31.
Luke spürte eine Gegenwart, die Ankunft von jemand, in dem die Macht stark war. Er öffnete die Augen.
Über dem Boden vor ihm, wenige Meter von ihm entfernt, schwebte sein Neffe und ehemaliger Musterschüler Jacen, das Lichtschwert aktiviert in der Hand. Allerdings war es nicht wirklich Jacen; wer auch immer es war, er stank geradezu nach der Energie der dunklen Seite, und sein Blick verhieß nur Bösartigkeit. »Nicht nett«, sagte der falsche Jacen.
Luke erhob sich. »Wer bist du wirklich?«
Der Nicht-Jacen schnaubte. »Du existierst ja kaum. Das brauchst du nicht zu wissen.« Er tat einen seltsamen, gleitenden Schritt nach vorn - es war bloß eine geringfügige Bewegung, aber er schwebte mehrere Meter auf Luke zu.
Luke schattete sein Lichtschwert ein.
Der Nicht-Jacen schlug zu, ein schneller, kraftvoller seitlicher Hieb, den Luke mit wenig Mühe parierte, ohne bewusst darüber nachzudenken. Die Klinge des Nicht-Jacen glitt sofort in Habacht-Position für den erwarteten Gegenschlag, aber Luke hielt sich zurück. Sonderbarerweise ließ die Wucht des Aufpralls seinen Widersacher rückwärtsschweben. Der Nicht-Jacen trieb dahin, bis er gegen die Korridorwand stieß, die seine Bewegung aufhielt, und er schwebte sanft auf seine Füße.
Dann vernahm Luke das Summen und Schwirren von aufeinandertreffenden Lichtschwertern. Das gedämpfte Geräusch drang aus seinen eigenen Quartieren.
Mara erhob sich, streifte die Decken ab und schleuderte! sie gleichzeitig über ihre Angreifer, um sich so einen Augenblick Zeit zu verschaffen, sich zu sammeln. Als sie auf die Füße kam. streckte sie die Hand aus, konzentriert sich auf die Macht und wurde dafür mit dem beruhigenden Gewicht ihres Lichtschwertgriffs belohnt, der in ihre Hand schnellte.
Der Raum wurde von der Lichtschwertklinge, die in der Mitte des Raums schwebte, in Schattierungen von Rot getaucht. Die Klinge wurde von einer kleinen, unförmigen Gestalt gehalten, deren Füße sich ein gutes Stück über dem Boden befanden. Als Mara aufgestanden war, hatte die Gestalt ihr den Rücken zugekehrt, doch nun, begleitet von einem leichten Machtschub, den Mara wahrnehmen konnte, drehte sie sich mitten in der Luft herum, und Mara sah ihre rot funkelnden Augen.
Es war ein Junge, vielleicht dreizehn Jahre alt. Seine Gesichtszüge glichen denen von Ben, waren jedoch vor Wut verzerrt, einer Wut, die Jahren der Misshandlung, der Eifersucht und des Zorns entspringen mussten. Im Gegensatz zu Bens war das Haar des Jungen blond, in einer Art Topffrisur mit Ponyfransen frisiert, und mit Entsetzen wurde Mara klar, dass das der Haarschnitt war. den Luke Skywalker in seiner Jugend getragen hatte; sie hatte die Holos von ihm als Heranwachsendem gesehen. Und was noch schlimmer war -diese Holos hatte sie ebenfalls gesehen -. es war auch die Frisur des jugendlichen Anakin Skywalker.
Der junge schwebte sanft auf den Fußboden hinunter. »Du bist nicht meine Mutter«, sagte er. Seine Stimme war ein schlangengleiches Zischen voller Hass.
»Gut«, entgegnete Mara. »Dann ist es kein Verbrechen innerhalb der Familie, wenn ich dich niederstrecke.« Sie aktivierte ihr Lichtschwert, und das blaue Glühen der Klinge krachte gegen die rote, die die Kammer bereits erhellte.
Der blonde Junge machte einen Satz auf sie zu. das Lichtschwert in einem speergleichen Stoß vor sich ausgestreckt, aber als er in Reichweite kam. wirbelte er die Klinge herum und führte einen fegenden Hieb gegen sie.
Mara tänzelte zurück und zur Seite, außer Reichweite des Angriffs, und vollführte mit einer Hand einen Wink in Richtung des Jungen. Seine Augen weiteten sich, als ihr Stoß Machtenergie ihn erwischte und ihn gegen eine Wand warf.
Dagegen - und dadurch hindurch. Er verschwand, und das Glühen seines Lichtschwerts verging mit ihm.
