KAPITEL 9

In dieser Nacht träumte Daisy, sie flöge mit nichts als ihrem Shorty-Pyjama bekleidet um Lovett herum, über die Baumwipfel und Lichtmasten hinweg. Mount Rainier erhob sich plötzlich aus dem Pfannenstiel von Texas, und auch über ihn flog sie hinweg. Ihre Zehenspitzen berührten den Schnee auf dem Gipfel, und sie schwebte höher und höher hinauf. Immer weiter schraubte sie sich in die Höhe, außer sich vor Angst, weil sie wusste, wie es enden würde. Sie würde abstürzen. Es war unvermeidlich, und es würde entsetzlich schmerzen.

Gerade als sie im Begriff war, die Erdatmosphäre zu durchstoßen, zerrte die Schwerkraft an ihren Füßen und riss sie wieder nach unten. Vorbei am Mount Rainier und den Baumwipfeln, und ihr war klar, dass sie sterben würde.

Unmittelbar bevor sie auf der Erde aufschlug, riss sie die Augen auf, und zwei Dinge wurden ihr bewusst – erstens würde sie nicht aufschlagen, und zweitens hielt sie den Atem an. Morgenlicht fiel über ihr Bett, und sie seufzte erleichtert auf. Allerdings hielt die Erleichterung nicht lange vor, denn die Ereignisse des Vorabends stürmten ohne jede Vorwarnung und mit aller Macht auf sie ein.

Klatsch.

Die Beschämung, die sie am Abend zuvor nicht empfunden hatte, ließ sie hellwach werden, als hätte jemand einen Eimer kaltes Wasser über ihr ausgekippt. Jetzt, bei hellem Tageslicht, erinnerte sie sich an jede unerträgliche Einzelheit. An Jacks feuchten, warmen Mund, an das Gefühl seiner bloßen Brust unter ihren Fingern, an die Berührung seiner Hände.

Stöhnend presste sie sich das Kissen aufs Gesicht. Die Erinnerung daran, wie sie die Beine um seine Taille geschlungen hatte, war besonders schmerzhaft. So hatte sie sich nicht aufgeführt, seit … seit … seit sie im letzten Highschooljahr Jack in eine Abstellkammer gezerrt hatte. Damals war sie noch jung und naiv gewesen. Das traf jetzt beides nicht mehr auf sie zu.

Jetzt war sie einfach nur eine Närrin.

Am Abend zuvor hätte sie Jack am liebsten mit Haut und Haaren verschlungen. Heute musste sie ihm von Nathan berichten. Wie sollte sie ihm in die Augen sehen, nachdem sie ihn so leidenschaftlich geküsst und gestreichelt hatte? »Oh Gott«, stieß sie bei der Erinnerung an ihr Geständnis hervor, dass sie seit zwei Jahren keinen Sex mehr gehabt hatte. Wie sollte sie ihm danach noch unter die Augen treten?

Sie hatte keine andere Wahl, deshalb würde sie es können müssen.

Sie schleuderte das Kissen fort und stieg aus dem Bett. Genau in jenem Pyjama, den sie in ihrem Traum getragen hatte, lief sie die Treppe hinunter. Nachdem Jack sie an der Mauer vor dem Slim Clem’s stehen lassen hatte, war sie zurück ins Lokal gegangen, hatte sich mit einer Lebensmittelvergiftung entschuldigt und Lily damit gezwungen, sie nach Hause zu bringen. Jack hatte sie nicht mehr gesehen, und wenigstens darüber war sie froh.

Ihre Mutter saß in einem pinkfarbenen Nylonnachthemd in der Frühstücksnische in der Küche. Eine Seite ihres blonden Zuckerwatte-Haars sah leicht platt gedrückt aus.

Am Vorabend hatte Pippen tief und fest geschlafen, als Lily sie zu Hause absetzte, deshalb war sie über Nacht geblieben. Jetzt saß er neben seiner Großmutter in seinem Hochstuhl, aß Cornflakes und trank aus seiner Kindertasse. Er trug seine Waschbärmütze, seine Blue’s-Clues-Hose, und ein Cornflake klebte an seiner Wange. »Guten Morgen, Mom«, sagte Daisy und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. »Wie geht’s, Pip?«

»Will fernsehen«, antwortete Pippen.

»Nach dem Frühstück kannst du fernsehen«, erklärte Louella, ehe sie Daisy einen Blick zuwarf. »Ich weiß, was passiert ist. Thelma Morgan hat heute früh angerufen und mir alles erzählt«, erklärte sie mit unüberhörbarer Enttäuschung in der Stimme.

Daisy spürte, wie ihr die Glut in die Wangen stieg. »Thelma Morgan hat mich gesehen?« Wo hatte sie sich wohl versteckt? Hinter dem Müllcontainer? Es war erst acht Uhr morgens, und schon versprach der Tag die absolute Hölle zu werden.

