VIII

»Du darfst ihn da nicht allein hinlassen, Hank.« Pfarrer Schoenberg schob sich ein Stück Schmorbraten in den Mund, kaute bedächtig und fuhr fort: »Dekker bringt ihn um.«

»Keine Sorge.« Ich saß neben Onkel Hank. Mrs Schoenberg hatte wie immer superlecker gekocht – Schmorbraten mit Möhrchen und Reibekuchen mit selbst gemachtem Apfelmus –, aber ich bekam kaum etwas herunter und alles schmeckte wie Sägespäne.

Das soll jetzt nicht heißen, dass ich die Einladung nicht zu würdigen wusste. Am Morgen in der Kirche hatten sich alle Blicke wie Laserstrahlen in meinen Rücken gebohrt und sämtliche Gespräche waren verstummt, als wir unsere Plätze einnahmen. Es brauchte keiner etwas zu sagen, ich wusste auch so, was alle dachten. Es hatte sich längst herumgesprochen, dass ich gestern bei Eisenmanns Scheune in Ohnmacht gefallen war. Jetzt waren meine Arme verpflastert und auf der Stirn hatte ich eine schwarze Naht. Mit ihrer Einladung hatten die Schoenbergs sozusagen ein Zeichen setzen wollen.

Sarah saß mir gegenüber. »Pass bloß auf. Karl Dekker ist der Typ, der jemanden fertigmacht und es so hinbiegt, dass es wie ein Unfall aussieht.«

»Recht hat sie. Wir kennen den Knaben ja inzwischen ganz gut.« Der pausbäckige Pfarrer lehrte Theologie an der Außenstelle der Universität Wisconsin in Ashbury. Er hatte eine Vorliebe für Bücher, Tratsch und Rotwein. »Du hast Glück gehabt, dass Justin gerade zur Stelle war, als du umgekippt bist.«

»Ich finde, Christian hat überhaupt Glück gehabt, Punkt«, mischte sich Mrs Schoenberg ein. Sie war Tante Jeans beste Freundin gewesen und achtete seit ihrem Tod darauf, dass Onkel Hank und ich alle vierzehn Tage eine ordentliche Mahlzeit zu uns nahmen. »Aber das Glück ist flüchtig, Hank.«

»Ich weiß, Miriam.« Onkel Hank ließ sich vom Pfarrer Wein nachschenken. »Ich habe schon mit Justin Brandt gesprochen. Von nun an bleibt er in der Nähe, wenn Christian die Scheune streicht.«

»Nicht nötig«, sagte ich. »Ich kann allein auf mich aufpassen.«

Das wurde natürlich überhört. Wahrscheinlich hätten sie es mir sowieso nicht abgenommen, nach allem, was schon vorgefallen war.

Ich nahm es mir ja selber nicht richtig ab.

+ + +

Die Erwachsenen sprachen die ganze Angelegenheit noch einmal lang und breit durch, aber irgendwann wechselte Pfarrer Schoenberg das Thema: »Was ist das eigentlich für eine Geschichte mit der Leiche in der alten Ziegler-Villa?«

Sarah spitzte sofort die Ohren. »Was für eine Leiche?«

»Es soll sich angeblich um ein Baby handeln.«

»Ein Baby?« Sarah blickte erst ihren Vater an und dann Onkel Hank. »Ein Säugling oder ein Kleinkind?«

»Das kann ich dir auch nicht sagen …« Onkel Hank sah den Pfarrer eindringlich an und schüttelte den Kopf. »Ich darf nicht darüber reden, Steve, die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.«

Der Pfarrer erwiderte verständnislos: »Die Sache ist doch schon ewig her.«

»Auch das steht noch nicht endgültig fest. Jedenfalls darf ich nicht darüber sprechen.«

»Ich habe gehört, dass jemand aus Madison herkommt«, ging Pfarrer Schoenberg einfach darüber hinweg. (Ich kannte dieses Spielchen schon: Schoenberg ist neugierig. Mein Onkel sagt, er darf über irgendwas nicht sprechen. Und der Pfarrer spekuliert munter drauflos, bis er irgendwann doch erfährt, was er wissen will.) Schoenberg schenkte Onkel Hank noch einmal Wein nach. »Zur Spurensicherung, heißt es.«