Mara konnte seine Gegenwart noch immer spüren, seine Nähe, selbst wenn sie nicht länger zu sagen vermochte, in welcher Richtung sie ihn finden konnte. Sie brachte ihr Lichtschwert hoch in Verteidigungsposition und wartete.
Dann vernahm sie von außerhalb ihres Quartiers das Aufeinanderprallen von Lichtschwertklingen, draußen im Korridor.
STERNENSYSTEM MZX32905, NAHE BIMMIEL
Nelani streckte sich und schlug zu, ihre gelbweiße Klinge schnitt durch dichte Muskeln und anderes Gewebe. Es gab ein schmerzvolles Kreischen, und ihr Entführer, ein Mynock - aber einer mit zupackenden, biegsamen Händen an den Enden seiner Schwingen -, ließ sie los und trieb in zwei verschiedene Richtungen davon, von ihrem Hieb in zwei Hälften geteilt.
Überall um sie flogen weitere Mynocks herum. Sie rasten auf sie zu, griffen mit diesen allzu verkrümmten Händen nach ihr, schlugen mit ihren schwanzgleichen Anhängseln nach ihr.
Sie schlug nach allem, was ihr zu nahe kam, trennte Gliedmaßen ab und benutzte die Macht, um sich in der Luft umzudrehen.
Auch sie fiel, doch der felsige Höhlenboden war ein gutes Stück unter ihr, außer Sicht. Sie steckte in einer Zwickmühle.
Die Schwerkraft war hier nicht stark, aber wenn sie auf einer Höhe, die groß genug war. nach unten fiel, konnte sie unterwegs dennoch beträchtliche Geschwindigkeit gewinnen, tödliche Geschwindigkeit, bis sie schließlich unten auf das Gestein traf.
Warum hatte Jacen nichts getan, als sie gepackt und von ihm fortgerissen worden war? Warum hatte er nicht auf ihr plötzliches Kreischen reagiert?
Beim nächsten Mynock. der heranschwebte und mit seinen Klauen nach ihr schnappte, packte sie dessen fleischiges Handgelenk und rollte sich auf den Rücken der Kreatur. Das Biest bäumte sich auf, versuchte sie abzuwerfen, aber sie sprang mit einem Satz davon los. was sie ein weiteres Mal vom Boden wegkatapultierte.
Jetzt konnte sie sich in die Richtung bewegen, in die sie wollte. Sie sauste nach oben, auf einen Mynock zu, wich seinem grässlichen Maul aus und stieß sich von der Unterseite der Kreatur ab, um wieder abwärtszuschweben. auf den Rücken von einem, der ein Dutzend Meter weiter unten flog. Jede der Kreaturen versuchte, sie zu packen, sie mit ihrem Schwanz zu peitschen oder nach ihr zu schnappen, wenn sie sich näherte, aber sie war stets flinker.
Bei einer ihrer »Talfahrten« sah sie den Steinboden der Höhle. Sie schätzte, dass ihre Geschwindigkeit nicht zu groß für ein sicheres Aufsetzen war. Statt vom nächsten Mynock abzuprallen, der ihr in die Quere kam. rollte sie sich über seinen Rücken und ließ sich fallen. Sie landete auf ihren Füßen am Boden, ging in eine tiefe Hocke, um den Aufprall abzufangen, und hüpfte allein durch das Anspannen ihrer Muskeln wieder ein halbes Dutzend Meter in die Höhe. Aber dann glitt sie wieder nach unten, und jetzt schwirrten die Mynocks über ihrem Kopf umher, allerdings ohne anzugreifen.
»Gut gemacht.« Hinter ihr ertönte eine sanfte Männerstimme.
Sie wirbelte herum, und die Bewegung befördert*! sie einen Meter in die Luft empor.
Hinter ihr stand ein Menschenmann, von würdevollem Gebaren, sein dunkler Bart elegant kurz geschnitten. Er war groß und leicht übergewichtig, doch seine lose sitzenden schwarzen Kleider legten nahe, dass er neben Fett auch einiges an Muskelmasse mit sich herumschleppte. An seinem Gürtel hing ein silberner Lichtschwertgriff mit Intarsien aus polierten schwarzen Steinen, die wie Diamanten geformt waren.
