30.
CORELLIANISCHES SYSTEM, ÜBER TRALUS
Die führenden Schiffe der corellianischen Kampfjägergeschwader trafen auf den Verteidigungsschirm der Raumjäger der Galaktischen Allianz und gingen zum Angriff über. Mehrere Wellen von Corellianern donnerten mitten in die rasch näher kommenden Geschwader der GA-Jäger hinein.
Die Panther-Formation Han und Wedge. die von zwei Geschwadern corellianischer Angriffsjäger begleitet wurden, umflogen das Kampfgebiet und stießen brüllend in die Atmosphäre hinunter.
»Die Sache läuft zu glatt«, sagte Han.
»Bist du von Sinnen?«, fragte Wedge. »Die Sache läuft zu glatt'!«.
»Genau. Es sollte irgendwelche Vibrationen geben, ein paar gefährlich aussehende Hitzewarnungen, um darauf hinzuweisen, dass man in die Atmosphäre eintritt. Diese Shrieks, die bringen der Atmosphäre keinerlei Respekt entgegen.«
»Was du damit sagen willst, ist, wenn ein Transporter beim Atmosphäreneintritt keine feine Linie von Einzelteilen hinter sich zurücklässt wie eine Spur aus Brotkrumen, kann er nicht mit dem Standard des Millennium Falken mithalten.«
»Nun. genau.«
»Du könnest ein paar Blastersalven in deine eigene Kontrolltafel abgeben und dich mit den daraus resultierenden Fehlfunktionen herumschlagen, wenn du dich einfach bloß wie zuhause fühlen willst.«
»Ach ja? Nun. ich könnte mich beim Landgang auch hoffnungslos betrinken und einen gewaltigen interplanetaren Zwischenfall verursachen, um dich dann hinzuzuziehen, damit du die Sache geradebügelst, immerhin bist du mein befehlshabender Offizier.«
»Das könntest du machen. Oder ich könnte die Mechaniker deinen Hyperantrieb so sabotieren lassen, dass du jedem erzählen kannst, dass es nicht deine Schuld ist, dass er den Geist aufgegeben hat.«
»Oooch. Ich könnte dafür sorgen, dass du den Befehl erhältst, Coruscant zu erobern, aber das Einzige, was dir dafür zur Verfügung stünde, wären zwölf betrunkene Ewoks, vier kaputte Speeder und vierzig Kilo Strandsand.«
»Das würde dann aber mindestens zwei Wochen dauern. Sir.«
Han grinste.
»Jäger im Anflug«, rief Grau Eins aus. »Sie kommen aus dem Orbit, Nord-Nordwest.«
Syal konnte sie auf ihren Sensoren sehen, dicke, verschwommene Punkte, die sich zu zwei oder drei Geschwadern von Raumjägern und in mindestens zwei größere Ziele teilten.
»Wir ziehen das hier als simples Gleitmanöver durch«, fuhr Grau Eins fort. »Wartet, bis sie sich auf einen Kurs festlegen, und folgt mir dann rein. Pustet ein großes Loch durch alles, was euch in die Quere kommt.«
Auf Syals Sensortafel erschienen orangefarbene Linien. Hochrechnungen des Kurses der Eindringlinge, die von Grau
Eins übermittelt wurden und östlich der Stadt zeigten - ein gutes Stück weg von den überlagerten Schilden, die den GABrückenkopf schützten. Sobald die Übertragung kam, ging Grau Eins mit einer Rolle zu einem senkrechten Sinkflug über auf einen Kurs, der parallel zu dem der corellianischen Geschwader verlief, jedoch mit einem deutlichen Vorsprung vor den Gegnern. Die anderen Alephs folgten ihm.
