Der Frühlingsball
Das große 25 Frau starke Orchester spielte auf. Der Frühjahrseinführungsball hatte begonnen. Petronius stand etwas eingeklemmt in einer Ecke des Ballsaales dicht neben seinem Klassenfreund Wolfram Saxe. Er hatte rote Wangen und schwitzte. Dann besah er sich kurz die Achselhöhlen, ob möglicherweise etwas zu sehen war, und erschrak. Die türkisfarbene Bluse hatte unverkennbar eine dunklere Farbe angenommen. Bei diesem Anblick schwitzte er noch mehr. Sie saß einfach zu eng. Er konnte den Stoff auf den Rippen fühlen, die sich wohl auch etwas abzeichneten. Trotz allem, er sah gar nicht so übel aus. Und nun sollte der Tanz beginnen. „Wolfram“, flüsterte er, „ich geh’ nur mal für einen Augenblick runter.“ Wolfram griff nach dem Goldband, das Petronius um die Taille trug. „Hat sich dein PH gelockert?“
„Nein, ich will nur...“
„Dann beeil dich“, unterbrach ihn Wolfram, „alle gucken schon zu uns hin. Du darfst den Gesamteindruck jetzt nicht verderben. Ich jedenfalls will die Sache heute abend hinter mich bringen.“
Petronius rannte in den Waschraum und suchte in seinem Handköfferchen nach Watte. Er stürzte in eine Toilette, denn er wollte unter keinen Umständen gesehen werden, und trocknete sich die Achselhöhlen. Papa hatte gesagt, daß das Deodorant völlig sicher sei. Doch Nervosität konnte es wohl nicht bannen.
Mit Grausen hatte Petronius monatelang auf den Einführungsball gewartet. Über nichts anderes hatten die Jungen mehr gesprochen. Die meisten hatten bereits auf die eine oder andere ein Auge geworfen. Lillerio Monatochter, der Nachbarssohn, war hinter einer mit Pferdeschwanz her, sie hieß Liv Kraft und war die Beste im Stabhochsprung. Baldrian Ödeschär war verrückt nach Eva Barmerud, der Tochter der Rektorin, und Wolfram war unsterblich in Ann Plattenberg verliebt. Es war eine ganze Clique. Sie beteten ihre Heldinnen an und schrieben ihnen Liebesbriefe, die sie jedoch trotz ihrer großen Liebe und trotz ihres Herzeleids nicht abzuschicken wagten. Petronius wußte eigentlich nicht genau, in wen er verliebt war.
Er schob zwei Wattebäusche in jeden Ärmel und rannte wieder nach oben. Es war nicht leicht, in den engen Schuhen zu laufen. Außerdem scheuerten sie auch noch. Er merkte, daß er das kleine Ballköfferchen vergessen hatte, das dam an den Gürtel schnallte, und mußte noch einmal zurück. Das Orchester war gerade beim Schluß der Kantate angelangt.
Wolfram hielt schon nach ihm Ausschau. Als er wieder hoch kam, hakte er sich sofort bei ihm ein, und so marschierten sie mit den anderen Jungen aufs Parkett.
„Wo ist Baldrian? Wollte er nicht in unserem Trio tanzen?“ Petronius spürte eine Hand unter dem Arm. „Hier!“ Baldrian strahlte ihn an und sah einfach blendend aus. Er war so kühn und hatte einen tiefblauen Anzug mit breitem Goldgürtel angezogen, der auf seinem rundlichen Körper knackig und wie angegossen saß. Er konnte sich stets solche Raffinessen leisten. Petronius starrte ihn fasziniert an. Seinetwegen würde dam sich nach dem Trio reißen.