Onkel Hank zuckte die Achseln. »Nur die Rechtsmedizinerin und ihr Team. Bis sie kommt, dauert es aber noch eine Weile, also immer mit der Ruhe. Der hiesige Leichenbeschauer meint, das tote Kind liegt schon sehr lange dort.«

Mrs Schoenberg zog die Augenbrauen hoch. »Immer mit der Ruhe? Also wenn das mein Haus wäre, würde ich mich darum kümmern, dass die Leiche so schnell wie möglich wegkommt. Ich würde ins Hotel ziehen! Ist die Besitzerin denn nicht fix und fertig mit den Nerven?«

»Nein. Sie ist … eine ungewöhnliche Frau.«

Mrs Schoenberg horchte auf. »Ich kann mich nicht entsinnen, dass du jemals eine Frau ›ungewöhnlich‹ genannt hättest, Hank.«

Onkel Hank lachte verlegen. »Ich wollte damit nur ausdrücken, dass sie … den Fund der Leiche eher spannend findet. Sie ist ganz wild darauf, etwas über die Geschichte ihres Hauses zu erfahren.«

»Über die Spukvilla? Wie lange hat das alte Gemäuer leer gestanden? Zwanzig Jahre?«

»Mindestens. Soviel ich weiß, hat der erste Besitzer, Mort Ziegler, sein letztes Hemd verloren, als um 1890 mit Sandstein keine Geschäfte mehr zu machen waren.«

»Gibt es denn keine alten Unterlagen?«, fragte Pfarrer Schoenberg.

»Wenn doch, sind sie nicht aufzufinden. Schon komisch, dass die Villa die ganze Zeit leer gestanden hat. Es ist ein wunderschönes Haus in erstklassiger Lage. Ich habe erst mitbekommen, dass es zu verkaufen war, als die neue Besitzerin eingezogen ist.«

»Muss ein Vermögen kosten, den alten Kasten zu heizen. Bestimmt muss auch die ganze Elektrik erneuert werden. Wurde die Leiche dabei gefunden?«

»Ja, bei der Renovierung. Die Arbeiter mussten im zweiten Stock die alte Dämmung rausreißen und wollten das Mauerwerk ausbessern. Die Leiche wurde entdeckt, als sie den alten Kamin ausgebaut haben. Die Kollegen aus Madison wollen das Haus jetzt noch mal vom Dach bis zum Keller mit Bodenradar absuchen, außerdem das ganze Grundstück. Womöglich erleben sie noch mehr Überraschungen.«

»Hat man denn schon eine Vermutung, wessen Kind das war?«

Onkel Hank schüttelte den Kopf. »Ich tippe auf ein längst verstorbenes Dienstmädchen. Um die Jahrhundertwende haben sich die wohlhabenden Leute nicht groß darum gekümmert, wie es ihren Angestellten ging. Es wäre auch niemandem aufgefallen, wenn sich ein Dienstmädchen eine Weile nicht in der Stadt blicken ließ. Trotzdem sollte man denken, dass es Gerüchte gegeben hätte.«

Sarah mischte sich ein: »Ich hab letztes Jahr in Geschichte ein Referat über Aberglauben gehalten, weißt du noch, Dad? Ich durfte für die Recherche deinen Uni-Account benutzen. Egal, jedenfalls gab es früher in Deutschland den gruseligen Brauch, dass man beim Bau einer Burg ein lebendiges Kind mit einmauern musste, um Unglück und böse Geister fernzuhalten.«

»Das kann ich nicht glauben«, sagte ihre Mutter.

»Doch! Es gab eine Burg namens Vestenberg, da hat der Maurer extra einen Sitz für einen kleinen Jungen in die Wand eingebaut. Angeblich haben sie dem Kleinen einen Apfel geschenkt, damit er nicht weint. Dann wurde er eingemauert. Beim Bau einer Kirche in einem anderen Dorf war es genauso. Ich hab übrigens eine Eins für das Referat gekriegt.«

»Das ist ja abscheulich«, befand Mrs Schoenberg.

