Dreifach konzentriert

Alles ließ damals vermuten, daß es auch für die Tomaten ein außergewöhnliches Jahr werden sollte. Doch es fing eines schönen Tages zu regnen an und hörte nicht mehr auf, und die Tomaten, die gerade reiften und nur Sonne benötigten, schrumpften somit und hingen traurig zu Boden.

Cometti biß sich in die Hände, als er die ersten Ladungen Tomaten in die Fabrik kommen sah. Cometti war ein anständiger Kerl, der lieber, als wertlosen Dreck zu verpacken, großen Schaden erleiden wollte: Er konnte dieses Zeug einfach nicht in die Dosen stecken und gab die Anordnung, eine strenge Auswahl zu treffen. Es blieb ihm recht wenig übrig, und als die Tomaten verarbeitet waren, kam ihm das Heulen. »Dieses Zeug zu verpacken, dafür sind die Dosen und der gute Ruf zu schade«, sagte er zum Abteilungsleiter. »Wenn sich die Ernte bessert, dann werden wir mit den neuen Produkten die alten in Ordnung bringen. Wenn die Ernte so weitergeht, werden wir alles wegwerfen, die alten und die neuen Tomaten.«

Die Bovara-Fabrik war klein, arbeitete jedoch besser als alle anderen, und das dreifache Konzentrat »Drei Herzen« genoß das volle Vertrauen einer anhänglichen und deshalb wählerischen Stammkundschaft. Cometti konnte deshalb nicht mogeln und erlebte in jenem Jahr die schlimmsten Tage seines Lebens.

Um vier Uhr morgens saß er schon im Auto und mühte sich den ganzen Tag bis zum letzten Sonnenstrahl ab, um von einem Gut zum anderen zu fahren und die Tomaten auf den Feldern zu begutachten. Wenn die Tage aus vierundzwanzigtausend Stunden bestanden hätten, dann hätte Cometti die Tomaten Pflanze für Pflanze kontrolliert, denn er glaubte, daß eine Tomate allein durch die Tatsache, vom Besitzer der Fabrik angesehen zu werden, nicht anders konnte, als sich zu verbessern. Der Cometti war nämlich der Meinung, daß sein Augenlicht der Tomate jene Wärme geben würde, die ihr die Sonne verweigerte.

Außer den Tomaten mußte man dann auch die Bauern kontrollieren. Das waren alles brave, anständige Leute, die aber, wenn es um Geld ging, alle Vernunft verloren. Und Cometti wußte aus Erfahrung, daß dies gerade ein kritischer Moment war.

Wenn die Tomatenernte schlecht ist, dann möchten alle Konservenfabriken gesunde Früchte, um das Produkt aufzubessern, das aus den schlechten Früchten gewonnen wurde. Deshalb zahlen sie jede Summe für gute Tomaten, und der Bauer, der vertraglich an die Fabrik X gebunden ist, versucht, die minderen Tomaten an die Fabrik X abzuliefern und heimlich die ausgewählten Früchte an eine andere Fabrik zu verkaufen. In der kritischen Phase der Tomaten fahren nachts in den Nebenstraßen der Bassa geheimnisvolle Lastwagen, die plötzlich in einen Feldweg einbiegen und in den Äckern verschwinden, um dann an jene Stellen zu gelangen, wo sie Leute erwarten, die dann die Kisten voll Tomaten aufladen. Und wenn dann die Schmuggelware geladen ist, fahren die Lastwagen weiter und verlieren sich im Dunkel.

Cometti hielt die Augen weit offen, und als der kritische Moment gekommen war, bemerkte er es sofort: Die Tomaten auf den Feldern zeigten deutliche Spuren einer Verbesserung, wenn man dann aber die Produkte ansah, die in die Fabrik kamen, schien alles gleichgeblieben zu sein. Er fuhr auch nachts und schickte zwei Feldhüter herum, und so konnte er einige verräterische Bauern auf frischer Tat ertappen und große Ladungen ausgewählter Früchte sicherstellen, die schon zur Übersiedlung bereit waren.

Damit gelang es ihm, so manches Leck seines Bootes zu schließen, aber nicht jedes. Und ein solches offenes Leck war natürlich das von Filotti. Filotti war der wichtigste Bauer, und wie sehr auch Cometti an Filottis Pflanzen einen stetigen Qualitätsgewinn feststellte, so kamen doch in die Fabrik weiterhin nur mindere Produkte.

