sofern es zweckmäßig ist. Allerdings
kann eine Vergleichsevaluation auch Zeitverschwendung sein, obwohl
die Methode am besten wissenschaftlich abgesichert ist. Wenn die
Teilnehmer andere Lerngelegenheiten hätten, die einen
Vorher-Nachher-Vergleich verfälschen würden, besuchten sie wohl
kaum eine Weiterbildung. Wenn sie also nur durch das Training
lernen, wozu braucht man dann eine Kontrollgruppe? Am besten
urteilen Sie jeweils selbst, ob eine Vergleichsevaluation sinnvoll
ist.
Es gibt noch eine Vielzahl weiterer
Evaluationsinstrumente für Ebene II: mündliche Tests, Aufsätze,
Multiple-Choice-Tests oder Simulationsaufgaben wie die
Postkorbübung, Rollenspiele und Fallstudien. Zu den Assessments
gehören Selbsteinschätzungen, Team-Assessments oder
Ausbilder-Assessments. Webbasierte Evaluationen sind ebenfalls
denkbar. Sie sind kostengünstig und zeitsparend, werfen allerdings
auch Fragen auf: Wie kann garantiert werden, dass die richtige
Person die Testfragen beantwortet? Wie werden die Prüfungsfragen
geschützt? Die meisten Organisationen und Unternehmen, die
webbasierte Assessments durchführen, haben darauf Antworten
gefunden. Sie sollten also jeweils darauf achten, dass die
Evaluationsergebnisse quantifizierbar sind.

Kümmern Sie sich schließlich um optimale
Prüfungsbedingungen, das heißt, die Teilnehmer sollten bei gutem
Licht und angenehmer Raumtemperatur ruhig und ungestört an ihren
Aufgaben arbeiten können. Der Test sollte nicht länger als nötig
sein. Die Teilnehmer müssen die Prüfungsregeln kennen und wissen,
ob sie während des Tests Fragen stellen können.

Messung auf Ebene III
Auf Ebene III geht es um den
Lerntransfer. Gibt es tatsächlich eine Verhaltensänderung am
Arbeitsplatz? Für diese Evaluationsstufe ist dementsprechend ein
anderer Zeithorizont nötig. Die Frage ist nur, wie viel Zeit? Die
Experten sind sich darin aus guten Gründen nicht einig. Der
Zeitbedarf für sichtbare Verhaltensänderungen hängt zum einen von
der Art der Weiterbildungsmaßnahme ab und zum anderen von den
äußeren beruflichen Gegebenheiten, zum Beispiel davon, wann das
neue Verhalten am Arbeitsplatz tatsächlich gefragt ist oder wie
lange der Teilnehmer braucht, um das neue Verhaltensmuster zu
verinnerlichen. Also, wie lange? Die Bandbreite reicht von zwei bis
zwölf Monaten. Wahrscheinlich werden Sie sich mit dem
entsprechenden Fachmann im Unternehmen in Verbindung setzen, um den
individuellen Zeithorizont für die Umsetzung des Gelernten zu
bestimmen.
Auch auf Ebene III wird ein
Vorher-Nachher-Vergleich empfohlen. Die Frage einer Kontrollgruppe
muss ebenfalls entschieden werden.
Was genau messen Sie auf Ebene III? Jeder
einzelne Punkt in der Evaluation sollte einem der vereinbarten
Trainingsziele zugeordnet werden können. Auf Grundlage der
Trainingsziele können Sie eine Liste der Fähigkeiten erstellen, die
zur angestrebten Performance am Arbeitsplatz gehören. Konsultieren
Sie eventuell einen Experten, der Ihnen bei der Gestaltung der
Evaluation behilflich ist. Er kennt alle Nuancen, die zur Erfüllung
einer Aufgabe erforderlich sind.
Nachdem Sie festgelegt haben, was Sie
messen wollen, müssen Sie entscheiden, welche Evaluationsmethode
dafür geeignet ist. Zu den Methoden gehören Interviews,
Fokusgruppen, Beobachtungen vor Ort, Follow-up-Fragebogen,
Kundenumfragen und Kollegen- oder Vorgesetztenaussagen.
