20. KAPITEL
Chiaroscuro
C-3PO identifizierte das Schiff auf der Veranda als einen Speeder vom Typ DC0052. Sicherheitshalber ließ er den Energievorhang eingeschaltet.
In diesen schweren Zeiten war Sicherheit wichtiger als Höflichkeit, selbst für ihn.
Ein menschlicher Mann, gekleidet in einen Kapuzenmantel, kletterte aus dem Speeder und näherte sich dem Energieschleier. C-3PO rief: »Hallo. Kann ich behilflich sein?«
Der Mensch hob die Hände zur Kapuze, strich sie aber nicht zurück. Er hob sie nur ein wenig, damit C-3PO das Gesicht darunter erkennen konnte.
»Meister Kenobi!« C-3PO hatte genaue Anweisungen erhalten, die das unerwartete Eintreffen von Jedi betrafen.
Sofort deaktivierte er den Sicherheitsvorhang und winkte. »Kommt herein, schnell. Jemand könnte Euch sehen.«
Als C-3PO ihn rasch ins Wohnzimmer führte, fragte Meister Kenobi: »Ist Anakin hier gewesen?«
»Ja«, antwortete C-3PO widerstrebend. »Er kam, nachdem er und die Armee die Republik vor der Jedi-Rebellion gerettet hatten…«
Er unterbrach sich, als Meister Kenobi plötzlich so aussah, als wäre er bereit, ihn Schraube für Schraube auseinander zu nehmen. Vielleicht hätte er den Jedi doch nicht so schnell hereinlassen sollen.
War er jetzt nicht eine Art Geächteter?
»Ich, äh, sollte…«, stotterte C-3PO und wich zurück. »Ich hole die Senatorin, einverstanden? Sie hat sich hingelegt. Nach der Versammlung heute Morgen fühlte sie sich nicht sehr wohl, und so…«
Die Senatorin erschien am Ende der halbrunden Treppe. Sie trug einen weichen Umhang über ihrem Morgenrock, und C-3PO entschied, dass es besser war, sich diskret zurückzuziehen.
Aber nicht zu weit. Wenn Meister Kenobi Böses im Schilde führte, musste C-3PO in der Lage sein, sofort Captain Typho und die Sicherheitsgruppe zu alarmieren.
Senatorin Amidala schien nicht geneigt zu sein, Meister Kenobi als gefährlichen Geächteten zu behandeln…
Ganz im Gegenteil. Sie war ihm in die Arme gefallen, und mit sehr emotionaler Stimme brachte sie ein vermutlich unangemessenes Ausmaß an Freude darüber zum Ausdruck, dass der Jedi noch lebte.
Es folgte ein Gespräch, das C-3PO nicht ganz verstand. Es enthielt politische Informationen, mit denen seine Programmierung nichts anfangen konnte, über Anakin, die gefallene Republik, was auch immer das bedeutete, einen Sith-Lord, Kanzler Palpatine und die dunkle Seite der Macht, und darin erkannte er wirklich keinen Sinn. Die einzigen Teile des Gesprächs, die er verstand, betrafen den Jedi-Orden, der verboten und ausgelöscht worden war – diese Neuigkeit war am Morgen in der Lipartian-Straße in aller Munde gewesen –, sowie den nicht völlig unerwarteten Hinweis darauf, dass Meister Kenobi nach Meister Anakin suchte. Immer waren sie Partner gewesen – obgleich Meister Anakins jüngstes Verhalten traurigerweise deutlich machte, dass Meister Kenobis vorzügliche Manieren selbst nach all den Jahren nicht auf ihn abfärbten.
»Wann habt Ihr ihn zum letzten Mal gesehen? Wisst Ihr, wo er ist?«
C-3POs Photorezeptoren stellten fest, dass die Senatorin errötete, als sie den Blick senkte. »Nein«, sagte sie.
Seit drei Jahren führte C-3PO den Haushalt einer Berufspolitikern, und das hielt ihn davon ab, vorzutreten und die Senatorin daran zu erinnern, dass Meister Anakin ihr am vergangenen Tag von seiner Absicht erzählt hatte, nach Mustafar zu fliegen. Er wusste längst, dass das Gedächtnis der Senatorin nur dann versagte, wenn sie sich an etwas nicht erinnern wollte.
»Ihr müsst mir helfen, Padmé«, sagte Meister Kenobi. »Ich muss Anakin finden und ihm Einhalt gebieten.«
»Wie könnt Ihr das sagen?« Sie wich von ihm fort, wandte sich ab und verschränkte die Arme über der Wölbung ihres Bauchs. »Er hat gerade den Krieg gewonnen!«
»Der Krieg war nie ein Krieg der Republik gegen die Separatisten, sondern ein Krieg Palpatines gegen die Jedi. Wir haben verloren. Der Rest war nur Theater.«
»Für jene, die ihr Leben verloren, war alles bittere Realität!«
»Ja.« Daraufhin war es Meister Kenobi, der den Kopf senkte. »Unter ihnen die Kinder im Tempel.«
»Was?«
»Sie wurden ermordet, Padmé. Ich habe es gesehen.« Er ergriff sie an der Schulter und drehte sie zu sich herum. »Anakin hat sie ermordet!«
»Das ist eine Lüge…« Die Senatorin stieß ihn mit solchem Nachdruck fort, dass C-3PO fast den Sicherheitsalarm ausgelöst hätte. Doch Meister Kenobi sah sie nur an, mit einem Gesicht, in dem C-3POs Erkennungsalgorithmen Trauer und Mitleid identifizierten. »Er könnte nie… er könnte nie… nicht mein Anakin…«
Meiser Kenobi sprach sanft und leise. »Ich muss ihn finden.«
Die Senatorin sprach noch leiser. C-3POs akustische Sensoren konnten ihre Worte kaum wahrnehmen.
»Ihr habt beschlossen, ihn zu töten.«
»Er ist zu einer sehr großen Gefahr geworden«, sagte Meister Kenobi ernst.
Daraufhin schien es der Senatorin plötzlich schlechter zu gehen: Ihre Knie gaben nach, und Meister Kenobi musste sie festhalten und ihr zu einem Sofa helfen. Offenbar verstand Meister Kenobi mehr von menschlicher Physiologie als C-3PO, dessen Photorezeptoren zwar Veränderungen in den Konturen der Senatorin registriert hatten, sie jedoch nicht zu deuten wussten.
Auf jeden Fall schien sich Meister Kenobi sofort über die Situation klar zu werden. Er half der Senatorin, auf dem Sofa Platz zu nehmen, und blickte besorgt auf sie hinab.
»Anakin ist der Vater, nicht wahr?«
Die Senatorin wandte den Blick ab. Ihre Augen verloren wieder Flüssigkeit.
»Es tut mir sehr Leid, Padmé«, sagte der Jedi-Meister leise.
»Bitte geht, Obi-Wan. Ich werde Euch nicht helfen. Ich kann nicht.« Sie drehte den Kopf, sodass der Jedi-Meister ihr Gesicht nicht mehr sah. »Ich werde Euch nicht dabei helfen, ihn zu töten.«
»Es tut mir sehr Leid«, wiederholte Meister Kenobi und gingC-3PO kehrte zögernd ins Wohnzimmer zurück und wollte sich nach dem Zustand der Senatorin erkundigen. Doch bevor er sich angemessen taktvolle Worte für eine Frage zurechtlegen konnte, sagte die Senatorin leise: »C-3PO? Weißt du, was dies ist?«
Sie zeigte ihm den Anhänger, den sie immer an einer Schnur aus Jerbaleder um den Hals trug.
