In Eitelsbach betrat er leise das Haus. Im Schlafzimmer schrie Henriette, und er hörte Claudias beruhigende Stimme. Lichthaus stellte die schwere Aktentasche ab und ging nach oben. Claudia lief mit dem verzweifelt weinenden Baby auf dem Arm hin und her. Sie sah erschöpft und genervt aus.
»Sie schreit jetzt schon eine volle Stunde. Ich werde gleich verrückt.«
»Ich komme.« Im Bad wusch er sich die Hände und riskierte einen Blick in den Spiegel. Von der Ruhe, die er aus dem Vaterschaftsurlaub mitgebracht hatte, war nichts mehr zu sehen. Er hatte die Eigenart, bei Stress und Übermüdung unter den Augen dunkle Ringe zu bekommen, was den müden Ausdruck in seinem Gesicht noch verstärkte. Außerdem war er unrasiert, und im fahlen Licht der Lampe sah seine Haut wie altes Pergamentpapier aus. Zum Kotzen. Er wandte sich resigniert ab und ging zurück ins Schlafzimmer. Henriette schrie weiter, so laut und so grell, wie es nur Säuglinge können. Ihr Gesicht war vor Anstrengung rot angelaufen, und sie zog die Beinchen an.
»Sie hat Koliken«, meinte Claudia. »Es hat gleich nach dem Stillen angefangen.« Sie schaute mit Tränen in den Augen auf das Baby. »Ich habe doch nichts Falsches gegessen?«
Sie blickte ihn groß an. Lichthaus zuckte genervt die Schultern. Das hatte ihm heute noch gefehlt. »Woher soll ich das denn wissen?« Sein Ton war grob.
»Es ist auch deine Tochter.« Ihre Stimme wurde schneidend. »Ich habe sie den ganzen Tag gehabt.«
»ja, ja«, fuhr er sie an. »Ist schon gut. Gib sie mir und ruh dich aus.«
»Das musst du nicht tun. Ich komme allein zurecht.«
»Schon gut.« Er sah ein, dass er nicht seinen Stress an ihr auslassen sollte. »Wir sind beide nicht besonders gut drauf. Wir sollten nicht streiten.«
Er sah sie einen Augenblick entschuldigend an, dann nahm er Henriette, legte sie mit dem Bauch nach unten auf einen Unterarm und nahm Claudia in den anderen. Die Anspannung löste sich nun auch bei ihr, und sie lächelte ihn schief an.
Lichthaus ging mit dem schreienden Baby ins Erdgeschoss und lief im Wohnzimmer auf und ab. Der Druck auf den Leib schien nach einigen Minuten zu wirken. Endlich beruhigte Henriette sich und schlief ein, aber selbst im Schlaf wimmerte sie immer wieder leise und nicht weniger herzzerreißend. In der Küche standen noch ein paar kalte Kartoffeln, die er im Stehen mit etwas Salz aß und dazu ganz gegen seine Gewohnheiten eine Flasche Bier trank. Dann setzte er sich mit dem schlafenden Kind an den Tisch und begann, die Akten zu lesen.
Insgesamt hatten die fünf Vergewaltigungen in nur wenigen Monaten stattgefunden, wobei sich die Abstände geradezu klassisch verkürzt hatten. Dann war die Serie abgebrochen, was ihn sehr verwunderte. Alle Opfer waren auf dem Weg von und zur Arbeit oder, in zwei Fällen, zur Schule überwältigt worden. Die Überfälle waren immer an Stellen erfolgt, die schlecht einzusehen waren. Anschließend waren die Frauen an einen abgelegenen Ort geschafft worden, in ein verlassenes Haus etwa oder in eine Gartenlaube. Stefanie Cordes hatte der Täter in eine Hauseinfahrt gezogen und dann im Hinterhaus einer aufgegebenen Schreinerei für mehrere Stunden festgehalten. Lichthaus schloss sich der Ansicht der Kollegen an, dass der Täter die Frauen und den Tatort gezielt ausgesucht hatte. Er musste sie vorher beobachtet haben, ohne dass eines der Opfer im Vorfeld etwas bemerkt hätte. Hatte er ein Opfer überwältigen können, betäubte er es leicht mit Äther, um seine Gegenwehr einzudämmen, dann verschleppte er die Frau und wartete, bis sie wieder zu sich kam. Erst dann vergewaltigte er sie mehrfach, folterte mit Verbrennungen und Schlägen und würgte sie bis zur Ohnmacht. Alle hatten übereinstimmend ausgesagt, dass er hierbei immer wieder ihre absolute Unterwerfung eingefordert, sie bis zur Selbstaufgabe gedemütigt habe. Ein kranker Irrer.
