KAPITEL 6

Die Wikinger: Präludium und Fugen

Experimente auf dem Atlantik ■ Die Bevölkerungsexplosion der Wikinger ■ Autokatalyse ■ Landwirtschaft bei den Wikingern ■ Eisen ■ Wikingerhäuptlinge ■ Die Religion der Wikinger ■ Orkney-, Shetland- und Färöerinseln ■ Isländische Umwelt ■ Geschichte Islands ■ Island im größeren Zusammenhang ■ Vinland

Wenn Cineasten meiner Generation das Wort »Wikinger« hören, steht sofort Kirk Douglas als Häuptling vor unserem geistigen Auge, der Star des unvergesslichen Filmepos Die Wikinger aus dem Jahr 1958. Mit einem nietenbesetzten Lederhemd bekleidet, führt er seine bärtigen Barbaren auf Reisen voller Überfälle, Vergewaltigungen und Morde. Noch nahezu ein halbes Jahrhundert nachdem ich mich mit einer Freundin aus dem College zu dem Kinobesuch verabredet hatte, kann ich in meiner Phantasie die Eröffnungsszene wiederauferstehen lassen: Wikingerkrieger schlagen das Tor einer Burg ein, deren Bewohner gerade arglos zechen und laut aufschreien, als die wilden Männer hereinplatzen und sie abschlachten. Währenddessen lässt Kirk Douglas seine schöne Gefangene Janet Leigh sein Vergnügen durch vergeblichen Widerstand steigern. In den blutrünstigen Bildern steckt eine Menge Wahrheit: Tatsächlich terrorisierten die Wikinger mehrere Jahrhunderte lang das mittelalterliche Europa. In ihrer eigenen Sprache, dem Altnordischen, bedeutet das Wort vikingär nichts anderes als »Räuber«.

Die Geschichte der Wikinger hat aber auch andere, weniger gewalttätige Aspekte, und die sind für dieses Buch von größerer Bedeutung. Sie waren nicht nur gefürchtete Piraten, sondern auch Bauern, Händler, Siedler und die ersten europäischen Entdecker im Nordatlantikraum. Die von ihnen gegründeten Siedlungen erlitten sehr unterschiedliche Schicksale. Auf dem europäischen Kontinent und den Britischen Inseln vermischten sich die Bewohner irgendwann mit der lokalen Bevölkerung und wirkten an der Entstehung mehrerer Nationalstaaten mit, insbesondere Russland, England und Frankreich. Die Kolonie Vinland war der erste europäische Versuch, Nordamerika zu besiedeln, der aber schnell wieder aufgegeben wurde; auch die Kolonie in Grönland, 450 Jahre lang der abgelegenste Außenposten der europäischen Gesellschaft, verschwand schließlich; in Island hatte man über Jahrhunderte hinweg mit Armut und politischen Schwierigkeiten zu kämpfen, aber in neuerer Zeit entstand dort eine der wohlhabendsten Gesellschaften der Welt; und die Siedlungen auf den Orkney-, Shetland- und Färöerinseln überlebten ohne größere Schwierigkeiten. Alle Wikingersiedlungen entstammten ursprünglich derselben Gesellschaft: Dass es ihnen später so unterschiedlich erging, lag also offensichtlich an den jeweiligen Umweltverhältnissen, in denen die Siedler zurechtkommen mussten.

Genau wie die Ausbreitung der Polynesier nach Osten über den Pazifik, so stellt sich auch die Expansion der Wikinger nach Westen über den Nordatlantik als aufschlussreiches natürliches Experiment dar. Eingebettet in dieses größere Experiment, finden wir mit Grönland ein kleineres: Die Wikinger trafen dort auf ein anderes Volk, die Inuit, die für die Umweltprobleme ihrer Insel ganz andere Lösungen gefunden hatten. Als dieses kleinere Experiment fünf Jahrhunderte später zu Ende ging, waren sämtliche Wikinger von Grönland verschwunden, und die Insel blieb unumstritten in den Händen der Inuit. Die Tragödie des altnordischen Grönland beinhaltet also eine tröstliche Erkenntnis: Selbst unter schwierigen Umweltbedingungen kommt es nicht zwangsläufig zum Zusammenbruch einer Gesellschaft; es kommt immer darauf an, wie die Menschen sich verhalten.

Der ökologisch bedingte Zusammenbruch der Wikingergesellschaft in Grönland und die Schwierigkeiten in Island zeigen deutliche Parallelen zu den Zusammenbrüchen auf der Osterinsel und Mangareva sowie bei den Anasazi, den Maya und vielen anderen vorindustriellen Gesellschaften, wo die Umweltverhältnisse ebenfalls eine entscheidende Ursache waren. Aber wenn wir den Zusammenbruch in Grönland und die Probleme in Island verstehen wollen, haben wir einige wichtige Vorteile. Über die grönländische und insbesondere die isländische Geschichte besitzen wir schriftliche Berichte aus der jeweiligen Zeit, die einerseits aus den Gesellschaften selbst stammen, andererseits aber auch von ihren Handelspartnern. Diese Unterlagen sind zwar enttäuschend unvollständig, aber immer noch viel besser als das völlige Fehlen schriftlicher Augenzeugenberichte aus den anderen vorindustriellen Gesellschaften. Die Anasazi starben oder verstreuten sich, und die Gesellschaft der wenigen überlebenden Bewohner auf der Osterinsel wandelte sich durch äußere Einflüsse; dagegen sind die meisten heutigen Bewohner Islands immer noch unmittelbare Nachkommen der Wikingermänner und ihrer keltischen Frauen, die als erste Siedler auf die Insel kamen. Vor allem aber war das nordische Grönland ebenso wie Island eine mittelalterlich - europäische, christliche Gesellschaft, die sich zu den heutigen christlichen Gesellschaften Europas weiterentwickelte. Deshalb wissen wir, was die Kirchenruinen, die erhaltenen Kunstgegenstände und die archäologisch ausgegrabenen Werkzeuge zu bedeuten haben; die Interpretation archäologischer Funde aus anderen Gesellschaften erfordert dagegen zwangsläufig viele Spekulationen. Als ich beispielsweise in einer Öffnung der westlichen Mauer eines gut erhaltenen steinernen Gebäudes stand, das um 1300 n. Chr. bei Hvalsey in Grönland errichtet wurde, wusste ich aus dem Vergleich mit anderen christlichen Kirchen, dass es sich auch bei diesem Gebäude um eine Kirche handelte, und zwar um einen nahezu exakten Nachbau eines Gotteshauses im norwegischen Eidfjord; außerdem war mir klar, dass es sich bei der Öffnung in der Westwand wie bei anderen christlichen Kirchen um den Haupteingang handelte. Dagegen können wir nicht darauf hoffen, dass wir die Bedeutung der steinernen Statuen auf der Osterinsel ähnlich genau verstehen werden.

Aus dem Schicksal der Wikinger in Island und Grönland kann man sogar noch vielschichtigere und deshalb aufschlussreichere Erkenntnisse ableiten als aus dem Schicksal der Osterinsel, der Nachbarn von Mangareva, der Anasazi und der Maya. Bei den Wikingern spielten alle fünf Faktoren, die ich im Prolog genannt habe, eine Rolle. Die Wikinger schädigten ihre Umwelt, sie litten unter Klimaveränderungen, und ihre eigenen Reaktionen und kulturellen Werte wirkten sich auf das Endergebnis aus. Der erste und dritte dieser Faktoren spielten auch in der Geschichte der Osterinsel und der Nachbarn von Mangareva eine Rolle, und bei den Anasazi sowie den Maya waren alle drei von Bedeutung. Zusätzlich war aber in der isländischen und grönländischen Geschichte wie bei den Nachbarn von Mangareva und den Anasazi auch der Handel mit freundlich gesonnenen Nachbarn ein wichtiger Faktor, während er auf der Osterinsel und in der Geschichte der Maya keine Rolle spielte. Und schließlich wirkten im Gegensatz zu allen anderen genannten Gesellschaften im Grönland der Wikinger auch feindselige Außenstehende (die Inuit) entscheidend mit. Wenn man die Geschichte der Osteri nsel und der Nachbarn von Mangareva also als Fugen betrachtet, in denen sich zwei beziehungsweise drei Themen verflechten wie in manchen Werken von Johann Sebastian Bach, so sind die Probleme Islands eine Quadrupelfuge wie jenes mächtige, unvollendete Werk, mit dem Bach kurz vor seinem Tod seine letzte große Komposition, die Kunst der

Fuge, abschließen wollte. Aber nur der Niedergang Grönlands bildet das, was selbst Bach nie versuchte: eine vollständige Quintupelfuge. Aus allen diesen Gründen werden die Gesellschaften der Wikinger in dem vorliegenden und den nächsten beiden Kapiteln als ausführlichstes aller Beispiele dieses Buches dargestellt: Sie bilden das zweite und größere der beiden Schafe in unserer Boa constrictor.

Das Präludium zu den Fugen von Island und Grönland war die Welle der Wikinger, die seit 793 n. Chr. von Irland und dem Baltikum bis zum Mittelmeer und nach Konstantinopel über das mittelalterliche Europa hereinbrach. Wie bereits erwähnt, entstanden alle Grundelemente der mittelalterlich - europäischen Kultur im Lauf der vorangegangenen 10 000 Jahre im Fruchtbaren Halbmond oder in seiner Nähe; dieses halbmondförmige Gebiet erstreckt sich in Südwestasien von Jordanien nach Norden bis in die Südosttürkei und nach Osten bis in den Iran. Von dort kamen die ersten Nutzpflanzen und Haustiere der Welt, Transportmittel mit Rädern, die Bearbeitung von Kupfer sowie später von Bronze und Eisen, der Aufstieg kleinerer und größerer Städte, Fürstentümer und Königreiche sowie die organisierte Religion. Alle diese Elemente breiteten sich allmählich aus und veränderten Europa von Südosten nach Nordwesten: Es begann um 7000 vor Christus, als die Landwirtschaft aus Anatolien in Griechenland eingeführt wurde, und endete in Skandinavien, dem Teil Europas, der am weitesten vom Fruchtbaren Halbmond entfernt ist und um 2500 v. Chr. die Einführung der Landwirtschaft erlebte.

Skandinavien war auch am weitesten vom Einfluss der römischen Kultur entfernt: Anders als das heutige Deutschland wurde es nie von römischen Händlern besucht, und es hatte auch keine gemeinsame Grenze mit dem Römischen Reich. Deshalb blieb Nordeuropa bis ins Mittelalter der Hinterhof des Kontinents.

Aber Skandinavien besaß zwei natürliche Vorteile, die nur auf Ausbeutung warteten: einerseits die Waldtierpelze, Robbenfelle und Bienenwachs, die als Luxusgüter ins übrige Europa exportiert wurden, und andererseits (in Norwegen wie auch in Griechenland) eine stark zerklüfteten Küste, an der Seereisen schneller als Reisen über Land vonstatten gehen konnten, was allen, die seemännische Fähigkeiten entwickelten, einen großen Vorteil bot. Bis ins Mittelalter hinein besaßen die Skandinavier ausschließlich Schiffe ohne Segel, die mit Rudern vorangetrieben wurden. Die Segel des Mittelmeerraumes gelangten schließlich um 600 n. Chr. nach Skandinavien, zu einer Zeit, als Klimaerwärmung und verbesserte Pflüge die Lebensmittelproduktion ansteigen ließen und in Skandinavien zu einer Bevölkerungsexplosion führten. Im gebirgigen Norwegen mit seinen steilen Berghängen sind nur drei Prozent der Flächen landwirtschaftlich nutzbar, und diese Gebiete standen insbesondere im Westen des Landes ungefähr seit 700 n. Chr. unter zunehmendem Bevölkerungsdruck. Als immer weniger die Gelegenheit bestand, zu Hause neue Bauernhöfe zu errichten, breiteten sich die Skandinavier über das Meer hinweg aus. Nachdem es Segel gab, entwickelte man schnelle, flache, manövrierfähige Schiffe mit kombiniertem Segel- und Ruderantrieb, die sich gut dazu eigneten, Luxus-Exportgüter zu den begeisterten Käufern nach Europa und Großbritannien zu transportieren. Mit diesen Schiffen konnte man den Ozean überqueren, aber sie ließen sich auch auf flache Strände ziehen oder weit die Flüsse hinaufrudern, sodass man nicht auf die wenigen Tiefwasserhäfen angewiesen war.

Aber für die mittelalterlichen Skandinavier ebnete der Handel genau wie für andere Seefahrer der Menschheitsgeschichte auch den Weg zu Überfällen. Nachdem die Händler aus dem Norden den Seeweg zu reichen Völkern entdeckt hatten, die Silber und Gold für Pelze bezahlten, wurde den ehrgeizigen jüngeren Brüdern dieser Händler klar, dass sie sich das gleiche Silber und Gold auch ohne Gegenleistung beschaffen konnten. Mit den Handelsschiffen konnte man auf den bekannten Seewegen auch überraschend zu den Städten an Küsten und Flüssen gelangen, selbst zu jenen, die weit landeinwärts an Flussufern lagen. Damit wurden die Skandinavier zu Wikingern, das heißt zu Räubern. Ihre Schiffe und Besatzungen waren im Vergleich zu denen in anderen europäischen Regionen so schnell, dass sie vor den langsameren Schiffen der Einheimischen flüchten konnten, und die Europäer versuchten nie einen Gegenangriff auf die Heimat der Wikinger, um dort deren Stützpunkte zu zerstören. Die heutigen Staaten Norwegen und Schweden waren damals noch nicht unter jeweils einem einzigen König vereinigt, sondern gliederten sich in die Gebiete verschiedener Häuptlinge oder Kleinkönige, die um die Beute aus Übersee konkurrierten, um damit ihre Anhänger anzulocken und zu belohnen. Häuptlinge, die in dem Konflikt mit ihren heimatlichen Konkurrenten den Kürzeren zogen, waren besonders stark motiviert, ihr Glück in anderen Ländern zu versuchen.

