KAPITEL 19
Daisy strich mit den Händen über Jacks glatte Schultern und drückte die Fingerspitzen in seine verspannten Muskeln. Sie massierte seinen Rücken und fuhr mit den Daumen an der Furche seiner Wirbelsäule hinauf und hinunter. Wassertröpfchen lösten sich aus seinem nassen Haar, liefen ihm über den Rücken und sickerten in das flauschige blaue Handtuch, das er sich um die Hüften geschlungen hatte.
Die Fahrt vom Park zu Jacks Haus hatte kaum zehn Minuten gedauert. Gewöhnlich brauchte man eine Viertelstunde, doch Jack hatte diverse Stoppschilder missachtet und eine rote Ampel überfahren.
Nun saß er rittlings auf einem Küchenstuhl neben dem Tisch im Esszimmer, die Arme über der obersten Sprosse des Stuhls verschränkt. Er hatte darauf bestanden, kurz zu duschen, um sich vom Schweiß und Schmutz des Spiels zu befreien, bevor er sich von Daisy anfassen ließ, und als er mit nichts außer dem Handtuch bekleidet aus dem Bad zurückkam, wäre Daisy am liebsten auf der Stelle über ihn hergefallen.
»Wie fühlt sich das an?«, fragte sie, als ihre Handflächen an seinen harten Muskeln hinunter und wieder hinauf glitten.
»Wie etwas, woran ich mich problemlos gewöhnen könnte.« Die Hitze seiner Haut wärmte ihre Hände, und sie spürte die Konturen und die Beschaffenheit seiner Haut, als sie seinen Körper von neuem erkundete.
»Daisy?«
Sie blickte auf seinen Hinterkopf herunter. Das Licht der Esszimmerlampe schien in sein dichtes Haar und ließ es kaffeebraun schimmern. »Hmm?«
»Als wir am Lake Meredith waren, hast du gesagt, ich hätte dir gefehlt.« Er hob die Hände und umfasste ihre Handgelenke. »Stimmt das?« Er warf ihr über die Schulter hinweg einen eindringlichen Blick zu, der ihr verriet, dass ihm die Antwort viel bedeutete.
»Ja, Jack, es stimmt.«
Er legte ihren Arm um seine Brust und sagte an ihrer rechten Wange: »Du hast mir auch gefehlt, Daisy Lee. All diese Jahre hindurch hast du mir viel mehr gefehlt, als ich je ahnen konnte.« Er legte die freie Hand an ihre Wange. »Viel mehr, als ich dich je wissen lassen wollte.«
Ihr wurde so eng in der Brust, dass es schmerzte, und sie senkte den Kopf. »Ich liebe dich, Jack.«
Er schloss die Augen und stieß den Atem aus. »Ich habe dich immer geliebt. Selbst dann, wenn ich es nicht wollte«, sagte er nach einer Weile.
»Dreh dich um«, flüsterte sie.
Er schlug die Augen auf. »Wie bitte?«
»Steh auf.«
Kaum war er aufgestanden und hatte sich ihr zugewandt, legte sie die Hände auf seine Schultern und drückte ihn zurück auf den Stuhl. »Ich weiß nicht, was als Nächstes mit uns geschieht«, sagte sie, hob ihr Kleid hoch und setzte sich mit dem Gesicht zu ihm auf seinen Schoß. Er spreizte die Schenkel, so dass ihr Hinterteil die Sitzfläche des Stuhls berührte und ihre bloßen Füße seitlich herabhingen. »Was immer auch geschieht, ich werde dich ewig lieben. Ich kann nicht anders.«
Seine Hände strichen an ihren Schenkeln hinauf, während seine grünen Augen fest auf sie gerichtet waren. »Ich werde dir zeigen, was als Nächstes passiert.« Seine Hände glitten bis zu ihrer Taille, und seine Finger suchten nach dem Verschluss ihres Kleids unter ihrem Arm.
