14

Das Montagmorgen-Briefing der Sonderkommission hatte noch nicht mal angefangen, und Russo hatte schon drei Becher Kaffee intus.

Es ist zu lange her, seit der letzte Junge verschwand. Wir sitzen hier rum und sabbeln. Er ist da draußen und lauert irgendeinem armen Schwein von Gossenkind auf, das als Nächstes fällig ist. Oder jedenfalls fällig sein wird, wenn wir den Dreckskerl nicht vorher kriegen.

Er war überdreht, schlief nicht genug, trank viel zu viel Kaffee und wurde immer dünner. Genau wie Rosemarie es ihm heute Morgen lang und breit vorgezählt hatte. Klar war er auf hundertachtzig. Er hatte schließlich das große Los gezogen.

Normalerweise lief es so: Jemand ließ sich umbringen. Russo bekam den Fall. Der Mörder da draußen schwitzte. Musste jedes Mal die Straßenseite wechseln, wenn er einen Polizisten sah. Immer die Luft anhalten, wenn es an der Tür klingelte. Inzwischen machte Russo sein Ding. Sprach mit den Rechtsmedizinern, studierte den Autopsiebericht, vernahm Zeugen, saß bis tief in die Nacht herum und machte sich Gedanken über den Typ da draußen. Die Leiche hatte es nicht eilig und der Täter keine Wahl. Russo war das Raubtier und der Mörder seine Beute. So gefiel es ihm.

So war es hier nicht. Jack war da draußen, tötete einen Jungen nach dem anderen, und Russo war der, der schwitzte. Er hoffte, nein, er betete, dass er Jack fand, bevor der das nächste Kind killte. Bisher hinkte Russo immer mindestens einen Schritt hinterher. Denn Russo befasste sich noch mit dem letzten toten Jungen, während Jack schon dem nächsten nachstellte.

In den meisten Fällen ergab sich die Antwort auf die Frage, wer den Mord begangen hatte, aus dem Leben des Opfers. Der Ermordete hatte gedealt, zu einer Gang gehört, irgendjemandes Freundin angemacht. Wenn man genug über das Opfer herausfand, kriegte man seinen Mörder. Aber bei Fällen wie diesem traf nichts davon zu.

Der Auslöser für diese Verbrechen lag nicht beim Opfer, sondern kam aus der Dunkelheit im Innern des Killers. Um das Verbrechen aufzuklären, musste man den Mörder kennen, auch wenn man nicht wusste, wer er war. Herr im Himmel. Dies war der verdammt beste Job der Welt.

Er hatte die Literatur studiert. Serienmörder operierten gewöhnlich in einem sich wiederholenden Kreislauf. Der Höhepunkt war der Moment, in dem das Opfer ihnen völlig ausgeliefert war. Vielleicht hatte der Mörder im Augenblick des Todes sogar einen Orgasmus. Aber dann war es vorbei. Und diese Dunkelheit war immer noch in ihm. Und er wusste das. Es war diese Dunkelheit, die er in Wirklichkeit töten wollte, und dabei versagte er, wieder und wieder. Russo glaubte nicht, dass diese Dunkelheit ein klaffendes Vakuum war, ein Nichts. Diese Dunkelheit war böse und lebendig, fast selbst eine Kreatur.

Russo meinte die Dunkelheit des Killers fühlen zu können, zur Hölle, er schmeckte sie förmlich in jenen ersten Minuten beim Anblick des Ortes, wo eine verstümmelte Kinderleiche abgeladen worden war. Das war gut. Es entfachte die Wut, die ihn antrieb. Er hatte die Leiche des Jungen vor sich, aber er roch den Mörder.

Gewöhnlich war eine Mordermittlung ein Spiel, sauber und einfach. Russo liebte es zu gewinnen. Aber ein Fall wie dieser, das war schon die Champions League. Vielleicht hinkte der Vergleich ein bisschen, denn es war schließlich Russo, der am Ende das Rennen machte. Klar, die ganze Sonderkommission. Sie waren ja alle ein Team. Und klar, Malone war seine Partnerin. Aber für Russo war der Kern des Ganzen die Partie Russo gegen Jack.