Lichthaus verstand das Verhalten von Stefanie Cordes nun besser, für die allein das Erinnern an diese Stunden die Hölle sein musste. Er würde alle Hebel in Bewegung setzen, um diesen Psychopathen zu fassen, und hoffte, dass Eva Schneider das letzte Opfer gewesen war. Eigentlich glaubte er aber selbst nicht daran.
Als er die Fälle chronologisch ordnete, fiel ihm auf, dass sich das Muster mit der Zeit geändert hatte. Die erste Vergewaltigung war hastig durchgeführt worden. Die junge Frau, eine Schülerin, die auf dem Weg zum Ballettkurs überwältigt worden war, wurde einmal vergewaltigt und in vergleichsweise geringem Maße misshandelt. Während er das Mädchen quälte, sprach der Mann kaum. Später ließ er sich mehr Zeit, schrie seine Opfer an und zwang sie, irrsinnige Sprüche nachzusprechen. Stefanie Cordes hatte immer wieder »Ich liebe dich« und »Ich bin dein untertänigstes Weib« sagen müssen. Seit dem dritten Überfall nahm er den Frauen Gegenstände ab. Perverse Souvenirs. Er riss Büschel von Schamhaaren aus und entwendete Kleidungsstücke, einmal den BH und zweimal den Slip. Die Akten gaben keinen Hinweis darauf, warum die Serie abgebrochen war. Er konnte nur spekulieren. Entweder hatten sich die Lebensumstände des Täters geändert. Eine feste Beziehung zum Beispiel oder er war woanders hingezogen. Doch wenn er weiter gemacht hatte, müssten auch Opfer zu finden sein.
Plötzlich quiekte Henriette auf und machte krachend in die Windel. Lichthaus legte die Akten zusammen und ging nach oben ins Kinderzimmer. Die Uhr zeigte zehn Minuten vor zwölf. Er wickelte seine Tochter und schmuste ein wenig mit ihr. Anschließend legte er sie in die Wiege und betrachtete sie lange. Er würde alles tun, um den Täter zu kriegen und anderen Opfern und Familien ein solches Leid zu ersparen.
*
Als das Telefon schrillte, wusste Lichthaus, dass etwas passiert war. Sie hatten einen Anschluss im Flur, direkt vor dem Schlafzimmer, damit er bei nächtlichen Einsätzen nicht erst hinunter in die Küche zum Apparat laufen musste. Mühsam rappelte er sich auf und schaute automatisch auf die Uhr. Zwei Uhr vierunddreißig. Er kam schwankend auf die Beine, zog die Zimmertür zu und nahm ab.
»Ja?«
»Johannes, hier Thomas, tut mir leid, dass ich dich wecke, aber die Bereitschaft hat mich angerufen. Sie haben eine Leiche gefunden.« Er machte eine Pause.
»Na, wo und wer? Was wissen wir noch?« Lichthaus’ Kopf dröhnte. Seine Stimme klang unfreundlich.
»Bei den Schrebergärten, die gleich hinter dem alten Präsidium beginnen.«
»Und wo da?« Er war immer noch nicht wirklich wach.
»Auf der entgegengesetzten Seite. Bevor du die Metzerallee nach Heiligkreuz hinauffährst, zweigt unmittelbar unterhalb der europäischen Richterakademie die Bernhardstraße ab. Dort fließt ein Bach unter der Straße durch. Hier auf der rechten Seite.«
»Okay, den Weg am Bach entlang kenne ich. Kannst du mir schon Genaueres sagen?«
»Das Opfer ist noch nicht identifiziert. Es wurde in Brand gesetzt. Anwohner haben das Feuer unten am Bach bemerkt und die Kollegen gerufen. Der Körper ist so stark verbrannt, dass wir nicht einmal wissen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt.«
»Mein Gott. Was ist mit der Spurensicherung und Güttler?«
»Sind schon unterwegs. Güttler auch.« Scherer war nach dem Patzer mit Rosner hörbar froh, dass er nichts vergessen hatte.
