Was haben Sie von Small Talk?
Die Verkürzung der Wartezeit, auf die Frau Müller und Herr Taub an der Bushaltestelle verzichten, ist nur einer der vielen positiven Effekte, die eine kleine Plauderei hätte. Sammeln Sie in der folgenden Übung Ideen, welche weiteren Vorteile sich durch einen kurzen Small Talk ergeben können.
Übung 1: Welche Chancen birgt ein Small Talk?
Nehmen Sie sich ein Blatt Papier und überlegen Sie, was Ihnen persönlich ein kurzer Wortwechsel in der entsprechenden Situation bringen könnte. Schreiben Sie spontan alles auf, was Ihnen einfällt, ohne sich die Situation konkreter auszumalen. Denken Sie nur an die Chancen.
Chancen eines Small Talks …
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… zwischen Lieschen Müller und Otto Taub beim Warten auf den Bus:
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… mit einem Fremden, dem Sie auf einer Party begegnen:
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… mit einem flüchtigen Bekannten, den Sie auf der Straße treffen:
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… mit dem Vorgesetzten Ihres Vorgesetzten, der in der Kantine neben Ihnen in der Schlange steht:
Betrachten Sie Small Talk positiv!
„Wir haben den ganzen Abend (nur) Small Talk gemacht.“ Einen Satz wie diesen haben Sie sicher nicht nur schon öfter gehört, Sie haben ihn bestimmt auch selbst schon einmal geäußert. Wenn Sie jetzt denken: „Es hängt eben davon ab, welche Einstellung oder Erwartung man hat“, treffen Sie den Nagel auf den Kopf. Es ist sogar ganz entscheidend, welche Bedeutung Sie dem Small Talk beimessen und was Sie persönlich von einem Zusammentreffen mit fremden Menschen erwarten. Es kommt gar nicht so sehr darauf an, wie diese Situation im Einzelnen aussieht. Entscheidend ist allein Ihre Haltung.
Small Talk negativ gesehen | Small Talk positiv gesehen |
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Es war eine seichte Unterhaltung. Wir sind uns nicht näher gekommen. Wir haben über nichts Wichtiges gesprochen. Wir haben nicht über das Eigentliche gesprochen. Wir sind schön höflich geblieben. Alles nur schöner Schein! Intellektuell war da nichts zu fischen. So richtig austauschen konnte ich mich mit niemandem. Worüber immer wir geredet haben, Spuren haben die Gespräche keine hinterlassen. Ich kam mir die ganze Zeit vor wie in einer Talkshow. | Ich habe mich angenehm unterhalten. Es war eine harmonische Atmosphäre. Ich habe neue Leute kennen gelernt. Es war ein entspannender Plauderabend. Wir haben Gott sei Dank nicht über Probleme in der Arbeit gesprochen. Ich bin mit vielen neuen Leuten ins Gespräch gekommen. Ich habe interessante Anknüpfungspunkte gefunden. Ich habe mich mit X wieder mal normal unterhalten können. Y würde ich gerne mal näher kennen lernen. Jetzt konnte ich mich Z mal persönlich vorstellen. |
Wie steht es mit Ihnen? Welche Einstellung haben Sie zum Small Talk?
Wenn Sie ein Typ sind, der
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eine optimistische Grundhaltung hat,
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offen für neue Situationen ist und
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gerne auf Menschen zugeht,
werden Sie Small Talk vermutlich als etwas Positives betrachten. Menschen, die hingegen eine negative Grundhaltung haben oder Selbstzweifel hegen, tun sich mit dem Small Talk etwas schwerer, wie die folgende Begebenheit zeigt.