Die Überfälle der Wikinger begannen sehr plötzlich am 8. Juni 793, als das reiche, aber schutzlose Kloster auf Lindisfarne Island vor der Nordostküste Englands angegriffen wurde. Danach setzten sich die Attacken jedes Jahr im Sommer fort, wenn das Meer ruhiger war und sich besser zum Segeln eignete. Nach einigen Jahren machten die Wikinger sich dann nicht mehr die Mühe, im Herbst nach Hause zurückzukehren: An der Küste, auf die sie es abgesehen hatten, richteten sie Wintersiedlungen ein, sodass sie im folgenden Frühjahr sehr schnell wieder mit den Überfällen beginnen konnten. Aus diesen Anfängen entwickelte sich eine flexible Mischstrategie mit verschiedenen Methoden zur Anhäufung von Reichtum, die je nach den Kräfteverhältnissen zwischen der Wikingerflotte und dem angegriffenen Volk eingesetzt wurden. Als Stärke und Zahl der Wikinger im Verhältnis zur einheimischen Bevölkerung zunahmen, wandelten sich die Methoden vom friedlichen Handel über das Erpressen von Tribut gegen das Versprechen, keine Überfälle auszuüben, bis zur Plünderung und Rückzug; den Höhepunkt bildete die Eroberung und Einrichtung von Wikingerstaaten in anderen Ländern.

Die Wikinger aus den verschiedenen Teilen Skandinaviens verübten ihre Überfälle in unterschiedlichen Richtungen. Die Waränger aus dem Gebiet des heutigen Schweden fuhren nach Osten über die Ostsee und die Flüsse hinauf, die aus Russland in dieses Meer münden, setzten ihren Weg nach Süden bis zum Oberlauf der Wolga und anderer Flüsse fort, die in das Schwarze Meer und das Kaspische Meer münden, trieben Handel mit dem wohlhabenden byzantinischen Reich und gründeten das Fürstentum von Kiew, das zum Vorläufer des modernen Russland wurde. Wikinger aus dem heutigen Dänemark segelten nach Westen an die Nordwestküste Europas und die Ostküste Englands, bahnten sich ihren Weg den Rhein und die Loire aufwärts, ließen sich an der Mündung dieser Flüsse sowie in der Normandie und Bretagne nieder, gründeten im Osten Englands den Staat Danelag (engl. Danelaw) und in Frankreich das Herzogtum der Normandie, umrundeten Spanien entlang seiner Atlantikküste, gelangten an der Straße von Gibraltar ins Mittelmeer und überfielen Italien. Wikinger aus dem heutigen Norwegen fuhren nach Irland sowie an die Nord- und Westküste Großbritanniens und bauten in Dublin ein großes Handelszentrum auf. In allen diesen europäischen Regionen ließen sich die Wikinger nieder, gingen Ehen mit Einheimischen ein und wurden allmählich in die örtliche Bevölkerung aufgenommen. Dies hatte zur Folge, dass skandinavische Sprachen und charakteristische skandinavische Siedlungen außerhalb Skandinaviens schließlich verschwanden. Die schwedischen Wikinger vermischten sich mit der russischen Bevölkerung, die dänischen Wikinger mit den Bewohnern Englands, und die Wikinger, die sich in der Normandie niedergelassen hatten, gaben schließlich ihre nordische Sprache zugunsten des Französischen auf. Im Lauf dieser Assimilation wurden neben skandinavischen Genen auch skandinavische Wörter übertragen. Das heutige Englisch verdankt beispielsweise die Wörter »awkward«, »die«, »egg«, »skirt« und Dutzende andere alltägliche Begriffe den skandinavischen Invasoren.

Auf ihren Reisen zu den bewohnten Gebieten Europas kamen viele Wikingerschiffe vom Kurs ab und wurden auf den Nordatlantik hinausgetrieben. Dieser war zu jener Zeit wegen des warmen Klimas frei von dem Meereis, das in den folgenden Jahrhunderten ein Hindernis für die Schifffahrt darstellte und für das Schicksal der norwegischen Kolonie in Grönland wie auch später der Titanic zu einem bestimmenden Faktor werden sollte. Die Besatzungen solcher abgetriebenen Schiffe entdeckten und besiedelten nun auch andere Länder, die den Europäern und überhaupt allen Menschen zuvor unbekannt gewesen waren: Sie kamen irgendwann nach 800 auf die unbesiedelten Färöerinseln und um 870 nach Island; um 980 erreichten sie Grönland, das zu jener Zeit im hohen Norden bereits vom so genannten Dorset-Volk besiedelt war, amerikanischen Ureinwohnern, die zu den Vorläufern der Inuit wurden. Um das Jahr 1000 schließlich wurde Vinland besiedelt, ein Gebiet mit dem heutigen Neufundland, dem St.-Lorenz-Golf und möglicherweise einigen anderen Küstengebieten im Nordosten Nordamerikas; dort waren aber bereits zahlreiche amerikanische Ureinwohner ansässig, welche die Wikinger bereits nach ungefähr einem Jahrzehnt zum Rückzug zwangen.

In Europa ließen die Überfälle der Wikinger nach, als die Menschen in den Zielgebieten sich immer stärker darauf einstellten und sich verteidigten; gleichzeitig wuchs die Macht der englischen und französischen Könige sowie des deutschen Kaisers. Der norwegische König, der ebenfalls erstarkt war, brachte das Chaos der plündernden Häuptlinge unter Kontrolle und kanalisierte deren Energien so, dass eine angesehene Handelsnation entstand. Die Franken verdrängten die Wikinger im Jahr 857 von der Seine, siegten 891 in der wichtigen Schlacht von Louvain im heutigen Belgien und vertrieben sie 939 aus der Bretagne. Auf den britischen Inseln wurden die Wikinger 902 aus Dublin vertrieben, und in England löste sich ihr Danelag-Reich 954 auf, zwischen 980 und 1016 jedoch wurde es nach weiteren Überfallen noch einmal neu gegründet. Als Schlusspunkt der Wikingerüberfälle kann man das Jahr 1066 und die berühmte Schlacht von Hastings nennen, in der die Französisch sprechenden Nachkommen früherer räuberischer Wikinger unter Führung von William dem Eroberer England besetzten. Dass William den englischen König Harold am 14. Oktober bei Hastings an der Südostküste Englands besiegen konnte, lag daran, dass Harold und seine Soldaten erschöpft waren: Sie waren in knapp drei Wochen 360 Kilometer nach Süden marschiert, nachdem sie am 25. September bei Stamford Bridge in Mittelengland die letzte Invasionsarmee der Wikinger geschlagen und deren König getötet hatten. Danach entwickelten sich die skandinavischen Königreiche zu normalen Staaten, die mit anderen europäischen Nationen Handel trieben und nicht mehr ständig Überfälle verübten, sondern nur gelegentlich Krieg führten. Im Mittelalter war Norwegen nicht mehr wegen seiner gefürchteten Räuber bekannt, sondern wegen des Exports von getrocknetem Kabeljau.

Wie können wir vor dem Hintergrund dieser historischen Verhältnisse erklären, dass die Wikinger ihre Heimat verließen und ihr Leben im Kampf oder unter so schwierigen Umweltverhältnissen wie beispielsweise in Grönland aufs Spiel setzten? Zuvor waren sie jahrtausendelang in Skandinavien geblieben und hatten das übrige Europa in Ruhe gelassen - warum breiteten sie sich dann plötzlich so schnell aus, bis 793 der Höhepunkt erreicht war, um ihre Aktivitäten drei Jahrhunderte später wieder völlig einzustellen? Wie bei jeder großen Expansionsbewegung der Geschichte, so kann man auch hier fragen, ob sie durch »Druck« (Bevölkerungszunahme und mangelnde Gelegenheiten zu Hause), »Zug« (gute Gelegenheiten und menschenleere Siedlungsgebiete in Übersee) oder beides verursacht wurde. Viele Expansionswellen wurden durch eine Mischung aus Druck und Zug angetrieben, und so war es auch bei den Wikingern: Bevölkerungswachstum und die Festigung der königlichen Macht übten zu Hause Druck aus, und der Zug kam von unbewohnten neuen Ländern, die sie besiedeln konnten, sowie von bewohnten, aber schutzlosen reichen Nationen, die der Plünderung offen standen. Ganz ähnlich verhielt es sich mit der europäischen Einwanderung nach Nordamerika, die im 18. und frühen 19. Jahrhundert durch eine Kombination aus Druck und Zug ihren Höhepunkt erreichte: Bevölkerungswachstum, Hungersnot und politische Unterdrückung in Europa vertrieben die Auswanderer aus ihrer Heimat, und ein fast unbegrenztes, fruchtbares Ackerland sowie die wirtschaftlichen Möglichkeiten in den Vereinigten Staaten und Kanada zogen sie an.

Nun kann man die Frage stellen, warum die Summe von Druck- und Zugkräften nach 793 so plötzlich vom Unattraktiven zum Attraktiven wechselte, und warum der Effekt bis 1066 wieder nachließ. Die Expansion der Wikinger ist ein gutes Beispiel für einen so genannten autokatalytischen Prozess. Unter Katalyse versteht man in der Chemie die Beschleunigung einer Reaktion durch einen zugesetzten Bestandteil, beispielsweise ein Enzym. In manchen chemischen Reaktionen entsteht ein Produkt, das auch als Katalysator wirksam wird, sodass die Reaktionsgeschwindigkeit zunächst sehr gering ist und sich dann plötzlich beschleunigt, weil dieses Produkt gebildet wird und die Reaktion antreibt, wobei wiederum mehr Produkt entsteht, das die Reaktion noch weiter beschleunigt. Eine solche Kettenreaktion nennt man autokatalytisch; das Paradebeispiel ist die Explosion einer Atombombe, nachdem die Neutronen in einer kritischen Uranmenge die Atomkerne spalten, wobei neben Energie weitere Neutronen entstehen, die noch mehr Atomkerne zertrümmern.

Ganz ähnlich läuft auch die autokatalytische Expansion einer Bevölkerungsgruppe ab: Ein Volk hat anfangs gewisse Vorteile (beispielsweise einen technologischen Vorsprung), diese machen Profite oder neue Entdeckungen möglich, die ihrerseits mehr Menschen dazu anregen, nach Profiten oder Entdeckungen zu streben; die Folge sind weitere Profite und Entdeckungen, durch die wieder neue Menschen angeregt werden, bis das Volk schließlich alle Bereiche abdeckt, in die es durch diese Vorteile vordringen kann. Wenn es so weit ist, katalysiert die Expansion sich nicht mehr selbst, und sie kommt zum Stillstand. Bei den Wikingern wurde die Kettenreaktion durch zwei ganz bestimmte Ereignisse in Gang gesetzt: durch den Überfall auf das Kloster Lindisfarne im Jahr 793, der reiche Beute einbrachte und im folgenden Jahr zum Anreiz für neue Überfälle mit noch mehr Beute wurde; und die Entdeckung der unbesiedelten Faröerinseln, die sich für die Schafzucht eigneten, und die nachfolgende Entdeckung des größeren, weiter entfernten Island sowie des noch größeren und noch weiter entfernten Grönland. Wenn Wikinger nach Hause zurückkehrten und Beute mitbrachten oder von Inseln berichteten, die nur auf eine Besiedlung warteten, stachelten sie die Phantasie ihrer Landsleute an, die sich nun ebenfalls auf die Suche nach mehr Beute und mehr leeren Inseln machten. Die Wikinger sind nicht das einzige Beispiel für eine autokatalytische Expansion: Ganz ähnlich verlief die Verbreitung der Polynesier nach Osten über den Pazifik seit 1200 n. Chr. sowie die Expansion der Portugiesen und Spanier über die ganze Welt seit dem 15. Jahrhundert und insbesondere nach der »Entdeckung« der Neuen Welt durch Columbus im Jahr 1492.

Wie bei den Polynesiern und den Portugiesen/Spaniern, so verlor die Expansion auch bei den Wikingern ihren Schwung, als alle Gebiete, die sie mit ihren Schiffen erreichen konnten, bereits überfallen oder besiedelt waren. Jetzt brachten die Wikinger bei ihrer Heimkehr keine Geschichten über unbesiedelte oder leicht auszuraubende Länder mehr mit. Wie die beiden Ereignisse, die die Kettenreaktion bei den Wikingern in Gang brachten, so stehen auch zwei Ereignisse für ihr Ende. Das eine war die Schlacht von Stamford Bridge im Jahr 1066, die den Schlusspunkt einer langen Reihe von Niederlagen der Wikinger bildete und endgültig zeigte, dass weitere Überfälle nutzlos waren. Und zweitens mussten die Wikinger um das Jahr 1000 nach nur einem Jahrzehnt ihre abgelegenste Siedlung Vinland wieder aufgeben. Die beiden bis heute erhaltenen norwegischen Sagen über Vinland berichten ausdrücklich, die Kolonie sei aufgegeben worden, weil es Kämpfe mit einer dichten Bevölkerung amerikanischer Ureinwohner gab, die sehr zahlreich waren, während nur wenige Wikinger mit den Schiffen jener Zeit den Atlantik überqueren konnten, sodass ein Sieg unmöglich wurde. Als die Färöer, Island und Grönland bereits voller Wikinger waren, Vinland zu gefährlich wurde und keine weiteren unbewohnten Atlantikinseln zu entdecken waren, bot sich für Pioniere kein Lohn mehr, wenn sie auf dem stürmischen Nordatlantik ihr Leben aufs Spiel setzten.

Wenn Einwanderer aus Übersee ein Land neu besiedeln, nehmen sie dort in ihre Lebensweise meist auch Aspekte des Lebens in ihrem Ursprungsland auf - sie bringen ein »kulturelles Kapital« aus Kenntnissen, Überzeugungen, Methoden zur Sicherung des Lebensunterhalts und gesellschaftlicher Organisationen mit, die sich in ihrer Heimat angesammelt haben. Das gilt insbesondere dann, wenn sie wie die Wikinger ein Land besiedeln, das zuvor noch nicht bewohnt war oder mit dessen bisherigen Bewohnern die Siedler kaum Kontakt hatten. Selbst wenn Einwanderer heute in die Vereinigten Staaten kommen und sich dort mit der weitaus zahlreicheren, bereits ansässigen Bevölkerung auseinander setzen müssen, behält jede Einwanderergruppe viele eigene, charakteristische Eigenschaften bei. In meiner Heimatstadt Los Angeles beispielsweise bestehen große Unterschiede zwischen den kulturellen Werten, dem Bildungsstand, den Berufen und dem Wohlstand der Vietnamesen, Iraner, Mexikaner und Äthiopier, die in jüngerer Zeit eingewandert sind. Die einzelnen Gruppen haben sich unterschiedlich gut an die amerikanische Gesellschaft angepasst, unter anderem abhängig davon, welche Lebensweise sie mitbrachten.

