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Teufelskreis
Der Teufelskreis ist ein systemisches Modell (→ Systemische Psychologie), das eine sich aufschaukelnde Beziehungsdynamik zwischen zwei Parteien deutlich machen soll. Person A tut etwas, das eine negative Wirkung auf Person B hat. Person B empfindet das, was Person A getan hat, als unangenehm und unternimmt etwas dagegen. Die darauf folgende Handlung von Person B wird nun wiederum von Person A als situationsverschärfend empfunden und führt dazu, dass diese sich in ihrer ursprünglichen Handlung bestätigt fühlt. Damit ist der Teufelskreis geschlossen (s. Abb. 66).

Grundschema eines zwischenmenschlichen Teufelskreises
Ein Beispiel: Hanna verhält sich einsilbig und wenig mitteilsam. Torsten fühlt sich daher aus ihrem Leben ausgeschlossen, vor den Kopf gestoßen und befürchtet, hintergangen zu werden. Daraufhin wird er misstrauisch, fragt und bohrt nach. Hanna fühlt sich durch derartige «Verhöre» kontrolliert, bedrängt und überwacht. Um sich mehr Freiraum zu verschaffen, wird sie noch einsilbiger und macht schließlich ganz dicht. Schon ist der Teufelskreis im Gange.
In diesem zirkulären Modell werden vier Stationen unterschieden: zum einen die äußerlich sichtbaren und wirksamen Verhaltensweisen (Äußerungen) beider Beteiligten, zum anderen ihre inneren Reaktionen (→ Inneres Team) darauf (s. Abb. 67).

Beispiel eines Teufelskreises
«Nur weil du mich so kontrollierst, bin ich so einsilbig!» – «Nur weil du mich nicht einbeziehst, frage ich ständig nach!»
Wer hat nun Schuld? Typisch für solche Teufelskreise ist, dass beide Partner sich als bloß re-agierend auf die provozierenden Eigenarten des anderen empfinden. Hanna sagt: «Nur weil du …!» Torsten sagt: «Nur weil du …!» Watzlawick spricht von unterschiedlicher → Interpunktion: Beide sehen die Ursache beim anderen, bei sich selbst die Wirkung. Geht man von der Kreisförmigkeit des Geschehens aus, kann man jenseits von Schuld und Täter/Opfer-Denken das «Zusammenspiel» betrachten und nach Ausstiegsmöglichkeiten Ausschau halten.
Ein weiteres Merkmal von Teufelskreisen ist die zunehmende → Polarisierung. Was ist damit gemeint? In einer Partnerschaft ist beides wichtig und wertvoll: die Offenheit, das Sich-Mitteilen auf der einen Seite, die Einhaltung persönlicher Diskretionsgrenzen auf der anderen. Beides gehört zusammen (→ Wertequadrat). Je mehr sich der Teufelskreis aufschaukelt, umso mehr identifizieren sich die Beziehungspartner mit einem der beiden Werte: Torsten fordert mehr Offenheit, Hanna pocht auf Diskretion. Eine solche Polarisierung tendiert zur Eskalation: Beide werden immer extremer (Hanna immer verschlossener, Torsten immer bohrender). Die Eskalation ist besonders dann vorprogrammiert, wenn die «provozierende Eigenart» des einen einen «wunden Punkt» aus der Vorvergangenheit des anderen berührt und einen alten Schmerz aufrührt. Vielleicht hatte Hanna einen Vater, der sie immer wieder «streng verhört» hat – und einen solchen Übergriff will sie nie wieder dulden! Vielleicht hat Torsten schmerzlich erfahren, wie er durch Geheimhaltung und Schweigen getäuscht worden ist – nun klingeln bei ihm alle Alarmglocken, wenn jemand zu erkennen gibt, dass er/sie etwas für sich behalten will.
Ein Klärungshelfer (→ Klärungshilfe) wird bemüht sein, das kreisförmige Zusammenspiel zu verdeutlichen und die Kommunikation auf die «waagerechte» Ebene zu bringen, das heißt, anstelle der Vorhaltungen («Du …») die Selbstkundgaben aus dem Inneren der Kreise (s. Abb. 67) zu ermutigen und klarzumachen.
Literatur
Miteinander reden 2, 31ff. (S. 28ff.)
Schulz von Thun, F.: Fragen und Antworten, S. 77ff.
Thomann, Ch./Schulz von Thun, F.: Klärungshilfe 1, S. 265ff.