Die Evaluationsstufe III sollte nicht auf
die leichte Schulter genommen werden. Sie erfordert einen hohen
Einsatz von Hilfsmitteln. Deshalb sollten Sie sich über den
Gegenstand und die Art der Messung genaue Gedanken machen und vor
allem auch wissen, wofür Sie die erhobenen Daten verwenden
wollen.

Was ist zu tun, wenn die Evaluation
ergibt, dass sich die erwarteten Ergebnisse nicht eingestellt
haben? Gehen Sie zurück zum Trainingsdesign. Wenn die Fähigkeit,
die Sie evaluiert haben, tatsächlich erforderlich ist, sollten Sie
untersuchen, ob das Trainingsmaterial und die eingesetzten
Lerntechniken adäquat waren und genügend Zeit für das Erlernen
dieser Fähigkeit eingeplant war. Vielleicht brauchen die Teilnehmer
noch Arbeitshilfen oder genauere Anweisungen für die Umsetzung am
Arbeitsplatz. Manchmal stellt sich heraus, dass etwas in der
Bedarfsanalyse gar nicht aufgetaucht war. Zum Beispiel setzen die
Teilnehmer eine Fähigkeit deshalb nicht ein, weil sie gar nicht
mehr oder nur selten gebraucht wird. In diesem Fall können Sie es
beim nächsten Mal weglassen. Das ist also ein gutes Beispiel dafür,
wie die fünfte und die erste Phase des Trainingszyklus
ineinandergreifen.
Schlechte Transferergebnisse möchte kein
Trainer haben. Doch das Gute an schlechten Ergebnissen ist
immerhin, dass man daraus kluge Schlüsse ziehen kann. Soll das
Programm weitergeführt oder überarbeitet werden? Oder soll es
komplett verworfen werden? Ohne die Evaluation auf Ebene III
könnten Sie wahrscheinlich keine fundierte Entscheidung
treffen.
Messung auf Ebene IV
Die Ergebnisse auf Ebene IV sind
wahrscheinlich am schwierigsten zu messen. Kirkpatrick erzählt,
dass er am häufigsten gefragt wird, wie man denn auf Ebene IV
evaluieren soll. Als professioneller Trainer sollten Sie in der
Lage sein nachzuweisen, dass Ihr Training einen positiven Beitrag
zur Wertschöpfung des Unternehmens leistet, auch wenn dies
zugegebenermaßen eine Herausforderung darstellt.
Eine Schwierigkeit besteht darin, dass
die Trainingseffekte sich kaum isoliert nachweisen lassen, weil Sie
nie sicher sein können, ob das Geschäftsergebnis nicht von externen
Faktoren beeinflusst wird. Kann eine isolierte Betrachtung
überhaupt gelingen? Der Vergleich mit einer Kontrollgruppe könnte
in diesem Fall wertvoll sein, doch selbst da können andere Faktoren
hereinspielen, zum Beispiel der Verlust eines wichtigen Kunden, das
Auftauchen eines neuen Wettbewerbers, eine neue Einstellungspraxis
oder die allgemeine Wirtschaftslage. Für die Bewertung dieser
Faktoren gibt es die verschiedensten statistischen Methoden, auf
die ich in diesem Buch nicht eingehen kann.
Was können Sie also tun, wenn das
Management Sie nach handfesten Beweisen für den Erfolg des
Trainings fragt? Eine Vorher-Nachher-Messung ist relativ einfach zu
bewerkstelligen, weil die Berichtszahlen (Umsatz, Verkäufe,
Ausgaben, Fehlmengen, Beschwerdezahlen) in der Regel verfügbar
sind. Die Kunst besteht darin herauszufinden, welche Zahlen
relevant sind.
Die zweite Schwierigkeit besteht darin,
den genauen Zeitrahmen festzulegen, in dem sich der Trainingseffekt
zeigen soll. Er liegt irgendwo zwischen neun und 18 Monaten.
Sammeln Sie die Daten, von denen Sie annehmen, dass sie die Wirkung
des Trainings beweisen. Bei der Messung werden normalerweise
betriebswirtschaftliche Instrumente benutzt, die über die Abteilung
Weiterbildung hinausgehen. Denken Sie daran, dass es vor allem
darum geht, den Trainingserfolg möglichst isoliert zu betrachten.