Auch die Gesellschaften, die von den Wikingern auf den Inseln im Nordatlantik begründet wurden, waren nach dem Vorbild der Gesellschaften auf dem Kontinent gestaltet, welche die Siedler zurückgelassen hatten. Besonders wichtig war dieses kulturgeschichtliche Erbe auf den Gebieten von Landwirtschaft, Eisenproduktion, gesellschaftlichen Klassen und Religion.

Heute stellen wir uns unter den Wikingern vor allem Räuber und Seefahrer vor, sie selbst hielten sich aber für Bauern. Die Tiere und Nutzpflanzen, die in Südnorwegen gut gediehen, wurden für die Geschichte der Überseekolonien zu einem wichtigen Aspekt, nicht nur weil die Siedler diese Tier- und Pflanzenarten nach Island und Grönland mitnehmen konnten, sondern auch, weil sie für die sozialen Wertvorstellungen der Wikinger eine Rolle spielten. Lebensmittel und Lebensweisen werden in verschiedenen Völkern unterschiedlich bewertet: Bei den Bauern im Westen der Vereinigten Staaten hatten Rinder beispielsweise einen hohen, Ziegen dagegen einen niedrigen Rang. Probleme ergeben sich, wenn sich herausstellt, dass die landwirtschaftliche Praxis aus dem Ursprungsland der Einwanderer schlecht zu ihrer neuen Heimat passt. Die Australier sind beispielsweise bis heute geteilter Meinung in der Frage, ob die Schafe, die sie ursprünglich aus Großbritannien mitgebracht haben, der Umwelt Australiens mehr geschadet als genützt haben. Wie wir noch genauer erfahren werden, hatte ein ähnliches Missverhältnis bei der Eignung für alte und neue Umgebung auch für die Wikinger in Grönland schwer wiegende Folgen.

Im kühlen Klima Norwegens gedeihen Nutztiere besser als Nutzpflanzen. Bei dem Vieh handelte es sich um die gleichen fünf Arten, die schon seit Jahrtausenden im Fruchtbaren Halbmond und in Europa die Grundlage der Lebensmittelproduktion bildeten: Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine und Pferde. Den höchsten Rang genossen bei den Wikingern die Schweine, die man als Fleischlieferanten züchtete, die Kühe als Lieferanten von Käse und anderen Milchprodukten, und die Pferde für den Transport und als Statussymbol. In altnordischen Sagen hielten die Krieger des Gottes Odin nach ihrem Tod in Walhalla täglich ein Festmahl mit Schweinefleisch. Ein viel geringeres Ansehen genossen Schafe und Ziegen, aber auch sie waren wirtschaftlich nützlich; gehalten wurden sie aber eigentlich nicht wegen ihres Fleisches, sondern als Lieferanten für Milchprodukte, Wolle oder Felle.

Nachdem man im Süden Norwegens bei archäologischen Ausgrabungen auf dem Anwesen eines Wikingerhäuptlings aus dem 9. Jahrhundert die Knochen verschiedener Tierarten in den Abfallhaufen gezählt hatte, konnte man Rückschlüsse auf die in diesem Haushalt verzehrten Tiere ziehen. Fast die Hälfte aller Knochen stammten von Rindern, ein Drittel von den hoch geschätzten Schweinen und nur ein Fünftel von Schafen und Ziegen. Ein ehrgeiziger Wikingerhäuptling, der in Übersee einen Bauernhof einrichten wollte, hätte vermutlich auf die gleiche Kombination zurückgegriffen. Tatsächlich findet man eine ähnliche Mischung auch in Abfallhaufen der ältesten Wikingerhöfe in Grönland und Island. Später änderten sich dort jedoch die Mengenverhältnisse der Knochen, weil sich herausstellte, dass manche Tierarten mit den Verhältnissen in Grönland und Island schlechter zurechtkamen als andere: Die Zahl der Rinder ging im Lauf der Zeit zurück, Schweine verschwanden fast völlig, aber die Zahl der Schafe und Ziegen nahm zu.

Je weiter man in Norwegen im Norden lebt, desto wichtiger wird es, dass man das Vieh im Winter in Ställe bringt und es dort mit Futter versorgt, statt es im Freien selbst nach Nahrung suchen zu lassen. Die heldenhaften Wikingerkrieger konnten also nicht nur die Schlachten schlagen, mit denen sie berühmt wurden, sondern sie mussten im Sommer und Herbst viel Zeit auf die häusliche Tätigkeit verwenden, Gras zu mähen, zu trocknen und einzusammeln, damit sie ihre Tiere im Winter mit Heu füttern konnten.

Wo das Klima mild genug war und die Anlage von Feldern gestattete, bauten die Wikinger auch kältetolerantes Getreide an, insbesondere Gerste. Weniger wichtig (weil weniger widerstandsfähig) waren Hafer, Weizen und Roggen, die Gemüsesorten Kohl, Zwiebeln, Erbsen und Bohnen, Flachs zur Herstellung von Leinen und Hopfen zum Bierbrauen. In weiter nördlich gelegenen Regionen Norwegens nahm die Bedeutung der Nutzpflanzen im Verhältnis zur Viehzucht immer weiter ab. Wichtige zusätzliche Proteinlieferanten neben dem Vieh waren wilde Tiere, insbesondere Fische, die in den Abfallhaufen der norwegischen Wikinger mindestens die Hälfte aller Tierknochen ausmachen. Gejagt wurden aber auch Robben und andere Meeressäuger, Rentiere, Elche und kleine Landsäugetiere; Seevögel holte man aus den Brutkolonien, außerdem wurden Enten und andere Wasservögel gefangen.

An Wikinger-Ausgrabungsstätten hat man Eisengegenstände entdeckt, an denen man ablesen kann, dass das Metall zu vielen Zwecken verwendet wurde: für schwere landwirtschaftliche Geräte wie Pflüge, Schaufeln, Äxte und Sicheln; für kleine Haushaltsgegenstände wie Messer, Scheren und Nähnadeln; für Nägel, Nieten und andere Eisenwaren; und natürlich für militärische Gerätschaften, insbesondere für Schwerter, Speere, Streitäxte und Rüstungen. Aus den Überresten von Schlackehaufen und Gruben zur Holzkohleherstellung, die man an den Orten der Eisenverarbeitung gefunden hat, können wir die Produktionsmethoden der Wikinger rekonstruieren. Das Eisen wurde nicht im industriellen Maßstab in zentralen Fabriken gewonnen, sondern im Rahmen kleiner Familienunternehmen auf den einzelnen Bauernhöfen. Als Ausgangsmaterial diente das in Skandinavien weit verbreitete so genannte Raseneisenerz, das heißt Eisenoxid, das in Wasser gelöst war und dann in Sümpfen und den Sedimenten von Seen unter sauren Bedingungen oder durch Bakterien ausgefällt wurde. Im heutigen Eisenbergbau verarbeitet man Erze mit einem Eisenoxidgehalt von 30 bis 95 Prozent, die Schmiede der Wikinger gaben sich aber auch mit weit schlechterem Erz zufrieden, dessen Oxidgehalt manchmal nur ein Prozent betrug. Hatte man ein solches »eisenreiches« Sediment gefunden, wurde das Erz getrocknet; dann erhitzte man es in einem Ofen bis zur Schmelze, um das Eisen von Verunreinigungen (der Schlacke) zu befreien, hämmerte es zur nochmaligen Beseitigung von Verunreinigungen und schmiedete es dann in die gewünschte Form.

Holz als solches liefert beim Verbrennen nicht die hohe Temperatur, die man zur Eisenverarbeitung braucht. Man muss daraus vorher Holzkohle herstellen, die dann ein ausreichend heißes Feuer speist. Messungen aus verschiedenen Ländern zeigen, dass man durchschnittlich vier Kilo Holz benötigt, um ein Kilo Holzkohle herzustellen. Deshalb und wegen des geringen Eisengehalts im Raseneisenerz brauchten die Wikinger zur Eisengewinnung, Werkzeugherstellung und sogar zur Reparatur von Eisenwerkzeugen riesige Holzmengen, und diese Notwendigkeit wurde im Grönland der Wikinger, wo Bäume knapp waren, zu einem limitierenden Faktor.

Das Gesellschaftssystem, das die Wikinger aus ihrer skandinavischen Heimat in die neuen Siedlungen mitbrachten, war hierarchisch aufgebaut: Am unteren Ende der Klassenleiter standen die Sklaven, die man bei Überfällen gefangen genommen hatte, dann kamen die freien Männer und ganz oben die Häuptlinge. Gerade zur Zeit der Wikingerexpansion entstanden in Skandinavien die ersten vereinigten Königreiche (im Gegensatz zu kleinen, regionalen Herrschaftsgebieten, deren Häuptlinge sich hier und da den Titel eines Königs zulegten), sodass die Siedler in Übersee sich am Ende mit den Königen von Norwegen und (später) von Dänemark auseinander setzen mussten. Sie waren aber unter anderem auch deshalb ausgewandert, weil sie sich der wachsenden Macht der späteren norwegischen Könige entziehen wollten, und deshalb setzten die Gesellschaften in Island und Grönland nie selbst Könige ein. Die Macht blieb dort in der Hand einer Militäraristokratie aus Häuptlingen. Nur sie konnten sich ein eigenes Schiff und eine vollständige Ausstattung mit Vieh leisten, einschließlich der geschätzten, schwierig zu haltenden Kühe und der weniger wertvollen, anspruchsloseren Schafe und Ziegen. Zu den Untertanen, Gefolgsleuten und Helfern der Häuptlinge gehörten Sklaven, freie Arbeiter, Lehensbauern und freie Bauern.

Die Häuptlinge standen untereinander sowohl mit friedlichen Mitteln als auch durch Krieg in ständiger Konkurrenz. Im friedlichen Wettbewerb waren sie bestrebt, einander mit Geschenken und großen Festen zu übertreffen, mit denen sie sich Ansehen verschafften, ihre Gefolgsleute belohnten und Verbündete anlockten. Den dazu notwendigen Reichtum verschafften sie sich durch Handel, Überfälle und die Produktion ihrer eigenen landwirtschaftlichen Anwesen. Aber die Gesellschaft der Wikinger war auch gewalttätig - die Häuptlinge und ihre Anhänger kämpften nicht nur in Übersee gegen andere Völker, sondern auch zu Hause untereinander. Die Unterlegenen in diesen blutigen Konflikten hatten am meisten zu gewinnen, wenn sie ihr Glück in anderen Ländern versuchten. Als der Isländer Erik der Rote beispielsweise nach 980 besiegt und vertrieben wurde, erkundete er Grönland und besiedelte dort mit einer Gruppe seiner Anhänger die besten landwirtschaftlichen Flächen.

Wichtige Entscheidungen wurden in der Wikingergesellschaft von den Häuptlingen getroffen, und deren Hauptmotiv war die Mehrung des eigenen Ansehens, selbst wenn sie dadurch in Konflikt mit dem Nutzen für die Gesamtgesellschaft oder für die nächste Generation gerieten. Die gleichen Interessenkonflikte sind uns auch im Zusammenhang mit den Häuptlingen auf der Osterinsel und den Mayakönigen (Kapitel 2 und 5) begegnet, und sie hatten auch schwer wiegende Auswirkungen auf das Schicksal der Gesellschaft von Normannisch-Grönland (Kapitel 8).

Als die Wikinger im 9. Jahrhundert mit ihrer Expansion nach Übersee begannen, waren sie noch »Heiden«: Sie beteten die Götter der traditionellen germanischen Religion an, beispielsweise die Fruchtbarkeitsgöttin Freia, den Himmelsgott Thor und den Kriegsgott Odin. In den europäischen Gesellschaften, die zum Ziel der Wikingerüberfälle wurden, war man vor allem darüber entsetzt, dass die Räuber keine Christen waren und sich nicht an die Tabus einer christlichen Gesellschaft hielten. Ganz im Gegenteil: Es schien, als würde es ihnen eine sadistische Freude bereiten, sich Kirchen und Klöster für ihre Angriffe auszusuchen. Als beispielsweise im Jahr 843 eine große Wikingerflotte plündernd in Frankreich die Loire hinauffuhr, bemächtigten sich die Räuber als Erstes der Kathedrale von Nantes an der Flussmündung, wo sie den Bischof und alle Priester töteten. In Wirklichkeit empfanden die Wikinger keine besondere, sadistische Vorliebe für die Plünderung von Kirchen, und ebenso wenig hegten sie ein Vorurteil gegenüber weltlichen Quellen für Beute. Der ungeschützte Reichtum der Kirchen und Klöster war einfach ein nahe liegendes Ziel, an dem man reiche Ernte machen konnte, ebenso gern griffen die Wikinger aber auch reiche Handelszentren an, wenn sich die Gelegenheit bot.

Nachdem die Wikinger sich jenseits des Meeres in christlichen Ländern niedergelassen hatten, waren sie durchaus bereit, dort zu heiraten und sich an die örtlichen Sitten anzupassen, zu denen auch das Bekenntnis zum Christentum gehörte. Die Bekehrung von Wikingern in anderen Ländern trug dazu bei, dass das Christentum sich auch zu Hause in Skandinavien durchsetzte: Wenn sie zu Besuch in die Heimat kamen, brachten sie Berichte über die neue Religion mit, bis Häuptlinge und Könige in Skandinavien allmählich erkannten, dass das Christentum ihnen durchaus politische Vorteile verschaffen konnte. Einige skandinavische Häuptlinge nahmen inoffiziell noch vor ihren Königen das Christentum an. Entscheidend für die Verbreitung des Christentums in Skandinavien war die »offizielle«

Bekehrung Dänemarks unter König Harald Blauzahn um 960, gefolgt von Norwegen ungefähr seit 995 und Schweden im folgenden Jahrhundert.