Jack musste einen Ort haben, wo er die Jungs hinbrachte und sich an ihnen zu schaffen machte. Man brauchte Zeit und Ungestörtheit, um zu tun, was er tat. Russo musste diesen Ort finden.

Jack musste Charme besitzen und sich aufs Manipulieren verstehen, denn wie sonst hätte er diese Kids in seine Gewalt bekommen? Die Jungs waren körperlich klein, aber sie waren keine Chorknaben. Bedachte man ihre Lebensgeschichte und ihr Umfeld, waren sie mit Sicherheit abgebrüht und vorsichtig. Aber Jack hatte es geschafft, sie in die Falle zu locken.

Früher oder später musste der Moment kommen, in dem der Junge begriff, dass es ernst war, dass er einem Mörder in die Hände gefallen war.

Und dann kam die Folter, deren grausame Einzelheiten nur die toten Jungs kannten. Jack ging mit seinem Messer zu Werke, während der Junge noch am Leben war. Das arme Kind musste am Ende den Tod herbeisehnen.

Jack entsorgte die Leichen. Eine auf einem Abrissgrundstück und zwei auf Dächern. Auf Dächern! Das fraß Russo besonders an. Der Mörder hatte sich zweimal extra die Mühe gemacht, die Leiche auf ein Dach zu schleppen. Diese Zugabe, dass er sich die Zeit nahm, so was zu tun – das empfand Russo als Verhöhnung. Klar, das hatte er wohl in den frühen Morgenstunden vor Tagesanbruch getan, wenn die Chance, gesehen zu werden, am geringsten war. Aber das hier war verdammt noch mal New York City. Es waren immer überall Leute. Gottverfluchte Scheiße, der Dreckskerl machte sich über ihn lustig.

Er war so vorsichtig. Schon wie er die Leichen wusch, wenn er fertig war, alle Spuren beseitigte, und wie er sie in irgendwas aus Baumwolle (so weit die Faseranalyse) einwickelte und einen Platz fand, wo er sie lassen konnte. Und dann ging er dieses völlig überflüssige Risiko ein, sie auf ein Dach zu schleppen.

Das war der beste Fall, an dem Russo je gearbeitet hatte.

Endlich ging das Briefing los, und er bemerkte Mendrinos' Freundin im Hintergrund des Raums. Als Mendrinos dran war, erzählte er, die Freundin habe rausgekriegt, dass die toten Jungs alle mal in dem Gruppenhaus gelebt hatten. Die toten Katzen und die Drohbriefe an die Freundin ließ er weg, die fielen in Russos Ressort.

Mendrinos war ein komischer Vogel, aber ein guter Staatsanwalt. Das war alles, was für Russo zählte. Obwohl es schon interessant war, zu sehen, auf was für Frauen er stand. Dünn, praktisch keine Figur, mit kurzen, glatten, farblosen Haaren. Rosemarie würde sagen, das Mädchen macht nichts aus sich, versucht es nicht mal: kein Schmuck, keine Frisur, kein Make-up.

Dieser Zeitdruck machte sie alle ganz verrückt. Jeder Tag, der verging, machte es wahrscheinlicher, dass der nächste Junge verschwand. Klar, die New York Times leckte sich nicht gerade die Finger nach dem Fall. Schließlich brauchten sich die reichen alten Schachteln an der East Side in Manhattan keine Sorgen zu machen, und es ging auch nicht um hübsche College-Mädels. Aber die Revolverblätter und die Lokalzeitungen der Bronx rissen sich förmlich darum. Mit Massen von blutigen Einzelheiten. Was machte die Leute bloß so scharf darauf, was über Serienmörder zu lesen?