Nelani schwebte wieder zu Boden und hielt ihre eigene glühende Klinge zwischen sie. »Wer seid Ihr?«
Er zuckte die Schultern. »Ich bezweifle, dass Ihr meinen Geburtsnamen kennt, aber der andere sagt Euch womöglich etwas. Ich bin Darth Vectivus.«
Nelani vollführte eine ausholende Handbewegung, die die Höhle rings um sie her umfasste, und schenkte ihm ein Grinsen. »Der Meister von all dem hier.«
»Einstmals, vielleicht. Jetzt bin ich bloß ein Geist. Oder vielleicht noch weniger.«
»Was wäre denn noch weniger?«
»Ein Überrest. Ein Hauch von einem Geist.« Er wirkte bloß ein bisschen unsicher. »Selbst jetzt, da ich mit Euch spreche, bin ich mir über mich selbst nicht im Klaren. Kann ich denken?
Kann ich Entscheidungen treffen? Oder könnte ich tatsächlich Nichts sein?«
»Nein, ich kann Euch fühlen. Ein Schimmer in der Macht. Leuchtend dank der dunklen Seite.«
Er schüttelte den Kopf. »Das bin nicht ich. Das ist derjenige, mit wem auch immer ich verbunden bin.«
»Verbunden?«
Jetzt war es an ihm, eine ausladende Geste zu machen. »Jedes Phantom, das Ihr hier seht, jedes, auf das Ihr trefft, ist mit etwas ausgesprochen Realem verbunden, mit etwas ausgesprochen Lebendigem - wenn auch möglicherweise weit, weit weg. Jedes Mal, wenn Ihr einen Mynock erschlagen habt, hat ein lebendes Wesen irgendwo den Schmerz und die Verletzung erfahren, die Ihr ihm zugefügt habt.«
Bei dieser Bemerkung bildete sich ein Knoten der Übelkeit in Nelanis Magen. »Ihr lügt.«
»Nein, das tue ich nicht. Ihr habt zugeschlagen, und irgendwo hat irgendeine Kreatur, vielleicht ein Banthababy. vor Schmerz gekreischt und wurde zerteilt, getötet vor den ungläubigen Augen seines Muttertiers.«
»Hört auf.«
»Warum? Es ist die Wahrheit. Banthababys sind ziemlich süß, wisst Ihr? Eine schreckliche Schande, zu sehen, wie eins davon in zwei Hälften geteilt wird.«
»Ihr seid krank.«
»Aber vielleicht waren es gar keine süßen kleinen Banthababys. Vielleicht waren es Piranhakäfer. Es würde Euch doch nichts ausmachen, Piranhakäfer in Stücke zu schneiden, oder? Oder vielleicht kowakianische Affenechsen.« Er schüttelte den Kopf. »Es heißt, dass jede Kreatur süß ist. solange sie ein Baby ist. Ein Mechanismus der Natur, um
Lebewesen dabei zu helfen, ein fortpflanzungsfähiges Alter zu erreichen. Aber das gilt nicht für jede Spezies. Habt Ihr schon einmal Affenechsenjunge gesehen? Die hässlichsten kleinen Larven in der Galaxis.« Er schüttelte sich.
»Was muss ich tun, damit Ihr die Klappe haltet?«
»Oh, das ist ganz, einfach: Tötet mich!« Er tat einen großen, gleitenden Schritt nach vorn. »Stoßt die Klinge Eures Lichtschwerts durch meinen Hals, trennt mir den Kopf von den Schultern. Dann werden die Mynocks verschwinden, und Ihr könnt Euch einen Weg zurück zu Euren Freunden suchen.« Er landete nur zwei Meter vor ihr und kniete vor ihr nieder. »Nur zu.«
»Ihr könnt nicht derart begierig darauf sein zu sterben.«
»Ich bin schon vor Jahrhunderten gestorben.« Darth Vectivus neigte den Kopf. »Ich werde also nicht das Geringste spüren. Nur zu, schlagt zu.«
»Und was ist mit dem Leben, mit dem Ihr, wie Ihr sagt, verbunden seid?«
Vectivus schaute wieder auf und grinste sie an. »Ich fürchte, er oder sie wird dann ein freischwebender Kopf, zur ziemlichen Überraschung aller in der Nähe. >Du, guck mal, Vati: Mutter macht gerade einen neuen Trick. Mutti? Mutti?<«
Nelani starrte auf ihn herab. »Ist dieser Hohn nötig?«
»Ja, ist er. Um Euch zu der Tat anzustacheln, die Ihr vollbringen müsst.« Vectivus bot ihr erneut seinen Nacken. »Indem Ihr einen tötet - mit wem auch immer ich in diesem Moment verbunden bin -, rettet Ihr etliche. Hunderte. Tausende. Das, was Ihr als das Böse meiner Lehren der dunklen Seite anseht, wird sich nicht weiterverbreiten. Also tötet mich.«
»Nein.«
»Würde es Euch helfen, wenn ich eine verabscheuungswürdigere Form annehme? Die eines Piranhakäfers in menschlicher Gestalt?« Vectivus' Kleidung schimmerten und wogten. Mit einem Mal war er vollends in einen Umhang mit Kapuze gewandet, sein Gesicht tief in den Schatten verborgen. Mit Händen, die plötzlich weiß, plötzlich faltig waren, griff er nach oben, um die Kapuze zurückzustreifen und die bleichen, beinahe reptilienhaften Züge von Imperator Palpatine zu entblößen, von Darth Sidious, der jetzt schon seit über fünfunddreißig Jahren tot war.