»Ja, Mylady«, erwiderte der Protokolldroide, wie immer erfreut, zu Diensten sein zu können. »Es ist ein Stück Japor. Kinder und Jugendliche auf Tatooine ritzen Stammesrunen hinein und fertigen Amulette daraus an. Abergläubische Leute gehen davon aus, dass sie Glück bringen und Schaden abwenden, und manchmal gelten sie auch als Liebestalismane. Ich muss sagen, Mylady: Es erstaunt mich, das Ihr vergessen habt, was es damit auf sich hat, denn immerhin tragt Ihr dieses Japorstück seit damals, seit Ihr es von Anakin erhalten habt…«
»Ich habe nicht vergessen, was dies ist, C-3PO«, sagte die Senatorin. »Danke. Ich… habe mich an den Jungen erinnert, der mir dies gab.«
»Mylady?« Wenn sie es nicht vergessen hatte, warum dann die Frage? Bevor sich C-3PO höflich danach erkundigen konnte, sagte die Senatorin: »Setz dich mit Captain Typho in Verbindung. Er soll mein Skiff vorbereiten.«
»Mylady? Wollt Ihr fort?«
»Wir beide machen uns auf den Weg«, lautete die Antwort. »Wir fliegen nach Mustafar.«
Aus den Schatten unter der spiegelblanken Rampe des Skiffs heraus beobachtete Obi-Wan Kenobi, wie Captain Typho versuchte, Padmé Amidala davon abzuhalten.
»Mylady«, sagte der Sicherheitschef von Naboo, »lasst mich Euch wenigstens begleiten…«
»Danke, Captain, aber das ist nicht nötig«, sagte Padmé kühl. »Der Krieg ist vorbei, und… dies ist eine persönliche Angelegenheit. Und sie soll es auch bleiben, versteht Ihr, Captain? Ihr wisst nichts davon, dass ich mich auf den Weg gemacht habe, wohin ich fliege und wann ich zurückkehre.«
»Wie Ihr wünscht, Mylady«, sagte Typho widerstrebend und verbeugte sich. »Aber ich möchte noch einmal betonen, dass ich dies nicht für eine gute Idee halte.«
»Seid unbesorgt, Captain. Immerhin nehme ich C-3PO mit, und er wird sich um mich kümmern.«
Obi-Wan hörte deutlich das gemurmelte »Meine Güte« des Droiden.
Nachdem Typho in seinen Speeder geklettert und fortgeflogen war, gingen Padmé und ihr Droide an Bord des Skiffs. Sie verlor keine Zeit: Die Repulsorlifte des Skiffs wurden aktiv, noch bevor die Rampe ganz eingezogen war.
Obi-Wan musste springen.
Er schwang sich ins Innere des kleinen Schiffes, kurz bevor die Luke sich schloss, und das glänzende Skiff sprang gen Himmel.
Darth Vader stand auf der Kommandobrücke des Kontrollzentrums von Mustafar, beide Hände auf den Rücken gelegt, und beobachtete durch den Transparistahl die Galaxis, über die er eines Tages herrschen würde.
Den Leichen um ihn herum schenkte er keine Beachtung.
Er fühlte tatsächlich, wie seine Macht wuchs, glaubte sich bereits seinem »Meister« ebenbürtig: Wenn Palpatine das Geheimnis von Lord Plagueis’ Entdeckung mit ihm geteilt hatte, würde es nicht lange dauern, bis ihre Beziehung eine plötzliche… Veränderung erfuhr.
Eine fatale Veränderung.
Alles lief nach Plan.
Und doch…
Es gelang ihm nicht, ein sonderbares Gefühl abzuschütteln, wie ein kaltes, schleimiges Etwas, das ihm durch die Adern der Beine kroch und sich in den Gedärmen ausbreitete…
Es fühlte sich fast so an, als fürchtete er sich noch immer…
Sie wird sterben, flüsterte der Drache.
Er schüttelte sich und verzog das Gesicht. Unmöglich. Er war Darth Vader. Furcht hatte keine Macht über ihn. Er hatte die Furcht zerstört.
Alle Dinge sterben.
Doch als er den Drachen unter seinem Stiefel zermalmt hatte… Dabei schien er ihm seine Giftzähne in den Fuß gebohrt zu haben.
Und jetzt brachte ihm das Gift eine Kälte, die bis zu den Knochen reichte.
Selbst Sterne brennen aus.
Er schüttelte sich erneut und schritt zum Holokom, um mit seinem Meister zu sprechen.
Palpatine hatte ihm immer dabei geholfen, den Drachen unter Kontrolle zu halten.
Ein Komlink piepte.
Yoda öffnete die Augen in der Dunkelheit.
»Ja, Meister Kenobi.«
»Wir landen jetzt. Seid Ihr in Position?«
»Ja.«
Ein Moment der Stille.
»Meister Yoda… wenn wir uns nicht wieder sehen…«
»Denk nicht ans Danach, Obi-Wan. Immer jetzt selbst die Ewigkeit sein wird.«
Noch ein Moment der Stille.
Noch etwas länger.
»Möge die Macht mit Euch sein.«
»Das sie ist. Und möge die Macht mit dir sein, junger Obi-Wan.«
Damit endete der Kontakt.
Yoda stand auf.
Eine Geste öffnete das Gitter des Belüftungsschachts, in dem er meditierend gewartet hatte, und dahinter erstreckte sich die weite Leere des großen Versammlungssaals des Galaktischen Senats. Manchmal nannte man diesen riesigen Raum auch Senatsarena.
Heute war dieser Name durchaus gerechtfertigt.
Yoda streckte sich, und Blut floss wieder durch grünes Fleisch.
Es war so weit.
Neunhundert Jahre des Lernens und der Ausbildung, des Lehrens und der Meditation, konzentriert, zusammengefasst und auf diesen einen Moment fokussiert. Dies war der Sinn seines enorm langen Lebens. Neunhundert Jahre hatten ihn darauf vorbereitet, das Herz der Nacht zu betreten und sein Licht der Dunkelheit gegenüberzustellen.
Er rückte das Lichtschwert am Gürtel zurecht.
Er zog sich den weißen Umhang über die Schultern.
Voller Demut und Dankbarkeit, ohne Furcht und ohne Zorn zog Yoda in den Kampf.
Ein silbriges Blitzen draußen weckte Darth Vaders Aufmerksamkeit – ein elegant gewölbter Spiegel schien durch Rauch und Asche zu gleiten und das Glühen der Lava zu reflektieren. Er war auf ein Knie gesunken, blickte durch das Holobild seines Meisters und setzte den Bericht fort.
Er fürchtete sich nicht mehr, denn er war viel zu sehr damit beschäftigt, Respekt zu heucheln.
»Die Führung der Separatisten existiert nicht mehr, Meister.«
»Dann ist es also vollbracht.« Das Bild präsentierte ein durchsichtiges Lächeln. »Du hast der Galaxis Frieden und Gerechtigkeit gebracht, Lord Vader.«
»Das ist meine einzige Absicht, Meister.«
Das Holobild neigte den Kopf, und aus dem Lächeln wurde übergangslos eine Grimasse. »Lord Vader… Ich fühlte eine Störung in der Macht. Vielleicht bist du in Gefahr.«
Darth Vader sah zu dem Blitzen jenseits des Transparistahls. Er kannte das Schiff. Vielleicht droht mir die Gefahr, zu Tode geküsst zu werden…
»Wie könnte ich in Gefahr sein, Meister?«
»Ich weiß es nicht. Aber die Gefahr existiert. Gib Acht.«
Gib Acht, gib Acht, dachte Darth Vader mit einem geistigen höhnischen Grinsen. Etwas Besseres hast du nicht anzubieten? Das habe ich auch immer von Obi-Wan gehört…
»Das werde ich, Meister. Danke.«
Das Holobild verschwand.
