Kapitel 2

WAIMANU LIEGT MITTEN im King Country, etwa auf halber Strecke, wenn man die Westseite von Neuseelands Nordinsel hinunterfährt. Es ist eigentlich eine Kleinstadt, ziemlich schäbig und ohne jegliche Cafékultur, die aber das Zentrum einer großen Acker- und Weidelandregion bildet. Folglich kann man hier zwar Schuhe kaufen, allerdings würde sie keine Frau unter hundertzehn, die etwas auf sich hält, in der Öffentlichkeit tragen. Immerhin gibt es aber ein Krankenhaus, einen ziemlich großen Supermarkt, ein riesiges Geschäft für landwirtschaftlichen Bedarf sowie eine Firma für Tiefkühlkost.

Ich parkte auf der Hauptstraße vor Heather Anne’s Fashion (wo man außer pfirsichfarbenen Polyesterblusen nicht viel finden kann) und öffnete die Tür der angrenzenden Praxis für Physiotherapie.

Hinter der Empfangstheke blickte eine junge Frau Anfang zwanzig mit auffallend blauen Augen und fliehendem Kinn auf, schniefte und wischte sich die Nase mit dem Handrücken ab. »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie.

»Hi«, erwiderte ich. »Ich bin Jo. Und du musst wohl Amber sein.«

»Oh.« Amber wirkte nur mäßig interessiert. »Du wirst hier arbeiten, nicht wahr? Cheryl ist gerade auf dem Klo.«

Nach ein paar Minuten rauschte die Spülung, und Cheryl tauchte im Türrahmen auf. Sie war hochschwanger, und da sie überdies noch ziemlich klein war, erinnerte sie mich an einen Wasserball auf zwei Zahnstochern.

»Morgen, Jo«, begrüßte sie mich fröhlich. »Ich hab schon fast damit gerechnet, dass du dich nicht blicken lässt.«

»Vielen herzlichen Dank«, murmelte ich.

»Oh, das soll nicht heißen, dass ich dich für unzuverlässig halte. Ich habe nur in den letzten beiden Monaten mit drei Bewerberinnen einen Termin vereinbart, und alle haben in der letzten Minute kalte Füße bekommen.«

»Wie bitte? Was läuft denn hier schief, Cher?«

»Gar nichts«, gab sie würdevoll zurück. »Nicht wahr, Amber?«

Amber starrte blicklos ins Leere und wand sich eine schlaffe blonde Haarsträhne um den rechten Zeigefinger. Als sie ihren Namen hörte, zuckte sie zusammen und zog die Nase hoch. »Was?«

Cheryl drehte sich seufzend wieder zu mir um. »Komm mit, Jo, ich zeige dir, wo alles ist.«

»Wann ist es denn so weit?«, erkundigte ich mich, als ich ihr einen mit beigefarbenem Teppichboden ausgelegten Gang hinunter folgte.

»In zehn Tagen.« Sie presste sich die Hände ins Kreuz und rieb erschöpft darüber. »Du bist keinen Moment zu früh gekommen.«

»Sieht ganz so aus. Meinen Glückwunsch.«

»Danke. So, hier ist das Behandlungszimmer – alles läuft über Computer. Amber ist dabei, die gesamten Patientenakten in das System einzugeben. Wenn sie so weitermacht, dürfte sie innerhalb der nächsten fünf Jahre damit fertig werden.« Mit gedämpfter Stimme fügte sie hinzu: »Dir ist sicher nicht entgangen, dass sie nicht gerade eine Intelligenzbestie ist.«

Ich lächelte. »Verstehe. Also dient sie hauptsächlich zu Dekorationszwecken.«

Zu meiner Überraschung schüttelte Cheryl den ordentlich frisierten kastanienbraunen Kopf. »Keineswegs. Mir ist noch nie jemand begegnet, der den Leuten so gut das Geld aus der Tasche ziehen kann wie Amber. Du weißt ja, dass sie die Gesetze zur Unfallversicherung verschärft haben?«

»Hast du sehr darunter zu leiden?«, fragte ich zurück. Das alte System der ›Accident Compensation Corporation‹ war erschreckend leicht auszunutzen und ehrlich gesagt längst reif für eine Reform gewesen, doch die drastischen Kürzungen der Zuschüsse für Physiotherapien hatten die Privatpraxen hart getroffen. Es ist erstaunlich, wie wenig Behandlungen die Leute auf einmal brauchen, wenn sie selbst dafür aufkommen müssen.