Die Zeremonienmeisterin ging auf das Podium, nickte und fuchtelte mit der Hand. „Willkommen, meine Herren und Damen! Wieder einmal kann die Egalsunder Jugend den Frühjahrs-Einführungsball erleben. Alle Jahre wieder gibt es wohl nichts, was wir so herbeisehnen wie dieses Ereignis. Der Frühling ist eben jene leuchtende und unbeschwerte Zeit, da der Wind zärtlich verspielt die Blusen und Hemden unserer Knaben streift und wir neuen Mut schöpfen. Die Bäume schlagen aus und alles wird grün. Und wer von uns möchte sich da nicht dem Ungestüm der Lebenslust hingeben und einen Knaben in den Arm nehmen! Können wir uns einen lieblicheren Anblick vorstellen als so viele reizende junge Herren auf einmal?“
Die Jungen sahen sich beschämt an oder blickten verlegen zu Boden. „Unser Festarrangement wird wie alle Jahre zuvor verlaufen. Zuerst tanzen die süßen jungen Herren Trio für uns. Währenddessen kann dam an der Bar Getränke und Knabberzeug kaufen. Danach folgen wie immer Rundgang und Kuschelpause, das heißt, wir fordern die Damen auf zu zirkulieren. Das Orchester spielt einschmeichelnde Musik, es ist die Zeit für diejenigen, die Lust auf nähere Bekanntschaft mit den Herren verspüren. Zudem sind verschiedene Spieltische aufgestellt, oder dam kann sich in den diversen Salons entspannen.“
Zurufe und Gelächter von den Barhockern. Irgendwer rief pfui.
„Ha, ha, ha“, ließ sich die Zeremonienmeisterin mit galantem Lächeln vernehmen. „Ja, und jene Damen, die sich noch nicht orientiert haben, möchte ich darauf hinweisen, daß die verschiedenen Einführungszimmer in der zweiten Etage des Galerieflügels liegen. Und so wird der Ball mit Tanz und Unterhaltung bis halb zwei weitergehen.“ Die Zeremonienmeisterin klatschte in die Hände und holte flott mit dem einen Arm aus. „Und nun, meine Herren! Nur zu! Nehmen Sie Ihre Nebenfrau und fangen Sie an!“
Trommelwirbel und Fanfarenstöße. Die Leute klatschten. Der Triotanz begann. Die Jungen, die immer zu dritt tanzten, hatten sich eingehakt.
Es war ein Tanz mit leichten, graziösen Hüpfern auf den Zehenspitzen und mit seitlichen Verbeugungen; monatelang hatten sie die in der Schule während der Gymnastikstunde eingeübt. Es war ein langsamer Boogie-Woogie. Unter dem Kronleuchter rauschte und wogte es von farbenprächtigem Chiffon, von Seide und Tüll. Von oben hätte sich Petronius und den anderen ein ganz entzückender Anblick geboten. Doch das einzige, was er im Gedränge des Ballsaales erlebte, war ein schwitzendes, brodelndes Chaos, in dem alles darauf ankam, nicht das rechte Bein zu setzen, wenn die anderen das linke nahmen. Er wiederholte für sich die Mahnung aus der Gymnastikstunde: „Merk dir, links immer zuerst. Links immer zuerst!“
Petronius hob das rechte Bein und kollidierte mit Wolfram, der wiederum Syprian anstieß. Dieser falsche Schritt übertrug sich auf mehrere andere Trios. Petronius warf einen verzweifelten Blick nach oben. Hatten die auf der Galerie etwas bemerkt? Aber dort war alles verschwommen, außerdem war er gerade bei einer Seitenverbeugung, so daß er den ganzen Ballsaal um einen Winkel von neunzig Grad verdreht sah. Baldrian drückte seinen Oberarm. Das gab ihm ein sicheres und gutes Gefühl. Baldrian sorgte dafür, daß das Trio wieder in den richtigen Rhythmus kam.
An den Wänden des Ballsaals, an den zur Bar führenden Türen und an das Geländer der Galerie gelehnt standen Frauen in ihren dunklen Kitteln und Hosen und weißen Seidentüchern. Sie tranken einander zu und starrten gebannt auf die Tanzenden. Bisweilen zeigten sie auf den einen oder anderen und sagten irgend etwas zur Nebenfrau. Petronius bemerkte eine große dunkelhaarige Frau gleich neben der Eingangstür. Sie sah ihn unverwandt an. Reglos, die Hände in die Hüften gestemmt, stand sie mit gekreuzten Beinen da und blickte mit ernster, gleichbleibender Miene in seine Richtung. Sie war allein. Er schaute weg. Die Beine gingen nun im Takt, ganz automatisch. Baldrians Wärme an seiner Seite gab ihm ein Gefühl der Geborgenheit. Er warf noch einmal einen flüchtigen Blick zur Eingangstür. Als er die Augen der Dunkelhaarigen abermals auf sich ruhen sah, verspürte er einen Stich.