Auch seine Stimme war die von Palpatine, tückisch und anwidernd. »Wie wär's damit? Könnt Ihr mich jetzt niederstrecken?«
»Nicht solange Ihr mit einem unschuldigen Leben verbunden seid.«
Palpatine erhob sich und schimmerte dabei, und als er wieder stand, war er wieder Vectivus. Sein Gesichtsausdruck war teilnahmsvoll, aber ein bisschen mitleidig. »Jedi-Mädchen. Ihr seid nicht stark genug, um Leben zu retten. Ihr seid nicht stark genug, einen zu opfern, um viele zu retten.«
»Ich würde mich selbst opfern, um viele zu retten.«
»Ja. denn dann müsst Ihr Euch nicht den anklagenden Blicken der Hinterbliebenen derer aussetzen, die Ihr geopfert habt. Diese Art von Stärke besitzt Ihr nicht.«
»Das ist Unbarmherzigkeit. keine Stärke.«
Vectivus lachte sie aus. »Stärke, die niemals von Unbarmherzigkeit negiert wird, ist rührend verantwortungslos. Womöglich habt Ihr Glück und werdet niemals über das Schicksal eines unschuldigen Lebens entscheiden müssen.« Er deutete auf Nelani - nein, hinter sie, und sie spürte in einiger Entfernung hinter sich einen Impuls von Machtenergie.
Sie bewegte sich, ein schwebendes Hüpfen, das es ihr erlaubte, sich umzudrehen. Vectivus dabei jedoch in ihrem Blickfeld zu behalten. In der Ferne, dort, wohin Vectivus wies, wanden die Schienen, die Brishas Wagen in die Tiefen getragen hatten, flüchtig erhellt. Selbst als das Licht verging, konnte sie es noch immer spüren, konnte ihre Gegenwart in der Macht markieren, als wären es lebende Wesen.
»Geht dorthin«, sagte Vectivus. »Und folgt diesen Schienen in die Sicherheit. Wartet auf die anderen, damit sie sich Euch anschließen, sobald sie ihre Entscheidungen über ihr eigenes Schicksal getroffen haben.« Seine Stimme nahm einen kindlichen Tonfall an. »Ich möchte nicht, dass Ihr unnotwendigerweise sterbt - und so schwach, wie Ihr seid, wird Euch genau das widerfahren, wenn Ihr Euch in die Angelegenheiten anderer einmischt.«
»Fahrt zur Hölle!«, zischte Nelani.
Vectivus zuckte die Schultern. »Vielleicht bin ich das schon. Ich vermag es nicht zu sagen.« Dann verblasste er, und als er verschwand, verstummten auch die raschelnden Geräusche der Mynocks. die über ihrem Kopf umhersausten.
Nelani ließ ihren Blick in die Runde schweifen. Sie waren fort, ohne auch nur eine Spur in der Macht zu hinterlassen.
Beklommenheit stieg in ihr auf. Furcht über das Schicksal ihrer Freunde, und sie begann, auf die ferne, nicht zu sehende Stelle zuzuhüpfen, wo die Schienen den Boden dieser Höhle berührten. Gewiss, sie waren ihr Pfad an die Oberfläche, aber ebenso ihr Weg in die tieferen Regionen, wo Jacen und Brisha warteten.
Han zuckte zusammen, als die Lasersalven seines Verfolgers gegen sein Heck hämmerten. Er hatte von seinen Bugschilden zusätzliche Energie in die Heckschilde geleitet, um sie zu verstärken. Ein gefährlicher Schachzug - wenn Laserfeuer von den im Anflug befindlichen E-Flüglern Wedge verfehlte, konnte es versehentlich in Hans Bug einschlagen und ihm den Tag versauen. Konnte ihm sogar den Rest eines Lebens versauen.