»Es geht«, entgegnete sie. »Kurz vor der Einführung des neuen Systems wollte ich expandieren und noch jemanden einstellen, habe es dann aber gelassen, daher haben wir im Moment bergeweise Arbeit. So, was wäre da noch? Stützbandagen und solche Sachen sind in diesem Schrank – ich muss ganze Horden von Schafscherern mit Rückenproblemen behandeln. Hypochonder und die Leute, die einfach nur herkommen, weil sie einsam sind und Unterhaltung suchen, haben einen roten Punkt in ihrer Akte, aber Amber kann dir auch so sagen, wer sie sind. Notgeile Typen haben wir zurzeit nicht, glaube ich – du weißt schon, die Kerle, die dir erzählen, sie hätten sich wohl einen Muskel in der Leistengegend gezerrt, und auf eine Massage hoffen.«

»Im Krankenhaus hat man mit denen kaum zu tun«, bemerkte ich. »Während der letzten eineinhalb Jahre habe ich hauptsächlich Rehamaßnahmen mit Schlaganfallpatienten durchgeführt.«

»An alles andere erinnerst du dich bestimmt schnell wieder, da bin ich mir ganz sicher«, beruhigte mich Cheryl. »Du schaffst das schon.«

Ich war amüsiert über ihre tröstlichen Worte, gleichzeitig lösten sie in mir aber auch leisen Ärger aus. Ich bin gut in meinem Job und arbeite hart daran, noch besser zu werden. Und ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich in unserem dritten Universitätsjahr einmal eine gesamte Nacht damit zugebracht habe, Cheryl vor einem Examen am nächsten Tag auf die Schnelle noch ein paar anatomische Grundkenntnisse einzupauken. »Danke«, erwiderte ich verstimmt.

»Hast du schon eine Bleibe gefunden?«

»Noch nicht. Vorerst wohne ich bei Rose Thornton.«

»Die neue Buchhalterin von Horne and Plunkett’s sucht eine Mitbewohnerin«, sagte Cheryl. »Wenn du Interesse hast, kann ich ihr deine Nummer geben.«

Ich rümpfte skeptisch die Nase. »Ich dachte eher an ein kleines Häuschen auf dem Land; ich weiß nicht, ob ich Lust habe, in eine Wohngemeinschaft zu ziehen.«

»Josie, Schatz, du kannst doch nicht deinen Verlobten verlassen und …«

»Er war nicht mein Verlobter«, stellte ich richtig.

»Aber so gut wie«, beharrte Cheryl ungeduldig. »Auf jeden Fall kannst du nicht von einer Großstadt wie Melbourne in das hinterwäldlerische Waimanu ziehen und dich mutterseelenallein in irgendeinem Haus im Nirgendwo vergraben. Du würdest durchdrehen und dir die Pulsadern aufschneiden.«

Roeschen.tif

Als ich um die Hausecke bog und dabei eine Seite des Rasenmähers anhob, damit er nicht den Blumen am Rand des Beetes die Köpfe abrasierte, tauchte Rose an der Hintertür auf und fuchtelte wild mit den Armen. Ich schaltete den Motor aus, und sie rief fröhlich: »Josephine! Telefon!«

»Hallo?«, keuchte ich atemlos, nahm das schnurlose Telefon und lehnte mich gegen das Verandageländer. Roses Rasen fiel zu allen Seiten steil vom Haus ab, und ihn zu mähen bedeutete vor allem, das schwere Gerät mühsam hangaufwärts und über die Wurzeln von Obstbäumen zu schieben.

»Hallo?«, erklang eine Frauenstimme, die mich an einen zwitschernden Spatz erinnerte. »Ich bin Sara Rogers. Cheryl hat mich gestern angerufen und gesagt, dass du vielleicht ein Zimmer suchst.«

»Das stimmt«, antwortete ich.