Als Norwegen nach und nach christlich wurde, folgten die Überseekolonien der Wikinger auf den Orkney-, Shetland- und Färöerinseln sowie in Island und Grönland sehr schnell nach. Teilweise lag es daran, dass die Kolonien wenig eigene Schiffe besaßen, mit ihrem Handel auf Norwegen angewiesen waren und erkennen mussten, dass sie unmöglich Heiden bleiben konnten, nachdem Norwegen den christlichen Glauben angenommen hatte. Als beispielsweise der norwegische König Olaf I. konvertierte, schloss er alle heidnischen Isländer vom Handel mit Norwegen aus, nahm Isländer gefangen, die sein Land besuchten (darunter auch Angehörige heidnischer isländischer Herrscher) und drohte, diese Geiseln zu verstümmeln oder zu töten, wenn Island nicht dem Heidentum entsagte. Bei einem Treffen der isländischen Nationalversammlung im Sommer 999 schickten sich die Bewohner in das Unvermeidliche und erklärten sich zu Christen. Ungefähr um die gleiche Zeit führte Leif Erikson, der Sohn Eriks des Roten, der die Kolonie in Grönland gegründet hatte, angeblich auf der Insel das Christentum ein.

Die christlichen Kirchen, die in Island und Grönland nach dem Jahr 1000 entstanden, waren im Gegensatz zu heutigen Kirchen keine unabhängigen Institutionen mit eigenem Landbesitz und eigenen Gebäuden. Ihre Erbauer und Eigentümer waren vielmehr führende örtliche Bauern und Häuptlinge, die sie auf ihrem eigenen Land errichteten, und der jeweilige Bauer hatte auch einen Anspruch auf einen Teil der Steuern, welche die Kirche als Zehnten von anderen Bewohnern der Gegend erhob. Es war, als hätte der Häuptling mit der Imbisskette McDonald’s ein Franchiseabkommen ausgehandelt, das ihm ein lokales McDonald’s-Monopol verschaffte, um dann eine Kirche zu errichten und Handelsgüter nach McDonald’s-Standards zu vertreiben und einen Teil der Erlöse für sich zu behalten, während der Rest an eine Zentralverwaltung ging - in diesem Fall über den Erzbischof von Nidaros (das heutige Trondheim) an den Papst in Rom. Natürlich war die katholische Kirche bemüht, ihre Kirchen von den Bauern/Eigentümern unabhängig zu machen. Im Jahr 1297 konnte sie die isländischen Kirchenbesitzer schließlich zwingen, das Eigentum an vielen Kirchen-Bauernhöfen dem Bischof zu übertragen. Es gibt keine erhaltenen schriftlichen Belege, dass etwas Ähnliches sich auch in Grönland abspielte, aber da man dort (zumindest nominell) die norwegische Herrschaft anerkannte, kamen die Kirchenbesitzer vermutlich ebenfalls unter Druck. Wir wissen aber, dass der Bischof von Bergen 1341 einen Aufseher namens Ivar Bardarson nach Grönland schickte; dieser kehrte am Ende mit einer genauen Liste und Beschreibung aller grönländischen Kirchen nach Norwegen zurück und schlug vor, der Bischof solle seine »Franchisenehmer« in Grönland ebenso stramm an die Kandare nehmen wie zuvor in Island.

Die Bekehrung zum Christentum stellte für die Überseekolonien der Wikinger eine dramatische kulturelle Umwälzung dar. Angesichts des christlichen Alleinvertretungsanspruches als einzig wahre Religion musste man die heidnischen Traditionen aufgeben. Kunst und Architektur wurden christlich und orientierten sich an Vorbildern auf dem Kontinent. In Übersee bauten die Wikinger große Kirchen und sogar Kathedralen, die in ihren Ausmaßen an Bauwerke des dichter bevölkerten skandinavischen Festlandes heranreichen und deshalb im Verhältnis zu der viel kleineren Bevölkerung, die dafür aufkommen musste, geradezu gigantisch waren. In den Kolonien nahm man das Christentum so ernst, dass man einen Zehnten an Rom abführte: Es gibt Belege, dass der Bischof von Grönland 1282 an den Papst eine Kreuzzugsteuer zahlte (die nicht in Geld, sondern in Form von Wahlrosszähnen und Eisbärfellen entrichtet wurde), und eine päpstliche Quittung aus dem Jahr 1327 bestätigt, dass aus Grönland die Steuern für sechs Jahre eingegangen waren. Die Kirche wurde zum wichtigsten Weg, auf dem die neuesten Ideen aus Europa nach Grönland gelangten; dies lag besonders daran, dass alle Bischöfe, die nach Grönland abgeordnet wurden, keine einheimischen Grönländer waren, sondern vom skandinavischen Festland stammten.

Vielleicht die wichtigste Folge der Bekehrung zum Christentum war das gewandelte Bild, das die Siedler von sich selbst hatten. Das Ergebnis erinnert mich an die Australier, die sich lange nach der Gründung der britischen Kolonien auf ihrem Kontinent im Jahr 1788 nicht als Asiaten oder Pazifikvölker verstanden, sondern als Überseebriten: Noch 1915 waren sie bereit, im weit entfernten Gallipoli auf Seiten der Briten gegen die Türken zu kämpfen und zu sterben, obwohl der Konflikt für die nationalen Interessen Australiens völlig unbedeutend war. Genauso hielten sich auch die Wikingersiedler auf den Inseln im Nordatlantik für europäische Christen. In Kirchenarchitektur, Bestattungsriten und Maßeinheiten vollzogen sie alle Veränderungen mit, die sich auf dem Festland abspielten. Aufgrund dieser gemeinsamen Identität konnten einige tausend Grönländer zusammenarbeiten, Unannehmlichkeiten überstehen und ihre Existenz in einer unwirtlichen Umwelt vier Jahrhunderte lang sichern. Wie wir noch genauer erfahren werden, verhinderte sie aber auch, dass sie von den Inuit lernten und durch eine entsprechende Abwandlung ihrer Identität über diese vier Jahrhunderte hinaus überlebten.

Die sechs Wikingerkolonien auf den Inseln im Nordatlantik stellen sechs parallele Experimente zur Gründung von Gesellschaften dar, die sich von demselben Ausgangspunkt ableiten. Wie zu Beginn dieses Kapitels erwähnt, lieferten die sechs Experimente ganz unterschiedliche Ergebnisse: Die Siedlungen auf den Orkney-, Shetland- und Färöerinseln existieren noch heute, nach über 1000 Jahren, ohne dass ihr Überleben jemals ernsthaft infrage stand; die Kolonie in Island blieb ebenfalls erhalten, musste aber mit Armut und schwer wiegenden politischen Schwierigkeiten fertig werden; Normannisch-Grönland war nach 450 Jahren am Ende; und die Siedlung in Vinland wurde bereits innerhalb der ersten zehn Jahre wieder aufgegeben. Diese unterschiedlichen Ergebnisse stehen eindeutig im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Umwelt in den verschiedenen Kolonien. Offensichtlich haben die unterschiedlichen Schicksale ihre Ursache vorwiegend in vier ökologischen Variablen: Erstens in der Entfernung über das Meer beziehungsweise in der Zeit, die ein Schiff von Norwegen oder Großbritannien brauchte; zweitens in dem Widerstand der Bewohner, die keine Wikinger waren - sofern es solche gab: drittens in den Voraussetzungen für die Landwirtschaft, die insbesondere von der geographischen Breite und dem lokalen Klima abhingen; und viertens in der Empfindlichkeit der Umwelt, insbesondere in der Anfälligkeit für Bodenerosion und Waldzerstörung.

Nachdem wir nur sechs experimentelle Ergebnisse haben, die sich mit vier Variablen erklären lassen, können wir auf unserer Suche nach einer Begründung nicht mit dem gleichen Erfolg rechnen wie im Pazifik, wo wir 81 Ergebnisse (81 Inseln) hatten, aber nur neun Variablen, die als Ursachen infrage kamen. Damit eine statistische Korrelationsanalyse überhaupt Aussichten auf Erfolg hat, muss die Zahl der einzelnen experimentellen Ergebnisse wesentlich höher liegen als die der untersuchten Variablen. Deshalb reichte im Pazifik mit seinen vielen Inseln eine statistische Analyse allein aus, um die relative Bedeutung der unabhängigen Variablen festzustellen. Im Nordatlantik haben wir nicht annähernd genügend natürliche Experimente, um dieses Ziel zu erreichen. Ein Statistiker, der ausschließlich über die genannten Informationen verfügt, würde das Wikingerproblem als unlösbar bezeichnen. In dem gleichen Dilemma stecken Historiker häufig, wenn sie versuchen, die vergleichende Methode auf Fragen der Menschheitsgeschichte anzuwenden: Es gibt offensichtlich zu viele potenziell unabhängige Variablen und viel zu wenig getrennte Ergebnisse, sodass man die Bedeutung der Variablen nicht statistisch nachweisen kann.

Aber Historiker wissen über die Gesellschaften der Menschen viel mehr als nur die ökologischen Ausgangsbedingungen und das Endergebnis: Wir besitzen auch umfangreiche Informationen über den Ablauf, der die Anfangsbedingungen mit dem Ergebnis verbindet. Im Fall der Wikinger können die Experten etwas über die Bedeutung der Fahrzeiten aussagen, indem sie die Aufzeichnungen über die Zahl der Überfahrten und die Ladung der Schiffe untersuchen; wie sich der Widerstand der Einheimischen auswirkte, können sie anhand historischer Berichte über die Kämpfe zwischen Wikingerinvasoren und örtlicher Bevölkerung feststellen; wie gut sich eine Gegend für die Landwirtschaft eignete, lässt sich ermitteln, wenn man Berichte über die ursprünglich angebauten Pflanzen und die bevorzugten Haustierarten studiert; und die Empfindlichkeit der Umwelt kann man einschätzen, wenn man historische Spuren von Waldzerstörung und Bodenerosion (beispielsweise Pollenzählungen und fossile Pflanzenteile) betrachtet und außerdem Holz und anderes Baumaterial untersucht. Auf der Grundlage solcher Kenntnisse über Zwischenschritte und Ergebnisse wollen wir nun kurz fünf der sechs nordatlantischen Kolonien in der Reihenfolge zunehmender Isolation und abnehmenden Reichtums betrachten: die Orkneyinseln, die Shetlandinseln, die Färöer, Island und Vinland. In den beiden nächsten Kapiteln werden wir dann das Schicksal der Wikingerkolonie auf Grönland genauer erörtern.

Die Inselgruppe der Orkneys liegt unmittelbar vor der Nordspitze Großbritanniens rund um den großen, geschützten Hafen Scapa Flow, der in beiden Weltkriegen als Hauptstützpunkt der britischen Marine diente. Von John O’Goats, dem nördlichsten Punkt des schottischen Festlandes, sind es nur rund 18 Kilometer bis zur nächsten Orkneyinsel, und von der Inselgruppe bis nach Norwegen konnten die Wikinger mit ihren Schiffen in knapp 24 Stunden reisen. Deshalb war es für die norwegischen Wikinger einfach, die Orkneyinseln zu besiedeln, alle benötigten Dinge aus Norwegen oder von den Britischen Inseln zu importieren und ihre eigenen Exportgüter kostengünstig zu versenden. Die Orkneys sind so genannte kontinentale Inseln: Sie stellen eigentlich ein Stück des britischen Festlandes dar, das nur deshalb abgetrennt wurde, weil der Meeresspiegel auf der ganzen Welt vor 14 000 Jahren mit dem Ende der Eiszeit durch das abschmelzende Eis anstieg. Über die zuvor vorhandene Landbrücke wanderten zahlreiche Landsäugetiere ein, darunter Rothirsche und Hasen, die eine gute Jagdbeute abgaben. Das einheimische Volk der Pikten wurde von den Wikingern schnell unterworfen.

Als südlichste (abgesehen von Vinland) Nordatlantikkolonie der Wikinger, die außerdem am Golfstrom lag, erfreuten sich die Orkneyinseln eines milden Klimas. Ihr schwerer, fruchtbarer Boden hatte sich durch die Vereisung regeneriert, und eine nennenswerte Erosionsgefahr bestand nicht. Deshalb betrieben die Pikten bereits Landwirtschaft, bevor die Wikinger eindrangen; sie wurde unter den Wikingern fortgesetzt und ist bis heute sehr produktiv. Zu den landwirtschaftlichen Exportprodukten unserer Zeit gehören Rindfleisch und Eier, aber auch Schweinefleisch, Käse und ein wenig Getreide.

Die Wikinger eroberten die Orkneyinseln um das Jahr 800 n. Chr. und benutzten die Inseln dann als Stützpunkt für Überfälle auf dem nahe gelegenen britischen und irischen Festland. Sie bauten eine reiche, mächtige Gesellschaft auf, die eine Zeit lang ein unabhängiges norwegisches Königreich war. Ein Ausdruck für den Reichtum der Wikinger auf den Orkneyinseln ist ein fast acht Kilo schwerer Silberschatz, der um das Jahr 950 vergraben wurde. Er hat auf keiner anderen Insel im Nordatlantik seinesgleichen und reicht mit seiner Größe an die größten Silberschätze des skandinavischen Festlandes heran. Ein weiteres Zeichen ist die St-Magnus-Kathedrale, die im 12. Jahrhundert nach dem Vorbild der gewaltigen britischen Kathedrale in Durham errichtet wurde. Im Jahr 1472 ging das Eigentum an den Orkneyinseln ohne Eroberung von Norwegen (das damals Dänemark unterstand) an Schottland über, und zwar aus sehr einfachen Gründen der Hoheitspolitik (der schottische König James verlangte einen Ausgleich, nachdem Dänemark die Mitgift nicht gezahlt hatte, die seine Ehefrau, eine dänische Prinzessin, mitbringen sollte). Auch unter schottischer Herrschaft sprachen die Bewohner der Orkneyinseln bis ins 18. Jahrhundert hinein einen norwegischen Dialekt. Heute sind die dort ansässigen Nachfahren der einheimischen Pikten und norwegischen Invasoren wohlhabende Bauern, deren Reichtum außerdem durch die Förderung von Nordseeöl ergänzt wird.