»Sie ist auf eine Tasse Kaffee und einen Kuchen zum Supermarkt gefahren, und da hat sie das Ganze beobachtet.«

Was? »Oh.« Daisy stieß einen erleichterten Seufzer aus und lachte. »Ach, das.«

»Ja, das. Was habt ihr euch dabei gedacht, Lily und du? Euch so öffentlich zur Schau zu stellen?« Louella biss in ihren Toast. »Ich verstehe die Welt nicht mehr.«

»Wir wollten einen Becher Dr. Pepper holen«, erklärte Daisy und verschwieg vorsichtshalber, dass Lily ihren Exmann in spe beschattete. Sie durchquerte die Küche und setzte sich zu ihrer Mutter. »Du-weißt-schon-wer«, erklärte sie mit einem Blick auf Pippen, »und Kelly sind auf den Parkplatz gefahren, und dann kam eines zum anderen. Und dann hat Du-weißt-schon-wer Lily zu Boden gestoßen.« Louella presste die Lippen zusammen und legte ihren Toast auf den Teller. »Ihr hättet die Polizei rufen sollen.«

Wahrscheinlich. »Ich habe einfach nicht nachgedacht. Ich habe gesehen, wie er sie gestoßen hat, und in diesem Moment hat mein Verstand ausgesetzt. Ohne lange zu überlegen, habe ich ihm eins aufs Auge gegeben und das Knie hochgerissen.« Sie konnte selbst noch immer nicht fassen, dass sie sich so hatte gehen lassen.

Der Mundwinkel ihrer Mutter begann zu zucken. »Hast du ihn verletzt?«

Daisy schüttelte den Kopf und blies in ihre Tasse. »Ich glaube nicht.«

»Eigentlich schade.« Louella schob ihren Teller beiseite. »Hast du Jack gesehen?«

Oh ja, allerdings – seine nackte Brust und seinen schweißfeuchten Bauch, seine halb geschlossenen Augen und seine vom Küssen feuchten Lippen, aber das war es nicht, was ihre Mutter hören wollte. »Ich habe ihm noch nichts von Nathan erzählt«, antwortete sie und nahm einen Schluck von ihrem Kaffee. »Ich fahre heute Morgen zu ihm und sage ihm alles.«

Louella zog eine Braue hoch. »Du hast es bis zum letzten Moment vor dir hergeschoben.«

»Ich weiß.« Sie senkte den Kopf und starrte auf die gelbe Tischplatte. »Ich war immer so sicher, das Richtige getan zu haben. Ich habe geglaubt, es wäre das Beste für alle Beteiligten, wenn ich Jack nichts von Nathan sage und nach Washington ziehe.«

»Das war es doch auch.«

»Inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher.« Sie schob sich das Haar hinter die Ohren und atmete tief durch. »Bevor ich hergekommen bin, war ich mir sicher. Ich war sicher, dass es das Beste war, mit Nathan wegzuziehen. Auch für Jack.« Sie sah wieder auf. »Wir hatten immer vor, es ihm zu sagen, Mom. Wir wollten Jack ein paar Jahre Zeit lassen, damit er sein Leben in den Griff bekommt, und dann wollten wir es ihm sagen.«

Pippen warf seine leere Tasse auf den Boden, und Louella bückte sich, um sie aufzuheben. »Das weiß ich doch.« Sie stellte die Kindertasse auf den Tisch.

»Aber je länger wir es hinausgezögert haben, desto schwieriger wurde es. Monate und Jahre vergingen, und immer wieder haben wir einen Vorwand gefunden, warum wir es ihm gerade jetzt nicht sagen können. Entweder wollte ich gerade von Steven schwanger werden, oder Nathan war gerade so glücklich, dass wir sein Leben nicht unnötig durcheinander bringen wollten. Irgendwas gab es immer, immer eine Entschuldigung, denn wie soll man einem Mann erklären, dass er ein Kind hat, von dem er bislang nichts wusste?« Sie beugte sich vor und verschränkte die Unterarme auf der Tischplatte. »Aber jetzt bin ich nicht mehr so sicher, ob ich damals wirklich das Richtige getan habe. Allmählich glaube ich, ich hätte niemals weggehen dürfen, ohne ihm alles zu gestehen.«

»Ich glaube, du hast einfach nur Angst und stellst deshalb alles in Frage.«

»Kann sein.«

»Daisy, du warst jung und verängstigt. Und du hast damals die richtige Entscheidung getroffen.«

Das hatte sie bisher auch immer geglaubt. Doch jetzt wusste sie nur noch eines mit Sicherheit – dass es ein Fehler gewesen war, so lange zu warten. Wie sollte sie das jemals wiedergutmachen?

»Jack war noch nicht bereit, Vater zu werden«, beharrte ihre Mutter. »Steven schon.«

»Du hast Steven schon immer lieber gemocht als Jack.«

Ihre Mutter schwieg eine Weile. »Das stimmt nicht ganz. Ich war nur immer der Meinung, dass Steven der zuverlässigere von den beiden war. Jack war ungestümer. Man kann einem Menschen sein Wesen nicht zum Vorwurf machen, aber man darf sich trotzdem nicht auf ihn verlassen. Dein Vater war genau derselbe Draufgänger, und du weißt ja, wohin ihn das gebracht hat. Und uns«, sagte sie schließlich.