Cometti wollte einen Zusammenstoß mit Filotti vermeiden und versuchte es auf alle erdenkliche Art, es ihm im Guten zu verstehen zu geben. Da jedoch die Sache kein Ende zu nehmen schien und der Aderlaß die gesamte Produktion zu beeinträchtigen drohte, beschloß Cometti, mit starker Hand vorzugehen. Er rief die Feldhüter:

»Laßt den Rest sausen und kontrolliert den Filotti Tag und Nacht.«

Die zwei machten ein wenig erfreutes Gesicht.

»Ist was nicht in Ordnung?« erkundigte sich Cometti.

»Wir wagen es nicht, uns in Unannehmlichkeiten zu stürzen.«

»In Unannehmlichkeiten?« schrie Cometti: »Ist denn Filotti nicht wie alle anderen?«

»Er schon«, antwortete der eine, »aber da ist jemand mit im Spiel, auf den wir sehr gern einen Flintenschuß abgeben würden, dem wir aber aus persönlichen Gründen lieber nicht begegnen möchten.«

»Also gut«, rief Cometti, »dann übernehme ich das. Ihr setzt euren üblichen Dienst fort.«

Kaum war die Sonne hinter den Pappeln in den großen Fluß gestürzt, fuhr Cometti los. Um nicht aufzufallen, nahm er nicht das Auto, sondern sprang aufs Motorrad des Abteilungsleiters und segelte kreuz und quer. Filottis Gut befand sich am Ende der Welt, war völlig abgeschieden, und um zum Hof zu gelangen, mußte man, sobald die Gemeindestraße zu Ende war, eine Allee von mehr als einem Kilometer Länge durchfahren. Das war der einzige fahrbare Weg, der von Filottis Hof fortführte. Und als Cometti die Hälfte der Allee erreicht hatte, versteckte er das Motorrad im Straßengraben und wartete hinter dem Stamm einer jener großen Pappeln, die den Weg säumten.

Vier volle Stunden mußte er warten, aber er wartete nicht umsonst. Denn tatsächlich kam gegen Mitternacht mit abgedrehten Scheinwerfern ein Lastwagen aus der Richtung von Filottis Hof. Cometti ließ ihn vorbeifahren, um sich zu vergewissern, daß es sich um eine Ladung Tomaten handelte, und als er sich vergewissert hatte, schwang er sich auf das Motorrad, fuhr hinter dem Lastwagen her und überholte ihn. Gestikulierend und brüllend gab er dem Fahrer zu verstehen, daß er anhalten sollte. Der Lastwagen blieb stehen, und der Fahrer streckte den Kopf aus dem Fenster der Kabine heraus.

»Was gibt’s?«

Cometti trat näher.

»Stehengeblieben!« schüchterte er den Fahrer ein. »Nachts gefällt mir diese ganze Unordnung nicht.«

Der Begleiter des Fahrers saß verteidigungsbereit am Fenster auf der anderen Seite des Lastautos. Das Licht einer Taschenlampe fiel auf Comettis Gesicht, der stehengeblieben war. Das Licht verlöschte, und der Fahrer stieg aus.

»Was wollen Sie?« fragte er drohend.

»Ich möchte wissen, wohin diese Tomaten gelangen.«

»Wohin es mir gefällt. Das sind meine Angelegenheiten.«

»Das sind doch wohl mehr meine als Ihre Angelegenheiten, denn diese Tomaten habe ich gekauft, und sie stehen mir zu.«

»Ich weiß nicht einmal, wer Sie sind, räumen Sie den Weg.«

»Ich dagegen weiß, wer Sie sind, Herr Bürgermeister«, antwortete Cometti.

»Der Bürgermeister empfängt morgen im Rathaus. Hier gibt es keine Bürgermeister, und es kann auch hier keine Rede sein von solchen Bürgermeistern.«

»Schon gut, Herr Bottazzi, reden wir über Tomaten.«

Peppone fing an zu lachen.

»Reden Sie darüber mit jemandem, der mit Tomaten handelt. Ich bin Fahrer und arbeite für den, der mir Arbeit gibt.«

»Da aber derjenige, der Ihnen Arbeit gibt, Filotti heißt…«

»Nichts da! Was hat der Filotti damit zu tun?«

»Er hat aus dem einfachen Grund damit zu tun, weil Sie von Filottis Hof kamen, wo Sie diese Tomaten aufgeladen haben.«

Peppone grinste:

»Schmächtiger«, brüllte er, »da ist ein Typ, der behauptet, daß wir diese Tomaten bei Filotti aufgeladen haben!«

»Er ist verrückt!« antwortete der Schmächtige, zum Fenster herausschauend. »Das sind Tomaten, die wir in Cremona aufgeladen haben und denen wir eine touristische Rundreise bieten, damit sie die kulturellen Sehenswürdigkeiten unserer Gemeinde bewundern können.«

Der Witz erheiterte Peppone, der sich vor Lachen auf den Bauch klopfte.