Sie fand sicheren Halt zwischen seinen Beinen. »Ist das eine Zeltstange, oder freust du dich, mich zu sehen?«, fragte sie.
Ein unverhohlen lüsternes Lächeln spielte um seine Lippen. »Beides. Willst du mal sehen?«
»Au ja.« Sie löste die Hände von seinen Schultern und ließ sie über seine Brust wandern. Ihre Handflächen legten sich auf seine Brustwarzen, ehe sie sich vorbeugte und seinen Hals direkt unter dem Ohr küsste. Nur das dicke Handtuch und der zarte Stoff ihres Slips trennten sie.
Jack zog an der Schleife, worauf sich das Oberteil ihres Kleids lockerte. »Heb die Arme«, forderte er Daisy auf. Sie gehorchte, und er raffte ihr Kleid bis zur Taille und zog es ihr über den Kopf. Ihr Haar fiel offen auf ihre nackten Schultern, und Jack sah in ihre braunen Augen, die vor Leidenschaft glühten. Er ließ das Kleid zu Boden fallen und bedeckte ihre nackten Brüste mit den Händen. Ihre harten, aufgerichteten Brustspitzen berührten seine Handflächen, und er fuhr sanft mit den Daumen darüber. Ihre Lider senkten sich ein wenig, während sie sich mit der Zungenspitze über die Lippen fuhr. Er kannte sie, kannte dieses Gefühl, ihren Körper an seinem zu spüren, kannte ihren Herzschlag unter seiner Handfläche. Er kannte den Seufzer der Lust auf ihren Lippen und den Duft ihrer Haut.
Das war Daisy. Seine Daisy.
»Tut deine Schulter auch wirklich nicht weh?«
Seine Schulter? Seine Schulter war ihm völlig egal. Der einzige Schmerz, den er spürte, war jenes Pochen in seinen Lenden. »Nichts tut so weh wie das Verlangen nach dir.« Sämtliche Träume, die je seine Fantasie beflügelt hatten, begannen und endeten mit Daisy Lee. Und nun war sie bei ihm. Nackt auf seinem Schoß, abgesehen von einem winzigen Seidenslip. Wenn es nach ihm ginge, würde sie für immer dort bleiben.
Ihre weiche Hand glitt an seinem Leib hinunter, und sie löste das Handtuch um seine Taille. Sie wickelte ihn aus wie ein Weihnachtsgeschenk, griff nach unten und schloss die Hand um seine harte, pochende Erektion. Jack sog scharf den Atem ein und sah Daisy an. Sein Blick streifte ihre rosigen Brustspitzen, ihren gebräunten Leib und den Nabel, ehe er an ihrem zarten weißen Slip hängen blieb. In ihrer kleinen Hand hielt sie seine geschwollene Männlichkeit und strich mit dem Daumen über die Eichel. Lust zog seine Eingeweide zusammen, so dass er Mühe hatte, Luft in seine Lungen zu pumpen. Er legte seine Hand um ihre und bewegte sie auf und nieder, so dass er geschmeidig durch ihre samtweiche Handfläche glitt. Sie beugte sich vor und küsste seinen Hals. Ihre warme feuchte Zunge hinterließ eine glühend heiße Spur.
Er hob ihr Gesicht, presste seinen Mund hungrig auf ihre Lippen und küsste sie voller Leidenschaft. Seine Küsse waren weder sanft noch zärtlich. Sobald sein Mund den ihren fand, war seine Gier entfacht, und ein wildes Verfolgungsspiel aus geschmeidigem Vorstoßen und raschem Zurückziehen, Zunge an Zunge, Mund an Mund, begann. Sie drängte sich ihm entgegen, presste ihre harten Brustspitzen an seinen Körper und ihren Schoß an seine Erektion.
Er wollte es, wollte es an jedem verdammten Tag seines Lebens. Er wollte das ungestüme Forschen ihrer Zunge in seiner Mundhöhle, ihren Körper in seinen Armen, das Gefühl der Enge in seiner Brust, wenn er ihr in die Augen sah oder seine Nase an ihrem Hals barg.