»Daddy ist nicht absichtlich gestorben. Er hat uns nicht mit Absicht allein gelassen.«

»Das nicht, aber er hat uns allein gelassen. Er hat mich mit zwei Kindern, einem kaputten Winnebago und dreihundert Dollar allein gelassen.« Louella schüttelte den Kopf. »Steven hatte einfach die besseren Voraussetzungen, für dich und ein Baby zu sorgen.«

»Weil seine Familie Geld hatte.«

»Geld ist durchaus wichtig.« Sie hob die Hand, als wollte sie Daisys Widerspruch zuvorkommen. »Ich weiß, Liebe ist genauso wichtig. Ich habe deinen Vater geliebt. Er hat mich geliebt und euch Mädchen auch, aber von Liebe werden Kinder nun mal nicht satt. Von Liebe kann man keinen Wintermantel und keine Schuhe kaufen.« Über den Tisch hinweg ergriff Louella die Hand ihrer Tochter. »Aber selbst wenn du vor all diesen Jahren die falsche Entscheidung getroffen haben solltest, lässt es sich jetzt nicht mehr ändern. Nathan hat ein gutes Leben. Steven war ein wunderbarer Vater, und du hast das Beste für dein Kind getan.«

Wenn sie ihre Mutter reden hörte, erschien ihr alles so logisch und vernünftig. Doch Daisy war längst nicht mehr so überzeugt davon, dass ihre Entscheidung von damals logisch und vernünftig hätte sein müssen. Dass sie jung und verängstigt war, erklärte die Tatsache, dass sie Jack nicht schon vor fünfzehn Jahren aufgeklärt hatte. Es erklärte allerdings nicht, warum sie bis heute damit gewartet hatte.

»Schau dir Lily an«, sagte ihre Mutter im Flüsterton. »Ihr Leben war schon lange, bevor Du-weißt-schon-wer endlich ausgezogen ist, ein einziges Chaos. Er ist schon immer fremdgegangen, hat ständig irgendwelchen Unsinn gemacht. Sie hätte diesen verrückten Kerl niemals heiraten dürfen, und Pippen zahlt einen sehr hohen Preis dafür. Er kann nicht so gut sprechen, wie er in seinem Alter sollte, und er ist nicht mal annähernd trocken. Ehrlich gesagt, fällt er ständig in frühere Verhaltensmuster zurück.«

Daisys Meinung nach hätte Lily entschieden mehr tun können, um Pippen zu beschützen und zu fördern, doch das sagte sie nicht. Sie selbst war auch keine ideale Mutter und hatte nicht die Absicht, über die Erziehungsmethoden anderer herzuziehen. »Ich rufe jetzt Nathan an und erinnere ihn daran, wann ich morgen nach Hause komme.« Sie stand auf. »Und dann fahre ich zu Jack«, sagte sie. Hätte sich ihr eine Alternative geboten, hätte sie sie mit Freuden wahrgenommen. Er hatte ihr geraten, nicht zu ihm zu kommen, und sie gewarnt, was ihr bevorstand, wenn sie es doch tat. Besinnungslosigkeit. Wenn sie jetzt bei ihm auftauchte, würde er dann nicht automatisch glauben, dass sie genau aus diesem Grund zu ihm kam?

Wahrscheinlich.

Sie nahm ihren Kaffee mit ins Schlafzimmer und rief Nathan an.

»Ich kann es nicht erwarten, dass du nach Hause kommst«, sagte er, kaum dass er den Hörer abgehoben hatte. »Ich kann es nicht erwarten, Michael Ann loszuwerden. «

»Komm schon, so schlimm ist sie nun auch wieder nicht.«

»Mom, sie spielt immer noch mit Barbiepuppen. Gestern Abend wollte sie, dass ich den Ken spiele.«

»Ist sie nicht schon ein bisschen zu groß für so was?«

»Ja, und Ollie wollte mich auch zwingen, mit Puppen zu spielen«, sagte er, und seine Stimme überschlug sich in pubertärer Empörung. »Ich halt das hier nicht mehr aus.«

»Es ist ja dein letzter Abend.« Sie stellte die Tasse auf den Nachttisch und zog Stevens Brief aus der Schublade. »Morgen bringen sie dich nach Hause, und ich bin gegen drei oder halb vier zurück.«

»Gott sei Dank. Und, Mom?«

»Ja, mein Schatz?«

»Versprich mir, dass ich nie wieder bei denen bleiben muss.«

Daisy lachte. »Ich verspreche es dir, wenn du mir versprichst, zum Friseur zu gehen.«

Es entstand eine lange Pause. »Abgemacht.«

Nachdem sie aufgelegt hatte, ging sie in die Dusche und dachte über den vergangenen Abend nach. Inzwischen war Jacks Wut gewiss verraucht. Wahrscheinlich hatte er doch noch eine willige Frau gefunden, die er mit nach Hause nehmen konnte. Während sie träumte, dass sie flog, hatte er vermutlich wilden Sex gehabt und war am Morgen zweifellos erleichtert gewesen, dass sie die Notbremse gezogen hatte, bevor sie zu weit gegangen waren. Nun, da das Fieber des Vorabends erloschen war, erinnerte er sich wahrscheinlich nicht einmal mehr an seine Drohung.

Trotzdem störte sie der Gedanke an Jack mit einer anderen Frau mehr, als ihr lieb war. Und mehr, als sie sich eingestehen wollte. Bei der Vorstellung, wie er eine Frau berührte, krampfte sich ihr Magen zusammen, was an jenem ersten Abend, als sie ihn und Gina zusammen in seiner Küche gesehen hatte, eindeutig nicht so gewesen war.

Daisy zog ihren schwarzen BH und einen schwarzen Slip an und fragte sich, wie sich ihre Gefühle in so kurzer Zeit so grundlegend hatten ändern können. Sie zog ein schlichtes schwarzes T-Shirt über. Je häufiger sie mit Jack zusammen war, umso mehr schien sie die Vergangenheit einzuholen. Es war in Wahrheit unumgänglich. Als Freund hatte sie Jack schon immer geliebt, und dann hatte sie sich richtig in ihn verliebt. So heftig und so leidenschaftlich, und trotz ihres Widerspruchs am Abend zuvor hatte Sex doch einen großen Teil ihrer gemeinsamen Vergangenheit ausgemacht. Jacks Nähe zerrte all die alten Gefühle wieder an die Oberfläche, die alte Lust, die Besessenheit und die Eifersucht.