Es hatte in den letzten Jahren mordsmäßig schlechte Presse für die Polizei gegeben. Erst wegen dem Kerl, den diese Arschlöcher zusammengeschlagen hatten, die kein Recht hatten, sich Cops zu nennen. Dann wegen dem anderen, der vor seinem Hauseingang erschossen wurde, als er nach seiner Brieftasche griff. Auf der anderen Seite ließ die konstant jährlich abnehmende Verbrechensrate die Truppe gut aussehen, bis hinunter zum Streifenpolizisten auf der Straße. Aber ein Fall wie dieser, wo sich die Leichen türmten und nicht mal ein guter Verdächtiger präsentiert werden konnte, steigerte die Nervosität in Sachen Arbeitsplatzerhaltung in allen Etagen. Nicht dass Russo das Sorgen machte. Ihn kümmerte nicht, wie sich der Fall auf seine Karriere auswirkte. Jedenfalls jetzt noch nicht. Später wohl schon. Aber im Augenblick war das Einzige, was ihn interessierte, den Bastard zu erwischen, bevor er es wieder tat.

Über vierzig Anwälte arbeiteten im Büro in der Bronx unter Diane, daher war es ihr gelungen, die meisten von Katherines Fällen anderen zu übertragen. Aber im Fall Terry war der Gerichtstermin schon für diesen Morgen angesetzt, und so schnell hätte man niemanden auf den Stand bringen können. Diane hatte den Richter angerufen, die Umstände erklärt und um eine Vertagung gebeten. Sein einziges Zugeständnis war eine Verlegung vom Morgen auf den Nachmittag.

Steve Green, der Sozialarbeiter im Fall Terry, begrüßte Katherine, als sie im Gerichtsgebäude eintraf. Er berichtete, die beklagte Mutter wolle sich der Vernachlässigung schuldig bekennen. Das war die Lösung, auf die sie hingearbeitet hatten.

Das betroffene Kind, Ravena Terry, war ein vier Jahre altes Mädchen mit blitzenden schwarzen Augen, adretten Cornrow-Zöpfchen und schwerem Chlamydienbefall. Die alleinerziehende Mutter, Sylvia Terry, wirkte außerordentlich gewissenhaft: Ravena war gut erzogen, gepflegt und wohlgenährt und ging auf eine private Vorschule, was ein ziemliches Loch in das Budget der bei einer Verwaltung angestellten Mutter reißen musste.

Als Ravena anfing, über Jucken am Po zu klagen, hatte Mrs. Terry sich bei der Arbeit krankgemeldet und sie zum Kinderarzt gebracht. Da der Laborbefund Chlamydien nachwies, hatte der Arzt, wie das Gesetz es vorschrieb, die Abteilung für Kindesmissbrauch angerufen. Schließlich musste Mrs. Terry einsehen, dass ihrer Kleinen etwas zugestoßen sein musste. Sie war entsetzt und fassungslos.

Der Punkt, an dem Steves Mitgefühl für Mrs. Terry sich erschöpfte, war ihr Freund. Sie weigerte sich, auch nur in Erwägung zu ziehen, was nach Erfahrung von Steve und Katherine die wahrscheinlichste Erklärung für Ravenas Geschlechtskrankheit war: nämlich dass ihr Freund ihre Tochter sexuell missbraucht haben könnte. Steve glaubte in diesem Fall nicht, dass die Mutter des missbrauchten Kindes bewusst wegsah, um ihren Partner nicht zu verlieren. Aber solange Mrs. Terry die wahrscheinlichste Erklärung nicht wahrhaben wollte, lief sie Gefahr, das Sorgerecht für ihre geliebte Ravena zu verlieren, und zwar zu einem Zeitpunkt, da das Kind ihre Unterstützung dringend brauchte.

Mrs. Terrys Freund weigerte sich, sich untersuchen zu lassen. Steves persönliche Meinung war, dass sie den Wichser rauswerfen sollte.

Bei der Fallaufnahme hatte Katherine Steve gefragt, ob Mrs. Terry irgendeine Erklärung für Ravenas Chlamydien hatte.

»Nein, sie hat lediglich eine Andeutung gemacht, dass es vielleicht der Nikolaus war.«

»Sie machen Witze.«

Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Ich wünschte, es wäre so. Aber sehen Sie, ich bin ein Profi. Ich hab nach Einzelheiten gefragt. Sie hat keine kleinen Hufe auf dem Dach gehört und keinen lustigen alten Mann gesehen, und sie hat auch keinen Kamin.«

Katherine ermahnte ihn, mit dem Quatsch aufzuhören, musste aber lachen.