Er stand auf, und das höhnische Grinsen erreichte Lippen und Augen. »Du bist derjenige, der Acht geben sollte, ›Meister‹. Ich bin eine Störung in der Macht.«
Draußen sank das Skiff aufs Landedeck. Er verbrachte einige Sekunden damit, sein Anakin-Skywalker-Gesicht wiederherzustellen. Er ließ sich von Anakin Skywalkers Liebe durchströmen, gab seinen Schritten das freudige Federn von Anakin Skywalkers jugendlicher Energie, als er an dem Durcheinander aus Leichen und abgeschnittenen Körperteilen vorbei zum Ausgang eilte.
Er würde Padmé draußen empfangen, und sie würden draußen bleiben. Vermutlich wäre sie nicht begeistert gewesen von der Art und Weise, wie er das Kontrollzentrum… neu dekoriert hatte.
So was ist eben Geschmacksache, dachte er.
Das Empfangsbüro des Obersten Kanzlers der Republik befand sich unten in der Senatsarena. Es handelte sich um einen schlichten runden Raum, in dem Gäste des Kanzlers unterhalten wurden, bevor sie das Senatspodium betraten – die runde, schalenförmige Loge auf der riesigen hydraulischen Säule, deren Kontrollen die Bewegungen der schwebenden Delegationslogen koordinierten – und zur Mitte des gewaltigen Versammlungssaals emporgetragen wurden.
Auf jenem Podium verbeugte sich gerade die große Holopräsenz eines knienden Sith vor einem Schatten. Wächter in Scharlachrot flankierten den Schatten; ein chagrianischer Speichellecker katzbuckelte in der Nähe.
»Aber die Gefahr existiert. Gib Acht.«
»Das werde ich, Meister. Danke.«
Das Holobild löste sich auf, und wo es eben noch geglüht hatte, erschien eine andere Präsenz, eine physische, klein und alt, in Weiß gekleidet und auf einen Stock gestützt. Doch das körperliche Erscheinungsbild täuschte; die wirkliche Natur dieser Person konnte man nur in der Macht sehen.
In der Macht war sie eine Fontäne des Lichts.
»Euren neuen Schüler ich bemitleide. Erst seit kurzer Zeit ein Schüler, und schon bald ohne Meister.«
»Oh, Meister Yoda, welch eine angenehme Überraschung! Willkommen!« Freude vibrierte in der Stimme des Schattens. »Lasst mich der Erste sein, der Euch einen schönen Imperiumstag wünscht!«
»Ihr ihn nicht schön finden werdet. Ebenso wenig der Mörder, den ihr Vader nennt.«
»Ah.« Der Schatten trat näher zum Licht. »Das ist also die Gefahr, die ich gefühlt habe. Wer ist es, wenn ich fragen darf? Wen habt Ihr geschickt, um ihn zu töten?«
»Es genügt, dass Ihr kennt Euren eigenen Bezwinger.«
»Oh, ich bitte Euch, Meister Yoda. Es ist doch nicht etwa Kenobi, oder? Bitte sagt, dass es Kenobi ist! Lord Vader tötet so gern Personen, denen etwas an ihm liegt…«
Hinter dem Schatten, einige Meter entfernt, hörte Mas Amedda – der chagrianische Speichellecker und Sprecher des Galaktischen Senats – ein Flüstern in Palpatines Stimme. Flieht.
Er floh.
Weder Licht noch Schatten blickten ihm hinterher.
»So leicht zu besiegen Obi-Wan ist nicht.«
»Und Ihr offenbar auch nicht. Aber das wird sich ändern.«
Ein Lichtschwert erschien, grün wie der Sonnenschein in einem Wald. »Das sich heute erweisen wird.«
»Selbst ein Bruchteil der dunklen Seite ist mächtiger, als sich Eure Jedi-Arroganz vorstellen kann. Ihr habt im Licht gelebt und nie die Tiefe der Dunkelheit gesehen.«
Der Schatten breitete die Arme aus, und seine Ärmel wurden zu schwarzen Schwingen.
»Bis jetzt.«
Blitze zuckten von den Händen, und der Kampf begann.
Padmé wankte die Rampe hinunter in Anakins Arme.
Ihre Augen brannten und waren gerötet. An Bord des Schiffes hatte sie ihre Emotionen schließlich nicht mehr kontrollieren können und lange geweint, aus schrecklicher Angst. Ihre Lippen waren geschwollen, und sie bebte am ganzen Leib, und plötzlich war sie dankbar, so unglaublich dankbar, dass ihr neue Tränen über die Wangen strömten: dankbar dafür, dass Anakin noch lebte, dafür, dass er ihr übers Landedeck entgegeneilte, dass er noch immer stark und attraktiv war, dass sich seine Arme warm anfühlten und seine Lippen weich.
»Anakin, mein Anakin…« Sie zitterte an seiner Brust. »Ich hatte solche Angst…«
»Pst. Pst, es ist alles gut.« Er strich ihr übers Haar, bis das Zittern nachließ. Dann schob er ihr die Hand unters Kinn und hob ihren Kopf, damit sie ihm in die Augen sehen konnte. »Du brauchst dir nie Sorgen um mich zu machen. Hast du das nicht verstanden? Niemand kann mir etwas antun. Niemand wird uns beiden Schaden zufügen.«
»Das war es nicht, Liebling, ich… Oh, Anakin, er hat so schreckliche Dinge über dich gesagt!«
Er lächelte auf sie hinab. »Über mich? Wer sollte etwas Schlechtes über mich sagen?« Er lachte leise. »Wer würde es wagen?«
»Obi-Wan.« Padmé wischte sich Tränen von den Wangen. »Er sagte, du… du hättest dich der dunklen Seite zugewandt und Jedi ermordet… sogar Kinder…«
Diese Worte herausbekommen zu haben… Allein dadurch fühlte sie sich besser. Jetzt konnte sie in seinen Armen ruhen und von ihm hören, dass er so etwas niemals tun würde, und sie begann zu lächeln und sah zu ihm auf…
Doch statt des Lichts der Liebe in seinen Augen sah sie nur Reflexionen von Lava.
Er sagte nicht: Ich könnte mich nie der dunklen Seite zuwenden.
Er sagte nicht: Kinder ermorden? Ich? Das ist doch verrückt.
Er fragte: »Obi-Wan lebt?«
Seine Stimme war um eine Oktave gesunken und kälter als der Frost, der über Padmés Rücken strich.
»J-ja, er meinte, er sucht nach dir…«
»Hast du ihm gesagt, wo ich bin?«
»Nein, Anakin! Er will dich töten. Ich habe ihm nichts gesagt, und ich werde ihm nichts sagen!«
»Schade.«
»Anakin, was…«
»Er ist ein Verräter, Padmé. Er ist ein Staatsfeind. Er muss sterben!«
»Hör auf«, sagte sie. »Hör auf, so zu reden. Du… machst mir Angst!«
»Du bist nicht die Person, die Angst haben muss.«
»Es ist, als… Es ist, als…« Neue Tränen quollen Padmé in die Augen. »Ich weiß gar nicht mehr, wer du bist…«
»Ich bin der Mann, der dich liebt«, sagte Anakin, aber er presste es zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ich bin der Mann, der alles tun würde, um dich zu beschützen. Und ich habe alles getan, für dich.«
»Anakin…« Entsetzen machte Padmés Stimme zu einem Flüstern, zu einem kleinen, fragilen und sehr jungen Raunen: »Was hast du getan?«
Und sie betete, dass er keine Antwort gab.