Sie hatte geglaubt, sie würde einfach nach Hause kommen, Jack von Nathan erzählen und sich um den Rest nicht kümmern müssen. Sie hatte gedacht, es wäre begraben und lang vergessen. Doch sie hatte sich getäuscht. Es war noch immer da. Und damit nicht genug – es hatte genau an dem Punkt auf sie gewartet, wo sie es damals zurückgelassen hatte.

Sie nahm ein Paar Shorts aus der Schublade. Wenn es einen Trost in all diesem Wirrwarr gab, dann den, dass alles ein Ende hätte, sobald sie wieder zu Hause war. Keine Geheimnisse mehr. Keine Verwirrung. Keine Küsse von Jack Parrish.

»Daisy, wenn du dich morgen bei mir zu Hause blicken lässt, gebe ich dir genau das, was du haben willst«, hatte Jack sie gewarnt. »Sex bis zur Besinnungslosigkeit.«

Am Vorabend hatte diese Warnung ihre Neugier geweckt, heute Morgen stimmte sie sie nachdenklich. Sie wollte auf keinen Fall, dass er glaubte, sie käme zu ihm, um »besinnungslos« zu werden. Nein, das war das Letzte, was er denken sollte.

Sie legte die Shorts zurück in die Schublade, ging ins Schlafzimmer ihrer Mutter und durchsuchte ihren Schrank, bis sie ein ärmelloses Kleid aus schwerem Jeansstoff fand. Es war so weit, dass es weder Knöpfe noch einen Reißverschluss besaß. Stattdessen waren Oberteil und Saum mit hübschen Applikationen von Winnie Puuh bestickt. Es war das Gegenteil von sexy: Sie sah darin aus wie eine Kindergärtnerin, und kein Mensch konnte auf die Idee kommen, dass sie in diesem Kleid Sex bis zur Besinnungslosigkeit provozieren wollte.

Sie band ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen und schlüpfte in ihre schwarzen Flip-Flops. Sie brachte es nicht über sich, ungeschminkt das Haus zu verlassen, also legte sie Mascara, Rouge und pinkfarbenen Lipgloss auf. Ein letzter Blick in den Spiegel versicherte ihr, dass sie reichlich farblos aussah und in keinem Mann Interesse oder gar Lust erwecken konnte. Schon gar nicht in einem Mann wie Jack.

Sie schob Stevens Brief in die Kleidertasche und nahm den Autoschlüssel ihrer Mutter. Auf dem Weg zu Jack musste sie unablässig gegen das Bedürfnis ankämpfen, kehrtzumachen und zurückzufahren. Mittlerweile brauchte sie sich nicht mehr zu fragen, wie er die Angelegenheit mit Nathan aufnehmen würde. Sie hatte ihn mit seinen Nichten zusammen gesehen, und seitdem wusste sie es.

Als sie in die Straße zu Jacks Haus einbog, umklammerte sie das Steuer so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. Wahrscheinlich hatte ihre Mutter Recht, sie hatte damals getan, was sie für das Beste hielt. Was alle anderen für das Beste hielten. Alle außer Jack. Jack würde es anders betrachten, und als sie den Cadillac ihrer Mutter hinter Parrish American Classics lenkte, hatte sie ein flaues Gefühl im Magen.

Jacks Mustang stand vor dem Haus, und sie stellte den Cadillac dahinter ab. Ihre schwarzen Flip-Flops klatschten gegen ihre Fersen, als sie den Hof überquerte und auf den Gehsteig trat. Das Haus hatte noch immer den gleichen weißen Anstrich wie in ihrer Kindheit, die gleichen grünen Fensterläden und die gleichen gelben Rosen, auch wenn sich niemand mehr so liebevoll um sie zu kümmern schien wie damals. Stattdessen wucherten sie ungehindert, nur an der Veranda hatte jemand sie drastisch zurückgeschnitten.

Wie schon vor einer Woche klopfte Daisy an die Fliegentür und hoffte, dass Jack dieses Mal allein war, oder falls er eine Frau abgeschleppt hatte, dass sie inzwischen gegangen war.

Als sich nichts rührte, steckte sie den Kopf zur Tür herein und rief nach ihm. Das Summen der Klimaanlage war das einzige Geräusch im dunklen Hausinneren. Daisy warf einen Blick über die Schulter auf Jacks Mustang und sah, dass in der Werkstatt Licht brannte. Die alten, hohen Ulmen warfen filigrane Schattenmuster auf den Asphalt, und eine leichte Brise spielte mit ihrem Pferdeschwanz, als sie zur Werkstatt ging. So leise wie möglich öffnete sie die Tür und schlüpfte hinein. Durch die Fenster über ihr warf die Sonne rechteckige Lichtflecke auf fünf Fahrzeuge in verschiedenen Stadien der Restauration. Bei einigen hingen die Motoren an Gestellen, andere sahen aus, als wären sie bis auf die Karosserie ausgeweidet worden. An den Wänden und in den dunklen Tiefen der Werkstatt waren mächtige Maschinen aufgereiht, Werkbänke, ein Werkzeugschrank, der größer war als sie selbst, und Regale mit irgendwelchen Ersatzteilen. Sie ging zwischen einer ausgeweideten Corvette und einem endlos langen rotweißen Straßenkreuzer durch.