»Sie haben Lust zu scherzen, ich aber nicht«, erwiderte Cometti, »diese Tomaten gehören mir und müssen in meine Fabrik gebracht werden. Ich sage Ihnen, wie die Dinge stehen: Sollten die Tomaten nicht in meine Fabrik kommen, dann werden auch Sie für den Schaden verantwortlich sein, den mir Filotti durch seinen Gaunertrick verursacht.«

Peppone zog sich die Hutkrempe in die Stirn, näherte sich Cometti, packte ihn am Hemd und nagelte ihn am Stamm der großen Pappel fest, vor der der Mann stehengeblieben war.

»Reizen Sie nicht mein Gemüt, jetzt nicht und nie, oder ich nütze die Gelegenheit, um eine alte Rechnung zu begleichen, die zwischen uns noch offen ist.«

Cometti, der dünn wie ein Nagel war, atmete nur sehr mühsam. »Die Politik hat damit nichts zu tun!« stotterte er.

»Sie hätte auch nicht ins Spiel gebracht werden sollen, als Sie als der, der Sie damals waren, mir jenen gewissen Besuch abgestattet haben. So geht es also doch um Politik. Ich will aber nichts mehr mit Ihnen oder mit Ihrer Familie oder mit den Leuten Ihres Betriebs zu tun haben.« Er lockerte den Griff nicht, sondern preßte den Unglücklichen noch fester an den Stamm der Pappel. Dabei schrie er:

»Schmächtiger, bearbeite sein Motorrad. Dieser Kerl hat Lust, einen Spaziergang zu Fuß bis nach Hause zu machen.«

Der Schmächtige stieg aus, ließ die Luft aus den Reifen des Motorrads, schraubte den Verschluß des Benzintanks auf und legte das Fahrzeug auf den Boden.

»Hier gibt es keine Zeugen«, sagte Peppone finster, »und ich könnte Ihnen die Haut abziehen und sie auf den Grund des Stivone werfen. Ich begnüge mich damit, Sie zu warnen, daß ich Ihnen, wenn Sie mir direkt oder indirekt noch einmal zwischen die Füße kommen, die Eingeweide herausziehe und sie Ihnen um den Hals wickle, so daß Sie sich daran Ihre Urkunde vom>Marsch auf Rom<hängen können.«

»Ich habe nichts Schlimmes getan«, keuchte der Unglückselige, »damals habe ich Ihnen nur das gesagt, was ich Ihnen sagen mußte.«

»Der Ton macht die Musik!« schrie Peppone: »Wenn ich noch immer ein Angestellter Ihrer dreckigen Fabrik wäre, dann redeten Sie jetzt sicher nicht mit dem Ton von damals mit mir.«

»Wenn Sie ihre Arbeit so schlecht wie damals machten, dann würde ich Ihnen auch heute dasselbe sagen.«

»Schluß! Die Diskussion ist beendet«, sagte Peppone und ließ den Unglücklichen los. »Schmächtiger, starte den Motor.«

»Ich wundere mich, daß Sie den Komplizen abgeben für den Weltmeister unter all denen, die Ihre Partei>Ausbeuterbauern< nennt.«

»Ich bediene mich eines Mistkerls, um einem anderen Mistkerl Schaden zuzufügen. Geben Sie auf Ihre Hühneraugen acht und sagen Sie Ihren Tölpeln, daß sie mir fernbleiben sollen, denn wenn sie schießen, schieße ich zuallererst.«

Er stieg in den Lastwagen, knallte mit einem teuflischen Schlag die Tür zu und schaltete den Gang ein.

Cometti kam gegen zwei Uhr nachts nach Hause, und seine Frau, die noch wach war und auf ihn wartete, blieb die Luft weg, sobald sie ihn sah.

»Was ist mit dir passiert?«

»Nichts.«

Wenn man den Frauen sagt, daß nichts passiert ist, dann ist das eben gerade der Moment, wo sie alles von A bis Z wissen wollen. Cometti mußte also alles nach Strich und Faden erzählen. Am Ende rief seine Frau:

»Laß den Filotti sausen und auch den anderen Mistkerl. Mach mir keine Scherereien, setze doch Fabrik und Familie keinen Repressalien aus.«

»Ich lasse alles sausen«, erwiderte Cometti betrübt. »Ich bin müde und kann nicht mehr. Ich bin allein gegen alle. Ich schließe die Bude. Irgendein Heiliger wird mir schon helfen. Wenn Paolo statt zwölf zwanzig wäre, dann überlegte ich keinen Augenblick und schiffte mich nach Argentinien ein. Da hätte ich das Gefühl, wieder jung zu werden. Jetzt scheint es mir, daß ich nicht mehr fünfzig Jahre, sondern ein Jahrhundert alt bin. Armer Paolino… Sieh zu, daß er nichts zu hören kriegt. Er hat noch das ganze Leben vor sich, um sich seine Seele zu verzehren.«

Aber Paolino fing gerade an, sich seine Seele zu verzehren, denn er hatte Wort für Wort alles gehört.