Vieles von dem, was ich gerade über die Orkneyinseln geschrieben habe, trifft auch auf die nächste Kolonie im Nordatlantik zu, die Shetlandinseln. Auch sie waren ursprünglich von bäuerlichen Pikten besiedelt, wurden im 9. Jahrhundert von Wikingern erobert, kamen 1472 unter schottische Herrschaft, sprachen danach noch einige Zeit lang Norwegisch und profitieren in jüngster Zeit vom Nordseeöl. Die Unterschiede bestehen darin, dass sie ein wenig abgelegener sind und weiter nördlich liegen (80 Kilometer nördlich von den Orkneyinseln und 210 Kilometer nördlich von Schottland): es ist windiger, der Boden ist schlechter und die landwirtschaftliche Produktivität ist geringer. Eine wichtige Säule der Wirtschaft war auf den Shetlandinseln wie auf den Orkneys die Schafzucht zur Wolleproduktion, aber die Rinderzucht schlug auf den Shetlandinseln fehl, sodass man sich stärker auf die Fischerei konzentrierte.

Noch isolierter als die Orkney- und Shetlandinseln waren die Färöer, 320 Kilometer nördlich von den Orkneyinseln und 650 Kilometer westlich von Norwegen gelegen. Auch sie waren für Wikingerschiffe, die Siedler und Handelsgüter mitbrachten, leicht zugänglich, lagen aber außerhalb der Reichweite älterer Schiffe. Deshalb fanden die Wikinger die Färöerinseln unbewohnt vor, abgesehen vielleicht von einigen irischen Einsiedlern, über deren Existenz es zwar unbestimmte Geschichten gibt, aber keine handfesten archäologischen Belege.

Mit ihrer Lage knapp 500 Kilometer südlich des nördlichen Polarkreises, auf einer geographischen Breite in der Mitte zwischen den beiden größten Städten an der norwegischen Westküste (Bergen und Trondheim), erfreuen sich die Färöer eines milden, ozeanischen Klimas. Da sie aber weiter nördlich liegen als die Orkney- und Shetlandinseln, war die Wachstumssaison für potenzielle Bauern und Viehzüchter kürzer. Die salzige Gischt vom Ozean, die über alle Teile der Inseln mit ihrer geringen Fläche weht, verhindert im Zusammenhang mit starkem Wind die Entstehung von Wäldern. Ursprünglich bestand die Vegetation ausschließlich aus kleinen Weiden, Birken, Espen und Wacholderbäumen, die von den ersten Siedlern sehr schnell abgeholzt wurden: die weidenden Schafe verhinderten dann, dass sie nachwuchsen. Bei einem trockenen Klima wären damit alle Voraussetzungen für Bodenerosion gegeben gewesen, aber auf den Färöern ist es sehr feucht und nebelig, und die Inseln »freuen« sich über durchschnittlich 280 Regentage pro Jahr, wobei an den meisten Tagen mehrere Regenschauer niedergehen. Auch die Siedler selbst taten alles, um die Erosion so gering wie möglich zu halten - unter anderem bauten sie Mauern und Terrassen, damit der Boden nicht verloren ging. In Grönland und insbesondere in Island gelang es den Wikingersiedlern viel weniger gut, die Erosion unter Kontrolle zu halten, aber das lag nicht daran, dass sie weniger klug gewesen wären als die Bewohner der Färöer; die Erosionsgefahr ist in Island wegen des Bodens und in Grönland wegen des Klimas einfach viel größer.

Die Wikinger ließen sich im 9. Jahrhundert auf den Färöern nieder. Es gelang ihnen, ein wenig Gerste anzubauen, andere Getreidesorten gediehen aber so gut wie nicht; selbst heute werden nur sechs Prozent der Landfläche auf den Inseln für den Anbau von Kartoffeln und anderen Gemüsesorten genutzt. Die in Norwegen so beliebten Kühe und Schweine, ja sogar die gering geachteten Ziegen, wurden von den Siedlern innerhalb der ersten 200 Jahre aufgegeben, weil man Überweidung vermeiden wollte. Stattdessen konzentrierte sich die Wirtschaft der Färöer auf die Schafzucht: Man exportierte Wolle, später kamen Stockfische hinzu, und heute sind getrockneter Kabeljau, Heilbutt und Lachs aus Fischfarmen wichtige Exportgüter. Im Gegenzug für diese Wolle- und Fischexporte führten die Inselbewohner aus Norwegen und Großbritannien die unentbehrlichen Dinge ein, die in der Umwelt der Färöer fehlten oder knapp waren; insbesondere brauchte man große Mengen Holz, denn Bauholz stand - abgesehen von gelegentlich angetriebenem Treibholz - an Ort und Stelle nicht zur Verfügung; auch Eisen zur Werkzeugherstellung fehlte auf den Inseln völlig; das Gleiche galt für Steine und Mineralien, beispielsweise Mahlsteine, Schleifsteine und den weichen Speckstein, aus dem man Küchengeräte als Ersatz für Keramikgegenstände schnitzen konnte.

Wie ging die Geschichte der Färöer nach der Besiedlung weiter? Die Bewohner wurden um das Jahr 1000 Christen, also ungefähr zur selben Zeit wie die anderen Wikinger im Nordatlantikraum, und später errichteten sie eine gotische Kathedrale. Die Inseln wurden im 11. Jahrhundert gegenüber Norwegen tributpflichtig und kamen 1380 zusammen mit Norwegen unter die Herrschaft des dänischen Königshauses; 1948 erhielten sie von Dänemark die Selbstverwaltung. Die 47 000 Einwohner sprechen noch heute eine eigene Sprache, die sich unmittelbar vom Altnordischen ableitet und stark dem modernen Isländisch ähnelt; die Bewohner der Färöer und Islands verstehen einander und können auch altnordische Texte lesen.

Kurz gesagt, blieben den Färöern die Probleme erspart, mit denen Normannisch-Island und Grönland zu kämpfen hatten: Hier gab es weder die erosionsanfälligen Böden und aktiven Vulkane Islands noch die kürzere Wachstumssaison, das trockene Klima, die größeren Entfernungen über das Meer und die feindselige einheimische Bevölkerung Grönlands. Die Bewohner der Färöer waren zwar stärker isoliert als die Menschen auf den Orkney- und Shetlandinseln, und insbesondere im Vergleich zu den Orkneys verfügten sie über geringere eigene Ressourcen, aber sie überlebten ohne Schwierigkeiten, weil sie alles Nötige in großen Mengen einführen konnten - eine Möglichkeit, die in Grönland nicht gegeben war.

Als ich das erste Mal nach Island reiste, sollte ich an einer von der NATO finanzierten Konferenz über die Wiederherstellung ökologisch geschädigter Gebiete teilnehmen. Mit Island hatte die Nato für den Ort der Konferenz eine besonders geeignete Wahl getroffen, denn diese Insel ist ökologisch das am stärksten geschädigte Land Europas. Seit der ersten Besiedlung durch Menschen wurden die ursprünglichen Bäume des Landes und die gesamte Vegetation weitgehend zerstört, und etwa die Hälfte des ursprünglichen Bodens wurde durch Erosion in den Ozean geschwemmt. Deshalb sind große Gebiete, die bei der Landung der Wikinger noch grün waren, heute leblose braune Wüsten ohne Bauwerke, Straßen oder sonstige Spuren menschlicher Besiedlung. Als die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA auf der Erde eine Region finden wollte, in der die Astronauten vor der ersten Mondlandung unter ähnlichen Verhältnissen wie auf dem Erdtrabanten trainieren konnten, suchte sie sich ein einstmals grünes Gebiet in Island aus, das heute völlig öde ist.

Vier Elemente prägen die isländische Umwelt: Vulkane, Eis, Wasser und Wind. Island liegt im Nordatlantik knapp 1000 Kilometer westlich von Norwegen auf dem so genannten mittelatlantischen Rücken, wo die amerikanische und die eurasische Kontinentalplatte zusammenstoßen, sodass in regelmäßigen Abständen Vulkane vom Meeresboden aufsteigen und neues Land entstehen lassen - die größte dieser Inseln ist Island. Im Durchschnitt wird ungefähr alle zehn bis 20 Jahre mindestens ein isländischer Vulkan mit einem größeren Ausbruch aktiv. Neben den Vulkanen selbst besitzt Island so viele heiße Quellen und geothermisch aktive Regionen, dass die Häuser in großen Teilen des Landes (einschließlich der gesamten Hauptstadt Reykjavik) nicht mit fossilen Brennstoffen, sondern durch Anzapfen der vulkanischen Hitze geheizt werden.

Das zweite wichtige Element der isländischen Landschaft ist das Eis. Es bildet sich in großen Teilen der Hochebene im Landesinneren und bleibt dort erhalten, weil es sich in bis zu 2085 Meter Höhe befindet, wo es hier, knapp unterhalb des nördlichen Polarkreises, sehr kalt ist. Wasser, das als Schnee und Regen zu Boden fällt, gelangt einerseits mit den Gletschern ins Meer, andererseits auch mit Flüssen, die in regelmäßigen Abständen Hochwasser führen, und gelegentlich in spektakulären, gewaltigen Überschwemmungen, wenn eine natürliche Lava- oder Eisbarriere an einem See nachgibt oder wenn ein Vulkanausbruch unter einer Eiskappe plötzlich eine Menge Eis schmelzen lässt. Und schließlich ist es in Island auch sehr windig. Wegen der Wechselwirkungen zwischen diesen vier Elementen - Vulkane, Kälte, Wasser und Wind - ist Island so empfindlich gegenüber der Erosion.

Als die ersten Wikinger als Siedler nach Island kamen, müssen die Vulkane und heißen Quellen für sie ein fremdartiger Anblick gewesen sein, ganz anders als alles, was sie aus Norwegen oder von den Britischen Inseln kannten. Ansonsten aber sah die Landschaft vertraut und ermutigend aus. Fast alle Pflanzen und Vögel gehörten zu bekannten europäischen Arten. Die Niederungen waren vorwiegend mit einem niedrigen Wald aus Birken und Weiden bewachsen, die man zur Anlage von Viehweiden leicht abholzen konnte. In diesen gerodeten Gebieten, aber auch in Sümpfen und anderen niedrig gelegenen, von Natur aus baumlosen Gebieten sowie in den höheren Lagen oberhalb der Baumgrenze fanden die Siedler üppige Wiesen mit Gras, Kräutern und Moos vor, und dort herrschten ideale Bedingungen für die Haltung der Tiere, die sie bereits in Norwegen und auf den Britischen Inseln gezüchtet hatten. Der Boden war fruchtbar und an manchen Stellen bis zu 15 Meter tief. Trotz der Eiskappen in größerer Höhe und der Lage in der Nähe des Polarkreises sorgte der Golfstrom in den Niederungen in manchen Jahren für ein so mildes Klima, dass man im Süden sogar Gerste anbauen konnte. In den Seen und Flüssen sowie im umgebenden Meer wimmelte es von Fischen, aber auch von Seevögeln und Enten, die noch nie gejagt worden waren und deshalb keine Angst hatten. Entlang der Küste lebten ebenso arglose Robben und Walrosse.

Aber die scheinbare Ähnlichkeit Islands mit dem Südwesten Norwegens und Großbritanniens war in drei entscheidenden Aspekten trügerisch. Erstens lag Island etliche hundert Kilometer weiter nördlich als die wichtigen landschaftlichen Gebiete im Südwesten Norwegens. Das bedeutete ein kühleres Klima und eine kürzere Wachstumssaison, was die Landwirtschaft schwieriger machte. Als das Klima im späten Mittelalter noch kälter wurde, gaben die Siedler den Getreideanbau schließlich auf und züchteten ausschließlich Tiere. Zweitens vergiftete die Asche, die bei den Vulkanausbrüchen in regelmäßigen Abständen ausgestoßen wurde, das Viehfutter. In der Geschichte Islands hatten solche Vulkanausbrüche mehrfach zur Folge, dass Tiere und Menschen hungern mussten; bei der schlimmsten derartigen Katastrophe, der Eruption des Laki im Jahr 1783, verhungerte ungefähr ein Fünftel der Bevölkerung.

Der größten Täuschung unterlagen die Siedler jedoch im Hinblick auf die Unterschiede zwischen dem empfindlichen, unbekannten Boden Islands und dem widerstandsfähigen Boden in Norwegen und Großbritannien, den sie gut kannten. Diese Unterschiede konnten die Siedler unter anderem deshalb nicht richtig einschätzen, weil manche davon sehr geringfügig sind und bis heute von professionellen Bodenkundlern nicht vollständig aufgeklärt wurden. Andererseits lag es aber auch daran, dass manche Unterschiede auf den ersten Blick nicht zu erkennen sind und sich erst nach Jahren bemerkbar machen: In Island bildet sich der Boden langsamer und erodiert viel schneller als in Norwegen oder Großbritannien. Als die Siedler den fruchtbaren und an manchen Stellen sehr dicken Boden Islands sahen, waren sie ebenso begeistert wie ein Mensch unserer Zeit, der ein Bankkonto mit einem großen Habensaldo erbt: Wir würden automatisch annehmen, dass wir dafür die üblichen Zinssätze erhalten, sodass das Konto jedes Jahr einen beträchtlichen Gewinn abwirft. Leider war es in Island aber anders: Boden und dichte Wälder wirkten auf den ersten Blick zwar eindrucksvoll - entsprechend dem hohen Guthaben auf dem Bankkonto -, dieser Zustand hatte sich jedoch (wie bei einem sehr niedrigen Zinssatz) sehr langsam seit dem Ende der letzten Eiszeit eingestellt. Irgendwann bemerkten die Siedler, dass sie nicht von dem ökologischen Jahreszins Islands lebten, sondern das Kapital von Boden und Vegetation verbrauchten, das sich in 10 000 Jahren angesammelt hatte und jetzt innerhalb weniger Jahrzehnte oder sogar innerhalb eines Jahres zur Neige ging. Unabsichtlich nutzten sie Boden und Pflanzenwelt nicht nachhaltig - Nachhaltigkeit bedeutet, dass eine Ressource (wie ein Waldgebiet oder Fischereirevier bei guter Bewirtschaftung) unendlich lange erhalten bleiben kann, weil sie nicht schneller ausgebeutet wird, als es ihrem eigenen Regenerationstempo entspricht. Stattdessen beuteten die Siedler den Boden und die Vegetation auf die gleiche Weise aus, wie es im Bergbau mit Öl- und Mineralvorkommen geschieht, jenen Ressourcen, die sich nur sehr langsam erneuern und abgebaut werden, bis nichts mehr übrig ist.