Sie rechnete beinahe damit, Eimer voller Öl und Schmierfett und Metallsplitter auf dem Boden vorzufinden, doch die Werkstatt war makellos sauber und vom Geruch nach Kiefernholz erfüllt. Sie war bedeutend ordentlicher als damals, als Jacks Vater noch lebte.

Trotz der schlechten Voraussetzungen hatte Jack etwas aus sich gemacht. Etwas Besseres als das, was ihm mit auf den Weg gegeben worden war. Eindeutig mehr, als man je von ihm erwartet hätte, und trotz ihrer Angst vor der bevorstehenden Begegnung war sie stolz auf ihn.

Sie sah zur Tür zu den Büroräumen und blieb wie angewurzelt vor dem Heck des rotweißen Wagens stehen. Jack stand da, die Arme vor der Brust verschränkt, mit einer Schulter an den Türpfosten gelehnt, und beobachtete sie.

»Überraschung«, sagte sie mit leicht zittriger Stimme, nachdem sie knapp einem Herzanfall entgangen war.

Das Licht aus dem Raum hinter ihm ließ sein T-Shirt strahlend weiß erscheinen. Er musterte sie finster, und eine Haarlocke fiel ihm in die Stirn. »Nicht unbedingt. Deine Schuhe machen einen Höllenlärm.«

Sie blickte auf ihre roten Zehennägel hinunter und dann wieder in Jacks Gesicht. »Hast du dich hier vor mir versteckt? «

Er schüttelte langsam den Kopf. »Wohl kaum.« Er wirkte völlig lässig, doch die knisternde Spannung zwischen ihnen verhieß alles andere als das. Sein Blick war heiß und eindringlich, beinahe körperlich spürbar, als er von ihrem Gesicht am Oberteil ihres Kleides abwärts glitt. Er zog einen Mundwinkel hoch.

»Die Werkstatt hat sich ja sehr verändert«, sagte sie in die Stille hinein. »Du kannst stolz auf dich sein, Jack.«

Er sah ihr wieder ins Gesicht und ließ die Arme sinken. »Du bist doch nicht gekommen, um mir das zu sagen.«

»Nein.«

Er kam auf sie zu. Seine Stiefelschritte hallten bedrohlich wider, als er in einen Streifen hellen Lichts trat. Sie hielt sich an einer roten Heckflosse des Wagens fest, um nicht instinktiv vor ihm zurückzuweichen.

»Ich habe dir gesagt, was passiert, wenn du heute hier auftauchst«, erklärte er.

Sie brauchte nicht zu fragen, wovon er redete. Sie wusste es, und das Herz schlug ihr bis zum Halse. »Ich bin nur gekommen, um mit dir zu reden.«

»Dann hättest du dieses Kleid nicht anziehen sollen.«

Sie blickte an dem Kleid ihrer Mutter hinunter. »Das hier?« Sie lachte trotz des Kloßes in ihrem Hals. »Jack, das ist hässlich.«

»Genau. Man muss es dir ausziehen und verbrennen.« Er stand so dicht vor ihr, dass Winnie Puuh beinahe sein T-Shirt berührte.

Sie richtete den Blick auf ein Poster von einer halbnackten Frau auf der Kühlerhaube eines aufgemotzten Nova hinter ihm. »Wir sollten jetzt reden.«

Mit den Fingerspitzen berührte er ihr Kinn und zwang sie, ihn wieder anzusehen. »Nicht jetzt.« Sein Daumen fuhr an ihrem Kiefer entlang, und er neigte den Kopf, bis seine Nase die ihre berührte. »Sogar in diesem dämlichen Kleid machst du mich an.« Ihre Eingeweide zogen sich zusammen. Sie konnte kaum atmen. »Du bist sogar noch schöner als früher. Und auch damals warst du schon so schön, dass es wehgetan hat, dich anzusehen.« Seine Lippen strichen über ihre, er küsste ihren Mundwinkel. »Schon den ganzen Morgen habe ich teils gehofft, teils gefürchtet, dich durch die Tür kommen zu sehen.« Er drückte die Lippen sanft auf ihre Wange. »Du hättest nicht kommen dürfen, Daisy Lee. Du hättest wegbleiben sollen, aber du hast es nicht getan. Du bist hier, und ich kann an nichts anderes denken, als in dir zu sein. Tief in dir, wo du heiß und nass bist und mich auch willst.« Mit der Zungenspitze berührte er ihr Ohrläppchen, und ihre Handtasche fiel zu Boden. »Am ersten Abend, als ich dich wiedergesehen habe, habe ich mir gesagt, dass das nicht passieren wird. Aber es passiert doch, Daisy.«

Sein warmer Atem wehte an ihrem Hals entlang über ihre Haut. Verlangend richteten sich ihre Brustspitzen auf, Wärme breitete sich zwischen ihren Schenkeln aus. Sie musste ihm Einhalt gebieten, sonst war sie verloren. »Jack, hör zu …«

»In der Sekunde, als du in die Stadt gekommen bist, war das hier unvermeidlich. Ich bin es leid, dagegen anzukämpfen«, fiel er ihr ins Wort, hob die Hand und streichelte mit dem Daumen ihre Schläfe, als wollte er sie beruhigen. »Sag mir, dass du es auch spürst. Sag mir, dass du es genauso willst wie ich.«