Er wollte sie. Ganz und gar. Auf ewig. Er liebte sie, hatte sie schon immer geliebt.
Jack stand auf, und das Handtuch fiel zu Boden. Er platzierte Daisy vor sich auf den Küchentisch und blickte in ihre von Leidenschaft verhangenen Augen.
»Leg dich hin, Butterblümchen.« Sie stützte sich rücklings auf die Ellbogen und sah zu, wie er ihre Brüste küsste und seinen Mund um ihre aufgerichteten Brustspitzen schloss. Er liebkoste sie, bis ihr Atem in flachen, kurzen Stößen kam, ehe sein Mund an ihrem Bauch abwärts wanderte. Er sog die Haut an ihrem Bauchnabel zwischen die Lippen, während er einen Stuhl hinter sich heranzog. Nachdem er ihr den Slip abgestreift hatte, ließ er sich zwischen ihren Schenkeln nieder.
»Jack«, stieß sie in trockenem Flüsterton hervor, »was machst du mit mir?«
Er legte sich ihre nackten Füße auf die Schultern und küsste nacheinander die Knöchel. »Ich gehe vor dir in die Knie.« Er biss sie zärtlich in den Schenkel und strich mit dem Daumen über ihren Lustpunkt, während er einen Finger tief in sie hineinschob, dorthin, wo sie heiß und nass war. Er teilte die feuchten Lippen und schob eine Hand unter ihr Gesäß. Schließlich hob er sie an und vergrub seinen Mund in ihrem Fleisch.
Sie schmeckte nach Daisy. Gut. Nach Sex und Verlangen und nach allem, wonach er sich sehnte.
Seufzend presste sie seinen Namen hervor, während sie den Kopf in den Nacken sinken ließ. Er küsste sie, genau an derselben Stelle, an der er sie vor fünfzehn Jahren geküsst hatte – nur dass er seitdem einiges dazugelernt hatte. Er verstand es besser, seine Zunge zu benutzen, wusste, wie heftig er ihr Fleisch zwischen seine Lippen saugen durfte. Er reizte sie, bis sie ihn mit den Füßen von sich schob.
Sie schob sich vom Tisch und stand leicht unsicher auf den Beinen vor ihm. Sie blickte ihm in die Augen. »Ich will dich, Jack.«
Er hob das Handtuch vom Boden auf und wischte sich den Mund ab. »Ich muss ein Kondom holen.«
Sie sah ihn an, als hätte sie keine Ahnung, wovon er redete. »Wie lange ist es her, dass du Sex ohne Kondom hattest? «, fragte sie mit vor Leidenschaft heiserer Stimme.
So lange, dass er sich nicht erinnern konnte. »Das letzte Mal war wahrscheinlich damals vor fünfzehn Jahren, als ich mit dir geschlafen habe.«
Lächelnd nahm sie ihm das Handtuch ab und ließ es zu Boden fallen. Dann stützte sie sich auf seine Schultern, stellte die Füße auf die unterste Sprosse des Stuhls und zog sich hoch. Er schlang die Arme um ihre Taille und küsste ihren Bauch. »Ich hatte letzte Woche meine Tage«, meinte sie und ließ sich auf seinem Schoß nieder. »Dieses Mal kann ich nicht schwanger werden.«
Vielleicht hätte er abgelehnt, wären ihm doch leise Zweifel gekommen, doch er berührte bereits ihren feuchten Schritt und glitt geschmeidig in ihr heißes, nasses Fleisch. Und jeder Gedanke an Widerstand war unmöglich.
Ein Stöhnen löste sich tief aus Jacks Brust. Ihr heißes Fleisch umschloss ihn, und ein Schaudern lief ihm den Rücken hinauf. Ihre Lippen waren geöffnet, ihr Atem ging in flachen Stößen, ihre Wangen waren von einer zarten Röte überzogen. Er sah die Gier in ihren Augen, als wäre er der einzige Mann auf der Welt, der ihr geben konnte, was sie brauchte.
