12.

Fiav trat neben Admiral Klauskin. »Sir, es hat einen Zwischenfall gegeben. Eins unser Raumjäger-Geschwader ist mit einem von denen aneinandergeraten, und jetzt sind sie voll bei der Sache. Weitere Geschwader von beiden Seiten sind unterwegs, um sich an der Schlacht zu beteiligen.« Klauskin nickte. »Gut, gut.«

»Sir, mit allem gebotenen Respekt, das ist nicht gut. Das gehört nicht zu unseren Missionszielen.« Die Sullustanerin senkte ihre Stimme. »Es wäre moralisch gewiss eine große Hilfe, wenn Sie die Offiziere wissen lassen würden, was unsere neuen Ziele sind. Werden wir CEC-Eins angreifen? Denn sobald wir in Reichweite gelangen, werden die Verteidiger der Werft uns mit Sicherheit attackieren. Sollen wir uns aus dem System zurückziehen? Wollen wir es mit der corellianischen Flotte aufnehmen?«

Klauskin dachte über ihre Fragen nach. Er stellte fest, dass er diesen Angelegenheiten sonderbarerweise emotionslos gegenüberstand. Aber zumindest würde ihm das erlauben, logische Entscheidungen zu treffen.

Nein, die Schiffswerft mit der Kennung CEC-Eins anzugreifen, gehörte nicht zu ihrer Mission. Sie wollten die Werft intakt, für den Tag, wenn Corellia wieder zur Allianz gehörte. Aber das hieß, dass sie ihren gegenwärtigen Orbitalkurs ändern mussten, was bedeutete, dass irgendein anderer Plan ersonnen werden musste.

Sich aus dem System zurückziehen und mit zwischen die Beine geklemmtem Schwanz nach Hause zurückkehren? Nicht akzeptabel. Das würde diese Operation zu einem Reinfall

machen. Er würde als Verlierer dastehen.

Von den Möglichkeiten, die ihm unterbreitet worden waren, schien der Angriff auf die corellianische Flotte die beste Alternative zu sein. Doch er hatte nur unzureichende Informationen über die Zusammenstellung der feindlichen Flotte. Möglicherweise stellten die Corellianer keine große Herausforderung für seine Streitkräfte dar: dafür hatten sie aber den Heimvorteil auf ihrer Seite, hatten vielleicht noch einige Tricks im Ärmel und konnten seinem Verbund ernsthafte Verluste beibringen, bevor sie besiegt wurden.

Der Umstand, dass seine Alternativen so begrenzt waren, verärgerte ihn. Er brauchte eine neue Idee, eine bessere Idee. Er wünschte, er hätte für eine Weile in seine Kabine zurückkehren können, um sich hinzulegen und mit jemandem zu sprechen, mit jemandem wie. wie.

»Edela«, flüsterte er.

Er hätte daran denken sollen, nicht in der Nähe einer Sullustanerin zu flüstern. Sie hatten ihre großen Ohren nicht von ungefähr. »Edela?«, sagte Fiav. »Ihre Frau?«

»Ja.«

»Sir, sie ist seit vier Jahren tot.«

»Ja, ich weiß.«

Dann kam ihm die Lösung. Ja, eine Ruhepause, ein wenig Zeit auf dem Boden - eine Station auf dem Planeten, um sich auszuruhen und sich zu sammeln. Das war es, was sie brauchten.

Er spürte, wie ihn erneut Energie durchströmte. »Welcher ist der fünfte bewohnte Planet hier? Talus oder Tralus?«

Die großen Augen der Sullustanerin blinzelten vor Überraschung, vielleicht angesichts der plötzlichen Stärke in der Stimme des Admirals. »Ahm, beide. Diese Planeten umkreisen einen gemeinsamen Punkt im All. Also ist einer hin und wieder der vierte, und dann die übrige Zeit der fünfte.«

»Welcher ist jetzt der fünfte?«

Fiav hob einen Kommlink an ihre Lippen, sprach hinein, lauschte. »Tralus, Sir.«

»Setzen Sie Kurs auf Tralus. Teilen Sie das unserer gesamten Streitmacht mit. aber sorgen Sie dafür, dass der Befehl noch nicht ausgeführt wird. Bereitmachen zum Rückruf aller nicht mit Hyperantrieben ausgestatteten Raumjäger und Versorgungsschiffe und zum Übermitteln eines optionalen Rückruf s an alle mit Hyperantrieben. Wer ist unser bester Offizier für die Planung von kurzfristigen Stadt- oder planetenweiten Angriffen - sehr kurzfristigen Angriffen?«