Beispiel
Hubert und Amelie aus München sind bei ihrem Freund Karl in Berlin zu Besuch. Am zweiten Abend will Karl die beiden auf eine Party bei einer Werbeagentur mitnehmen. Amelie findet die Idee toll, Hubert nicht. Er kennt niemanden außer Karl und Amelie. Er fürchtet eine Gesellschaft, in der er den ganzen Abend nur oberflächlichen Small Talk zu hören bekommt. Aber auf höfliche, aufgeblasene Konversation, in der jeder toller erscheinen will, als er ist, hat er keine Lust. Er beschließt nicht mitzugehen und erklärt Amelie: „Worüber soll ich mich unterhalten? Soll ich etwa von meinem Normalo-Job, der mir momentan ohnehin keinen Spaß macht, erzählen? Unmöglich! Wen soll das interessieren?“
Wer so denkt, der irrt. Erstens: Ein Small Talk kann zwar, muss aber nicht oberflächlich verlaufen. Nettigkeiten auszutauschen und sich anschließend über interessante Dinge zu unterhalten schließt sich nicht aus. Hubert sollte keine intellektuellen Höhenflüge oder tief schürfende Gespräche erwarten – muss aber umgekehrt auch nicht befürchten, selbst glänzen oder sich offenbaren zu müssen. Und wer sagt eigentlich, dass andere Huberts Job uninteressant finden?
Unverbindlichkeit ist kein Nachteil
Auch die Befürchtung, dass Small Talk eine unehrliche Kommunikation begünstigt, ist zunächst einmal unberechtigt. Nur weil sich Menschen höflich miteinander unterhalten oder Freundlichkeiten austauschen, heißt das noch nicht, dass sie sich gegenseitig belügen. Dass jemand umgekehrt versuchen könnte, beim Small Talk gezielt andere zu manipulieren, ist natürlich nicht ganz ausgeschlossen. Dies dürfte aber nicht ohne Weiteres gelingen, denn es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass man im Small Talk eher unverbindlich bleibt und unverfängliche Themen behandelt. Wenn Sie jemand beeinflussen möchte (und sei es nur zu glauben, er sei ein ganz besonders „toller Hecht“), dürften Sie das recht schnell merken.
Die Bedenken hingegen, beim Small Talk niemanden richtig kennen zu lernen, sind nicht ganz von der Hand zu weisen. Small Talk betreiben Sie ja mit Menschen, die Sie nur ungenügend oder gar nicht kennen. Daher werden Sie und Ihr Gegenüber auch kaum über Ihre moralischen Vorstellungen, über schwere Probleme oder Dinge sprechen, die Sie im Innersten bewegen. Sind Sie sich sympathisch und ticken ähnlich, könnte sich ein Small Talk aber durchaus zu einem tieferen Gespräch entwickeln, bei dem Sie sich näher kommen.
Was ist Small Talk?
Beim Small Talk geht es weder um einen gezielten Informationsaustausch noch um eine Problemlösung oder Entscheidungsfindung und schon gar nicht um einen Schlagabtausch. Sprachliche Äußerungen, mit denen Sie mehr oder weniger stark auf Ihr Gegenüber einwirken wollen, wie z. B. Anweisungen, Überzeugungsarbeit oder anderweitige Verpflichtungsversuche, gehören auch nicht zum Small Talk.
Es gibt außerdem keine sachliche Notwendigkeit für das Gespräch, keinen unmittelbaren äußeren Anlass, keine direkten Anknüpfungspunkte. Über was Sie im Einzelnen beim Small Talk reden, ist sogar eher sekundär!
Aber worum geht es dann? Ganz einfach: Darum, mit anderen freundlich zu reden und über das Gespräch den Kontakt herzustellen – selbst, wenn wir zu der betreffenden Personen eine gewisse Distanz empfinden. Im Small Talk können Sie sich „beschnuppern“ und herausfinden, ob Sie Konkurrenten sind oder freundschaftlich miteinander umgehen können: Was verbindet Sie und Ihren Gesprächspartner? Worüber sind Sie sich einig?
Die beste Grundeinstellung für den Small Talk: Sie und Ihr Gesprächspartner sind ein temporäres Miniteam, das etwas Gemeinsames schaffen will. Denn Übereinstimmung schafft Harmonie und Sympathie – wenn Sie das erreichen, steht der Vertiefung Ihres Kontakts nichts mehr im Weg.
Stellen Sie Ihre Social Skills unter Beweis
Small Talk ist ein Gespräch, das Ihre sozialen Kompetenzen fordert.
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Mit diplomatischem Geschick,
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einem Gespür für Menschen und Situationen,
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der Fähigkeit, sich zurückzunehmen und den anderen aufzuwerten,
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Einfühlungsvermögen
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und „liebevoller“ Neugier
werden Sie als Smalltalker weit kommen.