Am nächsten Abend kam Peppone wieder zu Filottis Hof, weil eine weitere Ladung bereit war. Mit vollbeladenem Lastauto machte er sich auf den Rückweg. Er war sicher, daß Cometti die Vorwarnung genau verstanden hatte. Auf alle Fälle gab es den Schmächtigen, der diesmal nicht mit ihm in der Fahrerkabine saß, sondern mit dem Motorrad als Kundschafter vorausfuhr. Alles schien bestens zu klappen, und es gab den glänzendsten Augustmond, der sich jemals am Himmelfenster gezeigt hatte. Peppones »Dodge« fuhr mit vollen Segeln durch die Pappelallee und kam sehr bald zur Einfahrt in die Gemeindestraße. Hier mußte man die sehr enge Kurve, wollte man nicht im Graben landen, im Schneckentempo und mit der Kupplung fahren. Und es geschah gerade in der Kurve: Die rechte Wagentür ging auf, und jemand huschte in die Kabine. Peppone hielt das Auto an und drehte sich um, damit er den Unbekannten packen und zermalmen konnte. Aber er spürte nichts oder fast nichts in seinen Händen, und als er den Griff lockerte, fragte er:

»Von wo kommste denn du her, du Tölpel?«

Der Unbekannte antwortete nicht.

»Und nun? Was willst du?«

»Könnten Sie mich bitte nach Hause bringen?« fragte eine zögernde Kinderstimme.

Peppone zuckte die Achseln:

»Wo wohnst du?«

»In der Bovara.«

»Dort fahr ich nicht vorbei«, erklärte Peppone.

»Das ist nicht wahr, mein Herr.«

Von einer so freundlichen zarten Stimme mit »Herr« angeredet zu werden brachte Peppone in Verlegenheit.

»Warum sagst du, daß es nicht wahr ist?« fragte er.

»Weil Sie gerade die Tomaten des Herrn Filotti zur Fabrik bringen, und die Fabrik ist in der Bovara.«

Peppone schaltete das Lämpchen am Armaturenbrett ein und sah dem kleinen Jungen ins Gesicht.

»Wie heißt du?« fragte er mit zusammengebissenen Zähnen.

»Paolo Cometti.«

Peppone löschte das Lämpchen.

»Wer hat dich hierher geschickt?« fragte er mit dumpfer Stimme.

»Niemand, Herr! Ich schwöre es. Ich bin weggelaufen, ohne daß jemand davon erfahren hat. Gestern abend war ich noch wach, als Papa mit Mama sprach, und ich habe alles gehört.«

»Das sind Dinge, die dich nichts angehen«, schrie Peppone grob:

»Ich weiß von nichts. Ich weiß nur, daß ich nicht bei der Bovara vorbeikomme.«

In diesem Moment erschien der Schmächtige, der sich energisch der Tür des Lastwagens näherte.

»Chef, was ist los mit dir?«

»Schmächtiger, nimm dieses Kind und bring es in die Bovara. Dann kommst du mir nach.«

Der Junge rührte sich nicht.

»Beeil dich!« sagte Peppone zu ihm: »Ich habe keine Zeit zu verlieren.«

Der Junge blieb weiterhin reglos stehen. Da riß Peppone die Tür auf, hob den Jungen hoch und reichte ihn dem Schmächtigen weiter. Aber der Schmächtige war nicht schnell genug, um ihn zu packen, und der Junge entschlüpfte ihm und lief eilig fort.

»Geh zur Hölle!« schrie Peppone, »du und deine ganze Sippe!«

Der Schmächtige übernahm wieder seinen Kundschafterdienst, und Peppone setzte den Motor des Dodge aufs neue in Gang und fuhr weiter.