»Wirklich, ganz zu Anfang hat sie den Nikolaus bezichtigt. Seitdem hat sie eigentlich nichts Verrücktes mehr gesagt. Ich glaube, das war der Schock. Ich meine, ich hatte ihr gerade erzählt, dass ihr kostbares kleines Mädchen sexuell missbraucht worden ist.« Extra für sie walzte Steve den Witz noch etwas aus. »Aber man sieht es doch förmlich vor sich, oder? Der Nikolaus setzt sich das Kind auf den Schoß und sagt: ›Also ich komme den Kamin hoch. Nun, mein Häschen, was sagt dir diese Symbolik?‹«

»Sie sind verdorben, Steve«, sagte Katherine schmunzelnd. »Sie sind durch und durch verdorben.«

Als sie sich für die Anhörung an der Tür zum Gerichtssaal aufstellten, flüsterte Steve ihr ins Ohr: »Den Kamin hoch, verstehen Sie?« Diesmal schüttelte sie nur gereizt den Kopf. Sie hatte keine Lust, sich hier beim Witzeln belauschen zu lassen.

Um die Wartezeit zu überbrücken, rührten Steve und Katherine noch ein wenig in alten Fällen. Plötzlich hielt Katherine mitten im Satz inne. Auf einmal wusste sie, was unterschwellig an ihr genagt hatte. »Erinnern Sie sich vielleicht an einen ganz bestimmten Fall? Es war damals, als Sie gerade erst in der Missbrauchsabteilung anfingen. Schon sehr lange her. Da hatten wir die Zeichnungen eines Kindes als Beweismaterial mit aufgenommen, wissen Sie das noch?« Mit jedem Wort, das sie sprach, wurde ihre Erinnerung klarer. »Es war auch ein Kinderpsychiater als Zeuge geladen, der aussagen sollte, was für Bedeutungen er aus den Zeichnungen des Jungen herauslas. Wissen Sie noch, wir waren unsicher, ob dieser Seelenklempner nicht ein Quacksalber war.« Sie sprach immer schneller, als jetzt die Einzelheiten wieder hochkamen. »Die Schwester des Jungen war vom Vater sexuell missbraucht worden. Das Kind hatte erst die Version seiner Schwester bestätigt, sich dann aber geweigert auszusagen.«

»Ja, ich erinnere mich an die Zeichnungen. Es kommt langsam wieder. Wow, das ist aber wirklich sehr lange her. Der Fall hieß … Mist. Ich weiß den Namen des Falles nicht mehr.«

»Verdammt, ich auch nicht«, sagte sie, und dann rief der Gerichtsdiener die Parteien im Fall Terry auf. Steve blieb kurz zurück, um Mrs. Terry ein paar bestärkende Worte ins Ohr zu flüstern. Katherine nahm ihren Platz am Verhandlungstisch ein. Gleich darauf war Steve wieder neben ihr. Katherine gefiel sein Gesichtsausdruck nicht. »Was ist los?«, flüsterte sie.

»Schlechte Neuigkeiten. Sie hat ihre Meinung geändert. Sie will sich nicht schuldig bekennen.«

»Was? Warum nicht? Sie haben doch gesagt, sie sei einverstanden. Wir haben hier einen klaren Fall. Wenn sie keine Ermittlung wegen Missbrauch will, sollte sie sich schuldig bekennen. Das Kind hat Chlamydien. Die Mutter hat keine Erklärung.«

Steve starrte auf den Tisch hinab. »Tja, nun behauptet sie auf einmal, sie hat eine.«

»Was glaubt sie denn, wie ernst das Gericht eine Erklärung nimmt, die sie Ihnen gegenüber drei Monate lang nicht für erwähnenswert hielt?«

Richter Marshall warf ihnen von der Richterbank aus irritierte Blicke zu. Steves Gesicht war dunkelrot angelaufen. »Tja. Ähm, also im Grunde hat sie sie erwähnt.«

Wie konnte Steve derartig versagt haben? »Was?« Jeden Moment konnte die Verhandlung eröffnet werden, und sie wusste nicht mal, worauf sie jetzt plädieren sollte.