Fiav blinzelte erneut. »Ich bringe es in Erfahrung, Sir.«

»Wenn Sie das getan haben, übertragen Sie ihm oder ihr das Kommando für die Planung eines Angriffs zur Besetzung von Tralus. Ich will den besten Plan, den wir in fünfzehn Minuten kriegen können.« Klauskin unterdrückte ein Lachen, das in ihm aufsteigen wollte.

Mit einem Mal fühlte er sich wieder lebendig. Herr seines Schicksals.

Diese Mission würde nicht scheitern. Ein solches Versagen würde er nicht auf seine Schultern laden.

Ein scheibenförmiger Frachtraumer corellianischer Bauart tauchte vor der Dodonna aus dem Nichts auf. »Und blasen Sie diesen Schrotthaufen vom Himmel«, sagte Klauskin.

Ein Sensoroffizier an einer Computerstation auf der unteren Ebene rief: »Das Schiff ist auf unserer Seite, Sir. Der Millennium Falke.«

Über den Rand des Laufstegs starrte Klauskin finster auf den Sensoroffizier hinunter. »Also können wir es nicht zerstören?«

»Das ist. ahm. richtig, Sir.«

»Nun, dann sagen Sie dem Kapitän, dass er diese Todesfälle aus dem All schaffen soll. Hier draußen ist es gefährlich.«

»Ja. Sir.«

»Wo ist es nicht gefährlich?« Han legte so viel aufgesetzte Verärgerung in seine Stimme, wie er konnte. »Sie sind hier, weiter vorne in dieser Umlaufbahn und dicht bei Ihrer Formation registriere ich corellianische Streitkräfte, ich erhalte Berichte von Luftkämpfen über Coronet - wohin soll ich gehen? Ich habe meine Frau hier - wie kann ich dafür Sorge tragen, dass sie weiterhin sicher ist?«

Vom Copilotensitz des Falken warf Leia ihrem Ehemann einen nicht amüsierten Blick zu. Dass ich sicher bin?, formte sie lautlos mit den Lippen.

Han bedachte sie mit einem entschuldigenden Seitenblick.

»Solo, Sie haben Ihr Zivilschiff mitten in einen militärischen Konflikt manövriert«, sagte die anonyme Stimme von der Dodonna. »Wir haben Ihnen soeben nahegelegt, in sichere Gefilde zurückzukehren. Sofort. Wir haben keine Zeit, darüber zu diskutieren, wo das für Sie sein mag.«

Leia tippte auf die Sensortafel, die ein RaumjägerGeschwader zeigte, zu weit weg, als dass sie Sensoren die Schiffe hätten analysieren können, aber nahe genug, um zu erkennen, wie sich die Staffel von der corellianischen Flotte löste und Kurs auf die Position des Falken nahm.

»Hey, da kommt ein ganzes Geschwader auf mich zu«, sagte Han. »Haben Sie mir eine Eskorte geschickt?«

»Das sind nicht unsere«, sagte die Dodonna. »Was bedeutet, dass die aller Wahrscheinlichkeit nach kommen, um Sie wegzupusten.«

»Oh. Hören Sie, ich nehme einen Abflugkurs entlang Ihrer

Orbitalroute. Ich werde Ihre Schiffe als Deckung benutzen. Sagen Sie ihnen, dass sie nicht auf mich schießen sollen. Falke Ende.«

»Warten Sie.«

Han schaltete seine Kommtafel aus. »Schnall dich an, Schatz«. sagte er.

Leia kam dem widerwillig nach. »Han, du spielst ein gefährliches Spiel.«

»Diese ganze Meine-Frau-beschützen-Sache tut mir leid, das war bloß, um die abzulenken.«

»Das meine ich nicht. Ich meine, eine Spritztour mitten in eine Schlacht zu unternehmen.«

»Ich will sehen, wie sich ihre Streitkräfte zusammensetzen. Ich will sehen, wie sie sich beim Angriff auf meinen Heimatplaneten verhalten. Halt dich fest.«

Han zog den Falken in einen knappen, magenumdrehenden Looping und flog in Richtung des Bugs der Dodonna zurück -jedoch ein wenig tiefer, ein paar Kilometer unterhalb des Trägers in der Umlaufbahn.