»Ich habe der Republik Frieden gebracht.«
»Die Republik ist tot«, hauchte Padmé. »Ihr habt sie getötet – du und Palpatine.«
»Sie musste sterben.«
Wieder flossen Tränen aus ihren Augen, aber sie spielten keine Rolle; hierfür hatte sie gar nicht genug Tränen. »Anakin, können wir nicht einfach… gehen? Bitte. Lass uns gehen. Zusammen. Heute. Jetzt. Bevor du… bevor etwas passiert…«
»Nichts wird passieren. Nichts kann passieren. Soll sich Palpatine ruhig Imperator nennen. Soll er ruhig. Er kann die schmutzige Arbeit erledigen, all die blutige, brutale Unterdrückung, die nötig ist, um die Galaxis für immer zu einen – und zwar gegen ihn. Er wird sich zum meistgehassten Mann in der Geschichte machen. Und wenn die Zeit reif ist, stürzen wir ihn…«
»Hör auf, Anakin…«
»Verstehst du nicht? Wir werden Helden sein. Die ganze Galaxis wird uns lieben, und wir werden über sie herrschen. Gemeinsam.«
»Bitte hör auf… Anakin, bitte hör auf, ich ertrage es nicht…«
Er hörte sie nicht. Er sah sie gar nicht an. Er blickte an ihrer Schulter vorbei.
Wilde Freude leuchtete in seinen Augen, und sein Gesicht war nicht mehr menschlich.
»Du…«
Hinter Padmé ertönte eine ruhige Stimme mit charakteristischem Coruscant-Akzent. »Padmé. Bitte weicht von ihm fort.«
»Obi-Wan?« Sie wirbelte herum und sah ihn auf der Rampe, unbewegt und traurig. »Nein!«
»Du«, knurrte jemand, der einmal der Mann gewesen war, den sie geliebt hatte. »Du hast ihn hierher gebracht…«
Sie drehte sich um, und jetzt sah er sie an.
Seine Augen waren voller Flammen.
»Anakin?«
»Zur Seite, Padmé. Er ist nicht mehr der, für den Ihr ihn haltet. Er wird Euch Schaden zufügen.«
Anakins Lippen entblößten seine Zähne. »Ich würde dir dafür danken, wenn es ein Geschenk der Liebe wäre.«
Padmé zitterte, schüttelte den Kopf und wich zurück. »Nein, Anakin… nein…«
»Palpatine hatte Recht. Manchmal ist es das Nächste, was man nicht sieht. Ich habe dich zu sehr geliebt, Padmé.«
Er ballte die Faust, und sie konnte nicht mehr atmen.
»Ich habe dich so sehr geliebt, dass ich dir gegenüber blind war! Ich habe nicht gesehen, wer du wirklich bist!«
Ein roter Schleier senkte sich auf die Welt herab. Padmé griff mit beiden Händen nach ihrer Kehle, doch gab es nichts, was sie fortreißen konnte.
»Lass sie los, Anakin.«
Seine Antwort war ein raubtierartiges Knurren. »Du wirst sie mir nicht wegnehmen!«
Padmé wollte schreien, flehen und heulen: Nein, Anakin, es tut mir Leid! Es tut mir Leid… ich liebe dich… Aber die Wahrheit blieb in ihrem Kopf, und der rote Schleier wurde dunkler.
»Lass sie los!«
»Nein!«
Der Boden unter Padmés Füßen kippte, und weißes Gleißen stieß sie in die Nacht.
In der Senatsarena zuckten Blitze von den Händen des Sith, und die Gesten des Jedi schleuderten sie auf die Wächter, die zu Boden sanken.
Und dann gab es nur noch sie beide.
Ihr Kampf ging über eine persönliche Auseinandersetzung hinaus. Als neue Blitze loderten, war es nicht Palpatine, der Yoda seinen Hass entgegenschleuderte. Es war der Lord aller Sith, der gegen den Meister aller Jedi antrat, ihm Kleidung und die grüne Haut verbrannte.
Die Sith, die sich tausend Jahre lang verborgen gehalten hatten, frohlockten.
»Eure Zeit ist um! Die Sith herrschen jetzt über die Galaxis! Jetzt und für immer!«
Und es war der ganze Jedi-Orden, der sich nach vorne warf und aus seinem Körper eine Waffe machte, um den Sith zu zerstören.
»Eure Herrschaft zu Ende ist, und nicht kurz genug sie war, ich sagen muss.«
Eine Klinge erschien, in der Farbe des Lebens.
Aus dem Schatten einer schwarzen Schwinge glitt eine kleine Waffe – als Reserve gedacht, leicht zu verbergen, ein bisschen Verrat und Hinterlist, typisch für die Sith – in eine faltige Hand und fuhr eine feuerrote Klinge aus.
Als die beiden Klingen aufeinander trafen, ging es um mehr als um den Kampf Yoda gegen Palpatine, um mehr als tausend Jahre Sith gegen die vielen Jahrtausende der Jedi. In dieser Begegnung kam der fundamentale Konflikt des Universums zum Ausdruck.
Licht gegen Dunkelheit.
Und der Sieger bekam alles.
Obi-Wan kniete neben der bewusstlosen Padmé, die schlaff und reglos im Staub lag. Er tastete nach dem Puls und fühlte ihn, schwach und unregelmäßig. »Anakin… Was hast du getan, Anakin?«
In der Macht brannte Anakin wie eine Fusionsfackel. »Du hast sie gegen mich aufgebracht.«
Obi-Wan sah den besten Freund an, den er je gehabt hatte. »Das hast du selbst gemacht«, erwiderte er traurig.
»Ich gebe dir eine Chance, Obi-Wan. Um der alten Zeiten willen. Geh fort.«
»Wenn ich nur könnte.«
»Geh mir aus dem Weg. Zieh dich in den Ruhestand zurück. Meditiere. Das machst du doch so gern, nicht wahr? Du brauchst nicht mehr um Frieden zu kämpfen. Der Frieden ist da. Mein Imperium ist Frieden.«
»Dein Imperium? Es wird nie Frieden kennen. Es ist auf Verrat und unschuldiges Blut gegründet.«
»Zwing mich nicht, dich zu töten, Obi-Wan. Wenn du nicht auf meiner Seite stehst, bist du gegen mich.«
»Nur für Sith ist alles absolut, Anakin. Die Wahrheit ist nie schwarz oder weiß.« Er richtete sich auf und breitete die leeren Hände aus. »Lass mich Padmé zu einem medizinischen Zentrum bringen. Sie ist verletzt, Anakin. Sie muss behandelt werden.«
»Sie bleibt hier.«
»Anakin…«
»Du wirst sie nirgendwohin bringen. Du wirst sie nicht einmal anrühren. Sie gehört mir, verstanden? Es ist deine Schuld, alles – du hast sie dazu gebracht, mich zu verraten!«
»Anakin…«
Aus Anakins Hand wuchs ein Stab aus blauem Plasma.
Obi-Wan seufzte.