Die Musik hörte auf. Die Jungen verbeugten sich. Die Leute klatschten. In den mächtigen Kronleuchtern wurde das Licht etwas gedämpfter. Für einen Augenblick entstand um Petronius herum ein völliges Durcheinander. Wolfram und auch Baldrian waren verschwunden. Er wußte nicht, wohin er sich wenden sollte. Und obendrein sollte er auch noch eine strahlende Miene aufsetzen. Noch immer fühlte er den Blick der Unbekannten. Wollte ihn loswerden. Er mußte fort. Er wollte ihn abschütteln. Er drehte sich rasch um und sah zur Tür, um den Blick der Frau zu verscheuchen. Sie war verschwunden.
„Hallo, Petronius! Wollen wir uns setzen?“ Das war Syprian, der Sohn der Rektorin Barmerud, ein kleiner, magerer Bursche. Genau das hatte er befürchtet. „Ja“, sagte er und schämte sich bis unter die Haarwurzeln.
Plötzlich faßte eine Hand hart von hinten um seine Taille. Sein Rücken stieß an etwas Weiches. Ihm wurde warm. Er drehte sich um. Sie war etwa einen halben Kopf größer als er und blickte mit einem kleinen ironischen Lächeln in den Mundwinkeln auf ihn herab. Sie hatte blaue Augen. Aber schon war sie wieder verschwunden. Es überraschte ihn, daß sie blaue Augen hatte. Aus der Ferne haben sie braun ausgesehen, dachte er. Er wußte nicht, warum. Ihre Augen hätten braun sein sollen. Petronius und Syprian gingen zu einer Nische. Er wußte, das war das Dümmste, was sie tun konnten, denn hier riskierten sie, den ganzen Abend hängenzubleiben. Sie setzten sich und starrten gedankenverloren auf all die festlich gekleideten Wibschen, die überall herumschwirrten. Die Frauen waren eifrig dabei, den Jungen etwas zu trinken zu holen. Einige standen jedoch nur da und redeten miteinander in Gruppen oder zu zweit und taten so, als hätten sie überhaupt kein Interesse an den Individuen des anderen Geschlechts. Petronius dachte bei sich, wenn ich eine Frau wäre, würde ich ganz emsig sein und den Dünnsten, den Häßlichsten und den Langweiligsten der hier Anwesenden auffordern und mit ihnen tanzen und reden.
„Wo sind denn Wolfram und Baldrian geblieben?“ frage Syprian, als hätte er das nicht ganz genau gewußt.
„Was?“
„Wo Wolfram und Baldrian geblieben sind, habe ich gefragt“, sagte Syprian.
„Tja, wenn ich das wüßte“, antwortete Petronius, als hätte nicht auch er das ganz genau gewußt. Wolfram und Baldrian waren natürlich sofort weggeschnappt worden. Bestimmt waren beide schon in ihrem Einführungszimmer. Und Petronius und Syprian saßen da und versuchten, sich das vorzustellen.
„Die sind aber schnell verschwunden, was?“
„Ja, das kann dam wohl sagen.“
Sie schämten sich dieses Gesprächs. Sie schämten sich, daß sie dort zusammen saßen. Sie bemühten sich kramphaft, so zu tun, als säßen sie nicht dort, als wären sie überhaupt nicht auf den Einführungsball gekommen, um eine Frau abzukriegen. Sie wußten aber nicht richtig, wie dam aussah, wenn dam so auszusehen versuchte. Petronius und Syprian schämten sich.
Dann stand sie plötzlich da, drei Meter von der Nische entfernt. Jetzt nur noch mit der einen Hand in der Hüfte und einem Zigarillo im Mundwinkel. Sie streckte die Hände nach ihm aus. Petronius war völlig verwirrt. Er drehte sich halb zur Seite, um zu sehen, ob sie die Hand nicht nach einem anderen ausstreckte. Doch hinter ihm gab es nur noch die Wand. Er schaute sie wieder verlegen an. Sie nickte. Ihm schien es, als spüre er ein winziges Lächeln. Er erhob sich und ging auf sie zu. Sie schob ihn zwischen all den Wibschen hindurch zur Theke und bestellte zwei Drinks, reichte ihm einen und nickte ihm zu. Sie tranken.