»Ja, aber …«

»Später können wir reden. Wenn wir uns geliebt haben.«

Sie legte die Hand auf seine Brust. Seine Muskeln spannten sich an, und alles in ihm schien zu erstarren – bis auf sein Herz, das genauso schnell klopfte wie ihres. Wenn sie jetzt miteinander schliefen, wäre es noch schwieriger, ihn über Nathan aufzuklären. Sie fasste nicht bewusst den Entschluss, ihrem Verlangen nachzugeben. Es war einfach zu übermächtig, um es noch länger zu verleugnen. Über zwei Jahre waren vergangen, seit sie mit einem Mann zusammen gewesen war, der sie begehrte, und sie brachte die Willenskraft nicht auf, Jack zu widerstehen. Sie wollte ihm nicht widerstehen. Er hatte Recht, es war unvermeidlich. »Versprichst du mir, dass wir später reden?«

»Herrgott, ja«, stöhnte er und packte den Stoff ihres Kleids. »Alles, was du willst, Daisy.«

Seit Tagen reagierte ihr Körper auf ihn, suchte ein Ventil für die Leidenschaft, die er in ihrem Inneren wieder zum Leben erweckt hatte. Und jetzt war es da. Er war da. Stand direkt vor ihr. Sie trat einen Schritt zurück und sah ihm in die Augen. »Warst du noch mit einer Frau zusammen, nachdem du gestern Abend gegangen bist?«

»Beinahe, aber ich wollte dich.« Er zog ihr das Kleid über den Kopf und schleuderte es in Richtung der Corvette. Sie versuchte nicht einmal, ihn daran zu hindern. Im hellen Tageslicht, das durch die Fenster fiel, stand sie in ihrem schwarzen BH und Slip und Flip-Flops vor ihm. Er ließ ihr keine Zeit zum Nachdenken, sondern zog sie hoch und an seine Brust. Sie schlang die Arme um seinen Nacken, presste ihre Brüste an seinen Oberkörper, und sein Mund fand den ihren zu einem wilden Kuss.

Unfähig, sich noch länger zurückzuhalten, versank sie in einem Taumel aus Lust und Verlangen. Und es war ein schönes Gefühl. Vielleicht zu schön. Das Gefühl seines T-Shirts und seiner Levi’s auf ihrer nackten Haut jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Sie fuhr mit den Fingern durch sein Haar, während er ihre Haut mit heißen, feuchten Küssen bedeckte. Sie drängte sich an ihn, wollte ihm noch näher sein, noch mehr von ihm spüren. Sie wollte es so sehr, dass ihre Haut vor übermächtigem Begehren prickelte. Sie wollte alles. Alles auf einmal.

Es war so lange her. Zu lange, um sich Zeit lassen zu können. Ein frustriertes Stöhnen entschlüpfte ihr, und sie kam wieder auf die Füße. Sie spürte seine harte Erektion an ihrem Leib, während sie mit offenem Mund seinen Hals unterm Ohr liebkoste. »Jack«, sagte sie zwischen zwei Küssen. »Du schmeckst so gut. Ich würde dich am liebsten verschlingen. «

»Großer Gott, Daisy«, stöhnte er und strich über ihren nackten Rücken, zog das mit Stoff bezogene Gummiband von ihrem Pferdeschwanz, worauf sich ihr Haar löste und über ihre nackten Schultern fiel. Mit beiden Händen griff er hinein und zog sie an sich, um erneut ihren Mund zu küssen. Sie erwiderte seinen Kuss, während seine Hand über ihren Rücken glitt und ihren BH öffnete. Er streifte ihren BH ab und warf ihn auf den Kofferraum des rotweißen Autos. Sein Mund fand ihre Lippen, während er mit beiden Händen ihre Brüste umfasste. Ihre Brustspitzen pressten sich hart und aufgerichtet gegen seine Handflächen. Sie schob die Hände unter sein T-Shirt und streichelte jeden Millimeter Haut, seinen Bauch, seine Brust, seinen Rücken.

Seine Hände wanderten zu ihrem Hinterteil und umfassten ihre Oberschenkel. Er hob sie auf den Kofferraum des Wagens, und ihre bloßen Füße ruhten auf der breiten verchromten Stoßstange. Das kühle Metall riss sie gerade so weit aus ihrem Taumel, um ihr bewusst werden zu lassen, dass sie in einem Streifen gleißenden Sonnenlichts saß, nackt bis auf ihren Slip. Sie bedeckte ihre Brüste mit den Händen. »Was ist das für ein Auto?«, fragte sie, um ihre plötzliche Verlegenheit zu überspielen.

»Was du hier siehst, ist ein Lancer. Eine Sonderanfertigung«, antwortete er, zog sich das T-Shirt über den Kopf und ließ es neben ihr Kleid fallen. »Der erscheint mir angemessen für das, was ich mit dir vorhabe.«

Sie fuhr sich mit der Zunge über ihre vom Küssen geschwollenen Lippen. »Was hast du mit mir vor?«

»Wir werden die Fliehkraft ausprobieren.« Er drückte ihre Knie auseinander und schob sich zwischen ihre Schenkel. »Nimm die Hände weg, Butterblümchen.«

Nach Nathans Geburt waren ihre Brüste größer geworden, und an der Stelle hatte sie nie wieder abgenommen. »Ich bin dicker als früher.«

»Das ist mir auch schon aufgefallen.« Er packte ihre Handgelenke. »Ich möchte sehen, ob du immer noch dieses kleine Mal hast, das aussieht wie ein Knutschfleck.«

»Ja.«

Er zwang sie nicht, die Hände wegzunehmen, sondern sagte nur: »Zeig’s mir.«

»Ich habe Schwangerschaftsstreifen.« Die dünnen blassen Linien waren kaum noch sichtbar, dennoch waren sie vorhanden.