Er holte sein eigenes Lichtschwert hervor und hob es. »Dann werde ich tun, was getan werden muss.«
»Versuch es«, sagte Anakin und sprang.
Obi-Wan begegnete ihm in der Luft.
Blaue Klingen kreuzten sich, und der Vulkan über ihnen begrüßte ihr Blitzen mit einem Ruf aus Feuer.
C-3PO schob vorsichtig den Kopf durch die Luke des Skiffs. Zwar standen seine Gefahraversions-Subroutinen kurz vor der Überladung, und am liebsten hätte er sich in irgendeinem hübschen dunklen Schrank versteckt, in dem er seine Systeme herunterfahren und ruhen konnte, bis dies alles vorbei war – vorzugsweise in einem gepanzerten Schrank, dessen Tür sich von innen verriegeln ließ oder zugeschweißt werden konnte – dabei nahm er es nicht genau. Stattdessen schlich er die Rampe hinunter und trat in etwas, das ein Regen aus Lava und Asche zu sein schien…
Ein solches Verhalten war völlig absurd für einen vernünftigen Droiden, doch C-3PO ging trotzdem weiter, denn der Klang jenes Gesprächs hatte ihm nicht gefallen.
Ganz und gar nicht.
Er wusste nicht genau, worum es bei der Meinungsverschiedenheit der Menschen gegangen war, aber ein Punkt ließ keinen Platz für Zweifel.
Sie ist verletzt, Anakin… sie muss behandelt werden…
Er schlurfte in den wogenden Rauch. Glühendes Gestein fiel um ihn herum zu Boden. Die Senatorin war nirgends zu sehen, und selbst wenn er sie fand: C-3PO wusste nicht, wie er sie zum Schiff bringen sollte – er war nicht dazu konstruiert, Dinge zu tragen, die schwerer waren als ein Tablett mit Cocktails, immerhin gehörte er nicht zu den Frachtdroiden, die sich durch ein hohes Transportpotenzial auszeichneten. Und dann hörte er ein vertrautes Piepen und Zirpen durch das Donnern des Vulkans und den fauchenden Wind, und sein automatisches Übersetzungsprotokoll machte daraus KEINE SORGE. BALD IST WIEDER ALLES IN ORDNUNG.
»R2?«, rief C-3PO. »Bist du das, R2?«
Nach einigen weiteren Schritten sah C-3PO den kleinen Astromech: Er hatte seinen Manipulatorarm in die Kleidung der Senatorin gewickelt und zog sie übers Landedeck. »R2! Hör sofort auf damit! Du könntest sie beschädigen!«
R2-D2s Kuppel drehte sich, um den Photorezeptor auf den nervösen Protokolldroiden zu richten. HAST DU EINE BESSERE IDEE?, pfiff er.
»Nun… oh, na schön. Wir machen es zusammen.«
Es kam zu einem Wendepunkt im Kampf des Lichts gegen die Dunkelheit.
Er ergab sich nicht aus dem Aufblitzen und dem Hieb eines Lichtschwerts, obgleich es daran sicher nicht mangelte. Er ergab sich nicht aus genau gezielten Tritten oder Schlägen, die ebenfalls reichlich ausgetauscht wurden.
Zu dem Wendepunkt kam es, als der Kampf vom Empfangsbüro zum Podium des Kanzlers wechselte, als der hydraulische Lift das Podium hundert Meter und mehr anhob, die Konfrontation in die Mitte der riesigen Senatsarena trug. Zu dem Wendepunkt kam es, als die Macht und die Kontrollen des Podiums Delegationslogen von den gewölbten Wänden rissen, sie in Hämmer, Sturmböcke und Katapultgeschosse verwandelten, die mit einem Donnern gegeneinander krachten, das an den Jubel des Senats für den neuen Imperator der Galaxis erinnerte.
Zu dem Wendepunkt kam es, als der Avatar des Lichts zum Geschlecht der Jedi wurde, als sich das Geschlecht der Jedi in einer Gestalt präsentierte…
Als Yoda allein gegen die Dunkelheit stand.
In dem rasenden Tornado aus Füßen, Fäusten und Klingen durchdrang sein Blick schließlich die Dunkelheit, die sich um die Macht gelegt hatte.
Endlich sah er die Wahrheit.
Diese Wahrheit: dass er, der Avatar des Lichts, Oberster Meister des Jedi-Ordens, der entschlossenste, unerbittlichste und mächtigste Feind, den die Dunkelheit je hatte…
… einfach…
… nicht…
… gewinnen konnte.
Der Sieg war unmöglich. Er hatte verloren, noch bevor der Kampf begann.
Er hatte noch vor seiner Geburt verloren.
Die Sith hatten sich verändert. Sie waren gewachsen, hatten sich angepasst und tausend Jahre in das Studium nicht nur der Macht, sondern auch des Jedi-Wissens investiert, in Vorbereitung auf genau diesen Tag. Die Sith hatten sich neu erschaffen.
Während die Jedi…
Die Jedi hatten die vergangenen tausend Jahre mit der Vorbereitung darauf verbracht, den letzten Krieg noch einmal auszufechten.
Die neuen Sith konnten nicht mit einem Lichtschwert besiegt werden. Man konnte sie nicht verbrennen, indem man sie mit der Macht berührte. Je heller das Licht, desto dunkler ihr Schatten. Wie sollte man einen Krieg gegen die Dunkelheit gewinnen, wenn der Krieg selbst zur Waffe des Dunklen geworden war?
Yoda begriff, dass seine Erkenntnis die einzige Hoffnung für die Galaxis enthielt. Aber wenn er hier unterlag, starb jene Hoffnung mit ihm.
Hmm, dachte Yoda. Ein Problem dies ist…
Klinge an Klinge waren sie einander ebenbürtig, wie Spiegelbilder. Nach tausenden von Stunden im Übungskampf kannten sie sich besser als Brüder, waren auf intimere Weise miteinander vertraut als ein Liebespaar – sie waren wie zwei Hälften eines Kriegers.
Bei jedem Schlagabtausch wich Obi-Wan ein wenig zurück. Das war seine Art. Und er wusste: Anakin niederzustrecken würde sein Herz zu Asche verbrennen.
Die Laserschwerter blitzten. Die Kontrahenten wichen Sprüngen des Gegners aus oder sprangen ebenfalls. Sie setzten über Klingen hinweg, die dicht über den Boden strichen, wehrten Fausthiebe ab, und dann waren sie wieder im Kontrollzentrum, inmitten der Leichen. Konsolen explodierten, lösten sich aus ihren Verankerungen und rasten wie Geschosse durch die Luft. Die Hände von Toten zuckten an den Auslösern von Waffen. Blasterstrahlen fauchten, prallten ab und bildeten ein tödliches Streifenmuster.
Obi-Wan fing einige von ihnen mit seinem Schwert ein und lenkte sie auf Anakin: eine verzweifelte Maßnahme, um ihn abzulenken, um ihn langsamer werden zu lassen. Anakin schleuderte sie mühelos und verächtlich zurück, und die Blitze sausten so lange zwischen ihnen hin und her, bis sie ihre Bündelung verloren, bis ihre Partikelpakete zu radioaktivem Dunst wurden.