In der Bar war es eng. So wurden sie ganz wie von selbst näher aneinander gedrängt. Er konnte ihren Geruch spüren. Er streifte unmerklich ihr Bein. Sie machte keine Anstalten, ein Stück zu rutschen. Im Gegenteil. Bemerkte er nicht, wie sie das Gedränge vielmehr ausnutzte, um näher an ihn heranzukommen? Er warf ihr einen kurzen Blick zu und versuchte ein schüchternes Lächeln. Er erinnerte sich plötzlich daran, was Mama einmal gesagt hatte, warum sie auf Papa geflogen war. Dieses schüchterne, einnehmende Lächeln auf dem ersten Einführungsball sei es gewesen. Petronius war sich aber nicht sicher, wie dam einnehmend lächelte. Er wagte nicht, sie anzusehen. Unversehens legte sich eine Hand auf ihre Schulter, und Petronius wurde ein Stück zur Seite geschoben. „Heee, Gro!“ grölte so eine rauschrote Scharteke, merklich betrunken. „Eujoijoi, du hast dir also schon ein Mannsbild an Land gezogen?!“
Petronius fühlte Stolz in sich, gleichzeitig aber auch Unbehagen. Es hörte sich schon ganz schön an, eine hatte ihn an Land gezogen. Er war sozusagen im Hafen. Er saß nicht mehr in der Nische. Doch gleichzeitig kam es ihm so vor, daß er an dem Gespräch mit Gros Kameradin nicht richtig teilhaben konnte. Er war gewissermaßen nur anwesend. Er lächelte sie an. Sie lächelte nicht zurück, beugte sich zu Gro und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Gro nickte. „Warte! Ich komme gleich zurück“, sagte sie. Dann bahnte sie sich mit ihrer Kameradin einen Weg durch die Bar.
Warte. Ich komme gleich zurück. Warte. Zurück. Ich komme. Warte. Die Worte schwirrten ihm durch den Kopf. Das war das einzige, was sie zu ihm gesagt hatte. Er sollte warten. Sie wollte kommen. Zu ihm. Zu ihm! Petronius rührte sich nicht von der Stelle. So als würde sie ihr Versprechen nicht einlösen, wenn er auch nur eine Winzigkeit wegrückte. Er nahm einen Schluck und fühlte Wärme in sich aufsteigen. In der Bar waren fast nur Frauen. Hier und da stand ein Paar, doch sonst gab es nur Frauen. Einige starrten ihn an, wandten sich ab und starrten ihn wieder an. Sie bufften sich in die Seite und erzählten sich offenbar lustige Sachen. Petronius blickte an sich herunter, konnte aber nichts Lustiges entdecken. Sicher war es etwas anderes. Er trank den Rest aus. Warte. Ich komme...
Lachend erschien Baldrian mit einer ganzen Clique in der Bar und hängte sich bei Eva Barmerud ein. Sie war eine große, flotte Type. Er zwinkerte Petronius zu. Petronius erschrak. Baldrian war so lieblich anzusehen. Die Clique strömte auf ihn zu, an allen Bargästen vorbei. Eva Barmerud war schon ganz schön beschwipst, als sie sich zu Petronius wandte und das Glas erhob: „Und nun singen wir unser Lied noch einmal vor, los, kommt!“
„Jaaa!“ rief Wolfram Saxe und bahnte sich einen Weg in die Bar mit einer Frau, die scharf auf ihn war. „Ich will dabeisein. Der ist stark.“ Alle Frauen und Wolfram heulten in verschiedenen Tonarten los.
Das Schönste sind immer die Kna-ha-haben
beim Tanz, wenn der Pe-Ha ganz erha-ha-haben
und du dich in Freude kannst la-ha-haben.
Freude und Glück!
Freude und Glück,
wenn deine Faust dies zierliche Stück
ganz fest und begehrlich drückt.
Der höchste Ton des Liedes lag auf ,Glück’, und die drei letzten Zeilen wurden noch einmal mit lautem Gebrüll heruntergeleiert. Dann schrien sie vor Lachen und zogen ab. Baldrian warf Petronius einen kurzen Blick zu, verdrehte die Augen und ging mit den anderen mit. Wolfram blieb stehen, musterte ihn. Da spürte er ihren Händedruck. Sie drückte ihn!! Er sandte Wolfram ein triumphierendes Lächeln zu und zog mit Gro los. „Sie, ich meine meine Kameradin da, hat überhaupt kein Feeling“, erklärte Gro. „O nein“, sagte Petronius und verzog den Mund zu einem Lächeln, als habe er etwas ungeheuer Lustiges gesagt. Eigentlich hatte er aber gar nicht verstanden, was sie damit hatte ausdrücken wollen. Sie zog ihn mit sich durch den Ballsaal. Ihm fiel auf, daß die Nische, in der er und Syprian gesessen hatten, nun leer war.