Was Small Talk bewirken kann
Small Talk hat viele positive Effekte. Mit seiner Hilfe können Sie:
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ein Gespräch mit Fremden eröffnen („Kaltstart“),
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in einen Kreis unbekannter Personen „eindringen“ und an dem, was gerade vorgeht, teilhaben,
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sich entspannen und ablenken,
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andere und sich gut unterhalten,
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andere für sich einnehmen und Imagearbeit betreiben,
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in bestimmten (formellen) Situationen die Atmosphäre positiv beeinflussen,
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in spannungsreichen Situationen für Entspannung sorgen,
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Ihr Gesicht und/oder das des Gesprächspartners wahren (etwa bei Konflikten),
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soziale und hierarchische Distanzen überbrücken,
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networken.
Small Talk ist „demokratisch“
Small Talk ist nie zweckfrei. Small Talk hilft Distanz zu anderen Menschen ab- und eine persönliche Beziehung aufzubauen – eine sehr wichtige Funktion, gerade da in unserer Gesellschaft soziale Schichten immer durchlässiger werden. Sie werden in Ihrem Leben immer wieder auf Menschen aus anderen Kreisen stoßen. Für das Zustandekommen eines Small Talks spielt es jedoch keine Rolle, ob Sie mit dem obersten Chef der Firma oder dem Mann von der Müllabfuhr reden. Salopp formuliert: So wie die Häppchen am Buffet, so ist auch der Small Talk für alle da.
Allerdings dürfen Sie sich keiner Illusion hingeben: Bestehende Abhängigkeits- oder hierarchische Verhältnisse sind im Small Talk zwar für den Moment ausgehebelt, jedoch nicht aufgehoben. Und außerdem werden Sie mit Ihrem Chef sicher anders smalltalken als mit dem Mann von der Straße.
Ein weiterer positiver Effekt des Small Talks: Weil er so unverfänglich ist, können Sie auch Kontakt zu Menschen unterhalten, mit denen Sie eigentlich nicht viel anfangen können oder zu denen Sie gar eine gestörte Beziehung haben. So lässt sich mit einem unverfänglichen Gespräch also „gute Miene zum bösen Spiel machen“.
Beispiel
Wenn Sie mit den Methoden von Herrn Huber aus dem Controlling so gar nicht einverstanden sind und es als höchst unangenehm empfinden, wie er Ihnen mit seinen Zahlenreihen täglich auf die Nerven geht, hindert Sie das noch lange nicht daran, mit ihm auf der Weihnachtsfeier des Betriebs ein paar nette Worte auszutauschen. Denn Sie wollen in so einer Situation weder sich noch anderen die gute Stimmung verderben.
Small Talk für Beruf und Karriere
Small Talk ist nicht nur etwas für Ihr Privatleben. Small Talk fördert Ihre Karriere. Wann und warum ist es richtig klug, im Beruf die lockere Plauderei zu pflegen?
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Small Talk ist unerlässlich bei Geschäftskontakten. Und zwar dann, wenn Sie noch nicht oder nicht mehr über das Geschäft reden wollen. Anlässe sind z. B. Geschäftsessen, der Besuch von (ausländischen) Geschäftspartnern, Verkaufsgespräche, Verhandlungen mit Lieferanten, Projektbesprechungen u. v. m.
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Small Talk ist das „Warm-up vor dem Warm-up“, zum Beispiel in Seminaren, Workshops oder Projekten; im Small Talk lernen sich die Beteiligten völlig ungezwungen und vor allem ohne Lenkung durch Dritte kennen.
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Small Talk lockert formelle, anstrengende Gesprächssituationen auf. Gerade wenn sehr viel auf dem Spiel steht, erleben die Teilnehmer eine kleine Plauderei als sehr entspannend und Vertrauen fördernd.