Doch Wedge war es gelungen, einen der E-Flügler mit eigenem Laserfeuer zu vaporisieren, und der andere war abgedreht. Jetzt kreiste er über ihnen, um hinter dem Aleph in Position zu gehen und den Jäger zu unterstützen.
Nicht dass der Aleph sonderlich viel Unterstützung brauchte. Wedges kleines Mädchen verstand ihr Handwerk. Sie war so weit hinter den Shriek gesunken und so dicht herangekommen, dass Hans Lasergeschütze nicht weit genug nach unten schwenken konnte, um sie anzugreifen, und unterdessen konnte sie ungestraft seine Triebwerke zu Klump verarbeiten. Hätte er doch bloß eine am Heck montierte Waffe gehabt.
Moment mal. die hatte er. Er hatte einen Bombenschacht voller Aufklärungsdroiden.
Seine; Finger flogen über seine Waffenkonsole, gaben eine Abfolge ungewöhnlicher Befehle ein. Er drückte auf die Ok-Taste. Zwei seiner Aufklärungsdroiden würden jetzt in die Bombenabwurfschächte gleiten.
»Kontrolle meldet Raketenabschüsse«, sagte Wedge. »Sie müssten jede Sekunde auf unseren Sensoren auftauchen.«
»Gut«, sagte Han. Er biss die Zähne zusammen, um den Rest für sich zu behalten: Ich hoffe, deine kleine Tochter, die ich auf meinem Knie geschaukelt habe, schießt mir nicht das Heck ab. bevor ich sie sehe. Ich hoffe, sie macht sich vom Acker, wenn sie sie kommen sieht. Ich hoffe, ich muss sie nicht umbringen.
Die Bereit-Lampe an seiner Waffenkonsole glühte grün. Er drückte erneut die Ok-Taste und bestätigte den Befehl, den er gerade programmiert hatte.
»Hab ihn, hab ihn, hab ihn!«, rief Zueb schadenfroh, als seine Laser das hintere Ende des geheimnisvollen Bombers nach und nach in Einzelteile zerlegten.
»Irgendetwas passiert an der Unterseite«, sagte Syal. Sie wollten noch einen Meter absinken, schätzte jedoch, dass sie dann auf der Straße aufsetzen würde. Doch auch so konnte sie erkennen, dass sich an der Unterseite des Bombers etwas veränderte, Paneele glitten zur Seite, zu beiden Seiten der Mittelachse des Bombers wurde irgendetwas in Position gebracht. »Das sieht aus wie... Sieht das für dich auch wie Füße aus?«
Zueb beugte seinen übergroßen Sullustanerkopf so weit nach unten, wie er konnte. »Ja. Füße. Silberne Füße. Ein Paar auf jeder Seite.«
»Was zum Henker.?«
Diese Füße und die humanoiden Leiber, an denen sie hingen, fielen unvermittelt aus dem Bomber. Syal erhaschte einen flüchtigen Blick auf zwei Körper mit rudernden Gliedmaßen, wie mattsilberne Protokolldroiden mit sonderbar geformten Gewehren, die geradewegs in ihre Flugbahn plumpsten und auf ihren Bug zusausten.
Syal konnte nicht anders - ihre Hand am Steuerknüppel zuckte, ein instinktiver Versuch, der Kollision auszuweichen. Dann folgte der Aufprall, ein Droide krachte gegen jedes der vorderen Sichtfenster des Alephs.
Der, der das Steuerbordfenster traf, wurde zerschmettert.
Am Rande ihres Blickfelds bot sich Syal der vorübergehende Anblick von Armen und Beinen, die in alle Himmelsrichtungen davonflogen.
Der, der das Backbordfenster direkt vor ihr traf, wurde nicht zerstört. Er hielt sich fest, sein Gesicht in der Mitte des Transparistahls, und musterte sie mit - wie Syal schien -vorwurfsvoller Miene. In diesem Moment erkannte sie, dass es sich um eine Art Standardaufklärungsdroiden handelte.
Dann trug Syals unfreiwilliges Gleitmanöver den Aleph weit genug zur Seite, dass das Lasergeschütz an Steuerbord über die dortigen Gebäudefassaden zu kratzen begann, um Markisen und Schilder von Häusern zu reißen. Sie riss den Knüppel nach Backbord, bevor es sie geradewegs in ein Gebäude gewirbelt wäre.
Dafür schleuderte sie jetzt auf die Gebäude Backbord zu. und der Droide sah sie immer noch an. Behutsam korrigierte sie ihren Kurs, wobei sie beiläufig bemerkte, dass der Bomber etliche Meter Vorsprung vor ihr gewonnen hatte.