Einen letzten, über alle Zweifel erhabenen Beweis werden Sie
vielleicht nicht liefern können, doch Ihre Zahlen sollten so klar
sein, damit das Management eine Entscheidung treffen kann.

Welche Evaluationsstufen sind jeweils
sinnvoll?
Sie können das Training auf einzelnen
oder auf allen Ebenen evaluieren. Wie entscheiden Sie, was Sie
genau unternehmen? Wovon hängen der Umfang und die Art der
Evaluation ab? Beantworten Sie die folgenden Fragen, dann haben Sie
eine Entscheidungsbasis.






Nur weil es vier Evaluationsstufen gibt,
bedeutet das nicht, dass Sie alle vier durchführen müssen.
Entscheiden Sie nach Beantwortung der vorangegangenen Fragen, was
Ihrer jeweiligen Weiterbildungsveranstaltung am meisten dienlich
ist. Evaluationsexperten sind sich darin einig, dass Ebene III und
vor allem Ebene IV meist nur sparsam eingesetzt werden, weil sie
zeitaufwendig und kostenintensiv sind. Eine Faustregel ist
vielleicht, dass Evaluationen auf Ebene IV dann sinnvoll sind, wenn
die angestrebten Ergebnisse für das Unternehmen eine hohe Priorität
besitzen oder wenn die Weiterbildungsmaßnahmen sehr teuer
sind.
Evaluationsmethoden
Viele Evaluationsmethoden habe ich in
diesem Kapitel bereits kurz genannt. In diesem Abschnitt möchte ich
einige genauer darstellen und die Vor- und Nachteile diskutieren,
damit Ihnen die richtige Auswahl leichter fällt.
Schriftliche Tests zur Lernzielkontrolle
Mit dieser Methode wird gemessen, wie gut
die Teilnehmer den Inhalt des Trainingsprogramms gelernt haben. Der
Ausbilder oder Trainer teilt klassische Testbogen aus oder
überspielt Computertests in der Lernklasse, mit dem der
Lernfortschritt in der Gruppe bewertet wird. Die Prüfungsfragen
sollten sich genau an den Lernzielen orientieren. Die methodische
Validität und Reliabilität der Tests muss gewährleistet sein.
Validität bedeutet kurz gesagt, dass tatsächlich das gemessen wird,
was gemessen werden soll, und Reliabilität bedeutet, dass der Test
bei Wiederholung unter gleichen Bedingungen das gleiche
Messergebnis erzielt.





Meinungsbefragungen
Mit Meinungsbefragungen soll
herausgefunden werden, welche Einstellungsänderungen sich aufgrund
des Trainings bemerkbar machen. Fachleute nutzen dieses Instrument,
um Informationen über Wahrnehmung, Arbeitsgewohnheiten, Motivation,
Werte, Überzeugungen und Arbeitsbeziehungen der Mitarbeiter zu
sammeln. Meinungsbefragungen sind schwieriger zu erstellen, weil
die Messgegenstände weniger greifbar sind. Es ist durchaus denkbar,
dass die Teilnehmer so antworten, wie sie es für vermeintlich
»richtig« halten.
Simulationen und Beobachtungen vor Ort
Bei Beobachtungen des Mitarbeiters am
Arbeitsplatz oder in einer Job-Simulation kann kontrolliert werden,
ob das Training seinen gewünschten Erfolg erzielt hat. Unterstützen
Sie diesen Prozess, indem Sie eine Checkliste mit den zu
beobachtenden Verhaltensweisen erstellen. Dies ist manchmal die
einzige Möglichkeit, den Lerntransfer festzustellen. Doch manche
Menschen reagieren mit Angst oder verhalten sich anders, wenn sie
beobachtet werden. Auch sind Beobachtungen meist ziemlich
zeitaufwendig. Der Beobachter muss qualifiziert und erfahren sein,
um den Faktor Subjektivität, so gut es geht, auszuschalten.
Kriterienchecklisten
Die Checklisten können in Zusammenhang
mit Beobachtungen verwendet werden und sind Grundlage für eine
Befragung über eine Reihe von Leistungsmerkmalen, die evaluiert
werden sollen.