Tipp
Nutzen Sie Pausen in Seminaren, Workshops, Arbeitsgruppen etc. zum Small Talk. Lassen Sie los – und gönnen Sie sich nach dem Konzentrationsmarathon eine kleine Ablenkung. Belästigen Sie die anderen Kollegen jedenfalls nicht mit fachlichen Fragen oder Vorträgen, dazu ist später in der Runde wieder Zeit. Wenn Sie sich bei der kurzen Kaffeepause noch den Kopf darüber zerbrechen, ob die Vorgaben für Projekt X nicht doch am Kundennutzen vorbeizielen, bringen Sie sich um die für Ihre Kreativität notwendige Denkpause.
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Bei der Personalauswahl wird Small Talk ganz bewusst als Gesprächseinstieg eingesetzt, um den Druck bei den Kandidaten abzubauen. Aber auch, um den Bewerber auf einer anderen Ebene kennen zu lernen, ist Small Talk nützlich.
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Small Talk ist ein Signal der Aufmerksamkeit und Zuwendung und hilft so, den Kontakt zu Vorgesetzten, Kollegen oder Mitarbeitern aufrechtzuerhalten. Dies gilt insbesondere, wenn Konflikte oder Spannungen das Arbeitsklima stören. Dann signalisiert ein Small Talk: „Ich ignoriere dich nicht“ oder: „Du gehörst weiter dazu“. Allerdings hebt Small Talk den Konflikt nicht auf – der muss auf andere Weise gelöst werden.
Beispiel
Herr Teufel hat sich Ärger mit seinem Abteilungsleiter, Herrn Engelhart, eingehandelt. Der ist unzufrieden mit seinem Ingenieur, weil im letzten Projekt die Entwicklungskosten explodiert sind und Teufel weder Rechenschaft darüber abgelegt noch Verbesserungsvorschläge für zukünftige Projekte unterbreitet hat. Engelhart stellte Teufel deswegen bereits bei Projektabschluss zur Rede, doch Teufel blieb bei seiner Blockadehaltung. Eine Woche später, bei einem kleinen Empfang zum Geburtstag der Chefsekretärin, unterhält sich Engelhart jedoch nett mit Teufel. Nun glaubt der Ingenieur, der Konflikt sei vergessen. Doch beim nächsten Mitarbeitergespräch kommt Engelhart wieder auf die Sache zu sprechen und hält auch mit seinem Ärger über Teufels Verhalten nicht zurück.
Small Talk wirkt längerfristig
Wenn Sie heute smalltalken, können Sie morgen davon profitieren. Vorausgesetzt natürlich, dass Sie den Boden gut bereitet haben. Längerfristige Effekte des Small Talks sollten Sie vor allem beim Aufbau von Beziehungen und bei Ihrem Networking im Auge behalten:
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Small Talk ist eine Chance, Geschäftskontakte zu knüpfen, Freundschaften zu schließen oder eine/n Partner/in kennen zu lernen.
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Umgekehrt können Sie im Small Talk Ihre Fähigkeiten als Vermittler ausspielen (Sie bringen andere zusammen).
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Andere erinnern sich an Sie, wenn Sie im Small Talk entsprechende „Anker“ setzen (siehe Kapitel „Wie sich andere Ihren Namen merken“).
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Sie schaffen es, in einem gesellschaftlichen Kreis aufgenommen zu werden.
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Als gekonnter Smalltalker haben Sie es leicht, viele neue Menschen kennen zu lernen und ein umfassendes social networking zu betreiben. (Aufbau eines Netzwerks, eines Freundes- oder neuen Bekanntenkreises; hierzu mehr in Lektion 8).
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Im Small Talk können Sie Ihre sozialen Kompetenzen unter Beweis stellen, zum Beispiel indem Sie sich als einfühlsamer Zuhörer erweisen oder als jemand, der andere selbstverständlich an seinem Wissen teilhaben lässt.
Sie haben nun viele positive Effekte des Small Talks kennen gelernt. Überprüfen Sie Ihr Wissen, indem Sie einmal die folgende kleine Übung machen.
Übung 2: Vorurteile entkräften
Entkräften Sie folgende Vorurteile über Small Talk:
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„Small Talk ist oberflächlich!“
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„Small Talk ist nur höfliche Konversation, die andere Absichten verdeckt.“
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„Mit Small Talk lernt man niemanden wirklich kennen.“
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„Small Talk ist vertane Zeit.“
(Vorschläge im Lösungsteil.)