Sie zog ihre Muskeln zusammen, so dass er jede Zuckung ihres Unterleibs spürte. Er hatte Mühe, nicht auf der Stelle zu kommen. Jede Faser seines Körpers war auf Daisy konzentriert, auf die Wärme ihrer Muskelkontraktionen, auf den brennenden Schmerz und das dumpfe Sehnen, das in seinen Lenden wühlte.
»Verdammt«, fluchte er und legte die Hände um ihre Hüften. »Du fühlst dich so gut an.« Er hob sie hoch und ließ sie wieder auf sich sinken. Es war, als tauche er in siedend heiße Flüssigkeit, und er glaubte, noch nie etwas so Schönes gefühlt zu haben wie Daisys Inneres.
Sie hob die Hände an seine Wangen und legte ihren Mund auf seine Lippen. »Ich liebe dich, Jack«, sagte sie, während sie sich gemeinsam in einem zuerst langsamen, beständigen Takt zu bewegen begannen, der schon bald fieberhaft wurde. Er umfasste ihr Gesäß und zog sie heftig auf sich nieder, wieder und wieder. Er stieß empor, während sie ihm entgegenkam, und ihr Rhythmus wurde heißer, wilder, ungestümer. Ihr Atem ging keuchend im Gleichklang mit den Stößen seiner Hüften. Sie packte ihn bei den Schultern und klammerte sich an, während ihr Inneres um ihn herum pulsierte. Immer schneller, immer heftiger bohrte er sich in sie, bis mit einem keuchenden Atemzug sämtliche Luft aus seinen Lungen entwich.
Daisy stöhnte auf und umfasste ihn heftig, pulsierte um ihn herum und zog sich zusammen. Die heftigen Kontraktionen ihres Höhepunkts führten ihn zu einem Gipfel der Lust, der sich bis in seine Brust hinein fortsetzte. Er ergoss sich tief in ihr und wusste noch während er sich ein letztes Mal in ihr versenkte, dass er nach mehr gierte.
Er wollte es bis in alle Ewigkeit.
Dieses Mal brach Daisy nicht in Tränen aus, beim nächsten Mal allerdings fehlte nicht viel. Jack ergriff ihre Hand und führte sie zu seinem Bett, wo er sie noch einmal liebte. Er war so zärtlich und liebevoll und zog die süße Folter hinaus, bis sie mehrmals nacheinander zum Höhepunkt kam – das erste Mal in ihrem Leben, das ihr die Tränen in die Augen trieb.
Später lag sie bäuchlings auf dem blauen Laken, das restliche Bettzeug zerknüllt zu ihren Füßen. Jack lag halb über ihr, den Arm um ihre Taille geschlungen, ein Bein zwischen ihren Schenkeln. Sein Geschlecht schmiegte sich an ihre Hüfte und ihr Hinterteil. Eine Lampe verströmte warmes gelbes Licht über dem Bett, und das einzige Geräusch im Raum war schweres, erschöpftes Atmen der beiden Liebenden. Sie klebten aneinander, und ein warmes Nachglühen ließ ihre Haut erbeben. So glücklich und zufrieden hatte sie sich schon sehr lange nicht mehr gefühlt. Jack liebte sie. Sie liebte ihn. Dieses Mal würde es gut gehen mit ihnen.
Sie hatte geglaubt, Jack wäre eingeschlafen, doch dann hörte sie ihn stöhnen. »Großer Gott, es wird mit jedem Mal besser. Dabei hatte ich gedacht, das Erlebnis auf dem Stuhl wäre nicht mehr zu überbieten.«
Daisy lächelte.