Produktivitäts- und Performance-Berichte
Harte Produktionszahlen wie
Verkaufsberichte und Fertigungssummen helfen Managern und Trainern
dabei, tatsächliche Leistungssteigerungen genau zu beziffern. Ein
Vorteil von Produktivitätsberichten besteht darin, dass kein neues
Evaluationsinstrument entwickelt werden muss. Außerdem sind die
Daten quantifizierbar. Nachteile liegen darin, dass man wenig
Kontakt zu den Teilnehmern hat und die Berichte unvollständig sein
können.
Messungen nach dem Training
Befähigungstests und Fortschrittstests
sowohl von Managern als auch von Teilnehmern zeigen an, ob eine
Leistungssteigerung am Arbeitsplatz stattgefunden hat. Die
Ergebnisse der Messungen sind vielleicht nicht so objektiv, wie
dies nötig wäre.
Bedarfs-/Ziel-/Inhaltsvergleiche
Weiterbildungsmanager, Teilnehmer und
Vorgesetzte vergleichen die Ergebnisse der Bedarfsanalyse und die
Kursziele und -inhalte auf ihre Übereinstimmung. Bewertungen der
Relevanz der Kursinhalte am Ende eines Trainings dienen ebenfalls
dem Vergleich.
Evaluationsbogen
Am Ende eines Seminars füllen die
Teilnehmer einen Evaluations- oder Antwortbogen aus und geben
Auskunft darüber, was ihnen am Training (nicht) gefallen hat.
Gefragt wird meist nach Vortragsweise, Inhalt, Organisation und
Räumlichkeiten. Damit wird den Teilnehmern gezeigt, dass ihre
Einschätzung gefragt ist (»Ihre Meinung ist uns wichtig«). So
können quantitative und qualitative Daten erhoben werden.
Interviews
Interviews sind zur Messung des
Lerntransfers gut geeignet. So können auch Hemmnisse bei der
Umsetzung des Gelernten aufgedeckt werden. Wie keine andere Methode
übermitteln Interviews Interesse, Rücksicht und Empathie gegenüber
den Teilnehmern und dienen gleichzeitig zur Datensammlung. Wenn
Verhalten nicht direkt beobachtet werden kann, sind Interviews ein
wertvolles Evaluationsinstrument. Sie sind zwar kostspieliger als
andere Methoden, ermöglichen jedoch unmittelbares Feedback und der
Interviewer kann sofort nachfragen.
Evaluation des Unterrichtenden
Professionelle Trainer geben
Evaluationsbogen und Prüfungsblätter aus, um die Kompetenz,
Effektivität und pädagogischen Fähigkeiten des Unterrichtenden zu
bewerten. Siehe das Beispiel am Ende des Kapitels.
Mit allen diesen Evaluationsmethoden
erhalten Sie die Informationen, die Sie benötigen. Manche sind für
bestimmte Evaluationsstufen besser geeignet als für andere. Die
letzte Entscheidung darüber treffen Sie selbst.


Was ist
dran am Return on Investment (ROI)?
In den vergangenen Jahren sind
Kirkpatricks vier Ebenen der Evaluation um eine fünfte Ebene
ergänzt worden: der Return on Investment (ROI). Trainer müssen sich
mit dem dauerhaften Trend auseinandersetzen, ihren Nutzen in Zahlen
beweisen zu müssen – die Verzinsung des in Weiterbildung
investierten Kapitals. Die Entwicklung dieser fünften Ebene der
Trainingsevaluation wird dem anerkannten Evaluationsexperten Dr.
Jack Phillips gutgeschrieben.
Wenn Sie mehr über Evaluation lesen,
werden Sie sehen, dass der Begriff ROI in Zusammenhang mit der
vierten Evaluationsstufe verwendet wird. Der Hauptunterschied auf
der fünften Ebene besteht in der Art der Präsentation der Zahlen
und Daten. ROI wird definitionsgemäß in Prozent ausgedrückt.
