Al Pacino war frech, Fidel Castro eine sinnliche Hexe

 

 

 

Ich spielte einen Italiener aus Mailand. Gut, einen kultivierten Italiener, der vielleicht auch einige Semester in Oxford studiert hatte, aber eben einen Italiener mit Akzent im Englischen. Also antwortete ich Al Pacino in einem Englisch, dass er als New Yorker bis heute nicht beherrscht. »Who the damn you are. Have you got it, you haven’t« (Wer verdammt bist du. Hast du Eier, oder hast du keine). Er brauchte nicht so unhöflich zu sein. Während des Drehs in Rom für »Der Pate III« war er reizend, freute sich über jede Einladung von mir, und hier in New York wurde er frech. »And this was the end of our friendship.« Ich gebe zu, vielleicht habe ich launisch reagiert. Und vielleicht wollte er nur einen Witz machen. So what.

Meine Schicksalsrolle als Märchenkönig Ludwig holte mich 1993 wieder ein. In dem Kunstfilm »Ludwig 1881« spielte ich den bayerischen König ein zweites Mal. Nun unter der Regie der beiden Schweizer Filmemacher Fosco und Donatello Dubini. Eine schöne Arbeit, aber auch sehr melancholisch. Die Erinnerungen an meinen »Luwig« mit Luchino und Romy übermannten mich. Ich erlebte ihrer beider Tod ein zweites Mal physisch und psychisch. Das kam meiner Rolle sehr entgegen, denn dieser König war ein trauriger König.

1996 drehte ich zwei Filme auf zwei Kontinenten. In Marokko »Das Unglück der Pharaonen« unter der Regie des marokkanischen Kulturministers Ben Barka. Mit dabei meine Freundin Florinda Bolkan und Philippe Leroy. In Venezuela »Letzter Schnitt« unter der Regie von Marcello Avallone. In Caracas spielte ich neben John Savage eine Hauptrolle – im Rollstuhl. Das scheinbar so einfache Fahren damit musste ich erst lernen, ein paar Mal kippte ich um oder fiel mit dem Stuhl in den Swimmingpool, weil ich die Bremsen nicht beherrschte.

»La Revanche« unter der Regie von Claude Barrois war meine nächste Arbeit, bevor ich in »L’affaire Dreyfus« mitspielte. Der Film galt dem hundertsten Geburtstag des zu Unrecht der Spionage verdächtigten und als Justizopfer verurteilten Hauptmanns Dreyfus. Die Affäre führte übrigens damals zur Trennung von Kirche und Staat in Frankreich. Einer meiner wenigen politischen Filme.

Politiker interessierten mich noch nie besonders. Es sei denn von der menschlichen Seite. Clinton, I love him. Er ist wie Kennedy, er hat eine dolle Ausstrahlung. Ich sehe ihn von der Männerseite aus, die Männer mag. Ich fände es richtig, wenn er Seitensprünge machen würde, man kann nicht immer mit einer First Lady rummachen, man muss auch mal in die Bronx fahren. Sonst wird es fad.

Auch Fidel Castro kommt mir oft in den Sinn. Aus einem einzigen Grund: Weil man nichts von ihm weiß. Er ist der letzte Kommunist, irgendwas muss er haben. Ich würde ihn wahnsinnig gerne treffen. Gina Lollobrigida erzählte mir, er sei eine sexy bitch (sinnliche Hexe), gehe ohne Komplexe an die Frauen ran. Auch sie versuchte er während eines Interviews in Havanna zu verführen. Nach seinem Übergriff packte Gina Nationale sofort ihre Koffer, um nach Miami zu flüchten. Es ist bekannt, dass die Kubaner Sexmaniacs sind. Richtige Böcke, gut gebaut. Ich würde mich freuen, mit Fidel auf einer Privatinsel mit einer Kamera ohne Film ein heißes Ding zu drehen.

