Schlagfertig reagieren auf Angeber und Störer
Wie gehen Sie mit Menschen um, die ein harmonisches Gespräch sprengen oder Sie persönlich angreifen wollen? Versuchen Sie Ihre Souveränität wiederzugewinnen, unfairen Angriffen zu begegnen und elegant zu kontern.
Wie man nichts auf sich sitzen lässt, lesen Sie auch im Trainingsbuch „Schlagfertigkeit“ (siehe Literatur im Anhang).
Störungen – übergehen oder darauf eingehen?
Solange Sie die Störung übergehen können, ohne Ihr Gesicht zu verlieren oder den Störer bloßzustellen, gilt:
-
Höflichkeit geht vor Direktheit.
-
Ignorieren geht vor Verteidigung.
-
Gemeinschaftsinteresse geht vor persönlichem Interesse. (Fühlt sich die gesamte Gruppe gestört oder nur Sie?)
Ironie, mit liebevoller Absicht, kann Ihnen übrigens auch in vielen Störungsfällen weiterhelfen (anders als Sarkasmus, der zu negativ ist). Ironie lässt sich als eine intelligente Form von Humor begreifen. Wer ironische Distanz zu den Dingen wahrt, kann letztlich auch über sich selbst lachen. Und wird nicht alles persönlich nehmen – was es auch leichter macht, Entschuldigungen von anderen anzunehmen. Ironie – so denn der andere darauf einsteigt – lässt aber auch Ihrem Gegenüber die Freiheiten, nicht alles perfekt machen und sich vor allem selbst nicht als perfekt darstellen zu müssen.
Angeber und Maulhelden ausbremsen
Angeber mag niemand. Eine einfache Strategie, einen Angeber zum Stoppen zu bringen: Sie fragen ständig nach und gehen dabei gnadenlos in Einzelheiten. Das machen Sie so lange, bis Ihr Gegenüber aufgibt. Der Effekt: Sie lenken vom Thema ab und sabotieren die Hauptbotschaft: „Ich bin der Größte“.
Beispiel
„Als ich vor Mauritius beim Tauchen war, sind mir auch einige Haie begegnet. Was ist schon dabei!“
„Ach, Haie?“
„Ja, Hammerhaie. Nicht so klein, die Burschen.“
„Wie groß denn?“
„Na, so anderthalb Mann lang.“
„Und wie viele waren das genau?“
„Mindestens zehn Stück. Aber ich hatte ja meine Harpune, und schließlich habe ich Erfahrung; ich habe ja schon zahlreiche Unterwasserfilme gedreht.“
„Ach, mit welcher Kamera denn?“
„Das war eine …, na, weiß ich jetzt nicht mehr.“
„Und was für eine Harpune hatten Sie?“
„Das weiß ich doch jetzt auch nicht mehr, die habe ich von der Tauchschule gestellt bekommen.“
„Von welcher Tauchschule?“
„Von der … also, das ist doch jetzt nicht so wichtig, oder?“
Tipp
Mit dem Wörtchen „Ach“ vor Ihren Fragen können Sie sowohl Zweifel als auch Neugier signalisieren – spielen Sie ironisch mit dieser Vagheit!
Beispiel
Mit folgendem Gedicht der fast vergessenen jüdischen Schriftstellerin Mascha Kaléko (1907–1975) können Sie einen passenden Beitrag zum Thema „Angeberei und Bescheidenheit“ leisten:
Das Veilchen, zart und violett,
War Ehrengast auf dem Bankett,
Und jeder rühmte seine Tugend,
Und seine Schönheit, seine Jugend.
Das Veilchen drauf, mit scheuer Miene,
Ihr lobt mich mehr als ich verdiene.
Doch eine Tugend, die mich ziert,
Die habt ihr alle ignoriert.
Verbeugte sich nach edlem Brauch,
Und sprach: Bescheiden – bin ich auch.
Besserwissen und Schlaumeier entlarven
Es gibt Leute, die alles besser wissen und damit jedes Gespräch kaputt machen. Ein Austausch ist kaum möglich. Entlarven Sie Schlaumeier als Hochstapler – freilich auf elegante Weise.
Gesprächstechnik: Besserwisser widerlegen
1. Wenn Sie Spaß am analytischen Denken haben: Achten Sie genau auf die Argumentation. Gibt es Lücken, Ungereimtheiten, logische Fehlschlüsse? Konfrontieren Sie den Schlaumeier damit: „Nun, von X zu Y zu kommen, ist ein weiter Sprung? Wie kann man sich das erklären, wo doch …?“
2. Wenn Sie es besser wissen: Machen Sie dezent darauf aufmerksam, dass Sie sich auskennen. Je beiläufiger Sie Ihr Wissen durchblicken lassen, um so weniger stellen Sie den anderen bloß.
3. Wenn Sie eine wie auch immer geartete Erklärung bekommen, fragen Sie: „Warum?“ Wie ein Kind, das allem auf den Grund gehen will.