»Nun, Andy und ich – Andy ist mein Mitbewohner – haben noch ein Zimmer frei. Möchtest du es dir ansehen?«

»Gerne«, sagte ich. Das traf zwar nicht ganz zu, aber nach reiflicher Überlegung war ich zu dem Schluss gekommen, dass Cheryl vielleicht doch recht hatte. »Danke.«

»Du rauchst doch nicht, oder?«

»Nein.«

»Hast du Haustiere?«

»Auch nicht.«

»Und hörst du oft laute Musik?«

»Nein«, sagte ich. »Allerdings spiele ich Tuba und koche gern nackt.«

Besorgte Stille trat ein; diese Informationen musste sie wohl erst mal verdauen.

»Sorry, war nur ein Scherz«, entschuldigte ich mich hastig. »Was hältst du davon, wenn ich vorbeikomme, damit wir uns kennenlernen können?«

»Okay.« Jetzt klang Sara etwas misstrauisch und längst nicht mehr so munter. »Wann würde es dir passen?«

Roeschen.tif

»Und?«, fragte Rose, als ich am nächsten Vormittag aus dem Auto stieg.

Ich bückte mich und streichelte mit der einen Hand einen Hund und mit der anderen das Schwein, bevor ich über den Kiesweg zur Wäscheleine ging, wo sie gerade Laken abnahm.

»Alles geklärt.« Ich nahm zwei Ecken des Lakens, das sie mir hinhielt, und half ihr, es zusammenzulegen. »Das Haus ist nicht schlecht, und die beiden sind anscheinend auch ganz in Ordnung. Ich ziehe irgendwann in der nächsten Woche dort ein.«

»Wie gut, dass ich nicht schnell beleidigt bin, sonst würde ich annehmen, dass meine Kochkünste der Grund für deinen überstürzten Umzug sind.«

»Ganz und gar nicht«, versicherte ich ihr. »Manche Leute würden Oliven und Broccoli ja als eine etwas ungewöhnliche Kombination bezeichnen, aber ich persönlich finde sie einen Beweis für kulinarische Genialität.«

»Danke«, erwiderte sie hoheitsvoll. »Komplimente hört man immer gern. Ach ja, ich habe mit deiner Mutter telefoniert – wenn du ohne dieses Haargel absolut nicht leben kannst, sag ihr Bescheid, dann schickt sie es dir nach.«

»Ich kann sehr gut ohne das Zeug leben, es taugt nämlich überhaupt nichts, wie ich leider feststellen musste«, sagte ich. »Was hast du heute noch vor?«

»Ah«, machte Rose. »Ich bin froh, dass du das fragst. Was hast du denn vor, Kindchen?«

»Deinem Ton nach zu urteilen etwas Unangenehmes.«

»Ich weiß, dass du es nicht gern tust, aber Edwin und Mildred leiden schrecklich unter der Hitze, die Ärmsten. Und Matthew hat so viel zu tun, dass ich ihn nicht damit behelligen möchte.«

Ich drehte mich um und spähte über den Zaun hinweg zu Edwin und Mildred hinüber, zwei fettleibigen Schafen, die faul unter einem Apfelbaum lagen. »Ich werde es versuchen«, sagte ich zweifelnd. »Aber ich fürchte, das Ergebnis wird nicht gerade berauschend ausfallen.«

»Nach dem Lunch schärfe ich die Wollkämme für dich«, versprach Tante Rose glücklich. »Freu dich doch, eine so vielseitig begabte junge Frau zu sein.«

»Vielseitig begabt« ist nicht unbedingt der Ausdruck, den jemand verwenden würde, der mir beim Scheren zusieht. Lange, ebenmäßige Striche mit der Handschermaschine sind nicht mein Fall; ich säbele nur aufs Geratewohl irgendwelche Wollsträhnen ab. Und Roses verwöhnte Schafe waren nicht nur extrem groß, sondern hatten überdies auch noch äußerst schlechte Manieren. Der Höhepunkt des Schauspiels war erreicht, als Edwin auf mir und der Schermaschine lag und mich wiederholt in den Bauch trat. Rose war mir auch keine Hilfe. Sie lehnte sich vor Lachen prustend gegen den Zaun und hielt sich die Seiten.