Ebene
V: Return on Investment
Die Messung des ROI vergleicht den
monetären Nutzen der Weiterbildungsmaßnahme mit den Kosten. Nur
wenige Unternehmen und Organisationen nehmen auf dieser Ebene
Bewertungen vor, die neuesten Schätzungen gehen von etwa zehn bis
20 Prozent aus. Und selbst dann werden die Messungen auf bestimmte
Weiterbildungsmaßnahmen beschränkt:




Viele Unternehmen würden nach eigener
Aussage gerne mehr über ROI im Weiterbildungsbereich wissen, doch
nur die wenigsten sind zu den nötigen Investitionen bereit.
Wie
der ROI ermittelt wird
Der ROI stellt den Wertschöpfungsbeitrag
des Trainings in einer unternehmensgemäßen Form dar. Das
ROI-Verfahren beruht auf fünf Schritten. Die Ebenen I bis IV sind
notwendig, um die Eingangsdaten zu erfassen.
1.
Sammlung von Daten im Anschluss
an die Weiterbildungsmaßnahme
Mit einer Vielzahl von Methoden,
vergleichbar denjenigen, die im vorigen Abschnitt vorgestellt
wurden, werden auf den Ebenen I bis IV Daten
zusammengetragen.
2.
Isolierung der
Trainingseffekte
Die Performance-Daten können durch viele
Faktoren beeinflusst werden, deswegen müssen verschiedene Schritte
unternommen werden, um die Trainingserfolge direkt herauszufiltern.
Eine umfassende Reihe von Tools steht dazu zur Verfügung:
Kontrollgruppen, Trendlinienanalyse, Vorhersagemodelle,
Wirkungseinschätzungen verschiedener Gruppen.
3.
Übertragung der Daten in
wirtschaftliche Kennzahlen
Die auf Ebene IV erhobenen Daten werden
überprüft und einem Geldwert zugeordnet. Dazu werden verwendet:
Herstellungskosten, Gehälter und Zusatzleistungen, Übersetzung der
Arbeitsleistungen in Gewinnbeiträge oder externe
Datenbestände.
4.
Tabellarische Darstellung der
Weiterbildungskosten
In den Kosten einer Weiterbildungsmaßnahme
sind mindestens enthalten: Entwicklungskosten des
Trainingsprogramms, Materialkosten, Trainerhonorare und -gehälter,
Ausstattungskosten, Reisekosten, Verwaltungskosten, Gemeinkosten
sowie die Kosten der Abwesenheit der Teilnehmer am
Arbeitsplatz.
5.
Kalkulation des ROI
Der ROI wird errechnet, indem man die
Nettoerträge der Trainingsmaßnahme (Erlös minus Kosten) durch die
Investitionskosten teilt und mit 100 multipliziert. Immaterielle
Vorteile und Nutzen, die sich nicht in Zahlen ausdrücken lassen,
wie erhöhte Zufriedenheit im Beruf, verbesserter Kundenservice,
Rückgang der Kundenreklamationen werden in diesem letzten Schritt
ebenfalls festgehalten.
Das sieht nach ziemlich viel Arbeit aus!
Doch wenn Sie dem Management einen Beweis für den Wertbeitrag des
Trainings zu liefern haben, ist es das wert.
Der
Nutzen einer zusätzlichen Ebene V
Welchen zusätzlichen Nutzen bietet die
Ebene V? Der wichtigste Grund liegt wahrscheinlich darin, die
Berechtigung der Weiterbildungsmaßnahmen nachzuweisen und einen
positiven Effekt des Trainings auf die Unternehmenskennzahlen zu
belegen. Das Management wird davon überzeugt, dass Weiterbildung
als Investition und nicht als Kostenfaktor zu sehen ist. Eine
ROI-Analyse kann auch Erkenntnisse über bestimmte
Trainingsprogramme zutage fördern: welche am meisten zum
Geschäftsergebnis beitragen, welche verbesserungswürdig sind und
welche vor allem Kosten verursachen. Wenn ein erfahrener Trainer
auf Grundlage dieser Daten aktiv wird, kann ein Prozess in Gang
gesetzt werden, der den Erfolg des gesamten Weiterbildungsbereichs
eines Unternehmens positiv beeinflusst. Evaluationen auf Ebene
Vergänzen damit den gesamten Evaluationsprozess um einen wertvollen
Aspekt.
Interview mit Jack Phillips
Es ist spannend, Sie
interviewen zu dürfen. Können Sie die Leser mit etwas
Hintergrundwissen über ROI versorgen?