»Zwing mich nicht, dich zu töten, Obi-Wan.« Anakins Stimme war tiefer geworden und nun so finster wie die Obsidianklippen draußen. »Gegen die Macht der dunklen Seite kannst du nichts ausrichten.«
»Das habe ich schon einmal gehört«, brachte Obi-Wan zwischen den Zähnen hervor und parierte. »Aber ich hätte nie gedacht, es einmal von dir zu hören.«
Ein jähes Donnern der Macht schleuderte Obi-Wan an die Wand, und der heftige Aufprall drückte ihm die Luft aus den Lungen. Er schwankte halb betäubt. Anakin trat über Leichen hinweg und hob sein Schwert zum tödlichen Schlag. Doch Obi-Wan hatte noch einen Trick parat, der bereits einmal, bei Grievous, funktioniert hatte und vielleicht auch bei Anakin funktionieren würde…
Es war wirklich ein guter Trick.
Er bewegte einen Finger, griff durch die Macht und kehrte die Polarität der Elektrosehnen in Anakins mechanischer Hand um.
Durastahlfinger streckten sich plötzlich, und ein Lichtschwert fiel.
Obi-Wan hob die Hand. Anakins Lichtschwert drehte sich in der Luft und flog ihm entgegen. Er hielt sie beide überkreuzt vor sich. »Arroganz ist Schwäche in der Macht.«
»Du zögerst«, erwiderte Anakin. »Mitleidige Schwäche.«
»Es ist kein Mitleid«, sagte Obi-Wan traurig. »Es ist Ehrfurcht vor dem Leben. Selbst vor deinem. Es ist Respekt vor dem Mann, der du gewesen ist.« Er seufzte. »Respekt vor dem Mann, der du hättest sein sollen.«
Anakin schrie und sprang ihm entgegen, nutzte die Macht und seinen Körper, um Obi-Wan erneut gegen die Wand zu stoßen. Mit unmöglicher Kraft packte er seinen Gegner an den Handgelenken und zwang die Arme auseinander. »Ich habe deine Lektionen satt!«
Dunkle Kraft entfaltete sich in Anakins Griff.
Obi-Wan fühlte, wie sich die Knochen in seinen Unterarmen bogen.
Oh, dachte er. Oh, das ist nicht gut.
Das Ende kam mit erstaunlicher Plötzlichkeit.
Der Schatten spürte, wie sehr es seinen kleinen grünen Widersacher anstrengte, die Blitze zurückzulenken – das Geschöpf hatte die Grenzen seiner Kraft erreicht. Der Schatten unterbrach seinen Angriff für einen Augenblick, lange genug, um fortzuspringen und auf einer vorbeifliegenden Delegationsloge zu landen. Sein Gegner sprang ebenfalls…
Eine halbe Sekunde zu spät.
Der Schatten schleuderte neue Blitze, während sich das Geschöpf noch in der Luft befand, und die kleine grüne Gestalt wurde von ihnen getroffen. Ihre Wucht schleuderte sie aufs Podium zurück, und dann fiel sie.
In die Tiefe.
Der Boden der Senatsarena erstreckte sich hundert Meter weiter unten, und dort lagen die Trümmer der Logen verstreut, die beim Kampf zerstört worden waren. Als der kleine grüne Mann fiel, wurde aus dem siegreichen Schatten wieder Palpatine: ein sehr alter, sehr müder Mann, der nach Luft schnappte, als er sich aufs Geländer der Delegationsloge stützte.
Alt mochte er sein, aber mit seinen Augen war alles in Ordnung: Er blickte auf die Trümmer hinab, ohne eine Leiche zu sehen.
Er bewegte einen Finger, und im Podium des Kanzlers, ein Dutzend Meter entfernt, klickte ein Schalter, und Sirenen heulten durch das riesige Gebäude. Ein weiterer Griff in die Macht schickte die Delegationsloge nach unten zum Empfangsbüro. Dort hatten sich bereits Klonsoldaten eingefunden.
»Es war Yoda«, sagte Palpatine, als er die Loge verließ. »Ein weiterer Mordversuch. Sucht und tötet ihn. Jagt das Gebäude in die Luft, wenn es sein muss.«
Er hatte keine Zeit, die Suche selbst zu leiten. Die Macht summte eine Warnung in seinen Knochen: Lord Vader war in Gefahr. In tödlicher Gefahr.
Klonsoldaten stoben davon. Palpatine wandte sich an einen Offizier. »Sie. Weisen Sie das Shuttledeck darauf hin, dass ich unterwegs bin. Mein Schiff soll bereit sein.«
Der Offizier salutierte, und Palpatine lief mit einer Kraft, die ihn selbst überraschte.
Mithilfe der Kraft sprintete Yoda durch den Wartungstunnel unter der Arena, schneller, als ein Mensch laufen konnte. Immer wieder durchtrennte er Leitungen und füllte den Tunnel hinter sich mit hin und her zuckenden Stromkabeln, die zischten und Funken sprühten. In Abständen von einigen Dutzend Metern verharrte er lange genug, um Löcher in die Wand des Wartungstunnels zu schneiden. Wenn die Verfolger an den Kabeln vorbeigelangten, mussten sie sich teilen, um alle möglichen Fluchtwege zu untersuchen.
Aber Yoda wusste, dass sie es sich leisten konnten. Tausende verfolgten ihn.
Er holte sein Komlink hervor, ohne langsamer zu werden. Die Macht flüsterte Koordinaten, und er sprach sie ins kleine Gerät. »Keine Zeit verliert«, fügte er hinzu. »Die Verfolger schnell näher kommen. Versagt habe ich, und sie mich töten werden.«
Das Versammlungszentrum des Galaktischen Senats lag unter einer Kuppel mit einem Durchmesser von mehr als einem Kilometer. Als Yoda ihren Rand erreichte, atmete er schwer, obwohl die Macht ihm half. Er schnitt durch den Boden und sprang in einen weiteren Tunnel, der zur Wartung des großen Beleuchtungssystems diente; sein Licht fiel durch Transparistahlflächen, aus denen der Boden am Rand der großen Kuppel bestand. Erneut machte er vom Lichtschwert Gebrauch und schnitt in einen Lichtschacht. Ein greller Glanz wogte ihm entgegen, so grell, dass Yoda kaum die gewaltige Leere sah, über der er stand.
Ohne zu zögern, schnitt er auch durch den transparenten Boden und sprang in die Nacht.
Er griff nach den unteren Rändern seines langen Umhangs, verwendete ihn als improvisierte Tragfläche und ließ sich von der Macht leiten. Er war zu klein, um die automatischen Verteidigungssysteme auszulösen, doch dem offenen Speeder, dem er sich schnell näherte, drohte Vernichtung, wenn er sich auch nur einen Meter weiter dem Senatsgebäude näherte.
Yoda ließ seinen Umhang los, damit er eine Art Schleppsack bildete, der ihn in der Luft aufrichtete und es ihm gestattete, mit den Füßen voran auf dem Passagiersitz neben Bail Organa zu landen.
Der Jedi-Meister schnallte sich an, und der Senator von Alderaan zwang den gemieteten Speeder in eine Kurve, die selbst Anakin Skywalker beeindruckt hätte, raste dann auf die nächste Kreuzung der verkehrsreichen Himmelsstraßen von Coruscant zu.
Yoda kniff die Augen zusammen.
»Meister Yoda? Seid Ihr verletzt?«
»Nur mein Stolz«, erwiderte Yoda und meinte es auch so, obgleich Bail nicht verstehen konnte, wie tief die Bedeutung dieser Worte reichte. »Nur mein Stolz.«
Obi-Wans Arme drohten in einem Griff zu brechen, der die Lichtschwerter immer weiter nach unten zwang, und schließlich ließ er los.