»Ich hasse dich«, rief ich ihr entgegen, als Edwin der Schreckliche sich hochrappelte und pikiert davonstakste. Seine Fettwülste schwabbelten, und lange Wollbüschel, die ich übersehen hatte, flatterten in der leichten Brise.

»Oh, Kindchen«, japste Rose, als sie endlich wieder einen Ton herausbrachte, und betupfte sich die Augen mit einem weißen Spitzentaschentuch. »Ich wünschte, ich hätte eine Videokamera dabeigehabt! Das war ein Bild für die Götter!«

Ich wischte mein schweißnasses Gesicht mit dem Saum meines T-Shirts ab. »Ich hab mir schon immer gedacht, dass du eine sadistische Ader hast. Der Sonntag soll eigentlich ein Ruhetag sein, falls dir das entfallen ist.«

»Komm, setz dich auf die Veranda und trink etwas Kaltes«, schlug sie vor.

Nach einer Flasche Corona-Bier (perfekt serviert mit einem Zitronenschnitz, da Rose Schuldgefühle plagten) auf der von Rosenduft umwehten Veranda, über die der große Magnolienbaum seinen Schatten warf, fühlte ich mich erfrischt genug, um ins Haus zu gehen und mich unter den spärlichen Wasserstrahl der Dusche zu stellen. Die nächsten zwei Stunden verbrachte ich gemütlich mit der Lektüre von Im Dutzend billiger, das ich im Bücherregal des Rosa Zimmers gefunden hatte, dann machte ich mich auf die Suche nach Rose.

Ich fand sie unter dem großen Busch im hinteren Garten. »Kann ich mir deine Gummistiefel ausborgen?«, fragte ich.

»Natürlich. Willst du zu Matthew rübergehen und ihm beim Melken helfen?«

»Ich dachte, das wäre eine gute Idee.«

»Bring ihm ein Bier mit«, sagte Rose. »Und viel Spaß.«

Ich schlurfte in Roses Gummistiefeln, die mir drei Nummern zu groß waren und in denen ich mir wie ein Yeti vorkam, die steile Auffahrt hinunter und überquerte die Straße sowie drei Weiden, um zum Kuhstall der Kings zu gelangen – ein reizloses, senfgelb gestrichenes Betongebäude mit Blick über die Abwasserteiche. Jetzt, im Spätsommer, war es im Stall angenehm kühl, aber im Winter und im Frühling pfiff der Wind von den Bergen im Süden herunter und drang einem bei der Arbeit mit eisigen Fingern oben in den Kragen.

Kurz vor dem Gipfel des Hügels blieb ich stehen, drehte mich um und betrachtete Roses Haus, das in dem unkrautüberwucherten Garten langsam verfiel. Das Gestrüpp eroberte die kleinen Koppeln zurück, die sich bis zur Straße hinunter erstreckten. In der heißen Nachmittagssonne lag alles ruhig und friedlich vor mir; das Einzige, was sich bewegte, war ein träge am Himmel kreisender Falke.

Von dort, wo ich stand, konnte ich das Haus, in dem ich aufgewachsen war, nicht sehen, da es hinter einem weiteren Hügel lag. Vor fünf Jahren hatten meine Eltern aus einer Laune heraus alles verkauft und waren nach Nelson gezogen, um Milchziegen zu züchten. Sie verdienten kaum Geld damit, aber daran waren sie als ehemalige Schaffarmer ja gewöhnt.

Ich war froh, dass mir der Anblick meines Elternhauses erspart blieb, denn die neuen Eigentümer waren offenbar sehr tatkräftig gewesen und hatten ein Gewächshaus sowie eine Stützmauer errichtet und reihenweise Yuccas angepflanzt. All dies mochten zwar Verbesserungen sein (obwohl ich das bezweifelte), aber es ist nicht leicht, von Fremden vorgenommene Veränderungen an einem Ort gutzuheißen, den man einst geliebt hat. Von meinem Standpunkt aus sah ich nur eine Ecke der hinteren Koppel und den Bach, in dem eine verschlagene alte braune Forelle gelebt hatte. Beides sah genauso aus wie früher, was ein kleiner Trost war. Ich wandte mich ab und ging rasch zum Stall hoch.