Die Sensortafel zeigte die näher kommenden Raumjäger, die die Distanz zum Falken verkürzten. Ein Schaubild ihrer Verfolger erschien: der Rumpf geformt wie der Leib eines Käfers, zwei lange, abwärts geneigte Flügel, die längliche Schubdüsen aufwiesen, ein Laserkanonengeschütz mitten unter dem Hauptrumpf.

»A-Neun-Vigilance-Abfangjäger«, sagte Leia. »Flinke kleine Dinger.«

»Schwache Außenhüllen«, sagte Han. »Normalerweise knacke ich die mit den Zähnen und sauge das Fleisch raus.«

»Ich gebe zu, dass deine Klappe groß genug dafür ist.«

Die Dodonna huschte an ihrer Backbordseite vorüber: ihre

Turbolaserbatterien folgten dem Falken nicht, als sie vorbeifolgen.

»Abgesehen davon«, sagte Han. »werden sie nicht auf mich feuern. Ich bin eine corellianische Berühmtheit.«

Leia schnaubte. »Dann achte darauf, dass dein Transponder deine richtige Identität übermittelt. Andernfalls haben die keinen Grund, dich nicht vom Himmel zu pusten.«

»Gutes Argument.« Han überprüfte seine Kommtafel und nickte zufrieden. »Würdest du bitte die Bug-Holokamera einschalten? Ich möchte aufzeichnen, was wir gleich sehen werden.«

Leia seufzte und tat, worum sie gebeten worden war.


CENTERPOINT-STATION


Ben lag oben auf einer rechtwinkligen Rohrleitung von einem Meter Breite und Höhe. Die Leitung erhob sich fünf Meter über dem Boden des Korridors, nur einen Meter unter der Decke, und unmittelbar unter ihm unterhielten sich CorSic-Agenten miteinander.

Einer sagte: »Irgendwas Neues?«

Ein anderer: »Sie haben ihn in einer der leeren Wartungskammern in die Enge getrieben.«

»Dann haben sie ihn.«

»Ich weiß es nicht. Er ist ein Jedi. Die sind verstohlen.«

Ben grinste. Verstohlen. Das gefiel ihm.

Schritte näherten sich, und der erste CorSic-Agent rief: »Halt! Zeigen Sie uns Ihre Identikarte!«

Eine neue Stimme, weiblich: »Ables, Transportwesen.«

»Sie müssen diesen Bereich verlassen! Er ist abgeriegelt.«

»Nein, nicht für mich. Notfallpersonal.«

»Sieh an. In Ordnung, dann begeben Sie sich auf Ihren Posten. Und zwar schnell.«

Die Schritte entfernten sich. Der erste CorSic-Agent sagte: »Machen wir mit der Patrouille weiter.«

»Halte dich von Lichtschwertern fern.«

»Sehr witzig.«

Die CorSic-Agenten gingen in entgegengesetzte Richtungen und ließen Ben allein.

Sein Gesicht wurde hart, als ihm eine Erkenntnis kam. Er war verstohlen, und er verstand sich wirklich gut darauf, verstohlen zu sein, aber das allein genügte nicht. Verstohlenes Vorgehen war langsam. Herumschleichen, sich hinkauern, sich verstecken, kriechen - das dauerte ewig. Er befand sieh in dem Korridor, der ihn zum Repulsorkontrollraum der Station bringen würde. Seiner Schätzung zufolge war die Kammer lediglich ein paar hundert Meter entfernt. Aber es konnte Stunden dauern, diese Entfernung die ganze Zeit über verstohlen. Zentimeter für Zentimeter, zurückzulegen.

Und alles nur. weil die Gegner wussten, dass sie es mit Jedis zu tun hatten.