Warum ist der Boden in Island so empfindlich, und warum bildet er sich so langsam neu? Ein wichtiger Grund liegt in seinem Ursprung. Norwegen, der Norden Großbritanniens und Grönland hatten in jüngerer Zeit keine aktiven Vulkane und waren in der Eiszeit vollkommen vergletschert. Später entstand dann der fruchtbare Boden, weil Meeressedimente in die Höhe stiegen, oder weil die Gletscher das darunter liegende Gestein zermalmten und die Bruchstücke weiter transportierten, bis sie nach dem Abschmelzen der Gletscher als Sedimente abgelagert wurden. In Island jedoch wurden durch die häufigen Vulkanausbrüche immer wieder feine Aschewolken in die Luft geschleudert. Die Asche enthält leichte Teilchen, die von starkem Wind über große Teile des Landes verteilt werden, und auf diese Weise bildet sich eine Ascheschicht (Tephra), die unter Umständen so leicht wie Talkumpuder ist. Auf der fruchtbaren Asche siedelt sich schließlich Vegetation an, die den Untergrund bedeckt und vor Erosion schützt. Wird diese Vegetation jedoch entfernt (weil Schafe darauf grasen oder Bauern sie abbrennen), liegt die Asche wiederum frei und ist nun für Erosion sehr anfällig. Nachdem sie so leicht war, dass sie anfangs vom Wind transportiert werden konnte, wird sie wegen ihres geringen Gewichts auch jetzt wieder vom Wind abgetragen. Neben dieser Winderosion tragen auch die örtlichen heftigen Regenfälle und häufige Überschwemmungen in Island dazu bei, die frei liegende Asche insbesondere an steilen Berghängen auszuwaschen.

Ein zweiter Grund für die Empfindlichkeit des isländischen Bodens liegt in der Empfindlichkeit der Pflanzenwelt. In der Regel bedecken Pflanzen den Boden und schützen ihn so vor Erosion, und da sie außerdem organische Substanzen einbringen, wird er zusätzlich fester und schwerer. In Island mit seiner nördlichen Lage, dem kühlen Klima und der kurzen Wachstumssaison wachsen Pflanzen jedoch langsam. Die Kombination aus empfindlichem Boden und langsamem Pflanzenwachstum lässt für die Erosion einen positiven Rückkopplungskreislauf entstehen: Nachdem die schützende Pflanzendecke von Schafen oder Bauern entfernt wurde und die Bodenerosion begonnen hat, können sich neue Pflanzen nur noch schwer ansiedeln und den Boden erneut schützen; die Folge: Die Erosion breitet sich aus.

Die Besiedlung Islands begann in nennenswertem Umfang um das Jahr 870 und war 930, als fast alle landwirtschaftlich nutzbaren Flächen vergeben waren, praktisch beendet. Die meisten Siedler kamen unmittelbar aus dem Westen Norwegens, die übrigen waren Wikinger, die bereits auf die britischen Inseln ausgewandert waren und dort keltische Frauen geheiratet hatten. Diese Siedler wollten eine ganz ähnliche Viehhalterwirtschaft aufbauen wie in Norwegen und auf den Britischen Inseln, und dazu dienten ihnen die gleichen fünf Nutztierarten, von denen die Schafe am Ende bei weitem am zahlreichsten waren. Schafsmilch wurde zu Butter, Käse und einer isländischen Spezialität namens skyr verarbeitet, die für meinen Geschmack einem köstlichen, dicken Joghurt ähnelt. Ansonsten bestritten die Isländer ihre Ernährung mit Wildtieren und Fischen -auch dies wissen wir dank der geduldigen Bemühungen der Zooarchäologen, die insgesamt 47 000 Knochen aus Abfallhaufen untersucht haben. Die Brutkolonien der Walrosse waren sehr schnell ausgerottet, und die Seevögel wurden stark dezimiert, sodass die Jäger ihre Aufmerksamkeit nun auf die Robben richteten. Zu den wichtigsten wilden Proteinlieferanten wurden schließlich die Fische: einerseits die reichlich vorhandenen Forellen und Lachse in Seen und Flüssen, andererseits die großen Kabeljau- und Schellfischbestände vor der Küste. Kabeljau und Schellfisch waren der entscheidende Grund, warum die Bewohner Islands die schweren Jahrhunderte der kleinen Eiszeit überleben konnten, und sie sind noch heute eine Stütze für die Wirtschaft des Landes.

Als die Besiedlung Irlands begann, war die Insel auf einem Viertel ihrer Fläche bewaldet. Die Siedler holzten immer mehr Bäume ab, um Weideland zu schaffen, und die Bäume selbst wurden als Brennstoff, Bauholz und zur Herstellung von Holzkohle verwendet. In den ersten Jahrzehnten wurden ungefähr 80 Prozent der ursprünglichen Waldflächen gerodet, und bis heute ist dieser Anteil auf 96 Prozent gestiegen, sodass Wälder nur noch ein Prozent der Fläche Islands ausmachen. An großen verkohlten Holzstücken aus den ältesten archäologischen Fundstätten erkennt man etwas, das uns heute unglaublich erscheint: Das Holz, das bei der Rodung anfiel, wurde zu einem großen Teil weggeworfen oder verbrannt, bis die Inselbewohner erkannten, dass der Rohstoff für alle zukünftigen Zeiten knapp werden würde. Nachdem die ursprünglichen Bäume verschwunden waren, verhinderten weidende Schafe und wühlende Schweine, die anfangs ebenfalls noch vorhanden waren, dass neue Keimlinge heranwuchsen. Wenn man heute durch Island fährt, stellt man verblüfft fest, dass die wenigen Baumgruppen, die noch stehen, meist zum Schutz vor Schafen eingezäunt sind.

Das isländische Hochland oberhalb der Baumgrenze, wo von Natur aus Wiesen auf einem flachen Boden gedeihen, war für die Siedler besonders reizvoll: Hier brauchten sie nicht einmal Bäume zu fällen, um Weideflächen anzulegen. Aber das Hochland war noch empfindlicher als die Niederungen, denn es war hier kälter und trockener, sodass die Pflanzen langsamer nachwuchsen, und außerdem war der Boden nicht durch eine Walddecke geschützt. Als der natürliche Grasteppich beseitigt oder abgeweidet war, wurde der Boden, der ursprünglich aus vom Wind verwehter Asche entstanden war, erneut der Winderosion ausgesetzt. Außerdem konnte Wasser, das entweder nach Niederschlägen oder als Schmelzwasser bergab floss, tiefe Gräben in den nun nackten Boden ziehen. Wenn sich solche Gräben entwickelten und der Grundwasserspiegel von ihrer Oberkante bis zur tiefsten Stelle sank, trocknete der Boden aus, sodass er für die Winderosion noch anfälliger wurde. Schon kurz nach der Besiedlung wurde der Boden Islands vom Hochland in die Niederungen und ins Meer transportiert. Im Hochland gab es nun weder Boden noch Vegetation, und die früheren Wiesen im Landesinneren Islands wurden durch Mensch und Vieh zu der Wüste, die man heute dort vorfindet; später entwickelten sich auch in den Niederungen große erodierte Gebiete.

Heute müssen wir uns fragen: Warum um alles in der Welt bewirtschafteten diese törichten Siedler ihr Land so, dass derart offenkundige Schäden eintraten? War ihnen nicht klar, was geschehen würde? Ja, am Ende erkannten sie es, aber anfangs war das nicht möglich, denn sie standen im Zusammenhang mit der Landbewirtschaftung vor einem unbekannten, schwierigen Problem. Von Vulkanen und heißen Quellen abgesehen, sah Island den Regionen in Norwegen und Großbritannien, aus denen die Siedler ausgewandert waren, sehr ähnlich. Die Wikinger konnten nicht wissen, dass Boden und Vegetation in ihrer neuen Heimat viel empfindlicher waren als das, was sie kannten. Ihnen erschien es nur natürlich, das Hochland in Besitz zu nehmen und dort viele Schafe weiden zu lassen, wie sie es auch in den schottischen Highlands getan hatten. Woher sollten sie wissen, dass die Hochebenen in Island den Schafen nicht unbegrenzt eine Lebensgrundlage bieten konnten und dass selbst die Niederungen mit Tieren übervölkert waren? Oder kurz gesagt: Dass Island in ganz Europa zum Land mit den schwersten ökologischen Schäden wurde, lag nicht daran, dass vorsichtige norwegische und britische Einwanderer ihre Vorsicht bei der Landung auf der Insel plötzlich über Bord geworfen hätten, sondern sie befanden sich in einer scheinbar üppigen, in Wirklichkeit aber empfindlichen Umwelt, auf die sie aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen nicht vorbereitet waren.

Als die Siedler schließlich erkannten, wie die Verhältnisse wirklich waren, griffen sie korrigierend ein. Sie warfen keine großen Holzstücke mehr weg, gaben die ökologisch schädliche Haltung von Schweinen und Ziegen auf und zogen sich zum größten Teil aus dem Hochland zurück. Gruppen benachbarter Bauernhöfe trafen gemeinsam wichtige Entscheidungen, mit denen sie die Erosion verhindern wollten; dabei ging es beispielsweise um den Zeitpunkt im späten Frühjahr, zu dem das Gras so weit nachgewachsen war, dass man die in Gemeineigentum befindlichen Schafe für den Sommer auf die hoch gelegenen Weiden treiben konnte, und um die Frage, wann man sie im Herbst wieder herunterholte. Die Bauern bemühten sich um Einigkeit darüber, wie viele Schafe jede gemeindeeigene Weide höchstens ernähren konnte, und wie diese Zahl in Form von Quoten auf die einzelnen Bauern aufzuteilen war.

Diese Art der Entscheidungsfindung ist flexibel und sinnvoll, sie ist aber auch konservativ. Selbst meine isländischen Freunde bezeichnen ihre eigene Gesellschaft als konservativ und streng. Die dänische Regierung, der Island seit 1397 unterstand, war regelmäßig entsetzt über diese Haltung, wenn sie echte Anstrengungen unternahmen, um die Bedingungen für die Inselbewohner zu verbessern. Die Verbesserungen, um die man sich von Dänemark aus bemühte, bilden eine lange Liste: Getreideanbau, verbesserte Fischernetze, Fischerei von geschlossenen Schiffen anstelle der offenen Boote, Fischverarbeitung mit Salz für den Export anstelle der einfachen Trocknung, eine Industrie der Seilherstellung und Fellgerberei sowie der Schwefelabbau für den Export. Auf diese und andere Vorschläge, die mit Veränderungen verbunden gewesen wären, erhielten die Dänen (und auch reformfreudige Isländer) regelmäßig eine ablehnende Antwort, ganz gleich, welchen potenziellen Nutzen sie für die Bewohner gehabt hätten.

Wie mir ein Bekannter aus Island erklärte, ist eine solche konservative Einstellung verständlich, wenn man sich die ökologische Empfindlichkeit Islands vor Augen führt. Aufgrund ihrer langen historischen Erfahrungen sind Isländer daran gewöhnt, dass jede Veränderung alles eher schlechter als besser macht. In den Jahren des Experimentierens während der Frühgeschichte Islands gelang den Siedlern die Entwicklung eines wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Systems, das mehr oder weniger funktionierte. Zugegeben, die meisten Menschen blieben in diesem System arm, und von Zeit zu Zeit verhungerten sie auch, aber zumindest blieb die Gesellschaft bestehen. Dagegen hatten andere Experimente, mit denen man es im Lauf der Geschichte versucht hatte, in einer Katastrophe geendet. Die Spuren solcher Katastrophen konnten sie überall um sich herum sehen: Mondlandschaften, aufgegebene Bauernhöfe und erodierte Gebiete auf den Anwesen, die überlebt hatten. Aus allen diesen Erfahrungen zogen die Isländer eine Lehre: In diesem Land kann man sich den Luxus des Experimentierens nicht erlauben. Wir leben in einem empfindlichen Land; wir wissen, dass unsere Lebensweise zumindest einigen von uns das Überleben ermöglicht; bleibt uns mit Veränderungen vom Leib.

Die politische Geschichte Islands seit 870 lässt sich schnell zusammenfassen. Mehrere Jahrhunderte lang war das Land selbständig, aber in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts führten die Kämpfe zwischen Häuptlingen aus den fünf führenden Familien dazu, dass viele Menschen ums Leben kamen und Bauernhöfe niederbrannten. Im Jahr 1262 baten die Bewohner Islands den norwegischen König, sie zu regieren; dahinter stand die Überlegung, dass ein weit entfernter König für sie eine geringere Gefahr darstellte, ihnen mehr Freiheit lassen würde und ihr Land vermutlich nicht in ein derartiges Chaos stürzen konnte wie die Häuptlinge vor Ort. Durch Eheschließungen zwischen den skandinavischen Königshäusern wurden die Throne von Dänemark, Schweden und Norwegen im Jahr 1397 unter einem König vereinigt. Dieser interessierte sich vor allem für Dänemark, seine reichste Provinz, schenkte aber dem ärmeren Norwegen und Island kaum Aufmerksamkeit. Im Jahr 1874 erhielt Island eine gewisse Selbständigkeit, 1904 wurde die Selbstverwaltung eingeführt, und die vollständige Unabhängigkeit von Dänemark folgte 1944.