Obi-Wan ließ alles los.
Seine Hoffnungen. Seine Ängste. Die Pflicht den Jedi gegenüber, das Versprechen, das er Qui-Gon gegenüber hatte, sein Versagen in Hinsicht auf Anakin.
Und ihre Lichtschwerter.
Der verwirrte Anakin reagierte instinktiv, löste eine Hand von Obi-Wans Unterarm und griff damit nach seinem Schwert. Obi-Wan riss sofort die andere Hand los, holte mit der Macht sein eigenes Lichtschwert zurück, brachte es nach oben und parierte Anakins kraftvollen Überhandhieb. Er wehrte ihn nicht nur ab, sondern lenkte beide Klingen zur Wand, an der er stand. Er dirigierte Anakins Stoß auf der einen Seite durch die Wand, während sein Schwert auf der anderen durch den Durastahl schnitt. Anschließend schob er mit der Macht beide Klingen im Halbkreis nach oben und nutzte die Kraft von Anakins nächstem Angriff, um die Wand zu durchbrechen und nach draußen zu gelangen, in das Durcheinander aus Rauch und fallender Asche.
Anakin folgte ihm und griff kontinuierlich an. Obi-Wan wich ständig vor ihm zurück und sprang auf einen schmalen Balkon, hoch über dem schwarzen Ufer eines Sees aus Feuer.
Es war der richtige Ort, entschied er.
Anakin zwang ihn zurück und schlug mit einer Kraft zu, die aus dem nahen Vulkan zu kommen schien. Er wirbelte herum, schnitt rasiermesserscharfe Stahlfetzen aus der Wand und schleuderte sie Obi-Wan mit der vollen Hitze seines Zorns entgegen. Er bohrte die Klinge in eine Schalttafel, und daraufhin verschwand der Strahlenschild, der die Lava zurückgehalten hatte.
Um sie herum regnete es Feuer.
Obi-Wan wich zum Ende des Balkons zurück – hinter ihm befand sich nur eine Energieleitung, nicht dicker als sein Arm, die zum zentralen Verarbeitungsbereich der alten Mine führte, über einen Fluss aus weiß glühender Lava. Obi-Wan trat, ohne zu zögern, auf die Leitung und wahrte mühelos das Gleichgewicht, als er weitere Hiebe parierte.
Anakin folgte ihm.
Auf dem Drahtseil der Energieleitung wurden die Lichtschwerter noch schneller als vorher. Immer wieder schlugen sie zu und prallten gegeneinander. Lavabomben fielen unter ihnen auf den Boden und zerplatzten; glühende Splitter versengten die Umhänge der beiden Kämpfer. Rauch verhüllte die Sonne des Planeten, und das einzige Licht kam von dem Höllenglühen der Lava und von den Klingen. Energieblitze knisterten und zischten.
Hier kämpfte kein Sith gegen einen Jedi. Hier stand nicht Licht gegen Dunkelheit oder Gut gegen Böse. Es hatte nichts zu tun mit Philosophie, Religion oder Moral.
Anakin kämpfte gegen Obi-Wan.
Es war eine persönliche Auseinandersetzung.
Es ging nur um sie beide, und um den Schaden, den sie sich gegenseitig zugefügt hatten.
Mit einem Salto rückwärts sprang Obi-Wan von der Energieleitung zu einem Verbindungsnexus der zentralen Verarbeitungsanlage. Als Anakin ihm folgte, sprang er erneut. Auf verschiedenen Ebenen ging der Kampf weiter, Treppen hinauf und über Plattformen. Sie erreichten eine der Sammelanlagen, über die Lavakaskaden strömten, und als sich Obi-Wan unter gewölbtem Durastahl duckte, hinter dem Lava brodelte, als er Angriffe mithilfe der Macht abwehrte und die Schläge der Kreatur des Zorns parierte, die einmal sein bester Freund gewesen war, begriff er plötzlich eine profunde Wahrheit.
Obi-Wan hatte sein ganzes Leben der Vernichtung des Feindes gewidmet, zu dem der Mann ihm gegenüber geworden war: Mörder, Verräter, gefallener Jedi, Sith-Lord. Und trotz allem…
Obi-Wan liebte ihn noch immer.
Yoda hatte klar und deutlich darauf hingewiesen: Ein Jedi sich von solchen Bindungen befreien muss. Aber Obi-Wan hatte sich geweigert, dies in letzter Konsequenz zu verstehen. Er hatte sich für Anakin eingesetzt, ihn entschuldigt, ihn immer wieder in Schutz genommen. Und eben jene Bindung, deren Existenz er sich nicht eingestehen wollte, hatte ihn blind gemacht gegenüber dem dunklen Pfad, den sein bester Freund beschritt.
Der See aus Feuer wurde jetzt nicht mehr vom Strahlenschild zurückgehalten und nagte an dem Ufer, auf dem die Verarbeitungsanlage stand. Der ganze Gebäudekomplex löste sich, und die beiden Kämpfenden rutschten auf dem sich unter ihnen neigenden Durastahl. Sie suchten nach Halt, während der Boden immer weiter kippte. An Kabeln hingen sie, als die Verarbeitungsanlage in die Lava glitt und langsam sank, als ihre unteren Etagen schmolzen und verbrannten.
Anakin stieß sich ab und sprang in einem weiten Bogen über die kochende Lava. Obi-Wan empfing ihn dort, hielt das Kabel mit einer Hand und der Macht, hob mit der anderen das Lichtschwert. Anakin schlug nach seinen Knien, und Obi-Wan zog die Beine an, durchtrennte das Kabel über dem Kopf seines Gegners. Anakin fiel.
Gasblasen stiegen in der Lava auf und zerplatzten an der Oberfläche, schufen Flammenarme, die sich Anakin entgegenstreckten.
Anakins Bewegungsmoment trug ihn zurück zur sich auflösenden Verarbeitungsanlage, und die Macht brachte ihn in Reichweite eines weiteren Kabels. Obi-Wan wickelte die Beine um sein Kabel, um sich näher an das andere heranzubringen, doch sein Gegner schien inzwischen Gefallen an dieser neuen Art der Fortbewegung gefunden zu haben. Er schwang sich von Kabel zu Kabel, während Obi-Wan ihm folgte, und er benutzte die Macht, um immer höher zu gelangen. Er zwang Obi-Wan, seinem Beispiel zu folgen, denn bei diesem Terrain bedeutete Höhe alles.
Simultane Wogen der Macht trugen sie beide von den Kabeln zum schiefen Krandeck der Verarbeitungsanlage. Obi-Wan hatte gerade wieder Boden unter den Füßen, als Anakin auch schon auf ihn zusprang, und sie standen dicht voreinander, mit wirbelnden Lichtschwertern, während um sie herum Wartungsdroiden nach wie vor ihre Arbeit verrichteten, obwohl die ganze Anlage im wahrsten Sinne des Wortes dem Untergang geweiht war. Sie würden weiterarbeiten, bis sie selbst in der Lava versanken und schmolzen.
Ein Donnern, noch lauter als das Grollen des Vulkans, kam vom Feuerstrom weiter vorn. Metall begann zu kreischen und zu heulen. Lava stürzte in die Tiefe, verschwand in wogenden Wolken aus Rauch und heißen Gasen.
Die Strömung trieb die ganze Verarbeitungsanlage auf einen riesigen Lavafall zu.
Obi-Wan wollte nicht unbedingt feststellen, was sich unten befand.