»Gut. Schick mir eine Streife und informiere Marx. Frau Erdmann muss mich später zu der Cordes fahren, die lassen wir besser schlafen. Steinrausch ebenfalls, der soll sich um die Befragung im Hunsrück kümmern. Marx wird den neuen Fall leiten. Du assistierst ihm.«
»Wird erledigt. Bis später.« Scherer zeigte wenig Begeisterung für die Aufgabenverteilung, doch das war Lichthaus egal.
Als er ins Schlafzimmer zurückkam, war Claudia wach. »Was ist denn los?«, flüsterte sie. Er ließ sich kurz auf das Bett fallen und erzählte ihr schnell die Einzelheiten. Sie streichelte ihm über den Kopf.
»Du bekommst es aber dicke ab im Moment.«
»Scheiße ist das. Jetzt müssen wir alles noch mehr mit fremden Kollegen aufblähen, sonst schaffen wir das nicht.« Er gab ihr einen Kuss. »Bis später. Ich bringe Brötchen mit.« Er lächelte schief und ging ins Bad.
Unten kochte er sich einen Kaffee und trank ihn langsam. Das Licht der Neonröhre unter dem Küchenschrank flimmerte leicht und stach ihm in die müden Augen. Kopfschmerzen krochen in ihm hoch, und er löste eine Schmerztablette in Wasser auf. Die bittere Brühe schluckte er in dem Moment hinunter, als die Streife vorfuhr. Die Nacht war warm, auch wenn der Himmel von Wolken bedeckt war. Die Jeansjacke über dem Arm ging er zum Wagen. Im Einsteigen grüßte er den Streifenpolizisten und schwieg für den Rest der Fahrt.
Zwei Morde in Trier in so kurzer Zeit hatte es noch nie gegeben. Sie würden je eine Kommission bilden müssen, die unabhängig voneinander ermittelten. Er würde definitiv am Mörder von Eva Schneider dranbleiben. Wie er die zweite Gruppe besetzen sollte, wusste er noch nicht.
Sie fuhren die Weimarer Allee hinauf in den Kreisel an den Kaiserthermen, und Lichthaus erschauderte bei dem Gedanken an den zu erwartenden Anblick, der ihm nun bevorstand. Als ganz junger Polizist war er zu einem Unfall beordert worden, bei dem einer der Fahrer in seinem Auto verbrannt war. Er hatte sich damals übergeben und den Gestank und das Bild des verkrümmten Körpers noch tagelang in Nase und Gedächtnis behalten.
Der Fahrer stoppte den Streifenwagen am Straßenrand und ließ ihn aussteigen, wendete und fuhr davon. Die Szene war bereits hell von Scheinwerfern erleuchtet, irgendwo brummte ein Generator, und die Tatortspezialisten waren schon voll bei der Arbeit. Einen Augenblick lang verharrte Lichthaus auf dem leeren Bürgersteig und betrachtete von hier aus den Fundort. Er kannte den Weg. Sie hatten hier im südlichen Stadtteil Freunde, mit denen sie eines Sonntags den Bach entlangspaziert waren. Es war Frühjahr gewesen, und das Wasser war brausend an ihnen vorbeigeschossen. Der Kontakt war inzwischen fast eingeschlafen. Komisch, dass er gerade jetzt daran dachte. Seine Konzentration litt unter der nagenden Müdigkeit. Er riss sich zusammen. Neben dem Bürgersteig war vor kurzem ein neuer Fahrradweg angelegt worden.
Von diesem zweigte ein schmaler Weg ab, kaum breiter als ein Auto, und führte leicht abfallend zu einer steinernen alten Brücke über dem Bach. Von dem Spaziergang wusste er noch, dass dahinter eine Treppe hinauf nach Heiligkreuz führte, an deren Seiten mehrere Kreuzwegreliefe standen.