»Klasse geflogen. Grau Vier.« Sie Stimme war männlich, ihr unbekannt, der Akzent Coruscanti.
Syal wagte nicht, ihre Aufmerksamkeit lange genug von der Straße voraus abzuwenden, um einen Blick auf ihre Kommkonsole zu werfen. »Wer spricht da?«
»Sie haben Axt Drei als Flügelmann.«
»Axt. zerfetzen Sie ihn. während ich hier mein Leben in Ordnung bringe.«
»Wird gemacht. Passen Sie auf - ich orte ein großes Verfolgergeschwader, das Ihnen auf den Fersen ist, und es ist keins von unseren.«
Zueb schnallte sich los und lehnte sich nach vorn. Mit seiner Faust schlug er gegen die Innenseite von Syals Sichtfenster.
Der Droide draußen drehte den Kopf, um ihn anzusehen, und diese Veränderung seiner Aerodynamik reichte offensichtlich aus - der Aleph machte einen Satz, und mit einem Mal war der Droide verschwunden, fortgerissen von dem geänderten Luftstrom auf der Oberfläche des Jägers.
»Danke«, sagte Syal.
»Kein Problem.« Der Sullustaner lehnte sich zurück in seinem Schützensitz und schnallte sich wieder an. »Rechtes Geschütz klemmt. Axt Drei hat recht, da hängt uns eine gewaltige Wolke im Anflug befindlicher Schiffe an den Hacken.«
Zaghaft bewegte Syal den Steuerknüppel. Der Aleph glitt in die Mitte der Straße zurück, reagierte normal. Erst dann überprüfte sie ihre Sensortafel.
Sie zeigte den E-Flügler hoch über ihnen, und am Rande ihres Blickfelds konnte sie sehen, wie die roten Laser des schnell fliegenden Raumjägers gegen den Bomber vor ihr hämmerten. Weit dahinter befand sich eine gewaltige Wolke von Schiffen, die mit enormer Geschwindigkeit aufholten - in dreißig Sekunden oder weniger würden sie sie erreicht haben, und die Sensortafel konnte ihr noch immer nicht sagen, aus was für einzelnen Schiffen sich die Formation zusammensetzte.
Und weiter vorn, jenseits des ersten Bombers, aber zu nah. war das Ende der Straße, ein großes, neu errichtetes Wohngebäude.
Syal schaute auf. und ihre Augen weiteten sich. Wenn sie jetzt sofort hochzog und zum Steigflug ansetzte, war sie vielleicht - vielleicht - in der Lage, die Dächer der umgebenden Gebäude zu passieren. Aber der Bomber ganz vorne war zu dicht an dem Gebäude dran, dass er einer Kollision unmöglich entgehen konnte.
Sie sah. dass dieser Bomber Raketen nach unten feuerte. Die Straße direkt vor dem großen Gebäude ging in Rauch und Staub auf. Und in dem Sekundenbruchteil, bevor der Bomber von der Staubwolke verschluckt wurde, hätte sie schwören können, dass sie sah. wie der Shriek in steilem Sinkflug auf die Straße zuhielt.
Der zweite Bomber, der. den sie schikaniert hatte, verlor an Höhe. Sein Pilot wurde durch nichts abgelenkt - Axt Drei kehrte dem Gefecht jetzt im Steigflug den Rücken, stieg in sichere Gefilde auf.
Syal wurde bewusst, dass Zueb ihr etwas zubrüllte, etwas über Hochziehen, darüber, dass er weiterleben wollte. Sie ignorierte ihn und warf einen Blick auf ihre Sensoren. Der Bereich, in dem die Raketen eingeschlagen waren, wurde auf dem Schirm immer noch nur teilweise dargestellt, aber da war ein großes Loch, und der erste Bomber war verschwunden. Er war nicht gegen das Gebäude gekracht, war nicht in dem zwecklosen Versuch nach rechts oder links abgedreht, aus der Baustelle ringsum zu entkommen - er war einfach verschwunden.
In das Loch.
Syal richtete ihren Aleph auf das Kielwasser des zweiten Bombers aus.
Zueb brüllte irgendetwas über Wahnsinn und Zerstörung. Sie ignorierte ihn. Sie nahm den Steuerknüppel in beide Hände.
Der zweite Bomber verschwand in der Rauchwolke. Auf der Sensortafel sah sie, wie er sich in das Loch in der Straße fallen ließ.
Als Syal diese Stelle erreichte, rammte sie den Knüppel abrupt nach unten, drückte ihn für den Bruchteil einer Sekunde zusammen. Die Schubdüsen an ihrer Oberseite
zündeten und drückten den Aleph nach unten.