Ben setzte sich so rasch auf, dass er mit dem Kopf gegen die Decke über ihm krachte. Er rieb sich die Stelle, wo er angestoßen war. und dachte nach. Eigentlich war es im Augenblick gar nicht nötig, ein Jedi zu sein. Unbeholfen in seiner Hast, begann er, seine Stiefel auszuziehen, streifte seine Jedi-Robe und alles, was dazugehörte, ab, und innerhalb von einer Minute trug er bloß noch ein. schwarzes Unterhemd und schwarze Shorts. Sein Lichtschwert und die ganzen elektronischen Spielzeuge, die dieser Mission zum Erfolg verhelfen sollten, wanderten in seinen Beutel.

Den Beutel in der Hand, ließ er sich über den Rand der

Leitung nach unten zu Boden fällen, rollte sich auf die Füße und begann, in die Richtung zu laufen, in der sein Ziel lag.


ÜBER CORELLIA


Lysa beendete ihr Flugmanöver entlang der Schlacht. Mithilfe ihrer Schubdüsen wollte sie eine gewisse Distanz zwischen sich und den Kampf bringen, bevor sie kehrtmachte, um einen weiteren Durchlauf zu starten. Sie war sicher, dass sie einige Treffer gegen corellianische Angriffsjäger gelandet hatte, doch sie war so schnell an ihnen vorbeigejagt, dass sie nicht zu sagen vermochte, ob ihre Salven einen Feind nur beschädigt oder vernichtet hatten.

Acht hielt sich noch immer dicht bei ihr. doch aus seinem Triebwerk auf der Backbordseite schlugen Funken. »Sieben, ich bin getroffen.«

»Wie sieht's aus?«

»Nicht gut. Die Maschine überhitzt. Und die Lüftungsventile zum Weltraum zu öffnen, wird die Sache nicht besser machen.«

»Schalt das Triebwerk ab und kehr zur Dodonna zurück.«

»Wird gemacht.« Acht klang bedauernd. »Du solltest dich besser wieder den V-Schwertern anschließen und sehen, ob du dir vorübergehend einen neuen Flügelmann besorgen kannst.«

»Du hast recht.« Dann fiel Lysa etwas auf ihrer Sensortafel ins Auge - ein einzelnes feindliches Signal, dessen Kurs das Schiff ganz in die Nähe ihrer Position führte und runter in Richtung des Planeten. »Hiernach«, sagte sie.

»Lysa, mach das nicht allein.«

»Wir sehen uns auf der Dodonna.« Sie brach zur Seite weg und vollführte einen Looping, um sich an die Fersen des neuen

Raumjägers zu heften.

Ihre Sensortafel hatte ihn mittlerweile klassifiziert - ein X-Flügler. Sie war überrascht; sie hatte nicht damit gerechnet, dass irgendwelche der corellianischen Einheiten hier draußen X-Flügler-Geschwader sein würden. Andererseits hatten sie mit Sicherheit noch nicht alles gesehen, was die Corellianer gegen sie aufbieten konnten. Sie lächelte, machte eine Grimasse, in der ihre Ausbilder zuweilen einen Ausdruck ihres Ungestüms gesehen hatten, und folgte ihrer neuen Beute mit brüllenden Triebwerken nach.

Ja, der Kurs des X-Flüglers führte ihn in eine tiefere und immer tiefere Umlaufbahn, fort von der GA-Flotte. Vielleicht hatte der Pilot die Absicht, sich dem Kampf gegen Skywalkers Geschwader anzuschließen. Möglicherweise war er auf einem Aufklärungsflug gewesen und brachte jetzt wichtige Sensordaten zu den Corellianern zurück. Sie schüttelte den Kopf. So oder so. das Schiff würde nicht dorthin gelangen, wo der Pilot hinwollte.

Sie hielt sich noch nicht damit auf zu versuchen, das Ziel ins Visier zu nehmen. X-Flügler waren widerstandsfähig, und ihre Sensortafel zeigte an. dass dieser Pilot die Stärke seiner Heckschilde bereits verdoppelt hatte.

Ihr Entfernungsmesser bestätigte, dass sie sich in maximaler Einsatzreichweite der Laserkanonen ihres Abfangjägers befand. Doch mit einem Mal schoss der Kampfjäger nach oben, zur Seite, nach Backbord und Steuerbord. Sie hatte das unheimliche Gefühl, dass der Pilot genau wusste, wenn sie ihn ins Visier nahm.