Der Pfarrer schüttelte den Kopf. »Ich würde eher sagen, es ist ein Brauch, den wir heutzutage nicht mehr nachvollziehen können. Die Religionsgeschichte ist voller abergläubischer Bräuche, die uns heute unsinnig vorkommen, für die Menschen damals aber völlig einleuchtend waren. Im Grunde ist es mit Jesus Christus doch nicht viel anders.«

»Wie kommst du denn jetzt darauf?«, fragte Onkel Hank.

»Nun ja … Gott opfert sein Kind und es nimmt unsere Sünden mit ins Grab. Darin muss ein tieferer Sinn liegen.« Der Pfarrer biss von seinem Brötchen ab, kaute nachdenklich und trank einen Schluck Wein nach. »Hältst du einen Zusammenhang für möglich, Hank? Fast alle Einwohner von Winter haben deutsche Vorfahren. Vielleicht haben die ja ein paar urtümliche Bräuche aus ihrer alten Heimat mitgebracht.«

»Ich würde sagen, das hängt davon ab, wie die Kollegin die Leiche datiert.«

»Kann ich bei der Untersuchung zuschauen?«, erkundigte sich Sarah.

»Kommt nicht infrage«, sagte Mrs Schoenberg entschieden.

»Warum nicht?«

»Weil das makaber ist, darum nicht.«

»Aber Mom, das ist Wissenschaft! Was glaubst du denn, was Archäologen und Paläontologen machen? Vielleicht will ich ja mal Rechtsmedizinerin werden.«

»Gutes Argument«, meinte ihr Vater. »Es ist doch nichts Schlimmes dabei, Miriam.«

»Bitte, Hank!« Mrs Schoenberg sah meinen Onkel hilfesuchend an. »Erklär Sarah, dass sie dabei nichts zu suchen hat.«

Onkel Hank wand sich. »Offen gestanden wüsste ich nicht, was dagegen spricht, Miriam. So etwas ist doch hochinteressant, und ich habe schon öfter erlebt, dass die Rechtsmediziner Studenten mitbringen. Sie sind es gewöhnt, dass junge Leute dabei sind. Natürlich muss ich die Kollegin erst fragen. Wenn sie nichts dagegen hat … mir soll’s recht sein.«

Sarah strahlte. »Super!«

»Schönen Dank auch, Hank!« Mrs Schoenberg schob ihren Stuhl zurück. »Möchte jemand Kuchen?«

+ + +

Wir halfen abwaschen, dann forderte Sarah mich auf: »Komm, wir gehen raus.«

Wir liefen hinters Haus. Dort gab es ein Schaukelgerüst aus verwitterten Zedernpfosten und zwei schwarzen, an Ketten aufgehängten Plastiksitzen. Daneben stand eine ramponierte grüne Rutsche. Unter der Schaukel war eine tiefe Kuhle im Boden, weil sich im Lauf der Jahre unzählige Kinder mit den Füßen abgestoßen hatten. Die Sitze sahen ziemlich klein aus und waren tatsächlich ein bisschen eng. Als ich mich draufsetzte, musste ich die Beine waagerecht ausstrecken. Trotzdem war es nett, hier draußen zu sein. Wie früher. Mir fiel auf, dass Sarah sich zum ersten Mal seit einer Ewigkeit Zeit nahm, mit mir zu reden.

