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Ich bin noch da.
Öffne die Augen, verwirrt, verwundert, dass ich nicht tot oder hirngeschädigt oder schwer verletzt bin. Doch ich kann die Wirklichkeit um mich herum klar erkennen.
Der Boden unter meinen Füßen rumpelt und bebt und wird grollend lebendig. Ich bin auf die Knie gesunken, presse immer noch die Faust in die Erde, wage nicht aufzuhören. Schaue auf. Sehe, wie die Soldaten innehalten, panisch um sich blicken, ins Schwanken geraten. Wie der Asphalt unter ihren Füßen krachend zerbirst, als knirsche die Erde mit den Zähnen und gähne laut, als erwache sie, um Zeuge der Schmach zu sein, die wir Menschen über sie gebracht haben.
Und sie stöhnt und ächzt, entsetzt und bitter enttäuscht, als sie die Gewalt wahrnimmt, die Ungerechtigkeit, die Machtgier, die vor nichts und niemandem Halt macht und sich nährt am Blut der Schwachen, an den Schreien der Wehrlosen.
Adam rennt los.
Rast zwischen den Soldaten hindurch, die verwirrt herumstehen, reißt Castle zu Boden, um ihn vor einer verirrten Kugel zu retten, schreit den anderen Befehle zu, zieht Castle wieder hoch, und unsere Leute laufen los.
Die feindlichen Soldaten stolpern durcheinander, stürzen zu Boden, und ich frage mich gerade, wie lange ich noch durchhalten muss, als ich Kenji »Juliette!« rufen höre.
Ich fahre herum, höre ihn schreien, dass ich Schluss machen soll.
Ich lasse die Erde los.
Schlagartig kommt alles zur Ruhe, ist alles wieder an Ort und Stelle, und ich weiß einen Moment lang nicht mehr, wie die Welt aussieht, wenn sie nicht bebt und zerbricht.
Kenji zieht mich hoch, und wir rennen los, als Letzte unserer Gruppe, und er ruft mir zu, ob ich okay sei, und ich wundere mich, dass er Warner immer noch tragen kann. Kenji muss viel kräftiger sein, als er aussieht, und ich denke plötzlich, dass ich manchmal zu ungeduldig mit ihm bin und ihn nicht genügend schätze. Mir wird bewusst, dass er eigentlich einer meiner Lieblingsmenschen auf diesem Planeten ist, und ich bin so froh, dass er unversehrt ist.
So froh, dass er mein Freund ist.
Ich halte seine Hand fest, und er zieht mich zu einem verlassenen Panzer am Straßenrand, und mir fällt auf, dass ich Adam nicht mehr sehe, ich weiß nicht, wo er ist, und ich schreie panisch seinen Namen, bis ich spüre, wie seine Arme meine Taille umfassen, bis er mir etwas ins Ohr raunt, und wir rennen weiter, während hinter uns die letzten Schüsse knallen.
Klettern in den Panzer.
Schließen die Türen.
Verschwinden.