STERNENSYSTEM MZX32905, NAHE BIMMIEL
Der Minenwagen stürzte durch die Schwärze, und Ben spürte, wie ihm sein Magen bis in die Kehle stieg, dann fühlte er sich irgendwie losgelöst, so als würde er schweben, wie ein Geist, weg von seinem Körper. Er schickte sein Mittagessen beinahe als Eskorte hinterher, doch durch die schiere Kraft seines Willens schaffte er es, sich diese Peinlichkeit zu ersparen. Ein bloßer senkrechter Fall genügte nicht, damit er ein flaues Gefühl in der Magengegend bekam - der Minenwagen musste den Bereich der künstlichen Schwerkraft verlassen haben.
In den ersten Sekunden spürte er fast gar keinen Wind in seinem Gesicht, dann nahm die Luft um ihn herum mit einem Mal zu und wurde kalt. Er nahm an, dass sie aus der Röhre raus waren und durch die Höhlen abwärtsschossen, von denen Brisha gesprochen hatte.
Das Klappern der Metallräder auf den Schienen wurde lauter, hallte stärker wider, ein Anzeichen dafür, dass sie sich durch eine schmale Spalte bewegten, und plötzlich waren sie wieder im Licht - in einer großen Höhle, die in regelmäßigen Abständen von Glühstäben erhellt wurde, die an der Decke und den Oberflächen der Wände angebracht waren.
Nicht, dass die Höhle besonders gut oder wirksam erhellt gewesen wäre. Der flüchtige Blick, den Ben davon erhaschte, zeigte, dass die Höhle groß war. die Wände uneben und schartig, und in dem enormen leeren Raum erstreckten sich sonderbare Säulen aus rotbraunem Material. Sie wirkten so schwer und massiv wie Stein, und dennoch flössen sie dahin und dehnten sich aus wie Flüsse rostigen Wassers, mitten in der Bewegung plötzlich erstarrt. Die Glühstäbe, die die Umgebung erhellten, waren in Intervallen platziert, manchmal auf der Oberfläche von Steinen, manchmal in den Nischen in den Wänden, manchmal hinter den Säulen aus fließendem Material, wie um ihre Umrisse aus dem Dunkel zu reißen; der Effekt war eher künstlerisch, als hilfreich.
Als würde sie seine Frage spüren, deutete Brisha auf eine der Säulen, die seitlich, in einer gekrümmten Welle dahinfloss, und rief: »Eisenhaltiges Erz. Freigelegt von den Mynocks, die sich darum herumfressen.«
Dann sackte der Minenwagen auf dem weiteren Weg nach unten zu einer weiteren schmalen, dunklen Spalte hin ab und tauchte erneut in Dunkelheit ein.
Jetzt konnte Ben die geballte Energie der dunklen Seite spüren, die dort unten wartete. Es fühlte sich nicht so sehr bösartig, sondern lediglich unheilvoll an - weniger ein Tod verheißender Feind, als ein düsterer Realist, der ihn daran erinnerte, dass er dem Tod am Ende doch entgegentreten musste.
Der Lärm der Schienen, mit einem Mal nah und widerhallend, dann fern und leiser, verriet Ben, dass sie einen schmalen Bereich passiert hatten und in einer anderen Höhle herausgekommen waren, diesmal in einer unbeleuchteten.
Er wurde von hinten am Kragen gepackt und aus seinem Sitz gerissen. Er stellte fest, dass er schwebte, durch die Dunkelheit trieb, vielleicht mit gefährlichem Tempo auf scharfe Felsformationen zuschoss, und war so überrascht über die plötzliche Veränderung, dass er nicht einmal aufschrie.
»Raumjäger im Anflug.« Die Stimme des Anführers eines der beiden Geschwader, die die Shriek-Bomber eskortierten, knackte in Hans Ohren. »Ihr zwei bleibt auf Kurs, wir kümmern uns um die.«
Eins der Jägergeschwader brach aus der Formation aus. Das andere blieb rings um die Shriek-Bomber herum in Schlachtordnung.