Phillips: Wir haben einen
systematischen und praxisorientierten Weg gesucht, um den Wert von
Lernen und Personalentwicklung aufzuzeigen. Dazu haben wir auf
Kirkpatricks vier Ebenen aufgebaut und eine fünfte Ebene für ROI
hinzugefügt. Wir haben auch manche Anpassungen in der Definition
vorgenommen, damit sie auf die verschiedensten Trainingsmaßnahmen
anwendbar ist. Wir haben ein prozessuales Modell entwickelt, um zu
zeigen, wie die Daten gesammelt, in Kennzahlen übersetzt und wie
Kosten eingerechnet werden, um den tatsächlichen ROI zu ermitteln.
Wesentlich dabei ist die Isolierung der Trainingseffekte. Das ist
der entscheidendste Teil, wenn es um die Glaubhaftigkeit von
Wirkungsstudien geht.
Schließlich haben wir
Verfahrensstandards entwickelt und uns darauf konzentriert, wie
Organisationen die Methode anwenden können, wohl wissend, dass auch
das beste Modell der Welt nicht genutzt wird, wenn es nicht
praktikabel, vernünftig und logisch ist. Unsere Arbeit besteht
größtenteils darin, andere bei der Umsetzung zu unterstützen – das
ist die Basis unserer Qualifikation in der ROI-Methodik.
Wie wurde der ROI
entwickelt? Welche Geschichte gibt es dazu?
Phillips: Mein Interesse am ROI
entstammt ursprünglich meinem Interesse an quantitativen Methoden.
Ich hatte Elektroingenieurswesen, Mathematik und Physik studiert
und meinen Master in Statistik gemacht. Mein persönliches Interesse
lag im Bereich Buchführung und Wirtschaftsprüfung (nach Myers Brigg
bin ich ein ISTJ-Typ). Meine erste praktische Studie habe ich 1973
im Rahmen meiner Masterarbeit durchgeführt, bei der ich den Return
on Investment für ein Genossenschaftsprogramm bei Lockheed Martin
durchführte (ich war der Genossenschaftsdirektor).
Bei meiner zweiten ROI-Studie (1976)
ging es um Führungskräftetraining. Auf Vorschlag eines Senior
Executive, der mehr über die Wirkung von Trainings wissen wollte,
führte ich als Weiterbildungsmanager die Studie in meinem
Unternehmen durch. Wir verbesserten und erweiterten das
Instrumentarium kontinuierlich, während ich es als Leiter der
Personalentwicklung intern weiter einsetzte, schließlich auch in
einer Bankgesellschaft, der ich als Vorsitzender und leitender
Geschäftsführer diente.
Anfangs entwickelte ich das
ROI-Verfahren unter Verwendung von Begrifflichkeiten aus
Finanzwesen und Wirtschaftsprüfung. Auch die Ideen des
Reengineering und des Total Quality Management flossen mit ein. Das
Verfahren baute auf den vier Evaluationsstufen nach Kirkpatrick
auf. Ich hielt eine fünfte Ebene für notwendig, um zu zeigen, dass
sich Lernergebnisse auch in messbaren Zahlen ausdrücken lassen. Und
was noch wichtiger war, wir entwickelten ein Prozessmodell, legten
Standards fest und legten den Schwerpunkt auf die
Durchführung.
Was inspirierte Sie
dazu, ein besonderes Messverfahren für ROI zu
entwickeln?
Phillips: Die Anregung zur zweiten
Studie, die von der Unternehmensleitung ausging, ermutigte mich
nicht nur dazu, weiter mit der Arbeit fortzufahren, sondern auch
dazu, anderen meine Erfahrungen mitzuteilen. Ich hielt gelegentlich
Vorträge, schrieb Artikel and publizierte 1982 schließlich mein
erstes Buch Handbook of Training and Evaluation
and Measurement Methods, in dem ich für ROI plädierte. Es
war zufällig das erste umfassende Buch über Evaluation und ist
mittlerweile in dritter Auflage erschienen. Ich bekam viele
positive Reaktionen auf das Buch und veröffentlichte weiteres
Material. Die Reaktionen waren überwältigend. Meine Dissertation in
den 80er-Jahren beschäftigte sich aus wissenschaftlicher
Perspektive mit dem Thema.