»Ich will alles von dir sehen, Daisy.«

»Ich bin älter geworden, Jack.«

»Ich auch.«

Sie beugte sich vor und presste ihren geöffneten Mund auf seine bloße Schulter. »Nein, du bist noch attraktiver als früher.« Sie küsste seine Halsgrube, während er ihre Hände von ihren Brüsten löste und sie an den Hosenbund seiner Jeans legte.

»Mach den Reißverschluss auf«, forderte er sie auf, und seine Stimme klang rau vor Leidenschaft. Er griff in seine Gesäßtasche und ließ ein Kondom neben Daisy auf den Kofferraum fallen.

Daisy öffnete den Metallknopf seiner Jeans. Jack trug keine Unterhose. Langsam zog sie den Reißverschluss herunter, so dass die feine Linie aus dunklen Härchen zum Vorschein kam, die sich von seinem Nabel bis zu seinem Unterleib zog. Sie blickte ihm ins Gesicht, als sie die Hände in seine Hose schob. Sie legte die Handfläche an seinen harten Penis, und er starrte sie mit vor Leidenschaft blicklosen Augen an.

»Hol ihn raus«, befahl er mit rauer Stimme.

Sie schob ihm die Jeans über Hüften und Schenkel, und seine Erektion sprang ihr entgegen, groß und glatt wie heißer Marmor. Sie schloss die Finger darum. Sein hartes Fleisch glühte in ihrer Handfläche, und sie liebkoste es mit den Fingern. Sie ließ sich auf der Stoßstange des Wagens nieder und drückte einen Kuss auf die Eichel. Sie hatte es eigentlich nicht vorgehabt, aber es war so lange her, und sie wollte alles. Ein Tröpfchen klarer Flüssigkeit lag in der kleinen Furche, und sie leckte sie ab. Er roch gut, schmeckte noch besser. Und er war größer, als sie ihn in Erinnerung hatte. Aber vielleicht hatte sie es auch nur vergessen.

Ein lustvolles Stöhnen drang aus den Tiefen seiner Brust, und er schob ihr das Haar aus dem Gesicht. Sie sah zu ihm auf und blickte ihm direkt in die Augen, als sie ihn weiter in den Mund nahm. Seine Nasenlöcher blähten sich leicht, als er tief den Atem einsog.

»Ah, Daisy«, flüsterte er und legte den Kopf in den Nacken. Vor langer Zeit hatte er ihr beigebracht, ihm auf diese Weise Lust zu bereiten. Sie hatte es nicht vergessen. Sie strich mit einer Hand hinten an seinem Schenkel hinauf und umschloss seine festen Hinterbacken, während sie mit der freien Hand locker seine Hoden umfasste. Mit der Zunge fand sie seinen Puls knapp unterhalb der Spitze seiner Männlichkeit.

Es kam ihr vor, als hätte sie gerade erst begonnen, als er sie von sich schob. »So möchte ich nicht kommen«, erklärte er, hob sie behutsam wieder auf den Kofferraum und drückte sie zurück, so dass sie auf dem Rücken lag. Dann streifte er ihren Slip ab und schob sich zwischen ihre Schenkel. Sein Blick wanderte von ihrem Gesicht über ihren Hals zu ihren Brüsten. Er beugte sich über sie und legte eine Hand zwischen ihre Beine. »Du gibst mir das Gefühl, wieder achtzehn zu sein«, sagte er und stützte sich neben ihrer Schulter auf den Unterarm auf. »Als könnte ich mich nicht beherrschen.« Er küsste ihre Brustspitze und streichelte ihr seidiges, empfindliches Fleisch. »Als würde ich kommen, bevor es richtig angefangen hat.«

Sie bog den Rücken durch und stöhnte. »Dann fang doch an.«

»Daisy.«

»Mhm?«

Er küsste ihr Muttermal und strich mit den Lippen über ihre Brustspitze. »Deine Brüste sind so schön wie eh und je.«

Sie hätte vielleicht gelacht oder widersprochen oder sonst etwas getan, wenn er nicht seinen heißen Mund geöffnet und ihre Brustspitze in die warme, feuchte Höhle gesogen hätte. Stattdessen fuhr sie schweigend mit den Fingern durch sein Haar, schloss die Augen und ließ die Wogen der Empfindungen über sich hinwegrollen, bis sie fürchten musste, dass sie zum Höhepunkt kommen würde, bevor es richtig angefangen hatte.

»Daisy, mach die Augen auf, und sieh mich an.«

Sie gehorchte. Sein Blick war eindringlich und von fiebriger Leidenschaft erfüllt. »Ich möchte dein Gesicht sehen, wenn ich in dir bin.« Er streifte das feuchte Kondom über die Spitze seiner Männlichkeit und rollte es bis zur Wurzel in seinem dunklen Schamhaar, dann schob er die Hände unter ihr nacktes Hinterteil, zog sie nach vorn bis an den Rand des Kofferraums und brachte sie in die richtige Stellung. »Ich will, dass du mein Gesicht siehst.«

Sie blickte in seine grünen Augen, die ihr so vertraut waren. »Ich sehe dich«, sagte sie, als er ihre Schenkel umfasste. Mit einem einzigen Stoß drang er tief in sie ein. Er umklammerte ihre Schenkel noch fester, und sie bog den Rücken durch. Sie schrie auf vor Schmerz und Lust und wusste nicht, welches von beiden größer war.