»Bist du nur zwei Mal gekommen, verdammt?«
»Ja. Danke.«
»Gern geschehen.«
Seine Hand bewegte sich an ihrer Taille, als versuche er, sie hochzuheben, bringe aber die Kraft dafür nicht auf. Behutsam rollte sie sich auf den Rücken und sah ihn an. Das Haar klebte auf seiner Stirn, und seine Augen waren geschlossen.
»Wie spät ist es?«, fragte sie.
Flatternd hoben sich seine Lider, und er hob den Arm von ihrem Bauch. »Noch früh«, antwortete er nach einem Blick auf seine Armbanduhr.
Sie nahm seinen Arm und blickte auf das Zifferblatt der Digitaluhr. »Ich muss los, bevor Nathan nach Hause kommt.«
Jack drehte sich auf die Seite und spreizte knapp unter ihren Brüsten die Finger. »Geh nicht«, flüsterte er und küsste ihre Schulter.
»Ich muss.« Sie setzte sich auf und strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Aber ich komme zum Frühstück zurück. «
»Bleib in Lovett.« Er stützte sich auf dem Ellbogen auf. »Du solltest mit Nathan hierher ziehen.«
Darüber hatte sie ebenfalls bereits nachgedacht. Sie hatte nur nicht geahnt, dass seine Gedanken in dieselbe Richtung gingen. »Wann bist du auf diese Idee gekommen?«, fragte sie und blickte in seine grünen Augen.
»Wahrscheinlich, als wir angeln waren, aber ernsthaft darüber nachgedacht habe ich erst gestern, als wir uns im Vorgarten deiner Mutter geküsst haben und es mir völlig gleichgültig war, ob uns jemand dabei sieht.« Er setzte sich auf und nahm ihre Hand. »Ich wollte sogar, dass man uns sieht. Und heute wollte ich auch, dass die Leute sehen, wie wir uns küssen. Alle sollen wissen, dass du mir gehörst.« Er küsste ihre Fingerspitzen. »Ich möchte mit dir und unserem Sohn ein gemeinsames Leben führen.«
Genau das wollte sie auch, und zu hören, wie er es aussprach, ließ es nicht mehr ganz so beängstigend erscheinen.
»Ich liebe dich, Daisy Lee. Ich habe dich mein Leben lang geliebt.«
Sie sah in seine von Schmerz und Leidenschaft erfüllten Augen. »Ich liebe dich auch, Jack.« Aber, meldete sich eine leise Stimme in ihrem Kopf, wird es dieses Mal reichen? Beim letzten Mal war die Liebe nicht groß genug gewesen.
Sie entschuldigte sich und ging ins Badezimmer, und als sie zurückkam, hatte Jack seine Jeans angezogen, ihr Kleid und ihren Slip aufgehoben und aufs Bett gelegt. Sie zog ihren Slip an, und er half ihr in das Kleid.
»Und was wirst du mir zum Frühstück servieren?«, fragte er, während er die Verschnürung im Rücken zurechtzupfte.
»Ich lasse mir etwas Leckeres einfallen.«
»Etwas mit Schlagsahne?«
Sie schloss die Verschnürung an der Seite. »Und mit einer Kirsche.«
Er legte die Arme um sie und zog sie an seine Brust. »Ich liebe Kirschen«, erklärte er an ihrem Hals.
Seine nackte Brust wärmte ihre Haut, und sie musste gegen das Bedürfnis ankämpfen, sich umzudrehen und seinen Hals zu küssen. Wenn sie das tat, würde sie es nicht schaffen, vor Nathan zu Hause zu sein. »Jack, ich will, dass es dieses Mal klappt mit uns beiden.«
Er drückte sie fest an sich. »Das wird es.«
Es klang so zuversichtlich, dass sie ihm beinahe glaubte. »Lass uns zusammen mit Nathan darüber reden.«
»Wie du willst.«
»Ich weiß nicht, wie er die Idee findet, nach Lovett zu ziehen, und ich möchte nicht, dass er glaubt, wir würden das Ganze übers Knie brechen.« Sie löste sich aus seiner Umarmung und strich ihr zerknittertes Kleid glatt. »Seit Stevens Tod ist noch nicht mal ein Jahr vergangen, und ich will nicht, dass Nathan sich unwohl fühlt, wenn wir beide zusammen sind.« Sie blickte sich suchend nach ihren Schuhen um. »Was andere Leute denken, ist mir völlig egal, aber Nathan soll nicht glauben, wir wären nur zusammen, um seinen Dad zu ersetzen.« Offenbar standen ihre Schuhe noch in der Küche, und sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Jack.