Spaß beiseite. Castro ist schon lange ein ernstes Thema. Auch die aktuellen Weltthemen gehen mir durch den Kopf. Ich kann einfach nicht glauben, was in Deutschland mit der neuen Nazibewegung geschieht. Rechtsradikale, die jüdische Friedhöfe schänden und Ausländer zusammenschlagen. Ich hoffe sehr, Deutschland wird sich rigoros dagegen zur Wehr setzen – oder übertreiben die Zeitungen in Italien, USA und Frankreich?

Ich fasse nicht den Völkermord in Algerien. Den Glaubenskrieg in Israel. Ich verstehe die Politiker nicht, besonders in Italien. Ich verstehe auch nicht, dass Reiche immer reicher werden und Arme ärmer. Das System ist mir unbegreiflich. Jugendliche, die keine Vorbilder mehr haben, keine Arbeit, keine Hoffnung. Worauf sollen sie sich noch freuen?

Wir Künstler haben wenigstens Bücher, Musik, Theater, Museen und unsere langjährigen Freundschaften. Wie die mit der unendlich amüsanten Gina Lollobrigida. Über ihre Essenseinladungen könnte ich ganze Romane erzählen. Zuletzt waren wir gemeinsam bei der Schau des verrücktesten Modemachers Deutschlands: bei Pompös. Witzige, bizarre und schrille Mode. Eine Gala im biederen Stuttgart, es ist nicht zu glauben. Harald Glöckler und Dieter Schoth haben sich bei dieser Show – ihrer vierten – wieder irre Couture einfallen lassen. Ich war neben Amanda Lear, Birgit Schrowange und Dunja Rajter Modell auf dem Laufsteg. Demnächst muss ich einen schrillen Anzug der beiden bei einem Fest einweihen. Das Ding ist wie von einem anderen Stern. Ich werde einen Menschenauflauf verursachen. Die Leute denken sicher, ich hätte mich in der Tür geirrt und wollte zum Karneval nach Venedig. Dort wäre ich in meiner Eigenschaft alsUnterwäsche-Fetischist wahrscheinlich passender. Ich besitze die heißeste Wäschesammlung Italiens. Für jeden Typ Frau und Mann. Scusi, Spaß muss sein.

Gina Lollobrigida und ich sind gut befreundet. Als ich sie im Dezember 1997 bei der Pompös-Modenschau in Stuttgart traf, trauerte sie um ihren Ex-Ehemann, Dr. Milko Skofic. Sie waren 1966 geschieden worden. Traurig erzählte sie: »Wir waren die besten Freunde. Er drängte mich, meine Biographie zu schreiben, und jetzt kann er es nicht mehr erleben. Schon mit 67 Jahren an Herzversagen zu sterben, das ist viel zu früh. Noch nicht einmal bei seiner Beerdigung konnte ich sein. Die Nachricht von seinem Tod erfuhr ich auf Kuba. Zu spät für einen Flug nach Jugoslawien.«

Mit den Modeleuten fachsimpelt Gina wie eine Modeschöpferin. Ehrlich gesagt, sie könnte einen eigenen Salon führen, so ideenreich ist ihre Privatkollektion. Jedes Kleid ihrer immer hocheleganten Garderobe schneidert sie sich selbst. Schmale Modelle für ihre Püppchenfigur. Multo bene. Äußerst kreativ. Wird die Mode kurz, schneidet Gina lange Kleider einfach ab und näht sich einen Turban aus dem Rest.

Aber nicht nur in den Fetzen ist sie up to date. Mit sensiblen Fotos, die sie in Büchern veröffentlicht, zeigt sie ein Gespür für Schönheit. Auch ihre Bildhauerkunst ist nicht zu verachten. Moderne abstrakte Skulpturen, in Gips geformt und später aus Eisen gegossen. Aber sie wäre nicht Gina, wenn sie nicht auch noch malen würde. In Öl. All over the world wurden ihre Kunstwerke schon gezeigt. Gina Nationale, eine wirklich tolle Frau.

 

Auf den Spuren der eigenen schauspielerischen Vergangenheit: Berger in »Ludwig 1881. Der König, sein Schauspieler, eine Reise«.

 
Ich. Die Autobiographie
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