Anfang der 90er-Jahre war für mich
klar, dass ein Bedarf an offenen Workshops und Beratung über diese
Methodik vorhanden ist. Unserer Kenntnis nach gab es keine
eintägigen oder zweitägigen Workshops für Trainingsevaluation. Ende
1992 wurden wir international tätig und führten in Johannisburg,
Südafrika, einen zweitägigen Workshop durch. Seitdem haben wir über
500 Workshops mit insgesamt über 15.000 Teilnehmern durchgeführt
und über 130 einwöchige Zertifizierungsseminare mit über 2.000
Teilnehmern. In über 40 Ländern wird die Methodik eingesetzt und
das kontinuierliche Feedback aus aller Welt inspiriert mich und
unser Team zur Fortsetzung unserer Arbeit.
Trainer scheinen
eher eine Scheu vor ROI zu haben. Wie können Sie sich das
erklären?
Phillips: Alles hat zwei Seiten.
Einerseits erfährt ROI eine weite Verbreitung, wie ich eben
erläutert habe. Wir gehen davon aus, dass etwa 15 bis 20 Prozent
aller Weiterbildungsunternehmen in den USA in irgendeiner Weise
damit arbeiten. Andererseits gibt es viele Unternehmen und
Organisationen, die ROI nicht einsetzen. Wir glauben, dass die
Gründe vor allem in Folgendem liegen:





Wann sollten Trainer
und Weiterbildungsabteilungen sich um ROI kümmern?
Phillips: Es gibt drei verschiedene
Motive, die die Beschäftigung mit ROI befördern:



Haben Sie zum Schluss einen guten Tipp?
Phillips: Beachten Sie, dass ROI nur
bei teuren oder strategisch bedeutsamen Weiterbildungsprogrammen
verwendet werden sollte. Das ist auch der Fall, wenn sehr viele
Mitarbeiter in das Programm einbezogen sind, eine gewisse
Außenwirkung erzeugt wird und das Topmanagement selbst großes
Interesse daran zeigt. Dann liegen Sie mit der ROI-Methode
richtig.
Evaluation: Das Ende des Trainingszyklus und der Anfang des
Fortschritts
Ein so umfangreiches Kapitel zu
schreiben, dass es ein eigenes Buch werden könnte, kann schwierig
sein. Ich freue mich, dass Sie, wenn Sie das ganze Kapitel gelesen
haben, die beiden Beiträge der Evaluationsexperten Dr. Donald
Kirkpatrick und Dr. Jack Phillips gelesen haben. Beide betonen, wie
wichtig die Evaluation für positive Veränderungen ist.
Sie sind nun dazu bereit, Ihren eigenen
Evaluationsplan zusammenzustellen. Scheuen Sie sich nicht, dazu
Unterstützung von außen zu holen. Statistiker, Wissenschaftler und
Berater sind in der Lage, den Evaluierungsprozess voranzutreiben,
was auch im Interesse der Stakeholder liegt.
Für Sie als Trainer ist die Evaluation
auf Ebene I wichtig. Nehmen Sie das Feedback ernst. Ansonsten
sollten Sie einen Kollegen fragen und sich auf sein Urteil
verlassen. Haben Sie einen Kollegen, dessen Meinung Sie besonders
schätzen? Bitten Sie ihn oder sie darum, als Beobachter in Ihrem
Seminar – zumindest teilweise – teilzunehmen. Trainerkollegen
beobachten Dinge, die Teilnehmer vielleicht übersehen, und können
Ihnen genaues Feedback geben.
Nun bin ich stolz, Ihnen die
umfangreichste Checkliste zur Trainerkompetenz zu geben, die ich
kenne (Tabelle
13.1). Kopieren Sie die Seiten und bitten Sie einen Kollegen,
an Ihrem nächsten Training teilzunehmen und Ihnen anhand dieses
Bogens Feedback zu geben.