„Mich wundert, wo Syprian steckt.“
„Ist er dein Freund? Ich habe ihn mit Britt zusammengebracht.“ Sie gingen die Treppe hoch und die Galerie entlang. Gro holte einen Schlüssel aus der Tasche, schloß Zimmer Nr. 7 auf und schob ihn vor sich hinein.
Es war ein schönes Zimmer. Schwere, dunkelrote Vorhänge, zwei Sessel mit einem Tisch dazwischen und einem Barschränkchen mit eingebautem Plattenspieler. Und mitten im Zimmer ein großes, grünbezogenes Bett. An der Wand hing ein riesiges Gemälde mit einem nackten jungen Mann auf einem Sofa, vor dem eine Fruchtschale auf einem Tisch stand. Das Zimmer wurde durch eine Stehlampe schwach beleuchtet, die eine nackte Männerskulptur mit einer rotgoldenen Birne als Kopf darstellte. Dieses Modell war in jüngster Zeit in Mode gekommen, denn in Egalia gab es bereits seit einigen Jahren eine freiere Sexualmoral. Das Zimmer war so eingerichtet, wie Zimmer eben eingerichtet sind, die stimulierend wirken sollen.
Gro breitete die Arme aus und lächelte ihn schief an. Sie drückte auf einen Knopf, und die Pop-Gruppe May, Lis und Beth ertönte aus dem Lautsprecher im Barschränkchen. Sie war die zur Zeit beliebteste Gruppe. Wo immer sie auftrat, mußte sie sich ihren Weg durch stöhnende und verzückt schmachtende Jünglingsmassen bahnen. Jetzt sangen sie „Ruthello“, den Hit der letzten drei Wochen. „Der ist toll“, sagte Gro. Sie machte ein paar Tanzschritte vor Petronius und sang mit: „Ruthello du bist mein Traum, Traum, Traum...“ Bei jedem „Traum“ sang das Trio dreistimmig. Lächelnd holte sie eine Flasche und Gläser aus dem Barfach. „...so zart wie die Triebe vom Baum, Baum, Baum. Schenkst du mir deine Gunst, o Ruthello, spiel’ ich voller Inbrunst die ganze Nacht für dich Cello.“
„Klasse, dieser Text, da ist was dran“, meinte sie, „ — oder willst du Brause haben?“ Petronius schüttelte den Kopf, sie goß ein. Eigentlich hätte er lieber Brause gehabt. „Wollen wir den nehmen?“ Petronius nickte. Sie stießen an und leerten die Gläser. Gro goß nach. Petronius verspürte einen leichten Schwindel; ihm war etwas komisch zumute. Er war es nicht gewohnt zu trinken.
„Wie heißt du?“
„Petronius Bram.“
„Muttergöttin! Bist du der Sohn der Rektorin Bram?“ Petronius nickte. Gro reichte ihm die Hand mit gespielter Ergebenheit.
„Angenehm. Gro Maitochter.“ Petronius nahm ihre Hand. Sie ließ sich in den Sessel fallen und zog ihn mit sich. Sie schaffte es, daß ihre Münder fast zusammenstießen. Petronius biß sich auf die Zunge, es tat weh. Er spürte ihre Hände auf seinem Körper, überall gleichzeitig. Sie war warm und atmete schwer. Sie begann, seine Bluse aufzuknöpfen, Bänder und Schleifen zu lösen, alles in rasender Eile. Ihre Hände stemmten sich gegen seine entblößte Brust. Sie biß ihn in den Bauch. Er wimmerte leicht. Sie blickte flüchtig auf.