»Verdammt«, stieß Jack zwischen den Zähnen hervor und legte die Hände um ihr Gesicht. »Tut mir Leid, Daisy.« Er gab ihr einen zärtlichen Kuss auf die Wange und auf die Nase und flüsterte an ihrem Mund: »Es tut mir Leid. Entschuldige. Ich sorge dafür, dass es schön ist. Versprochen.« Er zog sich zurück und drang erneut in sie ein, behutsamer diesmal, und erinnerte sie daran, wie gut er im Halten von Versprechen war. Langsam, mit geschmeidigen, bedächtigen Stößen schenkte er ihr unfassbare Wonnen.

Er sah ihr in die Augen, während er sich in ihr bewegte. »Besser so?«

»Mhm, ja.«

»Sag’s mir.«

»So schön, Jack.« Sie fühlte sich schwerelos. Nach einigen Stößen packte sie ihn an den Schultern und hielt sich an ihm fest. »Hör nicht auf. Mach, was du willst, aber hör nicht auf.«

»Auf keinen Fall.« Er hob ihr Becken an, ohne seine Bewegungen zu unterbrechen.

Ihre Haut glühte, wo sich ihre Körper berührten, strahlte glühende Hitze aus. Sie grub ihre Finger in sein Fleisch. Sein langsamer Rhythmus trieb sie in den Wahnsinn. »Mehr. Gib mir mehr, Jack.«

Er küsste ihre Stirn, und sein rauer Atem strich über ihre Schläfe. Er wurde schneller, stieß immer härter in sie hinein. Vor und zurück. Ihre Erregung wuchs, weiter und weiter, während er sie dem Höhepunkt entgegentrieb.

»Daisy Lee.« Ihr Name klang fast wie eine Frage, als er sich und sie dem Ziel entgegenpeitschte. Sie nahm nichts mehr wahr, nur noch ihre wachsende Lust, bis sie schließlich den Mund zu einem Schrei öffnete. Der Ton erstarb in ihrer Kehle, als Welle auf Welle der Verzückung sie überrollte. Ihre Muskeln pulsierten und zogen sich zusammen, umfassten ihn und sogen ihn tief in sich hinein.

Immer weiter, während er sich in ihr versenkte. Sein Atem fühlte sich heiß an ihrer Schläfe an, bis er sich so ungestüm in sie hineinbohrte, dass sie auf dem Kofferraum des Wagens ein Stück weiter nach oben rutschte. Er verfluchte sie und Gott im selben Atemzug, in einem einzigen zusammenhanglosen Satz. Er presste sie an seine Brust, als wollte er sich ganz in ihr versenken, ehe er ein letztes Mal zustieß. Ein tiefes Stöhnen drang aus seiner Brust, ein Ton irgendwo zwischen kehligem Seufzen und einem lang gezogenen Stöhnen.

Hinter Daisys geschlossenen Lidern tanzten Fünkchen, es klingelte in ihren Ohren. Sie war im Begriff, die Besinnung zu verlieren. Hier auf dem Lancer. Es würde tatsächlich so weit kommen. Genau so, wie Jack es ihr angedroht hatte, doch es störte sie nicht im Geringsten.

Doch sie wurde nicht besinnungslos. Nicht richtig. Ihr war nur so schwindlig, dass sie nicht wagte, sich zu bewegen. Sie hatte weiß Gott lange keinen Sex mehr gehabt, doch sie hatte nicht mehr gewusst, dass es so unfassbar schön war. Ja, es war schön. Natürlich. Doch überall dort, wo seine Haut an ihrer klebte, prickelte es immer noch. Diesen Aspekt hatte sie vergessen. Oder vielleicht war es früher nie so gewesen.

Jack verharrte tief in ihr, den Oberkörper an ihre Brust gepresst, die Stirn auf dem Kofferraum neben ihrem rechten Ohr. Sie spürte seinen Herzschlag an ihrer Brust.

Nach einer Weile schlug sie die Augen auf und sah zur Belüftungsanlage hinauf. Jack Parrish hatte sie gerade an einen Ort geführt, den sie noch nie gesehen hatte. Er hatte ihr einen Orgasmus ungekannten Ausmaßes bereitet, der ihr fast die Besinnung geraubt hatte. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Wenn sie ehrlich war, konnte sie ohnehin kaum einen klaren Gedanken fassen. Sie war sprachlos.

Jack stützte sich auf die Unterarme und sah ihr in die Augen, während sich ein befriedigtes Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete. »Wow. Du bist sogar noch besser als damals mit achtzehn.«

Daisy blickte in seine sexy grünen Augen und fühlte sich von neuem Leben erfüllt. Als wäre sie sehr lange Zeit innerlich tot gewesen und hätte es bis zu diesem Moment nicht einmal gewusst. Als wäre sie nach langer Gefangenschaft in der Dunkelheit endlich wieder ins Licht getreten. Eine unbändige Woge von Emotionen schwappte über sie hinweg, und sie tat das Schlimmste, was sie in diesem Augenblick tun konnte.

Sie brach in Tränen aus.