Sie wusste nicht, ob sie fluchen oder noch breiter lächeln sollte. Dieser Pilot war gut. Er tanzte einmal, zweimal, dreimal in ihrem Fadenkreuz, bei jeder Gelegenheit gerade lange genug in Reichweite, dass sie den Abzug der Laserkanone ziehen konnte, aber niemals lange genug, dass die Lasersalven seinen Rumpf erwischten. Sie schoss jedes Mal daneben, manchmal bloß um wenige Meter.

Lind unversehens drehte er den Spieß um.

Sie jagte über ihn hinweg. Adrenalin schoss durch sie hindurch. Es war ein klassisches X-Flügler-Flugmanöver, das man gegen einen schnelleren Verfolger einsetzte, und es war exakt in dem Moment ausgeführt worden, in dem sie am wenigsten damit gerechnet hatte.

Sie drückte ihren Steuerknüppel nach unten, gerade lange genug, um ihren Widersacher glauben zu lassen, dass sie abtauchen und einen Looping vollführen würde, um hinter ihn zu gelangen, dann riss sie den Knüppel zurück, kam wieder hoch und zog den Jäger in eine seitliche Rolle nach Backbord.

Ein unerfahrener Pilot würde auf das erste Täuschungsmanöver hereinfallen und zum Sturzflug übergehen, um die Verfolgung aufzunehmen. Dann könnte sie ihren Kurs andern und ihm nachstellen. Einem achtsameren und erfahreneren Piloten würde es gelingen, ihr auf den Fersen zu bleiben, und ihm würden ein paar Sekunden der Verfolgung bleiben, um sein Ziel zu erfassen und seine Laser oder sogar einen Protonentorpedo auf ihren Raumjäger abzufeuern, der so viel weniger widerstandsfähig war als der X-Flügler.

Sie vernahm kein Kreischen des Zielerfassungsalarms. Sie überprüfte ihre Sensortafel. Ihr Widersacher war nicht abgetaucht, hatte nicht die Verfolgung aufgenommen. Offensichtlich hatte er seinen ursprünglichen Kurs in dem Moment wieder aufgenommen, in dem sie ihr Ausweichmanöver ausgeführt hatte.

Lysa saß da, und einen Moment lang war sie fassungslos. Er hatte nicht einmal einen Schuss auf sie abgegeben.

Ihre Kommkonsole knisterte, und der Scanner zeigte an, dass die Übertragung über eine allgemeine GA-Militärfrequenz reinkam - wenn auch mit geringer Leistung, so schwach, dass wahrscheinlich nur sie allein sie empfing.

»Hübsche Abfangrolle«, sagte ihr Gegner. »Ich könnte schwören, das hast du von Tycho Celchu gelernt.«

Lysa war erneut verblüfft. Sie hatte dieses Manöver von General Celchu gelernt, jenem gefeierten Offizier, der vor mehr als dreißig Jahren mit einem A-Flügler in den zweiten Todesstern und wieder herausgeflogen war.

Und sie kannte die Stimme ihres Widersachers, ungeachtet dessen, wie verzerrt sie durch die leistungsschwache Übertragung und die üblichen Kommstörungen auch klang. »Daddy?«, sagte sie.

»Hallo, Liebes.«

Sie vollführte eine weitere Rolle, die sie in einem steilen Sturzflug auf den X-Flügler zujagen ließ. Allerdings würde ihr Kurs sie nicht in echter Luftkampfmanier hinter das andere Schiff bringen. Stattdessen entschied sie sich für einen Abfangkurs, während sie den X-Flügler beobachtete - und schaltete ihren Zielcomputer komplett aus.

Ihr Flugvektor brachte sie zur Oberseite des X-Flüglers. Sie korrigierte ihren Kurs so, dass sie parallel zueinander flogen, ihr Eta-5-Abfangjäger unmittelbar über dem X-Flügler. Dann rollte sie mit ihrem Raumjäger herum, sodass sie Kanzel an Kanzel dahinglitten, bloß vier Meter voneinander getrennt.

Und sie blickte in das Gesicht ihres Vaters Wedge Antilles.