„Hat’s weh getan?“ Er schüttelte den Kopf. „Du hast doch keine Angst, oder?“ Wieder schüttelte er den Kopf, kriegte aber ganz plötzlich doch ein bißchen Angst. Sie war ganz rot im Gesicht, richtete sich auf und wälzte sich über auf das Bett. Er hatte die Arme angelegt und ließ alles mit sich geschehen. Atemlos fingerte sie an seinem PH herum. Küßte ihn zwischendurch auf den Bauch und schnappte nach seinen Brustwarzen. Es war schön, tat aber doch auch weh. Die ganze Zeit fummelte sie an dem PH, konnte ihn aber nicht aufkriegen. Er half mit, tat aber so, als helfe er nicht. Sie schob seine Hand weg. Endlich schaffte sie es. Er lag nackt da und konnte seine Rippen sehen; sie standen heraus. Er schämte sich, nahm ihren Kopf und wollte ihn zu sich herunterziehen, damit sie es nicht sehen konnte. Gro richtete sich auf und betrachtete ihn. Sie zündete sich ein Zigarillo an und musterte ihn noch immer. Dann nahm sie beide Gläser und reichte ihm eines. Er trank und schaute sie an. Sie fing an, sich auszuziehen. „Ich halt’ es nicht länger aus, dich anzusehen, wirklich nicht.“
Noch lange danach dachte er an diese Worte. Sie legte sich nackt auf ihn. Er strich ihr über das Haar und streichelte ihren Rücken. Spielerisch ließ sie ihre Brüste gegen sein Gesicht klatschen, nahm dann die eine und stopfte die Brustwarze in seinen Mund. Das kam völlig unerwartet. Die Brustwarze verursachte in seinem Mund ein sonderbares Gefühl. Mechanisch begann er, an ihr zu saugen. Sie stieß quietschende Laute des Wohlbehagens aus und führte seine Hand zur anderen Brust. So lagen sie ein Weilchen. Petronius fühlte sich glücklich. Er merkte, daß es ihr gefiel, dann rutschte sie auf seinen Schenkel. Er spürte etwas Feuchtes.
„Bist du Jungherr?“ flüsterte sie.
„Ja“, flüsterte er zurück.
Die Gruppe May, Lis und Beth ging zu sanfteren Tönen über. Jetzt sangen sie einen Evergreen „Sei mir treu“, in Moll und mit vielen berauschenden Septimen. Petronius fühlte, wie ihre Hand seinen Pimmel umschloß. Sie hielt ihn fest, während sie sich an seinem Schenkel rieb. Immer schneller. Sie nahm seine Hand und führte sie zu sich hin. Es war feucht und merkwürdig. Er wußte nicht, was er mit seinen Fingern da machen sollte.
„Nein, nicht da. Hier“, sagte sie und schob seine Hand ein Stück weiter. Er fühlte einen Knubbel. „Ja, hier“, sagte sie, „ja, ja...“.
Sie bewegte sich noch schneller, und der Griff um den Penis wurde noch härter. Es tat weh. Er hatte Lust zu schreien, konnte es aber nicht, denn sie wirkte in ihrer Ekstase ganz unerreichbar. Sie wirbelte auf und nieder. Er verlor einige Male den Kontakt mit dem Knubbel, erwischte ihn aber immer wieder. Plötzlich packte sie doppelt so fest zu. Er heulte auf, und sie sank über ihm zusammen. „O war das schön“, sagte sie. „Du bist köstlich, mein kleiner Petronius, geradezu phantastisch.“ Sie schleckte ihm über die Brust. „Es ist doch angenehm, daß du dünn bist“, fuhr sie fort, „das macht überhaupt nichts, und außerdem hast du wirklich einen feinen, wohlgeformten Kleinen.“
Petronius lag auf dem Rücken und strich ihr übers Haar. Er wollte so gern... Oh, er wußte genau, was er wollte. Nun würde sie gleich damit beginnen. Sie würde sich auf den Bauch legen, damit sein Schwanz in sie gleiten konnte. Bei diesem Gedanken spürte Petronius, wie sein Pimmel ein bißchen steif wurde. Er war nach Gros heftigem Zugriff ganz schlapp geworden. Petronius lag da und wartete. Er fühlte sich glücklich, daß er sie hatte zufriedenstellen können. Er spürte ihre Schwere und wußte, daß es so richtig war. Ihre Wärme. Ihren Atem. Ihren Atem an seinem Ohr. Gleichmäßig. Sie war wunderbar. Er fühlte sich ausgezeichnet. Sie hatte ihn haben wollen. Sie hatte ihn genommen, ihn gewollt, ihn begehrt, ihn eingeweiht. Es war doch gar nicht schlimm, daß er dünn war. Sie hatte ihn haben wollen und ihn bekommen. Ihr Atem war warm. Er fühlte sich geborgen. Ihre Brust bewegte sich gleichmäßig. Nehmen wird sie ihn, jetzt gleich...
Er schaute ihr ins Gesicht. Es traf ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Sie war eingeschlafen.