Ich vernaschte den Lover von BB und litt beim Ball in Monte Carlo
Ein Jahr fuhr Luchino nicht zu den Salzburger Festspielen. Ich mietete ein Haus am Gaisberg und gab herrliche Partys, zu denen regelmäßig auch Eliette von Karajan erschien. Allerdings in Begleitung ihres Frauenclans mit Simone oder Romy, nicht mit ihrem Mann. Da spielte sicher auch der Altersunterschied herein, sie war eine lebenslustige Französin, heiter, lebendig und fröhlich. Sie tanzte für ihr Leben gern. Das war die inoffizielle Eliette neben ihrer sonstigen Rolle, der First Lady von Salzburg.
Die Karajans besaßen auch Häuser in St. Moritz und St. Tropez. An der Côte d’Azur trafen wir uns häufig. Eliette lebte in der Clique von Romy und von Brigitte Bardot, an deren Strand sie oft nackt badeten. Romy wohnte bei der BB. Beide mochten sich, waren sehr eng, trafen sich auch in Paris. Romy war eine sehr diskrete Freundin. Sie erzählte nicht, was die beiden Frauen besprochen hatten. Ihre vielen kleinen Geheimnisse. Ich habe selten einen Mann am Strand von der Bardot gesehen, den ich aus der Villa sehen konnte, in der ich bei einem Freund, dem millionenschweren Zuckerhändler Sergio Warsanot, wohnte. Sie stand neben Bardots Anwesen. Männer wurden selten in ihr Haus eingeladen. Die störten wohl nur. Wegen des Busens, des Fettes, der Zellulitis. Was weiß ich. Auch ich war nie bei der Bardot. Sie hatte ihre Ziegen und Hunde und Romy. Der einzige Mann, der reindurfte, war Harry Meyen, Romys erster Ehemann.
Mit meiner verrücktesten Clique, ein paar stinkreichen Parisern, verbrachte ich die wildesten Urlaube in St. Tropez. Da wurden die Mädchen aus Schweden eingeflogen, durchgebumst und nach drei Tagen wieder nach Hause zurückgeschickt. Wir hatten einen Ruf wie Donnerhall, sogar beimAdel waren wir nicht gern gesehen. Drei Rennschnellboote, die heißesten Schlitten, genannt »Cigarettes magnums«, brachten uns überallhin. In einem solchen Boot ist Prinzessin Carolines zweiter Mann tödlich verunglückt.
Nachts in die besten Clubs an der Côte d’Azur. Um fünf Uhr morgens rasten wir mit einem Wahnsinns-Speed an den schönsten Strandvillen vorbei, um unser »Cigarette« neben Brigitte Bardot festzumachen. Einer der bekanntesten Playboys von Italien, der Römer Gigi Rizzi, war auch dabei, der später fest liiert mit der Bardot war. Was er sonst gemacht hat, weiß ich nicht mehr.
Ich weiß nur, dass die BB damals noch männergeil war. Und welcher Mann sagt da wohl nein. Schade, ich habe es verpasst. Dafür habe ich Gigi zehnJahre später bei einem flotten Dreier vernascht.
Ich erinnere mich, dass mir Gigi nach der Trennung von der BB erzählte, sie sei immens geizig und ein bisschen schmuddelig gewesen. Kein Wunder bei den vielen Tieren auf dem Grundstück und auch im Haus. Tja, wer will schon in Gegenwart einer Ziege Liebe machen. Das Bett wurde nicht gemacht. Für einen Italiener war das irgendwie schon abstoßend. Für Gigi wohl auch ein Grund, sich von ihr zu trennen. Aber sicher bin ich mir nicht. Auch Erinnerungen sind zeitweilig limitiert. Mein Kopf gibt nicht her, was er weiß. Er ist wie ich. Eigenwillig. Capito?
Von Aids habe ich das erste Mal nach meinen Dreharbeiten für »Entebbe« im Jahr 1975 gehört. Es hieß damals, dass eine tödliche Krankheit grassiere. In Los Angeles wurden die männlichen Bums-Etablissements geschlossen. Ich fühlte mich im ersten Moment weitgehend geschützt, weil man die Ursachen für Aids in Afrika vermutete. Gott sei Dank, beruhigte ich mich damals, zogen mich nie Schwarze an. Das war natürlich eine allzu trügerische Sicherheit. Und so begann ich 1975 mit sorgfältiger Vorsorge. Niemals ohne Kondom. Man fängt sich den Tod ein. Ich habe die kleinen Freunde immer dabei. Auch wenn mir Lorenzo manchmal auf Reisen sein Hasch in die Dinger stopft. Für ihn Spaß, und ich habe genug in Reserve – always ready for new business.
So wirke ich ja auch im Film. 1970 drehte ich »Der letzte Tanz des blonden Monsters« unter der Regie von Sergio Gobbi mit Virna Lisi und Charles Aznavour in Paris. Ähnlich wie schon in »Das Bildnis des Dorian Gray« trieb ich als schönes Monster die Frauen in die Verzweiflung. Bis sie, unglücklich durch Eifersucht, nicht mehr weiter wussten und den Tod suchten. Der Film wurde ein Hit, ein sogenannter Box Office, die amerikanische Bezeichnung für die Präsenz in vielen Kinos weltweit. Allein in Paris wurde »Der letzte Tanz des blonden Monsters« in über hundert Kinos gezeigt.
