18

Das rosa-violette Licht eines Jupiterabends fiel auf das Gesicht des schlafenden Marsianers.

Als die medizinischen Monitore ihm piepsend mitteilten, dass Trayne Springer endlich aufzuwachen begann, unterbrach Falcon widerstrebend sein Gespräch mit Ceto. Nicht zum ersten Mal seit seiner ersten Begegnung mit den Medusen – die erstaunlicherweise vor fast zweihundert Jahren stattgefunden hatte – stand Falcon vor einem Rätsel, was den Inhalt einer der Äußerungen der riesigen Tiere betraf. Er konnte jedoch erkennen, dass Ceto beunruhigt war, ja sogar aus irgendeinem Grund Angst hatte – die zahlreichen Erwähnungen des Großen Mantas in ihren langen Radioliedern waren Beweis genug dafür …

Aber vorläufig würde Ceto warten müssen.

Der junge Marsianer stand aufrecht in seiner Unterstützungsapparatur für den Atmosphäreneintritt wie eine Mumie in einem Sarg, fast vollständig von einem exoskelettalen Panzer umschlossen, der nur den Blick auf sein Gesicht freigab. Seine behandschuhten Hände waren über der Brust gekreuzt. Dabei verbargen sie zum Teil das farbenprächtige Emblem auf dem Brustschild: ein Springbock, der über die Valles Marineris hinwegsetzte. Dieses persönliche Schmuckelement hätte Falcon alles über die Herkunft des Jungen verraten, was er wissen musste, selbst wenn er dessen Namen nicht gekannt hätte. Traynes Augen blieben geschlossen, seine Atemzüge begleitete das stetige Zischen der Maschinen, die ihm halfen, seine Lungen in der hohen Schwerkraft aufzublähen, und die hellrosa Tröpfchen an seinem Mund waren eine letzte Spur der Suspensionsflüssigkeit, die sein Knochengerüst und seine inneren Organe während der schlimmsten Phase der Beschleunigung mit dreißig g gestützt hatte, der die Ra während ihres Eintritts in die Jupiteratmosphäre ausgesetzt gewesen war.

Falcon nahm ein Taschentuch und tupfte den Flüssigkeitsrest sanft ab.

»Danke.«

Die Stimme des Marsianers überraschte Falcon, und er rollte zurück. Traynes Augen waren jetzt offen, und er lächelte. Falcon wusste, dass er erst dreißig Jahre alt war; mit diesen großen blauen Augen und der typisch marsianischen Blässe seiner Haut sah er noch jünger aus. »Für so einen alten Rosteimer bin ich ein ziemlich guter Krankenpfleger«, sagte Falcon. »Sie sind also endlich wach.«

Trayne runzelte die Stirn. »Endlich?«

Falcon hielt nichts davon, um den heißen Brei herumzureden. »Ihre Genesung hat erheblich länger gedauert, als Ihre Landsleute auf Ganymed vorhergesagt haben. Tage statt Stunden.«

Trayne wirkte besorgt. »Nun, dies war ja auch ein Experiment.« Zum Arbeiten in die Jupiteratmosphäre geschickte Marsianer waren zwar gegen die Anziehungskraft des Jupiters geschützt, aber ihr langsamer, nur schwach gebremster Abstieg dauerte normalerweise Tage statt nur ein paar wilde Stunden wie bei der von Falcon bevorzugten direkteren Methode. Nun hatte Trayne wegen der Beteiligung der Marsianer am Kernprojekt der Maschinen als Versuchskaninchen für ein neues, physisch härteres Verfahren gedient. »Ich hoffe, ich habe keine bleibenden Schäden davongetragen.«

»Die Monitore können jedenfalls keine entdecken. Aber überprüfen wir’s noch mal. Wissen Sie noch, wie Sie heißen?«

»Trayne Springer.«

»Gut.«

»Und Sie sind Commander Howard Falcon. Meine Cousine Thera, diese verknöcherte alte Terranerin, hat oben auf Amalthea das Kommando …«

»Sie brauchen nicht gleich so auf den Putz zu hauen. Was ist das Letzte, woran Sie sich erinnern?«

Trayne konzentrierte sich, dann lächelte er. »Kurz vor dem Eintritt in die Atmosphäre haben Sie mir den Halleyschen Kometen gezeigt. Ein toller Anblick.«

Falcon erwiderte das Lächeln. »Das war meine vierte Begegnung mit ihm. Man gewöhnt sich dran. Welches Datum haben wir heute?«

»NES 298.«

Falcon wusste einen Moment lang nicht, was das bedeuten sollte, dann verstand er, worauf sich die Abkürzung bezog. »Nach dem ersten Schritt auf dem Mars – von John Young, im Jahr 1986. Richtig?«

»Dem archaischen Kalender zufolge, den Ihre Weltregierung noch immer benutzt …«

Falcon hob die Hände. »Es ist auch Ihre Weltregierung; Sie sind ebenso einer ihrer Bürger wie ich. Und wie ich sehe, rechnen Sie in Erdjahren, nicht in Marsjahren.«

»Nur um die Terraner nicht zu verwirren.«

Falcon unterdrückte ein Seufzen. Nur Extraterrestrier nannten die Erdbürger »Terraner«. »Offenbar sind Sie geistig noch genauso gesund und noch immer so eine Nervensäge wie zu dem Zeitpunkt, als Sie sich auf Amalthea an Bord meines Schiffes geschlichen haben.«

Trayne grinste. »Ich bin erleichtert, das zu hören.«

»Aber dieses Bremsmanöver mit zehn g hat Sie auf die Bretter geschickt, ganz zu schweigen von den Dreißig-g-Spitzen. Ich würde sagen, das Experiment hat den gewünschten Beweis bereits erbracht – ihr Marsianer werdet Hilfe brauchen, wenn ihr euch zusammen mit den Maschinen ans Herz des Jupiters heranwagt. Meinen Sie nicht?«

»Das überlasse ich meinen Bossen. So, könnten Sie mir jetzt aus diesem Sarg heraushelfen …?«

Die Medusa-Chroniken
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