Der liebevolle Mann, der sie gerade noch im Arm gehalten und ihr versichert hatte, dass dieses Mal alles gut werden würde, erstarrte vor ihren Augen. Seine Schultern strafften sich, er biss die Zähne zusammen, und ein stählerner Ausdruck trat in seine Augen.
»Was hast du?«
Er durchquerte das Zimmer, vorbei an dem gelben Licht, das die grauen Schatten durchdrang. »Wie lange müssen wir Steven noch als Nathans Dad bezeichnen?«
Daisy betrachtete seinen nackten Rücken. »Ich dachte, das hättest du allmählich verwunden.«
»Das dachte ich auch.« Er riss eine Schublade auf und nahm ein T-Shirt heraus. »Aber ich glaube, ich werde nie verwinden, was dieser Mistkerl mir angetan hat.«
Einige schmerzhafte Herzschläge lang schloss sie die Augen. »So darfst du nicht über Steven reden.«
Er lachte freudlos. »Das ist ja köstlich.« Er schob die Arme durch die Öffnungen der kurzen Ärmel. »Du verteidigst Steven Monroe.«
»Ich verteidige Steven nicht.«
Er zog sich das T-Shirt über den Kopf. »Was dann?«
»Ich habe Steven fast mein ganzes Leben lang geliebt. Er war nicht nur mein Ehemann, sondern auch mein bester Freund. Wir haben zusammen gelacht und geweint. Mit ihm konnte ich über alles reden.«
»Auch darüber, wie du für mich empfunden hattest?«
Dieses Mal hätte sie es beinahe geschafft. Beinahe, aber es rann wie Sand durch ihre Finger.
»Wie du ganz tief in deinem Inneren für mich empfunden hast, dort, wo sich allein beim Gedanken an mich alles zusammenzieht?« Er trat vor sie. »Hast du ihm davon erzählt? «
»Nein, aber er hat es gewusst.« Sie blickte ihm ins Gesicht, sah die Leidenschaft und die Verbitterung in seinen grünen Augen. Dieselbe Leidenschaft und Verbitterung wie an jenem ersten Abend, als sie ihn aufgesucht hatte. »Mit Steven zusammen zu sein war vollkommen anders als mit dir. Es war nicht zu vergleichen. Es war …«
»Wie?«
»Ruhig. Es war nicht beängstigend. Es hat nicht wehgetan. In seiner Nähe hatte ich Luft zum Atmen und nicht das Gefühl, sterben zu müssen, wenn ich ihn nicht sofort berühren kann. Als ob ein Teil von meinem Inneren jemand anderem gehörte.«
»Sollte es sich nicht genauso anfühlen? Als müsste ich dich so fest an mich drücken, dass ich dich noch spüren kann, wenn du gegangen bist?« Er nahm sie bei den Schultern und umschloss ihr Gesicht mit den Händen. »So als atme einer die Luft des anderen. Als schlügen unsere Herzen im Gleichtakt, während wir miteinander verschmelzen? «
Tränen brannten in ihren Augen, und sie unternahm keinen Versuch, sie zurückzuhalten. Ihr brach das Herz, ihre Träume schlüpften ihr durch die Finger. Schon wieder. »Das reicht nicht. Es hat beim letzten Mal nicht gereicht. Und auch dieses Mal ist es nicht genug.«
»Was fehlt denn noch? Ich liebe dich. Ich habe niemals eine Frau so geliebt wie dich.«
Das glaubte sie ihm. »Was fehlt, ist Vergebung«, sagte sie, und erste Tränen lösten sich von ihren Lidern. »Du musst mir verzeihen, Jack. Du musst mir verzeihen, genauso wie Steven.«
Er ließ die Hände sinken und trat einen Schritt zurück. »Du verlangst sehr viel, Daisy.«
»Zu viel?«
»Was Steven betrifft, ja.«
»Und was mich betrifft?«
Er betrachtete sie, und sein Schweigen war Antwort genug.
