48_Ryan
Am Freitagvormittag um halb zwölf tauchte ein Polizeiwagen vor der Werft auf. Zwei Männer in Uniform stiegen aus.
Sie kamen auf mich zu. Der ältere fragte: »Ryan Gordon?«
Ich nickte.
»Im Zusammenhang mit dem Tod von Steven Carlisle möchten wir dich bitten, uns auf die Wache zu begleiten.«
Mir fiel der Schraubenschlüssel aus der Hand. »Verhaften Sie mich?«
»Nein, wir möchten, dass du freiwillig mitkommst und uns ein paar Fragen beantwortest.«
Ich hatte nicht gehört, dass Bill zu mir herübergerannt war, wusste nicht, dass er neben mir stand, bis ich seine Hand auf meiner Schulter spürte. »Moment mal, er ist erst sechzehn. Da muss doch ein Erziehungsberechtigter dabei sein, oder?«
»Wir haben versucht, seine Mutter ausfindig zu machen. Er soll uns sagen, wo sie ist.«
»Sie ist zu Hause«, sagte ich tonlos.
»Da macht keiner auf. Wir waren schon dort.«
»Sie ist krank und liegt im Bett.«
Der Mann runzelte die Stirn. »Ist sie zu krank, um auf die Wache zu kommen? Dann müssen wir jemand anderen finden. Wohnt dein Vater oder irgendein Verwandter hier in der Nähe? Sonst müssen wir das Jugendamt verständigen.«
Jetzt kam auch Pete zu uns herüber. »Was ist hier los?«
»Sie wollen ihn mitnehmen und wegen dem Mord befragen«, informierte ihn Bill.
Pete verzog ungläubig das Gesicht. »Was? Ihn? Da seid ihr völlig auf dem Holzweg, Kollegen. Kommt lieber in die Gänge und findet den, der es wirklich getan hat. Ryan war es nicht.«
»Hört mal, Leute«, sagte Bill. »Zwei Jungs, die sich ein bisschen prügeln, sind eine Sache. Jemanden kaltzumachen, ist eine andere.«
»Es sind nur ein paar Fragen, Sir. Wir befolgen nur unsere Anweisungen«, erwiderte der Polizist.
Pete trat zwischen mich und die beiden Beamten. »Ryan, gibt es jemanden, den du anrufen kannst? Jemanden, den ich für dich anrufen soll? Willst du, dass ich mitkomme?«
»Da … gibt es vielleicht … jemanden«, sagte ich langsam. »Ich weiß nicht genau. Kann ich es versuchen?«
»Nur zu.« Der Polizist trat zurück.
Ich zog das Handy aus der Tasche, fummelte daran herum und ließ es fast fallen. Bills Griff verstärkte sich. Ich fand die Nummer in meinem Adressbuch und drückte auf die Anruftaste.
Es läutete und läutete.
Was, wenn die Nummer nicht mehr stimmte?
Was, wenn er nicht rangehen konnte?
Oder nicht rangehen wollte?
Es läutete weiter.
Bitte, bitte, nimm ab …
Endlich erklang seine Stimme. Überrascht. Besorgt. »Hallo? Ryan?«
»Cole, ich brauche … ich bin … Cole, ich stecke in Schwierigkeiten …«