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Sie ist plötzlich so aufgeregt, dass sie, alle Schmerzen ignorierend, den Kopf hin und her wirft und versucht, durch Stöhnen auf sich aufmerksam zu machen. Eine Hand auf ihre Stirn zu locken. Sie weiß nicht, ob sie trotz des Feuers in ihrem Hals tatsächlich aufstöhnt, röchelt, irgendein Geräusch von sich gibt. Dann wartet sie, ohne zu wissen, wie lange. Nichts geschieht. Ist sie vielleicht wieder allein? Hat man sie irgendwo abgelegt und kümmert sich gerade nicht um sie? Oder – welch ein unfassbar grauenvoller Gedanke – leben die anderen schon nicht mehr? Hat das Monster sie alle heimtückisch getötet oder verstümmelt und benutzt ihre Körper jetzt für irgendein abartiges Spiel?
Wer weiß, meldet sich die neue Stimme verschlagen, vielleicht bist du mit noch ein paar anderen als lebende Statue irgendwo in diesem Horrorhotel drapiert?
Sie weiß nicht, welche Vorstellung schlimmer ist: am Leben erhalten zu werden und die nächsten Jahre in diesem Zustand dahinzuvegetieren, oder dass alle anderen bis auf das Monster entweder tot oder im gleichen Zustand sind wie sie selbst. Oder dass sie innerhalb von ein paar Tagen verdursten wird.
Ein anderer Gedanke drängt sich in ihr Bewusstsein. Ein schlimmer, ekelhafter Gedanke. Sie liegt schon eine ganze Weile so da ohne Kontrolle über ihren Körper. Was, wenn sie in der Zwischenzeit …
Sie zieht die Luft tief ein und versucht, den Geruch zu identifizieren, der ihre Befürchtung bestätigt, doch da ist nichts. Noch nicht. Sie ist ein Mensch, und es gehört zum menschlichen Körper, dass er irgendwann …
Sie verdrängt den Gedanken, indem sie sich wieder auf das zu konzentrieren versucht, was sie gerade so aufgewühlt hat. Auf … auf … was war es? Panisch durchforscht sie ihre Erinnerung nach dem Grund für ihre Aufregung. Sie weiß, es war wichtig. Enorm wichtig. Verdammt, es ist doch erst ein paar Minuten her … oder sind es doch schon Stunden? Alles in ihr drängt danach, durch einen gellenden, befreienden Schrei herausgelassen zu werden. Doch nicht einmal das kann sie. Verzweifelt bewegt sie den Kopf hin und her und hin und her. Dabei schreit sie innerlich, während die Schmerzen mit gierigen Händen nach ihrem Bewusstsein greifen. Und inmitten dieser Orgie aus Qual und Pein ist die Erinnerung an das, was ihr zuvor durch den Kopf gegangen ist, plötzlich wieder da. Sie weiß, wie sie sich vielleicht verständigen kann. Zumindest mit Florian und Jenny.
Im gleichen Moment spürt sie eine Hand auf ihrer Wange, dann auf ihrer Stirn. Sie hält inne.
Sie ist nicht allein. Sie dankt Gott, an den sie nie geglaubt hat.
Es könnte funktionieren.