Tabelle 13.1:
Checkliste zur Trainerkompetenz
Fähigkeit
|
Kommentar
|
---|---|
Vorbereitung:
|
|
Räume entsprechend vorbereitet
|
|
Teilnehmer auf das Seminar
vorbereitet
|
|
Unterlagen vorbereitet
|
|
Gute Organisation
|
|
Lernen
ermöglichen:
|
|
Effektive Vorbereitung
|
|
Angemessene Gruppenmoderation
|
|
Vielfalt an Medien
|
|
Kompetenter Medieneinsatz
|
|
Vielfalt an Lernaktivitäten
|
|
Angemessenes Tempo
|
|
Kleingruppenarbeit
|
|
Nachbesprechung von Aktivitäten
|
|
Auf das Thema konzentriert
|
|
Eine positive
Lernumgebung schaffen:
|
|
Kreative Elemente integrieren
|
|
Lernen interessant gestalten
|
|
Offener Austausch von Ideen und
Vorschlägen
|
|
Relevante Beispiele anführen
|
|
Ehrliches Feedback geben
|
|
Mit falschen Antworten angemessen
umgehen
|
|
Zeit einplanen, um Kontakte zu
knüpfen
|
|
Erfolg verstärken
|
|
Aktive Beteiligung
fördern:
|
|
Treffender Eisbrecher zu
Seminarbeginn
|
|
Vielfalt an Lernmethoden
|
|
Verbindung herstellen
|
|
Blickkontakt zu allen Teilnehmern
|
|
Entspanntes und freundliches
Auftreten
|
|
Aufmunternde Körpersprache
|
|
Schwerpunkt auf aktive Mitwirkung
|
|
Mitwirkung direkt einfordern
|
|
Risiken belohnen
|
|
Persönliche Beispiele mitteilen
|
|
Nichtwertendes Verhalten zeigen
|
|
Kommunikation von Inhalt
und Prozess:
|
|
Gute Seminarorganisation
|
|
Klare Zusammenfassungen
|
|
Zum Nachdenken anregende Fragen
stellen
|
|
Zu Fragen ermuntern
|
|
Fragen angemessen beantworten
|
|
Großgruppendiskussionen führen
|
|
Gut zuhören
|
|
Verstehen der Teilnehmer prüfen
|
|
Gute Übergänge zwischen den Themen und
Modulen
|
|
Angemessene nonverbale Fähigkeiten
|
|
Klare Artikulation
|
|
Effektiver Stimmeinsatz
|
|
Fundierte Kenntnis des Themas zeigen
|
|
Angemessener Humor
|
|
Konstruktives Feedback geben
|
|
Umgang mit
Unvorhergesehenem:
|
|
Unvorhergesehene Ereignisse
bewältigen
|
|
Mit schwierigen Situationen oder
schwierigen Teilnehmern richtig umgehen
|
|
Widerwillige Teilnehmer überzeugen
|
|
Flexibilität beweisen
|
|
Gutes Zeitmanagement, Themen angemessen
berücksichtigen
|
|
Sicherstellung von
Lernerfolg:
|
|
Individuelle Lernergebnisse bewerten
|
|
Zeit für Frage-Antwort-Runde
|
|
Umsetzung des Gelernten am Arbeitsplatz
fördern
|
|
Praxisrelevante Beispiele bringen
|
|
Glaubwürdigkeit
herstellen:
|
|
Fachkenntnis demonstrieren
|
|
Vertrauen erzeugen
|
|
Beherrschung zeigen
|
|
Persönliche Erfahrungen mitteilen
|
|
Fragen beantworten
|
|
Das Training
evaluieren:
|
|
Reaktionen und Wirkungen fortlaufend
beobachten
|
|
Nach Feedback fragen
|
|
Verbesserungsvorschläge einholen
|
|
Weitere Bemerkungen
|
Evaluation ist zwar die letzte Phase im
Trainingszyklus, doch sie ist auch ein Anfang: der Anfang zu einer
weiteren Verbesserung Ihrer Trainerkompetenz. Es liegt an Ihnen,
welche Veränderungen Sie sich vornehmen. Verlassen Sie sich dabei
auf die Ergebnisse der Evaluation. Oder um es mit Kirkpatricks
Worten zu sagen: »Evaluation ist eine Wissenschaft und eine Kunst.
Sie ist eine Mischung aus Begriffen, Theorien, Prinzipien und
Techniken. Die Anwendung liegt bei Ihnen.«