Als ich durch das Tor des Melkstands trat, besprühte Matt gerade die Euter einiger Kühe mit einem kleinen Handzerstäuber und sang dabei laut und etwas schief »Smells Like Teen Spirit« im Radio mit. Die Kühe wurden bei meinem Anblick unruhig, und Matt hob den Kopf.

»Tag«, sagte er.

»Hallo«, entgegnete ich. »Bier?«

»Es wäre unhöflich, so ein Angebot abzulehnen. Gehst du mal zur Seite?«

Ich gehorchte, und die Kühe trotteten an mir vorbei. Dann zog ich aus jeder Tasche eine Flasche Bier und reichte ihm eine davon. »Mist, ich habe vergessen, einen Öffner mitzubringen.«

»Kein Problem. Gib mir mal die andere.« Matt griff nach meinem Bier, verhakte die beiden Kronkorken ineinander und öffnete die Flaschen.

»Respekt«, bemerkte ich.

»Eines meiner wenigen Talente.« Er gab mir meine Flasche zurück und nahm einen tiefen Schluck aus seiner. »Jose, du bist ein Schatz.«

»Ich weiß«, erwiderte ich bescheiden. »Die Kühe sehen gut aus.«

»Seit wann kannst du das beurteilen?«

Ich grinste ihn an, ohne mich beleidigt zu fühlen. »Eingebildeter Affe.«

»Nein, mal im Ernst – sie sind wirklich in Topform. Ich habe die Futtermenge neu berechnet. Was hast du denn heute so getrieben?«

»Ich war ausgesprochen produktiv«, sagte ich. »Ich habe mir ein Dach über dem Kopf gesucht und die zwei grässlichsten Schafe auf diesem Planeten geschoren.«

»Mildred und Edwin? Davor konnte ich mich zum Glück seit Monaten erfolgreich drücken.«

»Deine Glückssträhne hat leider ein Ende. Das nächste Mal bist du an der Reihe. Ich hätte es beinahe nicht überlebt.«

»Wundert mich nicht. Diese hässlichen, überfütterten Viecher sind gemeingefährlich. Gute Arbeit, Jose.«

»Sie sehen ziemlich gerupft aus«, gab ich zu.

»Wen stört das schon?« Er hob eine Hand, um das Tor vorne an der Schranke zu schließen, und die erste Kuh stellte sich in Position. »Übrigens – es ist schön, dich wieder zu Hause zu haben.«

»Danke.« Der Kloß, der sich ungefähr seit einem Monat in den unpassendsten Momenten in meiner Kehle bildete, hielt es nun für den geeigneten Zeitpunkt, sich wieder einmal zu melden. Ich trank hastig einen großen Schluck Bier, um ihn herunterzuspülen, was keine gute Idee war, weil ich mich prompt verschluckte und Matt mir auf den Rücken klopfen musste. »D… danke«, stammelte ich.

»Keine Ursache.« Er nahm der ersten Kuh links die Saugnäpfe ab und schob sie auf das Euter der ersten Kuh rechts, einem großen, fetten rotbraunen Tier, das aussah, als wäre es hundert Jahre alt. Ohne den Blick von seiner Tätigkeit zu wenden, fragte er beiläufig: »Hast du eine harte Zeit hinter dir, Jo?«

»Eine ziemlich harte.« Ich stellte die Bierflasche ab und begann den nächsten Satz Saugnäpfe zu wechseln, obwohl die Kuh die unvertrauten Hände an ihrem Euter mit unwilligen Schwanzschlägen quittierte. Wenn ich näher auf das Thema einginge, würde ich wahrscheinlich in Tränen ausbrechen, und das würde uns beide in Verlegenheit bringen. »Ich bin dir keine große Hilfe, du kommst ohne mich schneller voran.«

»Unsinn«, widersprach er. »Außerdem mag ich es, wenn du mir Gesellschaft leistest.«