Mit einer zweihändigen Parade wehrte er Anakins Klinge ab und gab seinem Gegner einen Tritt, der sie auseinander brachte. Bevor Anakin das Gleichgewicht wiederfinden konnte, lief Obi-Wan los und sprang vom Krandeck herunter. Er fiel, Etage um Etage, und nur zwei Dutzend Meter über der Lava gab ihm die Macht ein Kabel in die Hand und verwandelte den Sturz in einen Schwung, der ihn wieder nach oben brachte.
Und als ihn das Kabel nicht höher tragen konnte, ließ er los.
Er kam sich vor wie beim Sprung von einer Schaukel in einem der Spielzimmer des Tempels: Das Bewegungsmoment ließ ihn weiterfliegen, über den Lavastrom hinweg und seinem Ufer entgegen.
Es reichte nicht aus, um ihn ganz bis zum Ufer zu bringen.
Doch die Macht hatte ihn hierher gebracht und verriet ihn nicht: Unten summte eine große, alte, langsame Repulsorliftplattform einige Meter über der Lava dahin, brachte Droiden und Ausrüstung zu der Verarbeitungsanlage, die kurz vor der Zerstörung stand.
Obi-Wan drehte sich in der Luft, und die Macht erlaubte ihm eine leichtfüßige Landung. Ein kurzer Stoß mit dem Lichtschwert setzte das Steuerungssystem der Plattform außer Gefecht, und Obi-Wan lenkte sie in Richtung Ufer, indem er sein Gewicht verlagerte.
Er drehte sich um und beobachtete, wie die Verarbeitungsanlage den Verdammten in einer corellianischen Hölle gleich kreischte, als sie über den Rand des Lavafalls kippte und verschwand.
Obi-Wan senkte den Kopf. »Leb wohl, alter Freund.«
Aber die Macht flüsterte eine Warnung, und Obi-Wan hob rechtzeitig den Kopf und sah, wie Anakin aus dem Rauch kam, der über dem Lavafall wogte – er hockte auf einem kleinen Repulsorliftdroiden. Der Droide war viel schneller als Obi-Wans alte Frachtplattform, und es gelang Anakin mühelos, vor ihm das Ufer zu erreichen und ihm den Weg abzuschneiden. Obi-Wan verlagerte das Gewicht hierhin und dorthin, aber Anakins Droide war so flink wie ein Sandpanter. Kein Weg führte an ihm vorbei, und in dieser Nähe war die Hitze der Lava intensiv genug, ihm die Haare zu versengen.
»Dies ist dein Ende, Meister«, sagte Anakin. »Ich wünschte, es ließe sich vermeiden.«
»Ja, Anakin, das wünsche ich mir auch«, erwiderte Obi-Wan, als er loslief, sprang und sein Lichtschwert in einen Speer verwandelte.
Anakin beugte sich zur Seite und wehrte den Stoß fast verächtlich ab. Er schlug nach Obi-Wans Beinen, als der an ihm vorbeiflog, verfehlte sie jedoch.
Obi-Wan verwandelte seinen Fall in eine Rolle vorwärts, die ihn zum Rand eines kleinen Felsens vor dem weichen schwarzen Sand des Ufers brachte. Anakin knurrte einen Fluch, als er begriff, dass ihn sein Gegner überlistet hatte, sprang vom Droiden herunter und schlug nach Obi-Wans Rücken…
Eine halbe Sekunde zu spät.
Obi-Wan wirbelte herum, doch es ging ihm nicht darum, den Hieb zu parieren. Sein Lichtschwert traf erst das eine Knie Anakins und dann das andere.
Und während sich Anakin noch in der Luft befand, während die abgetrennten Beine noch fielen, hob Obi-Wan die Klinge und zog sie oberhalb des Ellenbogens durch Anakins linken Arm. Er trat zurück, als Anakin stürzte.
Anakin ließ sein Lichtschwert fallen und klammerte sich mit der mechanischen Hand am Rand des Felsens fest, doch sein Griff war zu fest für die spröde Lava, und sie zerbrach – Anakin rutschte über den schwarzen Sand. Die abgetrennten Beine und der Arm rollten weiter unten in den Lavastrom und verglühten in einer jähen scharlachroten Flamme.
Die gleiche Farbe wie das Lichtschwert eines Sith, dachte Obi-Wan.
Anakins mechanische Hand versuchte sich in den schwarzen Sand zu bohren, aber dadurch rutschte er nur noch tiefer. Der Sand war so heiß, dass er den schwarzen Handschuh über den Durastahlfingern verbrannte, und Rauch stieg vom Umhang auf.
Obi-Wan hob Anakins Lichtschwert auf und nahm auch sein eigenes, wog sie beide in den Händen. Anakin hatte seine Waffe nach der von Obi-Wan gestaltet; sie ähnelten sich sehr.
Aber sie waren für sehr unterschiedliche Zwecke verwendet worden.
»Obi-Wan…«
Er sah nach unten. Flammen züngelten an Anakins Umhang, und sein langes Haar verkohlte.
»Du warst der Auserwählte! Du solltest die Sith vernichten, nicht einer von ihnen werden. Du solltest die Macht ins Gleichgewicht bringen, stattdessen hast du sie der Dunkelheit überlassen. Du warst mein Bruder, Anakin«, sagte Obi-Wan Kenobi. »Ich habe dich geliebt, aber ich konnte dich nicht retten.«
Metall blitzte am Himmel, und Obi-Wan fühlte, wie sich Dunkelheit um sie beide schloss. Er kannte jenes Schiff: der Shuttle des Kanzlers. Jetzt vermutlich der Shuttle des Imperators.
Yoda hatte versagt. Vielleicht war er tot.
Vielleicht gab es nur noch ihn, Obi-Wan: der letzte Jedi.
Vor ihm verbrannte Darth Vader.
»Ich hasse dich!«, schrie er.
Obi-Wan sah nach unten. Es wäre eine Gnade gewesen, ihn zu töten.
Er fühlte sich nicht gnädig.
Er fühlte sich ruhig und kalt, und er wusste: Wenn er hinuntergeklettert wäre, hätte er mehr Zeit verloren, als er verlieren durfte.
Ein anderer Sith-Lord näherte sich.
Letztendlich gab es nur eine Entscheidung. Es war eine Entscheidung, die er vor vielen Jahren getroffen hatte, nach dem Bestehen der Ritterschaftsprüfung, als er dem Jedi-Orden ewige Treue geschworen hatte. Er war noch immer Obi-Wan Kenobi und noch immer ein Jedi, und er würde keinen Wehrlosen töten.
Er überließ es dem Willen der Macht.
Er drehte sich um und ging fort. Nach einigen Sekunden begann er zu laufen.
Er begann zu laufen, weil ihm klar wurde: Wenn er schnell genug war, konnte er noch immer etwas für Anakin tun. Er konnte dem Andenken des Mannes, der sein bester Freund gewesen war, noch immer Ehre erweisen, und auch dem untergegangenen Ritterorden, dem sie beide gedient hatten.
Auf dem Landedeck stand C-3PO auf der Rampe des Skiffs und winkte aufgeregt. »Meister Kenobi! Bitte beeilt Euch!«
»Wo ist Padmé?«
»Schon im Innern, Sir, aber es geht ihr sehr schlecht.«
Obi-Wan lief die Rampe hoch ins Cockpit des Skiffs und zündete das Triebwerk. Als der Shuttle des Kanzlers zur Landung ansetzte, sprang das spiegelblanke Skiff gen Himmel.
Obi-Wan sah nie zurück.