Sie ließ sich auf die Schaukel neben mir plumpsen. Die verrosteten Ketten quietschten. »Glaubst du, dein Onkel hält sein Versprechen?«

»Schon. Aber es ist wirklich ein bisschen … gruselig.«

»Ach Quatsch. Das sagst ausgerechnet du! Wenn es wirklich klappt, kann ich vielleicht mein Geschichtsreferat darüber schreiben, da soll es ja um irgendwas Heimatkundliches gehen. Das würde doch total gut passen. Kommst du auch mit zu der Untersuchung?«

»Mal sehen.«

Sie sah mich an. »Warum hast du das gemacht?«

Sie meinte die Sache mit der Scheune. »Ich hab echt keine Ahnung. Ich kann mich nicht mal dran erinnern, dass ich irgendwas gemacht habe.«

Und dann erzählte ich ihr die ganze Geschichte. Frag mich nicht, wieso. Na ja, einiges ließ ich weg: das mit dem Zwiebelturm auf meiner gezeichneten Stadtansicht zum Beispiel und dass ich ganz plötzlich im Körper eines anderen Jungen gelandet war. Die Träume auch. Es war trotzdem schön, mit jemandem darüber zu reden. Eigentlich hätte ich mit dem Psychiater darüber sprechen müssen. Aber den kannte ich ja noch gar nicht, und Sarah saß neben mir und wir kannten uns schon so lange. Allerdings war dann das mit Miss Stefancyzk passiert, Sarah war beliebt geworden und ich hatte angefangen, die andere Seite zu malen.

Sie schlang die Arme um die Ketten, stieß sich sachte mit den Füßen ab und hörte mir zu. Dann sagte sie: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass die dir was anhängen können, wenn du schlafgewandelt bist. In Psychologie haben wir gelernt, dass Schlafwandeln ein Anzeichen für eine Hirnerkrankung sein kann, wie Krampfanfälle und so was. Sollst du denn zum Arzt gehen?«

»Keine Ahnung.« Ich scharrte mit der Turnschuhspitze Linien in die Kuhle unter der Schaukel. »Die haben lauter Tests mit mir gemacht.«

»Echt?« Ich erzählte ihr davon, und sie nickte. »Der mit den immer gleichen Fragen, das war ein MMPI. Das ist ein Persönlichkeitstest, bei dem festgestellt werden soll, ob jemand lügt oder an einer psychischen Erkrankung leidet. Die wollten bestimmt rausfinden, ob du paranoid bist.«

»Also das hat schon mal geklappt!«

»Bei dem Rorschachtest mit den Tintenklecksen geht es auch um psychische Störungen. Schizophrene und manisch Depressive hören ja manchmal Stimmen und drehen dann total ab. Meinst du, die Psychologen denken, du bist geisteskrank?«

Das war mir ein bisschen zu dicht an der Wahrheit. »Ach, mich halten doch sowieso alle für gestört.«

»Na ja … du malst dauernd diese Bilder und Augen … das ist schon ein bisschen zwanghaft. Aber viele Künstler bewegen sich in diesem Grenzbereich.«

»Ach ja?«

»In unserem Psychologiebuch war ein ganzes Kapitel über Kreativität und Wahnsinn. Proust war manisch-depressiv, Virginia Woolf hat sich umgebracht, Sylvia Plath und Anne Sexton auch. Edvard Munch hat seine berühmtesten Bilder erst gemalt, als er krank wurde. Und van Gogh war sowieso verrückt.«

»Na, da fühl ich mich doch schon viel besser!«

Sie warf mir einen vernichtenden Blick zu. »Damit wollte ich nur sagen, dass die größten Künstler nicht unbedingt der Norm entsprechen. Picasso zum Beispiel muss doch mit einem Bereich des Gehirns gesehen und gedacht haben, an den jemand wie ich niemals rankommt.«

Ich war verblüfft. Ich hatte nicht geglaubt, dass sich außer mir noch jemand für solche Fragen interessierte. Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass Sarah diese Künstler überhaupt kannte, und schon gar nicht, dass sie so darüber dachte. Von ihren Freundinnen verstand bestimmt keine etwas von Kunst – höchstens von der Art »Kunstwerken«, die man sich im Nagelstudio verpassen lässt.