Seit dem späten Mittelalter war der wachsende Handel mit Stockfisch (getrocknetem Kabeljau) eine wichtige Triebkraft der isländischen Wirtschaft. Die Fische wurden in isländischen Gewässern gefangen und in die wachsenden Städte des europäischen Festlandes exportiert, deren Bevölkerung einen immer größeren Bedarf an Lebensmitteln hatte. Da es in Island selbst keine großen Bäume für den Bau guter Schiffe gab, wurden die Fische von Schiffen aus verschiedenen anderen Staaten gefangen und exportiert, insbesondere von solchen aus Norwegen, England und Deutschland, zu denen später noch Franzosen und Niederländer hinzukamen. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts baute Island eine eigene Flotte auf, und die industrielle Fischerei nahm explosionsartig zu. Im Jahr 1950 machten Meeresprodukte mehr als 90 Prozent aller isländischen Exporte aus, sodass sie den zuvor dominierenden landwirtschaftlichen Sektor völlig in den Schatten stellten. Schon 1923 war die Stadtbevölkerung Islands den Landbewohnern zahlenmäßig überlegen. Heute ist Island das am stärksten urbanisierte skandinavische Land: Die Hälfte der Bevölkerung lebt allein in der Hauptstadt Reykjavik. Die Bevölkerungswanderung von den ländlichen in städtische Gebiete setzt sich bis heute fort: Isländische Bauern geben ihre Höfe auf oder wandeln sie zu Ferienhäusern um und ziehen in die Städte, wo es Arbeitsplätze, Coca-Cola und globale Kultur gibt.

Durch die reichlich vorhandenen Fische, geothermische Energie, Stromerzeugung mit der Wasserkraft der vielen Flüsse und die fehlende Notwendigkeit, Holz zum Bau von Schiffen zusammenzukratzen (weil sie heute aus Metall hergestellt werden), ist das frühere ärmste Land Europas heute, was das Pro-Kopf-Einkommen angeht, zu einem der reichsten Staaten der Welt geworden - eine Erfolgsgeschichte, die ein Gegengewicht zu den Berichten über Gesellschaftszusammenbrüche in den Kapiteln 2 bis 5 darstellt.

Der isländische Literatur-Nobelpreisträger Halldor Laxness legte der Heldin seines Romans Salka Valka einen unsterblichen Satz in den Mund, den nur ein Isländer aussprechen kann: »Wenn alles gesagt und getan ist, ist das, was übrig bleibt, der Salzfisch.« Aber die Fischbestände werfen heute ebenso wie Wälder und Boden schwierige Bewirtschaftungsprobleme auf. Die Isländer geben sich große Mühe, alte Schäden an ihren Wäldern und Böden zu reparieren und ähnliche Schäden in der Fischerei zu verhindern.

Vor dem Hintergrund dieser kurzen Zusammenfassung der isländischen Geschichte können wir nun die Frage stellen, wo Island im Vergleich zu den fünf anderen Wikingerkolonien im Nordatlantik steht. Wie ich bereits erwähnt habe, wurde das unterschiedliche Schicksal dieser Kolonien insbesondere von vier Faktoren beeinflusst: von der Entfernung von Europa, dem Widerstand der Bewohner, die es vor den Wikingern gab, der Eignung für die Landwirtschaft und der ökologischen Empfindlichkeit. Im Fall Islands waren zwei dieser Faktoren günstig, die beiden anderen verursachten Probleme. Für die Siedler war es positiv, dass es auf der Insel zuvor keine (oder so gut wie keine) Bewohner gab und dass ihre Entfernung von Europa (die zwar größer ist als die zu den Orkney-, Shetland- oder Färöerinseln, aber viel geringer als nach Grönland oder Vinland) so klein war, dass Handel selbst mit mittelalterlichen Schiffen in großem Umfang möglich war. Anders als die Bewohner Grönlands blieben die Isländer über Schiffe in jährlichem Kontakt mit Norwegen und/oder Großbritannien; sie konnten lebenswichtige Güter (insbesondere Bauholz, Eisen und später auch Keramik) in großem Umfang einführen und ihre Exportwaren in ebenso großem Umfang verschicken. Insbesondere der Export getrockneter Fische erwies sich nach 1300 als entscheidend für die wirtschaftliche Rettung Islands; für die abgelegene Kolonie in Grönland dagegen, deren Schiffsrouten nach Europa häufig von Meereis blockiert waren, bestand diese Möglichkeit nicht.

Auf der negativen Seite stand Islands nördliche Lage, durch die es, was die ungünstigen Voraussetzungen für die Lebensmittelproduktion betraf, nach Grönland an zweiter Stelle rangierte. Der Gersteanbau, der selbst in den milden ersten Jahren der Besiedlung nur eine untergeordnete Rolle gespielt hatte, wurde im späten Mittelalter, als das Klima sich abkühlte, aufgegeben. Selbst die Weidewirtschaft mit Schafen und Kühen war auf den ärmeren Bauernhöfen in schlechten Jahren nur in geringem Umfang möglich. Schafe dagegen gediehen in den meisten Jahren in Island so gut, dass der Wollexport nach der Besiedlung mehrere Jahrhunderte lang die Wirtschaft beherrschte. Das größte Problem jedoch war die ökologische Empfindlichkeit: Island hatte unter allen Wikingerkolonien mit Abstand die empfindlichsten Böden, und was die Empfindlichkeit der Pflanzenwelt angeht, stand es an zweiter Stelle hinter Grönland.

Betrachten wir nun einmal die Geschichte Islands unter dem Gesichtspunkt der fünf Faktoren, die das Grundthema dieses Buches bilden: selbst verursachte Umweltschäden, Klimaveränderungen, Konflikte mit anderen Gesellschaften, freundliche Handelsbeziehungen mit anderen Gesellschaften, und kulturelle Einstellungen. Vier dieser Faktoren spielen in Island eine Rolle; nur feindselige Konflikte gab es kaum, abgesehen von einer Periode mit Piratenüberfällen. Die Wechselbeziehungen zwischen den anderen vier Faktoren sind im Falle Islands deutlich zu erkennen. Seine Bewohner hatten das Pech, dass sie eine Reihe besonders schwieriger ökologischer Probleme vorfanden, die sich durch die Klimaabkühlung während der kleinen Eiszeit noch verstärkten. Damit das Land trotz dieser ökologischen Probleme überleben konnte, war der Handel mit Europa unentbehrlich. Den Rahmen für die Reaktion der Isländer auf ihre Umwelt bildeten ihre kulturellen Einstellungen. Manche davon hatten sie bereits aus Norwegen mitgebracht, insbesondere die anfängliche Vorliebe für Kühe und Schweine und ihre ursprünglichen ökologischen Vorgehensweisen, die sich für den Boden in Norwegen und Großbritannien durchaus eigneten, nicht aber für die Verhältnisse in Island. Andere Haltungen entwickelten sich erst in der neuen Heimat: Sie lernten, Schweine und Ziegen aufzugeben, Kühe in geringerem Umfang zu halten, die empfindliche Umwelt ihrer Insel besser zu schützen und sich eine konservative Sichtweise zu Eigen zu machen. Mit dieser Sichtweise frustrierten sie ihre dänischen Herrscher, und in manchen Fällen dürften sie auch den Isländern selbst geschadet haben, aber letztlich halfen sie ihnen, durch die Vermeidung von Risiken zu überleben.

Die heutige isländische Regierung kümmert sich in großem Umfang um den historischen Ballast der Insel - Bodenerosion und Überweidung durch Schafe -, der für die lang anhaltende Armut des Landes eine so große Rolle spielte. Ein ganzes Ministerium ist mit der Aufgabe betraut, den Boden zu erhalten, Waldflächen aufzuforsten, das Landesinnere wieder mit Pflanzen zu besiedeln und die Schafbestände zu steuern. Im isländischen Hochland sah ich Grasstreifen, die das Ministerium in einer ansonsten nackten Mondlandschaft ausgesät hatte, um wieder eine schützende Pflanzendecke zu schaffen und die Ausbreitung der Erosion einzudämmen. Solche Bemühungen - dünne grüne Linien in einem braunen Panorama - erschienen mir häufig wie ein rührender Versuch, mit einem übermächtigen Problem fertig zu werden. Aber allmählich macht man in Island Fortschritte.

Fast überall sonst auf der Welt müssen die Archäologen unter meinen Freunden ihre Regierungen mühsam davon überzeugen, dass ihre Tätigkeit durchaus einen praktischen Wert haben kann. Sie müssen den Wissenschaftsförderungsinstitutionen klar machen, dass wir durch die Untersuchung früherer Gesellschaften besser verstehen können, welches Schicksal den Gesellschaften, die heute in dem gleichen Gebiet leben, möglicherweise bevorsteht. Insbesondere, so ihre Argumentation, könnten die Umweltschäden früherer Zeiten sich in der Gegenwart erneut einstellen, sodass man die Kenntnisse über die Vergangenheit dazu nutzen kann, die gleichen Fehler nicht noch einmal zu begehen.

Die meisten Regierungen nehmen solche Appelle von Archäologen nicht zur Kenntnis. In Island ist das anders: Dort liegen die Auswirkungen der Erosion, die vor 1130 Jahren begann, offen zu Tage - der größte Teil der Vegetation und die Hälfte des Bodens sind bereits verloren, und die Vergangenheit ist überall in krasser Form gegenwärtig. Mittlerweile beschäftigen sich zahlreiche Untersuchungen mit den mittelalterlichen isländischen Siedlungen und den Gesetzmäßigkeiten der Erosion. Als einer meiner Bekannten, ein Archäologe, sich an die isländische Regierung wandte und seine übliche lange Rechtfertigung loswerden wollte, die in anderen Ländern erforderlich ist, lautete die Antwort der Behörden: »Ja, natürlich ist uns klar, dass Kenntnisse über die mittelalterliche Bodenerosion dazu beitragen werden, auch unsere heutigen Probleme besser zu verstehen. Das wissen wir schon, Sie brauchen keine Zeit zu verschwenden, um uns davon zu überzeugen. Hier ist das Geld, fangen Sie mit Ihren Untersuchungen an.«

Das kurze Leben Vinlands, der abgelegensten Wikingersiedlung am Nordatlantik, ist eine eigene, faszinierende Geschichte. Als erster europäischer Versuch, Amerika fast 500 Jahre vor Kolumbus zu besiedeln, war es Gegenstand romantischer Spekulationen und vieler Bücher. Die wichtigsten Lehren, die wir in unserem Zusammenhang aus dem Unternehmen Vinland ziehen können, sind die Gründe für sein Scheitern.

Die Nordostküste Nordamerikas, wo die Wikinger an Land gingen, liegt mehrere tausend Kilometer von Norwegen entfernt auf der anderen Seite des Atlantiks, weit außerhalb der unmittelbaren Reichweite von Wikingerschiffen. Alle Schiffe, die dorthin fahren sollten, liefen in Grönland aus, der westlichsten stabilen Kolonie. Aber selbst Grönland war nach den Maßstäben der Wikinger von Nordamerika noch weit entfernt. Mehr als 1500 Kilometer trennten ihr Hauptlager auf Neufundland in direkter Linie von den Siedlungen auf Grönland, aber die tatsächliche Route entlang der Küste, die man wegen der geringen nautischen Fähigkeiten aus Sicherheitsgründen einschlug, war über 3000 Kilometer lang und erforderte eine Reise von bis zu sechs Wochen. Wenn man während der sommerlichen Seefahrtsaison mit ihrem günstigen Wetter von Grönland nach Vinland und zurück gelangen wollte, blieb nicht viel Zeit für eine Erkundung der neuen Kolonie. Deshalb errichteten die Wikinger auf Neufundland einen Stützpunkt, auf dem sie überwintern konnten, sodass ihnen der ganze nachfolgende Sommer für die Erforschung des neuen Landes zur Verfügung stand.

Die belegten Reisen nach Vinland wurden in Grönland von zwei Söhnen, einer Tochter und einer Schwiegertochter Eriks des Roten organisiert, der 984 die Kolonie in Grönland gegründet hatte. Sie wollten feststellen, welche Produkte das neue Land bot und ob es sich für eine Besiedlung eignete. Der Überlieferung zufolge nahmen die ersten Seefahrer in ihren Schiffen auch lebendes Vieh mit, sodass sie sich dauerhaft niederlassen konnten, wenn das Land ihnen gut erschien. Später, nachdem die Wikinger ihre Besiedlungspläne aufgegeben hatten, besuchten sie noch über 300 Jahre lang die Küste Nordamerikas, um Holz zu holen (das in Grönland stets knapp war) und möglicherweise auch um Eisen unmittelbar an den Stellen zu gewinnen, wo genügend Holz zur Herstellung von Holzkohle (die in Grönland ebenfalls Mangelware war) für das Schmieden vorhanden war.

Unsere Kenntnisse über die Versuche der Wikinger, Nordamerika zu besiedeln, stammen aus zwei Quellen: aus schriftlichen Überlieferungen und archäologischen Ausgrabungen. Die schriftlichen Berichte bestehen vor allem aus zwei Sagas über die ersten Entdeckungs- und Erkundungsreisen nach Vinland, die mehrere Jahrhunderte lang mündlich weitergegeben und im 13. Jahrhundert schließlich in Island schriftlich festgehalten wurden. Da diese Sagen nicht durch unabhängige Belege bestätigt wurden, taten Experten sie in der Regel als Phantasieprodukte ab und bezweifelten, dass die Wikinger tatsächlich in die Neue Welt gelangt waren. Beigelegt wurde die Debatte erst 1961, als Archäologen in Neufundland das Hauptlager der Wikinger entdeckten. Heute gelten die Sagas über Vinland als älteste schriftliche Berichte über Nordamerika; was ihren Wahrheitsgehalt in den Details angeht, sind die Fachleute allerdings nach wie vor geteilter Meinung. Es handelt sich um zwei getrennte Manuskripte namens Grönländer-Saga und Saga von Erik dem Roten; beide stimmen in groben Zügen überein, unterscheiden sich aber in vielen Einzelheiten. Sie berichten über fünf Reisen von Grönland nach Vinland, die in dem kurzen Zeitraum von nur einem Jahrzehnt stattfanden; jede Reise wurde nur mit einem einzigen Schiff unternommen, mit Ausnahme der letzten, an der zwei oder drei Schiffe beteiligt waren.