»Der Nikolaus«, stieß er hervor. »Ich hab Ihnen doch erzählt, sie sagt, der Nikolaus war es. Es ist wohl so, dass bei einer Halloweenparty jemand in einem Nikolauskostüm in ihrem Haus war. Und Sylvia Terry behauptet, Ravena sagt jetzt, der Nikolaus hätte sie sexuell missbraucht.«

»Scheiße, Scheiße, Scheiße. Hatte dieser Nikolaus denn Zugriff auf das Kind?«

»Ich weiß auch nicht mehr, als ich Ihnen gerade gesagt habe«, sagte Steve kläglich.

»Wenn die Anwälte dann ihr Geplauder beendet haben, würde ich gern die Verhandlung eröffnen.«

Katherine murmelte ihre Entschuldigungen, der Gerichtsdiener rief den Fall auf, und Richter Marshall bellte: »Rufen Sie Ihren ersten Zeugen auf, Ms. McDonald!«

»Es tut mir leid, Euer Ehren, nach meiner Information war ein Schuldanerkenntnis vereinbart, was für eine Entscheidung ausgereicht hätte, doch da sich das als Irrtum erweist, bin ich für die heutige Verhandlung nicht vorbereitet.«

»Habe ich richtig gehört?«

»Das weiß ich nicht, Richter. Ich sagte gerade, ACS ist nicht bereit für diese Verhandlung.«

»Ich habe wohl immer noch Probleme mit meinem Gehör. Es kam mir vor, als hätten Sie eben gesagt, Sie kommen am Verhandlungstag in meinen Gerichtssaal marschiert und sind nicht vorbereitet.«

Jede Person im Saal heftete ihren Blick auf Katherine, von den Uniformierten über die Justizangestellten und Protokollführer bis zu den Anwälten, die im Hintergrund herumlungerten. In ihrer aller Augen lag die makabre Faszination, mit der Menschen im Discovery Channel der Schlange zusehen, die den Frosch frisst, oder dem Löwen, der die junge Antilope reißt.

»Euer Ehren. Ich möchte mich nochmals ausdrücklich beim hohen Gericht entschuldigen. Unglücklicherweise wurde uns in letzter Minute, und zwar buchstäblich, erst hier im Gerichtssaal, zugetragen, dass wir für diesen Fall noch weitere Zeugen befragen und weiterführende Ermittlungen anstellen müssen. Es haben sich neue Anhaltspunkte ergeben.«

»Sie denken immer noch, Sie könnten zum festgesetzten Anhörungstermin in meinen Gerichtssaal kommen und Ihren Fall nicht vortragen?«

»Richter, Sie können uns kaum Vorwürfe machen, weil wir zunächst nicht glauben wollten, dass die Beklagte ernsthaft den Nikolaus beschuldigt, ihr Kind missbraucht zu haben.«

Verblüfftes Schweigen, dann vereinzeltes Gekicher, endlich ging eine Welle von halb unterdrückten Glucksern durch den Saal. Sogar Marshalls Gerichtsschreiberin prustete, auch wenn sie, da war Katherine sicher, später für ihre Leichtfertigkeit büßen würde. Dann senkte sich schuldbewusste Stille herab.

»Der Fall ist vertagt. Er wird endgültig zum nächsten Termin zur Verhandlung angesetzt. Und, Ms. McDonald, wenn Sie meinen Gerichtssaal noch einmal zum Zirkus machen, verurteile ich Sie wegen Missachtung des Gerichts. Ist das klar?«

Katherine setzte ein bußfertiges Gesicht auf und entschuldigte sich noch einmal.

»Und nächstes Mal beschuldigt sie dann den Osterhasen?«, kicherte ein Gerichtsdiener, als die Parteien hinausströmten.

»Lamar«, sagte Steve, als sie wieder nach oben gingen. »Jetzt weiß ich es wieder. Der Fall mit diesen Zeichnungen. Der Vorname des Jungen war Lamar.«