»Du bist also ein Künstler und nicht wie andere Leute«, stellte sie fest. »Trotzdem könntest du versuchen, dich ein bisschen anzupassen.«

»Ich glaube nicht, dass die Leute hier in Winter daran interessiert sind. Deren Urteil über mich steht doch längst fest.«

Sarah überlegte und entgegnete dann leise wie im Selbstgespräch: »Wenn sich die Leute die Mühe machen würden, dich besser kennenzulernen, oder wenn du nicht andauernd solches … gruseliges Zeug malen würdest …«

»Das mache ich aber nun mal, und die Leute haben eben keine Lust, mich besser kennenzulernen. Das ist schon in Ordnung.«

»Nein. Du bist kein schlechter Mensch. Okay, da ist die Sache mit Miss Stefancyzk, aber das war doch reiner Zufall, dass sie dich in ihrem Abschiedsbrief erwähnt hat. Und du bist schon irgendwie seltsam …«

»Vielen Dank. Du hast es bestimmt auch nicht leicht, wo dich doch alle so toll finden und du dich trotzdem mit einem Spinner wie mir abgibst.« Ich hatte es nicht so ironisch gemeint, wie es rauskam – oder vielleicht doch.

Sie sah mich an, als hätte ich ihr eine runtergehauen. Dann wurde sie rot. »Ich will dir doch bloß helfen.«

Auf einmal packte mich die Wut. Seit Jahren musste ich mich allein durchbeißen. Keiner wollte etwas mit mir zu tun haben. Und jetzt spielte sich Sarah plötzlich als meine Kindergärtnerin auf – oder als meine Schwester oder Therapeutin oder sonst was. »Auf deine Hilfe kann ich verzichten. Mir geht’s super!«

»Das ist doch Schwach…« Ihr Handy piepste. Sie blickte auf das Display, klappte das Handy auf und sagte betont munter (allerdings funkelte sie mich dabei wütend an): »Hallo, Stacy. Nein, du störst mich nicht. Eigentlich habe ich gerade gar nichts gemacht.« Sie sprang von der Schaukel und ging mit dem Handy am Ohr davon, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Ich schaute auf die Linien, die ich in die Erde gezogen hatte. Man erkannte undeutlich Sarahs Gesicht. Und ihre Augen natürlich.

Ich scharrte so lange in der Kuhle herum, bis die Skizze verwischt war. Dann ging ich zurück ins Haus.

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Auf dem Heimweg sagte Onkel Hank: »Die Therapeutin, zu der du gehen sollst, hat angerufen. Sie heißt Helen Rainier.« Er machte eine Pause, als wartete er darauf, dass ich nachfragte, aber als nichts kam, redete er weiter: »Du sollst dienstags nach der Schule in ihre Praxis kommen und vielleicht auch noch donnerstags oder freitags. Dazu muss sie dich aber erst mal kennengelernt haben, meinte sie.«

Hm. Neben der Arbeit an der Scheune, den Sozialstunden im Altenheim, mit denen ich am nächsten Tag anfangen sollte, der Sache mit Dekkers Motorrad und jetzt noch den Therapieterminen blieb mir tatsächlich kaum noch freie Zeit. Außerdem standen in der Schule etliche Prüfungen an, für die ich lernen musste.

Ich wurde zum ersten Mal richtig sauer, seit das Ganze angefangen hatte. Okay, ich war ein Außenseiter und ziemlich sonderbar, aber sogar ich hatte so was wie ein Leben! Doch es war zwecklos, sich zu beschweren. Onkel Hank würde bloß sagen: Was passiert ist, ist nicht zu ändern. Oder: Wie man sich bettet, so liegt man. Oder irgendwas anderes in der Art.

Deswegen fragte ich lieber: »Kommst du mit? Zu der Therapeutin?«

»Nur wenn sie mich dazu auffordert. Soll ich denn? Wenn es dir lieber ist, komme ich mit.«

Ja!, dachte ich. Nein!, dachte ich. Ach Mist, ich wusste es doch selbst nicht. »Nö. Was soll mir die Frau schon Neues erzählen außer dem, was alle anderen sowieso von mir denken?«

Darauf wusste Onkel Hank auch keine Antwort.

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In dieser Nacht hatte ich keinen Traum. Ich trieb mich auch nicht im Körper eines unbekannten Jungen herum. Nach dem Aufwachen entdeckte ich keine neuen Zeichnungen auf meinem Block.

Mir war’s recht so.