Nach dreihundert Metern holte er den Jungen ein, der sich flink am Straßenrand fortbewegte. »Flink« ist untertrieben, denn so sehr sich Peppone auch anstrengte, er konnte ihn nicht überholen und blieb stets hinter ihm. Diese Geschichte ging fünfhundert Meter lang so weiter. Und das Phänomen wurde noch einzigartiger, als der Junge stehenblieb. Denn da blieb nämlich auch der Dodge stehen. Peppone verlor die Geduld. Er sprang aus der Fahrerkabine, trat dem Jungen entgegen und brüllte:

»Wenn ich dein Vater wäre, dann würde ich dich ohrfeigen!«

»Warum?« fragte der Junge schüchtern.

Peppone war auf eine solche Frage nicht gefaßt und fand keine passende Antwort.

»Warum bist du nicht aufs Motorrad gestiegen?« brummte Peppone, um sich aus der Affäre zu ziehen.

»Ich hab das Fahrrad mit«, erklärte der Junge: »Ich hab es hier hinter dem Gebüsch gelassen.«

Der Junge ging über die kleine Brücke eines Feldwegs und erschien bald wieder mit einem Fahrrad an der Hand.

»Gute Nacht«, sagte der Junge, stieg in den Sattel und begann zu treten. Peppone stieg wieder ein und setzte den Dodge in Gang.

Was diesem verdammten Dodge nun im Magen lag, konnte er nicht begreifen: Tatsache war jedenfalls, daß er fast fünf Kilometer benötigte, um den Jungen einzuholen, und er hatte nicht einmal die Genugtuung, ihn zu überholen; er war gerade dabei, den Jungen zu erreichen, als dieser wegflitzte und in einem Seitenweg verschwand.

Und da Peppone bemerkte, daß er sich gerade vor dem Platz mit der Waage der Bovara-Fabrik befand, bremste er den Dodge, stieg aus und begann zu brüllen wie ein Besessener, daß er keine Zeit zu verlieren hätte und daß sie sich beeilen sollten, dieses Krebsgeschwür von Tomaten abzuwiegen und ihnen die Tomaten dort im Hof auftischen. Sie kamen zu zehnt, um die Ladung abzuwiegen und die Kisten auszuladen. Als sie die Empfangsbestätigung hinreichten, schüttelte Peppone nur den Kopf:

»Gebt es doch dem Filotti, ich habe keine Gelegenheit mehr, bei ihm vorbeizuschauen.«

Während Peppone sich anschickte, in den leeren Lastwagen zurückzukehren, erschien Cometti, der den ganzen Lärm und das Geschrei gehört hatte, daraufhin aus dem Bett gesprungen war und sich in aller Eile angezogen hatte.

»Was ist los?« fragte er.

»Nichts«, antwortete ihm Peppone, ohne sich umzudrehen.

Als er wieder in die Kabine gestiegen war, beugte er sich vor und erklärte dem Cometti mit leiser Stimme:

»Zuerst bediente ich mich des Mistkerls A, um dem Mistkerl B eins auszuwischen. Jetzt bediene ich mich des Mistkerls B, um dem Mistkerl A eins auszuwischen. Ändert man die Anordnungen des Bauern, so ändert man doch das Produkt nicht.«

Er fuhr mit Vollgas weg, machte dabei eine Kehrtwendung, die einem die Luft wegnahm, und erwischte ganz knapp die Ausfahrt.

»Chef!«

Kaum war er auf der Straße, mußte er bremsen, weil der Schmächtige ihn gerufen hatte.

»Chef«, stotterte der Schmächtige, »seit mehr als einer Stunde suche ich dich schon.«

»Und hast du mich gefunden?«

»Ja, Chef.«

»Gut. Dann kannst du aufhören, mich zu suchen.«

Inzwischen war mit all diesen Geschichten der Morgen angebrochen, und Peppone bemerkte, als er nach dem kleinen Weg schaute, in dem der Junge verschwunden war, daß dieser Weg etwa fünf Meter lang war und zum Eingang einer kleinen Villa führte. Er bemerkte auch, daß an einem Fenster im ersten Stock sich der bekannte Junge zeigte.

»Da gibt’s nichts zu lachen!« brummte Peppone und legte den Gang ein. In Wirklichkeit lachte der Junge gar nicht, sondern er lächelte nur. Aber Peppone war ein Extremist und führte alles zur Übertreibung. Der Dodge fuhr mit einem Satz a la Alfa Romeo los, und der Schmächtige sah ein, daß er, auch wenn er darüber nachdachte, rein gar nichts verstand. Er stieg aufs Motorrad und ging murmelnd zu Bett:

»Glauben, gehorchen und kämpfen. Wo die Vernunft nicht ausreicht, da tritt der Glaube an die heilige Sache der Revolution ein.«

Der Glaube trat ein und geleitete den Schmächtigen in den Schlaf. Schlaf gut, Genosse.