In den beiden Sagas über Vinland werden die wichtigsten Orte in Nordamerika, die von den Wikingern besucht wurden, kurz beschrieben und mit den altnordischen Namen Helluland, Markland, Vinland, Leifsbudir, Straumfjord und Hop bezeichnet. Wissenschaftler haben große Anstrengungen darauf verwendet, anhand der kurzen Beschreibungen die entsprechenden Orte zu identifizieren. So heißt es zum Beispiel: »Dieses Land (Markland) war flach und bewaldet, fiel zum Meer sanft ab, und sie stießen auf viele Strände mit weißem Sand ... Dieses Land wird nach dem benannt, was es zu bieten hat, und heißt Markland (Waldland).« Mit Helluland war offensichtlich die Ostküste der Baffininsel im arktischen Kanada gemeint, und Markland ist die Küste von Labrador südlich der Baffininsel; beide Gebiete liegen in gerader Linie westlich von Grönland jenseits der schmalen Davis-Straße, die Grönland von Nordamerika trennt. Um so weit wie möglich in Sichtweite des Landes zu bleiben, fuhren die Wikinger von Grönland nicht geradewegs über den offenen Nordatlantik nach Neufundland, sondern sie überquerten die Davis-Straße, gelangten so zur Baffininsel und folgten dann der Küste nach Süden. Die übrigen Ortsnamen in den Sagas beziehen sich offensichtlich auf kanadische Küstengebiete südlich von Labrador, unter anderem mit Sicherheit auf Neufundland, vermutlich auch den Golf des St.-Lorenz-Stromes sowie New Brunswick und Nova Scotia (die gemeinsam als Vinland bezeichnet wurden) sowie möglicherweise auch oft die Küste Neuenglands. Anfangs unternahmen die Wikinger in der Neuen Welt vermutlich lange Streifzüge, um die am besten geeigneten Gebiete zu finden - das Gleiche taten sie bekanntermaßen auch in Grönland, bevor sie für ihre Siedlungen die beiden Fjorde mit dem besten Weideland auswählten.

Unsere zweite Quelle für Informationen über die Wikinger in der Neuen Welt sind die archäologischen Funde. Trotz intensiver Suche hat man nur ein einziges Wikingerlager finden und ausgraben können. Es liegt bei L’Anse aux Meadows an der Nordwestküste Neufundlands. Aus der Radiokarbondatierung weiß man, dass die Stelle ungefähr um das Jahr 1000 besiedelt wurde; dies stimmt mit den Berichten der Sagas überein, wonach die Reisen nach Vinland von den erwachsenen Kindern Eriks das Roten geleitet wurden, der die Besiedlung Grönlands organisierte und den Sagas zufolge zur Zeit der Reisen noch am Leben war. Die Ausgrabungsstätte von L’Anse aux Meadows, deren Lage zu der Beschreibung des Lagers Leifsbudir in den Sagas passt, besteht aus den Überresten von acht Gebäuden, darunter drei Versammlungshallen, die 80 Menschen fassten, eine Eisenschmiede zur Verarbeitung von Raseneisenerz und zur Herstellung eiserner Nägel für Schiffe, eine Zimmermannswerkstatt und Werkstätten für die Reparatur von Schiffen. Bauernhäuser und landwirtschaftliche Gerätschaften wurden dagegen nicht gefunden.

Glaubt man den Sagas, war Leifsbudir nur ein Stützpunkt, der sich mit seiner Lage als Winterquartier und Ausgangspunkt für sommerliche Streifzüge eignete. Ressourcen, die für die Wikinger interessant waren, wurden dagegen in dem neu erkundeten Vinland gefunden. Dies wird auch durch eine winzige, aber wichtige Entdeckung bestätigt, die man bei Ausgrabungen im Lager von L’Anse aux Meadows machte: zwei Butternüsse, eine Art wilder Walnüsse, die in Neufundland nicht wachsen. Selbst im wärmeren Klima der Jahrhunderte vor und nach dem Jahr 1000 standen die Walnussbäume, die Neufundland am nächsten waren, südlich des Tales des St. Lorenz-Stromes. Dort befand sich auch das nächstgelegene Verbreitungsgebiet der wilden Weintrauben, von denen in den Sagas die Rede ist. Die Trauben waren vermutlich der Grund, warum die Wikinger die Region als Vinland (»Weinland«) bezeichneten.

Den Sagas zufolge war Vinland reich an kostbaren Rohstoffen, die in Grönland fehlten. Zu den wichtigsten Vorteilen des neu entdeckten Landes gehörten das relativ milde Klima, die niedrigere geographische Breite und die damit verbundene längere sommerliche Wachstumssaison; das hohe Gras und die milden Winter schufen die Möglichkeit, nordische Rinder auch während der kalten Jahreszeit im Freien grasen zu lassen, was den Wikingern die Mühe ersparte, im Sommer Heu einzulagern und die Tiere im Winter in den Ställen damit zu füttern. Überall gab es Wälder mit gutem Bauholz. Weitere natürliche Ressourcen waren die Lachse in Flüssen und Seen, die größer waren als alle aus Grönland bekannten Süßwasserfische, einer der reichhaltigsten Fischgründe der Welt im Meer vor Neufundland, Wildtiere wie Hirsche und Karibus sowie nistende Vögel und ihre Eier.

Obwohl die Seefahrer aus Vinland ganze Schiffsladungen mit kostbarem Holz, Weintrauben und Pelzen nach Grönland mitbrachten, wurden die Reisen eingestellt, und das Lager bei L’Anse aux Meadows wurde aufgegeben. Die archäologischen Ausgrabungen in dem Lager waren zwar spannend, weil sie endgültig bewiesen, dass die Wikinger tatsächlich bereits vor Kolumbus in der Neuen Welt gewesen waren, sie brachten aber auch eine Enttäuschung, denn die Wikinger hatten nichts Wertvolles zurückgelassen. Die einzigen Funde waren kleine Gegenstände, die man vermutlich weggeworfen oder fallen gelassen hatte, beispielsweise 99 zerbrochene eiserne Nägel, ein einziger unversehrter Nagel, ein Stift aus Bronze, ein Schleifstein, eine Spindel, eine Glasperle und eine Stricknadel. Offensichtlich wurde das Lager nicht in aller Eile aufgegeben, sondern die Wikinger räumten es im Rahmen eines geplanten, dauerhaften Rückzuges, bei dem man alle Werkzeuge und wertvolle Besitztümer mit nach Grönland nahm. Heute wissen wir, dass Nordamerika bei weitem das größte und wertvollste Land war, das die Wikinger im Nordatlantik entdeckten; selbst der winzige Teil davon, den sie überblicken konnten, beeindruckte sie. Warum gaben die altnordischen Seefahrer die Kolonie Vinland im Land des Überflusses trotzdem auf?

Auf diese Frage halten die Sagas eine einfache Antwort bereit: Es lag an der großen Bevölkerung aus feindseligen Indianern, mit denen die Wikinger keine guten Beziehungen aufbauen konnten. Bei den ersten Indianern, mit denen die Wikinger zusammentrafen, handelte es sich den Sagas zufolge um eine neunköpfige Gruppe, von denen acht umgebracht wurden, während der neunte flüchten konnte. Das war alles andere als ein viel versprechender Anfang für eine Freundschaft. Wie nicht anders zu erwarten, kamen die Indianer mit einer Flotte kleiner Boote zurück, beschossen die Wikinger mit Pfeilen und töteten ihren Anführer Thorvald, den Sohn Eriks des Roten. Als er sich den Pfeil aus dem Bauch zog, soll der sterbende Thorvald geklagt haben: »Wir haben hier ein reiches Land gefunden; um meinen Bauch ist viel Fett. Wir haben ein Land mit schönen Rohstoffen gefunden, aber wir werden wohl nicht viel Freude daran haben.«

Der nächsten Wikingergruppe gelang es, den Handel mit den einheimischen Indianern in Gang zu bringen (Kleidung und Kuhmilch der Wikinger gegen Tierfelle von den Indianern), aber dann tötete ein Wikinger einen Indianer, der Waffen stehlen wollte. In dem nachfolgenden Kampf kamen viele Indianer ums Leben, bevor sie flüchteten, aber nach diesem Vorfall waren die Wikinger überzeugt, dass sie es hier mit einem dauerhaften Problem zu tun hatten. Der unbekannte Autor der Saga von Erik dem Roten formulierte es so: »Die Partei [der Wikinger] erkannte nun, dass dieses Land dort zwar alles zu bieten hatte, dass sie aber auch ständig durch Angriffe seiner früheren Bewohner bedroht waren. Sie machten sich bereit zur Abfahrt in ihr eigenes Land [das heißt nach Grönland].«

Nachdem die altnordischen Grönländer also Vinland den Indianern überlassen hatten, suchten sie weiter im Norden die Küste Labradors auf, wo es viel weniger Indianer gab, und holten dort Holz und Eisen. Den greifbaren Beleg für solche Besuche bieten einige altnordische Gegenstände (Stücke aus geschmolzenem Kupfer, geschmolzenes Eisen und gesponnene Ziegenwolle), die man in der kanadischen Arktis an mehreren Ausgrabungsstätten der amerikanischen Ureinwohner gefunden hat. Der bemerkenswerteste Fund ist eine Silbermünze, die zwischen 1065 und 1080 während der Herrschaft König Olaf des Stillen in Norwegen geprägt wurde; man entdeckte sie, als Kettenanhänger durchbohrt, an einer indianischen Ausgrabungsstätte an der Küste von Maine, viele hundert Kilometer südlich von Labrador. An der betreffenden Stelle in Maine hatte sich ein großes Dorf befunden, das als Handelszentrum diente; Steine und Werkzeuge, die dort ausgegraben wurden, stammten aus Labrador sowie aus vielen Teilen von Nova Scotia, Neuengland, New York und Pennsylvania. Vermutlich hatte ein altnordischer Besucher die Münze in Labrador verloren oder eingetauscht, und dann war sie über das Handelsnetz der Indianer nach Maine gelangt.

Ein weiterer Beleg für spätere Besuche der Wikinger in Labrador findet sich in der isländischen Chronik: Sie berichtet aus dem Lahr 1347 über ein grönländisches Schiff mit einer 18-köpfigen Besatzung, das Island erreichte, nachdem es auf der Rückreise von »Markland« seinen Anker verloren hatte und vom Kurs abgetrieben worden war. Der Bericht in der Chronik ist kurz und sachlich, als sei das Ereignis nichts Ungewöhnliches: »Dieses Jahr lautet die Neuigkeit, dass eines dieser Schiffe, die jeden Sommer nach Markland fahren, seinen Anker verloren hat, und ebenso schüttete Thorunn Ketilsdottir auf ihrem Bauernhof von Djupaladur einen großen Eimer Milch um, und eines der Schafe von Bjorni Bollason ist gestorben, und das war alles, was es in diesem Jahr Neues gab, nur das Übliche.«

Kurz gesagt, scheiterte die Siedlung von Vinland, weil auch die Kolonie in Grönland zu klein war und zu wenig Holz und Eisen besaß, um sie zu unterstützen: sie war sowohl von Europa als auch von Vinland zu weit entfernt, besaß zu wenig seetüchtige Schiffe und konnte große Erkundungsflotten nicht finanzieren; und eine oder zwei Schiffsmannschaften aus Grönland hatten der Masse der Indianer von Nova Scotia und am Golf des St.-Lorenz-Stromes nichts entgegenzusetzen, wenn sie diese provozierten. In der grönländischen Kolonie lebten um das Jahr 1000 vermutlich nicht mehr als 500 Menschen, sodass die 80 Erwachsenen im Lager von L’Anse aux Meadows bereits eine erhebliche Schwächung der Arbeitskraft in Grönland bedeuteten. Als nach 1500 dann wieder die ersten Europäer nach Nordamerika kamen, erlitten die Versuche einer Besiedlung wiederum eine lange Kette von Rückschlägen, und das, obwohl hinter den Kolonien dieses Mal die reichsten und am dichtesten bevölkerten Staaten Europas standen, die jedes Jahr eine Nachschubflotte schickten, mit Schiffen, die weit größer waren als die der Wikinger und sowohl Feuerwaffen als auch eine Fülle von Eisenwerkzeugen mitführten. In den ersten englischen und französischen Kolonien in Massachusetts, Virginia und Kanada starb etwa die Hälfte der Siedler im ersten Jahr an Hunger oder Krankheiten. Da ist es kein Wunder, dass 500 Grönländer aus dem abgelegensten Außenposten Norwegens, das zu den ärmeren Nationen Europas gehörte, mit der Eroberung und Besiedlung Nordamerikas überfordert waren.

Die Tatsache, dass die Kolonie in Vinland schon innerhalb von zehn Jahren scheiterte, ist im Zusammenhang dieses Buches vor allem deshalb von Interesse, weil sie einen beschleunigten Vorgeschmack auf den Untergang darstellte, den die Kolonie in Grönland nach 450 Jahren erlebte. Normannisch-Grönland überlebte viel länger als Normannisch-Vinland, denn es war nicht so weit von Norwegen entfernt, und in den ersten Jahrhunderten tauchten auch keine feindseligen Einheimischen auf. Aber Grönland litt - wenn auch in weniger extremer Form - unter dem gleichen Doppelproblem wie Vinland: Es war isoliert, und die Wikinger waren nicht in der Lage, gute Beziehungen zu den Einheimischen herzustellen. Wären die amerikanischen Ureinwohner nicht gewesen, hätten die Grönländer die ökologischen Probleme vielleicht bewältigt und die Siedler wären in Vinland geblieben. In diesem Falle hätte Vinland eine Bevölkerungsexplosion erlebt, die Norweger hätten sich nach dem Jahr 1000 über Nordamerika verbreitet, und ich, ein Amerikaner des 21. Jahrhunderts, würde dieses Buch vielleicht nicht auf Englisch schreiben, sondern in einer Sprache, die wie das heutige Isländisch oder die Sprache der Färöer auf das Altnordische zurückgeht.