Sie traf auf kein Hindernis. Durch die Sichtfenster war nur Rauch und Dunkelheit zu sehen. Doch auf der Sensortafel sah sie das Heck dieses ramponierten Bombers, der zwischen Reihen massiv aussehender Säulen vorwärts schoss. Davor befänden sich Trümmer, schwerer Staub und partikelförmige Materie. Der Bomber stieg höher, auf die Trümmer zu.
Als ihr Aleph den Punkt erreichte, an dem der Bomber zu steigen begonnen hatte, riss sie ihren Knüppel nach oben, und die Schubdüsen an der Unterseite zündeten. Sie fügte dem Ganzen einen Repulsorliftschub hinzu. Der Aleph ruckte aufwärts, drückte ihre Wirbelsäule zusammen und schnitt Zuebs Kreischen ab, und plötzlich waren sie wieder draußen im Sonnenlicht.
Weiter vorn lagen grüne Parklandschaften und die schimmernde Kuppel eines militärischen Energieschilds. Der erste Bomber kreiste an Backbord um den Schild herum, der zweite an Steuerbord. Beide warfen ihre Bombenlast ab -Aufklärungsdroiden schwebten zu Boden, ihr Abstieg verlangsamt von der Art Kurzstrecken-Repulsorliftplatten, die von Luftlandekommandoeinheiten eingesetzt wurden. Über ihnen kreisten Geschwader von X-Flüglern, Eta-5-Abfang-jägern, E-Flüglern - das komplette Bodenkontingent der Rellidir-Garnison.
Zueb kreischte etwas, das klang wie »Großartig geflogen«. und darüber, Kinder mit ihr haben zu wollen, und etwas über Holodramas. Syal ignorierte ihn. In ihrem Kopf machte irgendetwas Klick, schlichte Zahlen und Fakten.
Sie aktivierte abrupt den Umkehrschub, um den Aleph abzubremsen, was Zueb in seinem Sitz nach vorn riss, und schaltete ihre Kommkonsole auf die allgemeine
Flottenfrequenz um. »Hier spricht Grau Vier, an alle GA-Einheiten«, sagte sie. Sie fühlte sich eigentümlich emotionslos, aber sie wusste, dass sie ihre Gefühle bloß in Schach hielt; sie hatte sie nicht abgetan. »Im Anflug befindliche feindliche Geschwader, die sich von Ost nach West in Richtung Rellidir-Zentrum bewegen, sind Raketen, und sie haben freie Flugbahn zum Innenschild. Halten Sie sich bereit.« Sie schaltete wieder auf die Geschwaderfrequenz um. Als das vordere Ende des Aleph herum schwang und das Gebäude, unter dem sie gerade durchgeflogen waren, von ihren Sichtfenstern umrahmt wurde, brachte sie den Aleph in der Luft zu völligem Stillstand. »Zueb. Raketen abfeuern. Bring dieses Gebäude zum Einsturz. Triff zuerst die Basis.«
»Was?«
»Das ist ein Befehl! Bring dieses Gebäude zum Einsturz, vom Erdgeschoss aufwärts.«
Zuebs Hände griffen nach seinen Waffenkontrollen.
Der Nicht-Jacen rückte Luke wieder und wieder zu Leibe, vollführte erstaunliche Sprünge, prallte von Wand zu Wand, von Decke zu Boden, als hätte die Schwerkraft keinen Einfluss auf ihn. Bei jedem Durchgang deckte er Luke mit zwei, drei Lichtschwerthieben ein, und war dann - vom Aufprall zurückgeworfen - zu weit weg, um anzugreifen.
Luke konterte jeden Schlag und ging seinerseits in die Offensive. Er spürte, wie die Haut seines linken Unterarms von der Hitze eines Beinahetreffers pochte, sah. wie die Gewänder des Nicht-Jacen durch einen besonders knappen Stoß von Luke direkt unter der rechten Armbeuge Feuer fingen - doch der
Nicht-Jacen klopfte die Flammen aus und grinste ihn bloß an.
Dann packte er die Verankerung eines Glühstabs an der Decke und hing dort, als würde er nicht das Geringste wiegen. »Ihr seid beinah genauso gut wie mein wahrer Meister«. sagte der Nicht-Jacen.