Es war warm, etliche Mücken und Falter tanzten im Lichtschein der Lampen. Hinter Flatterbändern sah er Spleeth im weißen Overall hin und her eilen. Wie lange der den Stress wohl noch aushalten würde? Etwas oberhalb des Weges, am Rande der schräg zum Fußweg verlaufenden Bernhardstraße, sah er in einem großen modernen Wohnblock in mehreren Fenstern Licht und neugierige Zuschauer. Sie würden diese potenziellen Zeugen befragen müssen. Er marschierte hinunter zur Fundstelle und registrierte, dass die Techniker die kleine, von Bäumen begrenzte Wiese ebenfalls abgesperrt hatten. Die Leiche schien sich am etwas tiefer gelegenen Bach zu befinden. Spleeth hatte mitten auf der Brücke Lampen positionieren lassen, die das Bachbett erhellten. Lichthaus nickte den Beamten zu und ging hinüber, um über die Mauer zu schauen.
Die Leiche lag unmittelbar neben dem Bachlauf. Von seiner Position aus konnte Lichthaus wenig erkennen. Da Scherer aber bereits mit einem Techniker am Ufer hockte und sich erste Erläuterungen geben ließ, entschloss sich Lichthaus, hier zu warten. Etwas später kam Scherer zu ihm auf die Brücke und brachte einen Kaffee mit.
»Danke. Wie sieht es aus?«
»Schlecht«, begann er. »Die Leiche ist laut Spleeth mit einem hochwirksamen Brandbeschleuniger übergossen worden und an der Oberfläche völlig verbrannt. Er bezweifelt sogar, dass die Abnahme von Fingerabdrücken überhaupt möglich sein wird. Wir haben weder Kleidung noch sonst etwas finden können, das auf die Identität hinweist. Er will jetzt die Umgebung um die Leiche herum absuchen, wir können später hin.«
»Gut. Kann es Selbstmord sein?«
»Nein. Es wurde kein Kanister gefunden, mit dem er sich das Zeug über den Kopf gegossen haben könnte. Außerdem …«
»Er?« Lichthaus unterbrach Scherer.
»Ja, es war ein Mann. Aus der Nähe lässt sich das feststellen. Außerdem«, nahm er den Satz wieder auf, »hat er noch versucht, den Bach zu erreichen. Spleeths Leute haben geringe Brandspuren auf dem Weg von dort hier herunter gefunden.« Er zeigte in Richtung Straße. »Sie glauben, dass er oben auf dem Wiesenstück übergossen und angezündet wurde. Er ist wohl in Panik losgelaufen, hat es aber nicht mehr geschafft.«
Auch Marx war mittlerweile angekommen und hatte Scherers Ausführungen mit angehört. Er sah müde aus, wirkte jedoch nicht betrunken. Lichthaus übertrug ihm den Fall. Dann ging er zu den Häusern, um die Zeugen zu befragen. Die Polizei benachrichtigt hatte ein Karl-Josef Zimmermann. Er wohnte im ersten Stock des mittleren Hauses und wartete bereits in der offenen Wohnungstür auf seine Befragung. Offensichtlich hatten er und seine Frau sich schnell Bademäntel über die Schlafanzüge gezogen, sie waren sichtlich aufgeregt. Der alte Mann atmete schwer und war kreidebleich. Sie gingen in ein altdeutsch eingerichtetes Wohnzimmer und nahmen über Eck auf einer riesigen Ledercouch Platz.
Zimmermann war Rentner. Seinen Ausführungen zufolge litt er unter schwerem Asthma und konnte deshalb oft nicht schlafen. In dieser Nacht war er um kurz vor zwei wach geworden und an das Fenster getreten, um die frische Luft einzuatmen. Da erregte eine Stichflamme seine Aufmerksamkeit. Anfangs dachte er an ein Feuer, das Jugendliche gemacht hätten. Jetzt in den Sommerferien zogen sie häufig in den Schrebergärten umher, machten Unsinn und richteten manchmal sogar Schaden an.
Der Alte wand sich unbehaglich auf der Couch, als er die Erinnerung heraufbeschwor. »Und dann habe ich plötzlich gesehen, dass direkt neben der brennenden Person jemand stand. Stellen Sie sich das vor. Da liegt einer am Boden, in Flammen, krümmt sich, und der steht reglos daneben und tut nichts! Guckt einfach zu, wie der stirbt. Das war so grauenvoll und hat mich so erschüttert, dass ich einen Asthma-Anfall bekommen habe.«
»Gott sei Dank bin ich von seinen erstickten Schreien wach geworden«, mischte sich nun seine Frau ein. »Ich schlaf nicht mehr so fest, wissen Sie, bin immer irgendwie auf Hab-Acht, seit er diese Anfälle bekommt. Ich habe ihm schnell sein Spray geholt. Und als es ihm halbwegs gut ging, habe ich die Polizei gerufen.«
Eine Beschreibung des Zuschauers konnte Zimmermann nicht geben. Lichthaus brach kurz darauf die Befragung ab, da er einsah, dass er den schockierten Mann überforderte, und kehrte zum Fundort zurück.