Han antwortete nicht. Seine Kommunikationskonsole war auf eine Frequenz und auf einen Verschlüsselungscode eingestellt, die es ausschließlich Wedge und der Missionskontrolle erlaubten, ihn zu hören - es würde niemandem von Nutzen sein, wenn jemand seine allzu unverwechselbare Stimme erkannte. Wedge indes sprach aus, was Han dachte, und sein Tonfall war voller Ironie: »Danke, Söhnchen. Ich hatte mächtig die Hosen voll, bis du den Mund aufgemacht hast.«
Auf der Sensortafel sah Han das Dutzend Angriffsjäger, das dem sich dem nähernden Geschwader aus einem halben Dutzend Raumjägern unbekannten Typs entgegenflog.
Eines unbekannten Typs. Han runzelte darüber die Stirn. Er mochte Überraschungen, aber nur, wenn er sie jemand anderem bereitete.
Das Dutzend Angriffsjäger traf auf die feindliche Formation, schien mit ihr für einen Moment zu verschmelzen, dann waren da mit einem Mal nur noch neun Angriffsjäger anstelle von zwölf, die im Fahrwasser des unbekannten Gegners panisch kehrtmachten. Der Feind zählte noch immer sechs Schiffe.
»Nicht gut«, sagte Han.
»Energie auf die Laser«, erwiderte Wedge.
Han überprüfte seine Waffenkonsole. Die Laser waren aufgeladen und feuerbereit.
Die Hälfte der restlichen Angriffsjägereskorte brach von den Shrieks weg und wandte sich den im Anflug befindlichen Jägern zu, um einen Verteidigungsschild zu bilden. Rote Laser blitzten auf, rasten seitlich an Hans Sichtfenster vorbei.
Plötzlich wurden auf den Sensoren aus den sechs Angriffsjägern, die gerade abgedreht waren, vier, und Hans Zielerfassungsalarm verkündete kreischend, dass ihn einer der Gegner mit seinem Waffensystem erfasst hatte. Han gab Schub auf seine Triebwerke, dann zündete er die Repulsoren, Maßnahmen, um seine Geschwindigkeit zu verändern und die Zielerfassung seines Gegners abzuschütteln. Er schwenkte herum, sodass sein Shriek dem Gegner frontal entgegenzeigte, nahm den vordersten Feind ins Fadenkreuz und feuerte. Die allzu mitteilungsbedürftige Sensortafel reagierte mit einem beinahe lächerlichen Ding, das anzeigte, das er sein Ziel getroffen hatte.
Sechs feindliche Raumjäger, übergroße silberne Bälle, die schmaler werdende Doppelschubdüsen hinter sich her zogen, schössen von rechts nach links vorbei, verfolgt von einem Schwärm corellianischer Angriffsjäger. Zur Linken setzte das feindliche Schiff zu einer langsamen Wende an, um sich wieder in die Schlacht zu stürzen.
Han blinzelte. »Was, zum Fierfek, sind das für Dinger?«
»Sienar-Raumjäger der Aleph-Klasse«, sagte Wedge. »Ursprünglich hat man ihnen den Spitznamen Tümpelskipper verpasst, weil sie Gegenmaßnahmen für Coralskipper sein sollten. Ihr aktueller Spitzname ist Twees. Sie sind aus dem Prototypstadium raus und werden in begrenzter Anzahl produziert.«
»Großartig. Ich habe meinen mit einer guten Vierlingssalve erwischt, und das Ding hat nicht mal gewackelt.«
»Ja, angeblich soll es so sein, als würde man auf solide Metallbälle feuern.« Wedge schaltete um auf die Geschwaderfrequenz. »Nebel-Formation, die Panther legen jetzt los. Viel Glück.«
»Panther Eins, hier spricht Nebel-Anführer. Blast was für uns in die Luft.«
Han kam Wedge zuvor und brach als Erster aus der Formation aus, ein steiler Sinkflug, der ihn - noch immer ostwärts - tiefer brachte, auf den Beginn ihres Anflugs auf den Innenstadtbezirk von Rellidir zu. Wedge tat es ihm geschickt gleich.