Luke bedachte ihn mit einem fragenden Blick. »Und wer ist das?«
»Das wisst Ihr«, sagte der Nicht-Jacen. »Übrigens, der Bart steht Euch überhaupt nicht.«
»Meint Ihr?« Luke fuhr sich mit der freien Hand über sein glattrasiertes Kinn. »Nun, ich bin mir nicht sicher, welcher Art unsere Meinungsverschiedenheit ist, aber möglicherweise könnten wir sie beilegen, wenn wir uns unterhalten.«
»Ich versuche es zu vermeiden, mit Phantomen zu verhandeln, mit Dingen, die nicht existieren. Lieber schneide ich sie einfach in zwei Hälften und sehe zu, wie sie verschwinden.« Der Nicht-Jacen stieß sich von der Wand ab und flog erneut nach vorn.
STERNENSYSTEM MZX32905, NAHE BIMMIEL
Der Macht-Angriff der Sith-Mara spülte ihn von ihr weg, und Ben schaltete sein Lichtschwert aus. Von der Wucht ihres Angriffs herumgewirbelt, setzte er seinerseits etwas MachtEnergie ein, statt dagegen anzukämpfen, um seitwärts aus der Richtung ihrer Attacke herauszukommen, und mit einem Mal wirbelte er in fast rechtem Winkel zu der Richtung, in die sie ihn geschleudert hatte. Die Hälfte der Zeit, die jede seiner Drehung dauerte, konnte er sie sehen, erhellt von ihrem Lichtschwert, und jetzt schaute sie in die falsche Richtung; sein Täuschungsmanöver hatte funktioniert.
Er krachte gegen eine Wand aus Stein, schaffte es, keinen Schmerzenslaut auszustoßen, prallte von der Oberfläche ab und trudelte auf den Boden zu. Er schätzte, dass es nach unten bloß zehn Meter waren, ein einfacher Fall bei dieser Schwerkraft. Als er auf dem Boden aufkam, tat er das mit einer Lautlosigkeit, die seiner echten Mutter vermutlich gefallen hätte.
In einiger Entfernung stand die Sith-Mara, ihr Kopf ruckte in diese und in jene Richtung, als sie mit ihren Machtsinnen ebenso nach ihm suchte wie mit ihren Blicken. Ben versuchte, seinen Verstand auszublenden, seine Gedanken auszuradieren, ihr nichts zu geben, was sie finden konnte. Und er setzte auch nicht die Macht ein.
Doch er war die einzige Person im Umkreis von Hunderten von Metern rings um die Sith-Mara. Das sollte es zu einem Kinderspiel machen, ihn zu finden. Aber irgendwie war es das nicht, und sie suchte weiter.
Ben machte einen langen Sprung zur Seite, umkreiste die Position der Sith-Mara. Die Sith-Mara hörte auf, sich zu bewegen, stand auf einmal stocksteif da, ihr Lichtschwert in einem Winkel nach unten gerichtet, sodass sie es bei Bedarf unverzüglich zu einem Stoß oder zur Verteidigung in Anschlag bringen konnte, und Ben nahm an, dass sie die Augen geschlossen hatte.
Lautlos katapultierte er sich nach vorn. Er brachte sein ausgeschaltetes Lichtschwert in einem Winkel in Position, in dem er zuschlagen konnte, und hielt seinen Daumen auf dem Energieknopf.
Sein Sprung war zielgenau, er musste ihn nicht mit kleinen Macht-Korrekturen verändern. Er flog geradewegs auf sie zu, schloss die Lücke zwischen ihnen so schnell wie ein geworfener
Zonenball.
Dann war er dicht genug, um ihr Gesicht zu sehen, ihre Züge. Sie ruhte in sich, ihre Augen geschlossen.
So friedlich. Dies war nicht seine Mutter, aber es war das Gesicht seiner Mutter, und es lag nichts Böses darin, keine Sith-Boshaftigkeit.
Er konnte sein Lichtschwert nicht einschalten und sie töten. Er konnte es einfach nicht.
Sie wandte sich ihm zu. und ihre Augen öffneten sich, so rot glühend wie zuvor. Sie drehte sich weiter, und daraus wurde ein Herumwirbeln. Ein Frösteln der Furcht schnitt durch seine Mitte, und er wusste, dass ihre Lichtschwertklinge ihn dort treffen würde, wo dieses Frösteln gewesen war.
Aber es war ihr Fuß, der in die Höhe schoss, um mit der Wucht des Kolbenarms eines Kampfdroiden in seinen Bauch zu donnern.
Wie in Zeitlupe schien die Luft seine Lunge zu verlassen, und er spürte, wie er sich über ihrem Fuß krümmte, spürte, wie seine inneren Organe zusammengedrückt und gequetscht wurden. Dann flog er davon, und Schwärze spülte über seine Augen hinweg, wo das Abbild seiner Mutter gewesen war.