Beim Stichwort »Monster« muss ich an den Rotkreuz-Ball – in Monaco denken. Wie immer war ich im Sporting Club in Monte Carlo Ehrengast der monegassischen Fürstenfamilie, von Gracia Patricia und Rainier. Ich saß zwischen zwei der attraktivsten Frauen des Abends, deren Namen ich hier taktvoll verschweigen will. Beide gute Freundinnen von mir, beide in wunderschöne Couture-Abendroben gehüllt, ich im weißen Smoking. Alles deutete auf einen wunderbaren Abend hin, bis mir ein Malheur passierte, das mich schweißüberströmt von abends acht bis morgens vier Uhr auf meinem Stuhl festnagelte. Ich wollte mitten beim Essen einen klitzekleinen Pups rausrutschen lassen. Aber der winzige Windstoß war flüssig und rutschte mir, so nass wie er war, in die Hose. Ich sah nicht hin, aber ich wusste, meine weiße Smokinghose färbte sich schmierigbraun. Eine Katastrophe. Das musste vom Kokain herrühren, das ich wenige Momente zuvor in der Herrentoilette geschnupft hatte. Schlechtes Pulver eben, nicht einwandfrei.
Aber nicht nur die Farbe meiner Scheiße empfand ich geradezu körperlich, es hat auch fürchterlich gestunken. Ich überlegte fieberhaft, wie ich mich aus dieser Situation retten könnte. Der Sporting Club war zur Meerseite offen. Ich redete mit den anderen Gästen über den komischen Geruch, ja, ich beklagte mich über den furchtbaren Gestank, der scheinbar vom Meer herwehte. Sie nickten. »Stimmt, einfach ekelhaft.« Na klar, den Geruch konnte niemand ignorieren. »Da muss man sich wirklich für den nächsten Ball etwas überlegen.« Aber jetzt wollte meine Tischdame erst mal mit mir tanzen. Man kannte meine Leidenschaft dafür. Ich und tanzen? Unmöglich.
Ich redete von dem Zauber einer guten Unterhaltung, versuchte sie auf das Thema Literatur zu bringen. Zunächst lachte sie. Dann versuchte sie mit all ihrem Charme, mich, diesen Riesentänzer, endlich auf die Tanzfläche zu kriegen. Als das nichts nützte, wurde sie sauer auf mich. Begann wieder zu kosen und schwieg irgendwann, als sie mich nicht erweichen konnte. Wenn sie gewusst hätte, was passiert war und wie ich mich in meinen verklebten Hosen gefühlt habe …
Sie schimpfte mit mir: »Du bist so langweilig. Irgendwie hast du dich verändert. Sitzt auf deinem Hintern und bewegst dich nicht. Schrecklich. Ich wollte unbedingt neben dir sitzen, weil du auch so ein guter Tänzer bist. Und jetzt sitze ich mit dir hier fest. Die anderen trauen sich nicht her. Komm, einen einzigen Tanz wenigstens. Den kannst du mir nicht verwehren.« Meine andere Nachbarin wäre auch gerne von mir aufs Parkett geführt worden. Es war die Hölle. Alle wiegten sich im Walzer, nur ich nicht. Ich wiegte mich in etwas anderem. Ganz Monaco wollte – so jedenfalls meine Erinnerung an diese Nacht – mit mir tanzen. Bis vier Uhr saß ich auf meiner Scheiße. Ich konnte auch nicht aufstehen, als sich meine Tischdame nachts von mir verabschiedete. Bussi, Bussi im Sitzen. Ich war zu keiner Etikette fähig. Oh, wie peinlich. Wo ich doch soviel wert auf Höflichkeit lege. Und jetzt? Ein Alptraum. Nachdem ich auch der Dame an meiner anderen Seite mit einem Handkuss und vielen Entschuldigungen wegen meiner Müdigkeit im Sitzen »Gute Nacht« gesagt hatte, zog ich endlich meine Smokingjacke aus und legte sie mir um die Hüften.
Langsam stand ich nach neun Stunden auf. Meine Freundin Elène d’Estenville wartete schon. Wir gingen gemeinsam zu ihrem Auto. Ich setzte mich auf die beigen Ledersessel und bestand darauf, dass wir uns erst in ihrem Haus umziehen, bevor wir noch ins »Jimmy’s« fuhren. Nach der Dusche fühlte ich mich besser. Im Nachtclub tanzte ich mir die Seele aus dem Leib. Eine Befreiung für mich. Wir trafen auch noch Ringo Starr und viele andere Freunde. Kokain machte die Runde. Wir waren alle high.
Am nächsten Tag sprach mich Elène auf den seltsamen Geruch in ihrem Wagen an. Ich schimpfte über ihre schrecklichen Hunde. Erklärte mein Missbehagen über die schlechte Erziehung der Lieblinge. Immerhin seien die Hunde noch nicht stubenrein. Wie sie das denn findet? Oh, là, là, ich bin gut in meinen Schwindeleien. Wenige, wenn überhaupt, können mir da das Wasser reichen. Meine liebe Freundin Elène gab mir natürlich recht und ließ schon am nächsten Tag einen Hundetrainer kommen.
Mit Romy Schneider, mit der Berger eine jahrzehntelange, innige Freundschaft verband. Hier die beiden als Elisabeth von Österreich und Ludwig II. von Bayern.