Corellias zweitberühmtester Pilot schenkte ihr ein Lächeln, das seine Zähne sehen ließ, und hielt die Daumen hoch. Er trug einen normalen X-Flügler-Pilotenhelm - nicht seinen eigenen ramponierten Helm mit den charakteristischen Keilen darauf, sondern einen anderen, der entlang der Kante mit einer Reihe von Dreiecken verziert war.

»Daddy, du hast dich zur Ruhe gesetzt. Verschwinde von hier!« Mit einem Mal wurde sich Lysa über das halbwüchsige Jammern in ihrer Stimme bewusst, und das machte sie verlegen. Doch die Erkenntnis, dass sie auf ihren eigenen Vater gefeuert hatte, sorgte dafür, dass sie sich wie ausgepumpt fühlte, schwindelig.

»Das mache ich, Liebes.« Wedge winkte ihr mit einem mahnenden Finger zu. »Lass dich nicht abschießen.«

»Das habe ich nicht vor, Daddy.«

Wedge passte seinen Kurs an und tauchte mit einem Mal noch steiler von ihr weg.

Lysa rollte wieder nach oben in eine natürlichere Position, brachte den Planeten unter ihren Kiel und zog ihren Steuerknüppel nach unten, was sie höher aufsteigen ließ. Langsam ging sie in die Kurve und steuerte auf die letzte bekannte Position ihres Geschwaders zu.

Sie hatte sich noch niemals zuvor wirklich mit den mystischen Tiefen des Rufs ihres Vaters auseinandersetzen müssen. O ja. sie war im Bewusstsein seiner Berühmtheit aufgewachsen, und es war ihr Bestreben gewesen, aus eigener Kraft eine Karriere außerhalb des Schattens von Wedge Antilles zu machen, und das hatte sie dazu gebracht, ihre Ausbildung an der Akademie unter dem Namen Lysa Dunter zu absolvieren statt als Syal Antilles. Sie hatte sich sogar dafür entschieden, die meiste Zeit mit den HochgeschwindigkeitsJägern mit schwacher Panzerung wie dem Eta-5-Abfangjäger zu trainieren statt mit den widerstandsfähigen alten X-Flüglern, die ihr Vater so liebte, alles in dem Bemühen, ärgerliche Vergleiche mit ihm zu vermeiden.

Sie hatte seinen Ruf immer mehr als historische Tatsache hingenommen statt als etwas Legendäres. Doch jetzt, nachdem sie ihm unter den ungewöhnlichsten Umständen begegnet war, an einem Ort und zu einer Zeit, wo Geschichte geschrieben wurde, außerstande, ihm irgendwelchen Schaden zuzufügen, obwohl sie es unter Aufbietung all ihres Könnens und Willens versucht hatte, spürte sie, dass mehr dahintersteckte.

Sie hatte auf ihren Vater gefeuert. Sie hatte Corellianer getötet, Leute, die vom selben Planeten wie sie selbst stammten. Sie hatte ihre Pflicht erfüllt, die sie sich in dem Augenblick aufgebürdet hatte, in dem sie den Offizierseid geschworen hatte, statt einfach den Dienst zu quittieren, weil auf einmal ihr Heimatplanet der Feind war.

Innerhalb weniger Minuten war das Universum zu einem Tollhaus geworden.

Sie zwang sich, ihre Grübelei abzuschütteln. Vor ihr waren Gegner, und Tagträumen nachzuhängen, während sie sich ihnen näherte, würde dafür sorgen, dass sie umkam. »Konzentrier dich«, sagte ihr Vater - seine Stimme drang aus ihrer Erinnerung, nicht aus der Kommkonsole. »Konzentrier dich, und deine Chancen zu überleben steigen.«

Sie würde sich konzentrieren. Sie hatte ihm versprochen, dass sie nicht abgeschossen werden würde.

Voraus ortete Syal Antilles feindliche Signale, und ihre Sensortafel identifizierte sie als ein Paar A-9-Vigilance-Ab-fangjäger. Einer gab offenbar dem anderen Deckung, dessen Schubdüsen Funken sprühten. Sie wuchsen an, um ihr gesamtes Denken zu beherrschen, alle anderen Überlegungen

mit einem Mal zu vergessen, und sie donnerte auf sie zu.