Tipp
Wenn ein Streit droht, lassen Sie den anderen Recht behalten und gehen nicht weiter auf das Thema ein. Sie können es auch wechseln, indem Sie sagen: „Nun, darüber kann man geteilter Meinung sein. Aber wir wollen uns hier ja nicht streiten. Darf ich Ihnen noch etwas zu Trinken mitbringen?“ Bei hartnäckigen Rechthabern beenden Sie das Gespräch einfach.
Wie Sie auf Miesmacher und Stänkerer reagieren
Was machen Sie mit Menschen, die alles schwarzsehen? Die jammernd ihr Leid beklagen, und zwar ohne Unterlass? Oder mit Nörglern, die den gesellschaftlichen Anlass nutzen, um sich über alles zu mokieren? Und mit ihrer Miesmacherei den anderen die Stimmung verderben?
Gesprächstechnik: Nörgler und Jammerer unterbrechen
1. Zeigen Sie eine Weile Verständnis, aber wechseln Sie rechtzeitig das Thema. Schließen Sie das letzte aber nicht mit einer positiven Wendung ab – schließlich wollen Sie Jammerer und Nörgler nicht herausfordern!
2. In einer Runde sollten Sie dem Miesmacher mehr oder weniger deutlich zu verstehen geben, dass Nörglerei nicht angebracht ist. Übertreiben Sie dabei ruhig. Sagen Sie zum Beispiel: „Ach, an solche entsetzlichen, grässlichen Dinge sollten wir für heute Abend nicht denken.“ Und dann wechseln Sie zu einem besonders positiven oder erheiternden Thema: „Da erzähle ich Ihnen doch lieber eine lustige Geschichte, die mir neulich passiert ist …“
Wenn Angriffe persönlich werden
Wenn Sie in einem Dialog auf unfaire Weise angegriffen werden, wehren Sie sich. Verletzt Ihr Gegenüber die Regeln der Gesprächskultur, setzen Sie ihm Grenzen, und zwar deutliche.
Schreiten Sie auch ein, wenn andere unfair behandelt werden! Zum Beispiel dann, wenn es nicht mehr um „liebevollen“ Klatsch, sondern um persönliche Angriffe geht. Ob Sie mit einer schlagfertigen Erwiderung das Opfer verteidigen, den Angreifer zurechtweisen oder dem Betroffenen unter vier Augen Ihre Solidarität bekunden, hängt ganz von der jeweiligen Konstellation ab. Finden Sie heraus, ob Ihre Hilfe erwünscht und angemessen ist.
Beispiel
Herr Dappner erzählt in einer Runde einen frauenfeindlichen Witz. Der jungen Praktikantin Lena, die gerade zwei Tage da ist, ist das sichtlich peinlich. Doch sie traut sich nicht, etwas zu erwidern. Schließlich kennt sie die Machtverhältnisse in der Firma noch nicht genau. Später sagt Marko, ein Kollege zu ihr: „Das war wirklich unmöglich von Dappner; der ist manchmal schon sehr raubeinig.“ Da erwidert Lena: „Warum haben Sie dann in der Runde nichts gesagt?“
Sie sind mitverantwortlich für die Gruppenkultur. Schalten Sie sich ein!
In weniger eindeutigen Fällen müssen Sie erst einmal die Situation richtig einschätzen:
-
Wer hat den Angriff überhaupt mitbekommen?
-
Kann sich das Opfer gut selbst verteidigen, bleibt es souverän?
-
Könnte das Machtgefüge eine Selbstverteidigung verhindern?
-
Wird die Situation für das Opfer womöglich noch peinlicher, wenn Sie den Angriff thematisieren?
-
Können Sie dem Opfer gegenüber Ihre Solidarität auch bekunden, ohne auf den Angriff einzugehen?
Dann entscheiden Sie sich schnell: Können Sie die peinliche Situation abfangen?
Übung 36: Schlagfertig reagieren
Stellen Sie sich vor, Sie stehen in einer Runde und folgende Äußerungen fallen. Wie könnten Sie schlagfertig reagieren? Diese Übung können Sie übrigens auch mit einem Partner machen.
Beispiel: „Herr Wörner ist ganz schön fett geworden!“ (Angriff)
Ihre Verteidigung: „Aber ein liebenswerter Dicker ist immer noch besser als ein gehässiger Dünner, finden Sie nicht?“
-
„Was für ein mieser Service. Hier wartet man ja ewig auf sein Essen.“
-
„Ach, Sie sind auch da? Haben Sie sich von dem gescheiterten Projekt schon erholt?“
-
„Was Sie da sagen, ist ja blanker Unsinn.“
-
„Nun kommen Sie mal auf den Punkt. Sonst stehen wir morgen noch da.“
-
„Was hat denn die da Grässliches an? Die sieht ja aus wie eine Vogelscheuche!“
(Vorschläge im Lösungsteil.)