Spleeth war mit seinen Untersuchungen fertig und ließ die Ermittler nun zu der Leiche vor. Der Boden war großflächig mit Folie abgedeckt. Lichthaus schlitterte hinunter und spürte die Kühle, die vom Wasser aufstieg. Der ganze Ort hätte eigentlich idyllisch gewirkt. Die alte Brücke und das Glucksen des Bachs, wäre da nicht der intensive Gestank verbrannten Fleisches gewesen. Der Tote lag mit verkrümmten Gliedmaßen schwarz verkohlt auf dem Rücken. Die Hände waren unter dem Körper verborgen. Nase, Ohren, Lippen und Augen hatte das Feuer weggefressen. Lichthaus sah auf den ersten Blick, dass weder ein Fahndungsfoto noch eine Gesichtsrekonstruktion möglich sein würden. Der Mann tat ihm zutiefst leid, und er wagte kaum, sich vorzustellen, welche Schmerzen, Angst und Panik er verspürt haben musste, als er sich ins Wasser retten wollte. Noch weniger die Verzweiflung, als er merkte, er würde es nicht mehr schaffen, so nah vor dem rettenden Nass.
Normalerweise ließ Lichthaus solche Gedanken nicht zu, doch er war zu fertig, um sich dagegen zu wehren. Spleeth watete derweil mit Gummistiefeln in den Bach und beschrieb von da aus seine Erkenntnisse.
Lichthaus musste bitter lächeln, als er den langen, dürren Mann mit völlig übermüdetem Gesichtsausdruck im Wasser vor der verkohlten Leiche stehen sah.
»Der Mann ist brennend hier heruntergelaufen. Dort oben«, er zeigte zur Wiese, »muss der Täter ihn mit einem Brandbeschleuniger übergossen und dann sofort angezündet haben.«
»Hat er sich gewehrt?«
Spleeth schaute Scherer an und dachte nach. »Kann sein, er war aber ohne Chance, denn seine Hände waren mit Draht gefesselt.
Er wurde vor der Böschung zu Fall gebracht und konnte wohl nur noch hierher kriechen.«
»Wie kommt ihr darauf?« Lichthaus hatte nur halb zugehört. Das Wispern des Wassers schläferte ihn ein, und seine Kopfschmerzen begannen wieder zu dröhnen, doch diese Information war zu ihm vorgedrungen.
»Direkt dort, wo das Gefälle beginnt, haben wir einen Schuhabdruck gefunden, danach nur noch Kriechspuren. Vielleicht hat der Täter sein Opfer hier zu Fall gebracht. Man könnte sogar vermuten, dass der andere Kerl einen Schritt zur Seite getreten ist, um nichts von den Flammen abzubekommen. Morgen bekommt ihr einen Bericht.«
»Das Ganze hört sich an wie eine Hinrichtung«, warf Marx ein. »Womit hat er ihn übergossen? Seine Kleidung ist ja völlig verbrannt.«
»Wir wissen es nicht. Wohl ein Gemisch aus mehreren Komponenten. Kommt auch in den Bericht.«
»Was ist mit dem Draht?
»Habe ich noch nicht von den Händen gelöst. Als ich den Toten vorhin angehoben habe, konnte ich die Drahtschlingen aber deutlich sehen.«
Kurz darauf traf Staatsanwalt Schröder ein, dem er die Sachlage erläuterte. Es war schon kurz nach fünf, als sie den Tatort verließen. Scherer fuhr Lichthaus nach Eitelsbach. Unterwegs hielten sie in Gartenfeld an und kauften in einer Großbäckerei, frisch aus dem Ofen der Backstube, die versprochenen Brötchen. Endlich zu Hause, legte sich Lichthaus erst einmal ins Bett und schlief augenblicklich ein.
*