»Wie können wir zusammen sein, wenn du mir die Vergangenheit nicht verzeihen kannst?«
»Wir denken einfach nicht daran.« Er griff nach seinen Stiefel und zog sie an.
»Wie lange? Wie lange wollen wir nicht daran denken, um dann festzustellen, dass die Vergangenheit uns doch einholt? Morgen schon? In einer Woche? Nächstes Jahr? Glaubst du ernsthaft, wir können zusammenleben, solange das zwischen uns steht?«
»Ich liebe dich, Daisy«, gab er zurück, ohne sie anzusehen. »Das ist genug.«
»Und gleichzeitig hasst du mich.«
»Nein.« Er schüttelte den Kopf und suchte ihren Blick. »Nein, ich hasse, was du getan hast. Wie könnte ich es nicht hassenswert finden, dass du mir meinen Sohn vorenthalten hast?«
»Was ich getan habe, war Unrecht.« Sie wischte sich die Tränen ab. »Das gebe ich zu. Ich hätte dir von Nathan erzählen müssen. Aber ich hatte Angst, und ich war feige. Aus einem Tag wurde ein Jahr, aus einem Jahr zwei, und je länger ich es vor mir her geschoben habe, desto schwieriger wurde es. Es gibt keine Entschuldigung dafür.« Sie streckte ihm die Hand entgegen, ehe sie sie wieder sinken ließ. »Das musst du verstehen. Steven …«
»Oh, ich kann Steven gut verstehen«, unterbrach er. »Ich habe ihn schon verstanden, als ihr damals vor mir im Hof gestanden und mir gesagt habt, dass ihr verheiratet seid. Ich habe verstanden, dass er dich genauso geliebt hat wie ich, und als sich die Gelegenheit geboten hat, dich mir auszuspannen, hat er zugegriffen. Meinen Sohn hat er auch genommen. Du musst verstehen, dass ich so etwas nicht einfach vergessen kann.«
»Ich bitte dich auch nicht, es zu vergessen, aber wenn wir beide eine gemeinsame Zukunft haben wollen, musst du es hinter dir lassen.«
»Wie du es sagst, hört es sich so einfach an.«
»Es ist die einzige Möglichkeit.«
»Ich weiß nicht, ob ich das kann. Insbesondere im Hinblick auf Steven.«
»Dann können wir nicht zusammen sein. Es würde niemals funktionieren.«
»Einfach so? Du triffst die Entscheidung?« Er wedelte mit der Hand in ihre Richtung. »Du hast das Recht zu sagen: ›Lass es hinter dir, oder verschwinde aus meinem Leben‹? Du hast das Recht, mir zu sagen, was ich empfinden soll?«
Sie schüttelte den Kopf und sah ihn durch den Tränenschleier hindurch an, während sie versuchte, gegen den brennenden Schmerz in ihrer Brust zu atmen. Ihr war klar, dass auch Jack diesen Schmerz empfand. Sie sah es an seinem verwundeten Blick, und genauso wie beim letzten Mal konnte niemand etwas daran ändern. »Nein. Ich sage dir, dass du ein Recht auf deinen Zorn hast. Sogar für den Rest deines Lebens. Aber ich finde, dein Zorn ist ein sehr schlechter Begleiter, wenn du an seiner Stelle doch so viel mehr haben könntest, wenn du ihn nur überwinden würdest. «