Die Alliierten verlassen Norwegen

Juni 1940

 

Unter den Historikern gibt es heute kaum Zweifel, dass es nur eine Frage der Zeit gewesen wäre, bis Dietl sich mit seinen Gebirgsjägern der norwegisch-alliierten Übermacht in Nordnorwegen hätte ergeben müssen.

Die Lage des Generals und seiner 3. Gebirgs-Division bessert sich nur durch den Vormarsch der Deutschen in Frankreich, was dazu führt, dass sich die Alliierten tatsächlich in aller Eile aus Norwegen zurückziehen müssen.

Am 4. Juni gehen die ersten der über 20 000 Soldaten an Bord der Transportschiffe. Schon am Morgen des 8. Juni verlässt die Nachhut Harstad. Ein Versuch, Nordnorwegen unter schwedischen Schutz zu nehmen, scheitert. Als die englische und die norwegische Regierung ihr Einverständnis zu einem derartigen Schritt erklären, ist es bereits zu spät.

Der norwegische König Haakon VII. tritt am Abend des 7. Juni mit seiner Regierung von Tromsø aus an Bord des Kreuzers Devonshire die Fahrt in die Emigration nach Großbritannien an. Auf seine Weisung stellen die norwegischen Truppen in Nordnorwegen den Kampf ein. Der norwegische Oberbefehlshaber Generalmajor Ruge unterzeichnet am 10. Juni 1940 die Kapitulationsurkunde, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass der Kriegszustand zwischen Norwegen und Deutschland andauere und der Kampf außerhalb der Landesgrenzen fortgeführt werde. In Norwegen aber ist der Krieg vorbei, und die Deutschen übernehmen die Macht im ganzen Land. Am 25. Juli wird Generaloberst Nikolaus von Falkenhorst als Wehrmachtsbefehlshaber Norwegen eingesetzt. Im September werden alle politischen Parteien in Norwegen verboten – mit Ausnahme der faschistischen Nasjonal Samling.

Die Menschen in Harstad sind einerseits erleichtert, dass der Krieg vorbei ist, gleichzeitig aber empört über den plötzlichen Rückzug der Alliierten. Die Angst ist groß, was jetzt auf sie zukommt. Aber Lillian ist froh und dankbar, dass sowohl ihr Bruder John als auch Tore unverletzt nach Hause gekommen sind. Dieses Glück haben nicht alle.

 

Die Geschichtsbücher werden später festhalten, dass die deutschen Verluste während der Besetzung Norwegens und Dänemarks 1317 Tote, 1604 Verwundete und 2375 Vermisste betragen. Auf alliierter Seite fallen in den Kämpfen an Land 1896 Engländer, 1335 Norweger und 530 Franzosen und Polen. Zur See hatten die Engländer 2500 Mann Verluste, wie es in der Sprache des Militärs heißt.