KAMPFTRÄGER DODONNA, ÜBER TRALUS
Die Raumjäger-Kontrollkammer war ein Musterbeispiel für kontrolliertes Chaos - für Leia ein vertrauter Anblick, die dabei geholfen hatte, viele Raumjäger-Gefechte zu koordinieren, angefangen bei der Schlacht um Yavin.
Die gesamte Schlacht wurde mittels Hologrammen über ihren Köpfen wiedergegeben; jeder einzelne Raumjäger und jedes Schiff wurde in Drahtgitterform dargestellt, mit einem Farbcode versehen, je nachdem, auf welcher Seite die kämpfende Einheit stand. Die GA-Streitkräfte waren blau, corellianische Streitkräfte rot, unbekannte - einschließlich mehrerer Schiffe vermutlich ziviler Natur, die von der gefährdeten Stadt wegsteuerten - gelb. Während sie sich umherbewegten, feuerten, beschädigt wurden, verschwanden, sorgte die befremdliche Kombination aus farbigen Symbolen und Ereignisgeräuschen dafür, dass die gesamte Darstellung wie ein übergroßes Konsolenspiel im Delirium tremens wirkte.
Mit einem speziellen Datenpad, das ihr vom Koordinator der Kammer ausgehändigt worden war - einem bothanischen Colonel mit schwarzem Fell namens Moyan - konnte Leia alle Arten von Daten über die verschiedenen Streitkräfte abrufen und sammeln. Indem sie das Datenpad auf irgendein Schiff oder Fahrzeug richtete und es mit einem Lichtstrahl des Geräts markierte, konnte sie sich Informationen über das Ziel auf dem Schirm des Datenpads anzeigen lassen.
Beispielsweise trug der Jäger, der sich soeben aus der Schlacht über Rellidir verabschiedet hatte, die Kennung Nebel Elf. der Pilot war Gorvan Peel. Die corellianischen Schiffe waren mit Schleudersitzen ausgestattet, und einen Moment nachdem der Jäger verschwunden war, wurde Leias Schirm aktualisiert: AUSSTIEG ERFOGREICH, LEBENSZEICHEN OPTIMAL, RETTUNGSNUMMER 37.
So, wie es viele der Koordinatoren in der Kammer taten, richtete sie den Datenpad auf einen der »geheimnisvollen Bomber«, die sich im Sinkflug auf Rellidir befanden, und erhielt folgende Information:
F/F: FEIND
KLASSE: CEC YT-VARIANTE (UNBEKANNT), VERMUTL.
BOMBER
PILOT: UNBEKANNT Die Informationen über den anderen Shriek waren identisch.
Leia sprach leise in ihr Datenpad, damit der Sprache-in-Text-Konverter den Daten eine Bemerkung über die Bomber hinzufügte: »Vermutlich beschädigt, da das Schiff GA-Zielen den Rücken kehrt. Konzentration auf die Jäger-Eskorte empfohlen.« Sie tippte auf den Schirm, um diese Referenz in die Datenbank der Dodonna zu schicken.
Ein Anflug von Schuld spülte über sie hinweg. Sie gab vor, den GA-Streitkräften zu helfen, und stattdessen schützte sie ihren Ehemann, während er sie bombardierte. Sie schüttelte den Kopf, versuchte, das Gefühl zu verdrängen. Ganz gleich, was sie im Zuge dieses Gefechts sonst noch tat. sie würde ihre Schuld meistern, denn Han nicht den Rücken freizuhalten, wäre am schlimmsten von allem - vor allem, wenn ihm etwas zustieß.
Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf das Gefecht von Hans Jägereskorte mit den Alephs zu.
Sein Kopf erfüllt von einer verwirrenden Mischung aus Gefühlen und Eindrücken, setzte sich Luke im Bett auf. Er warf Mara einen Blick zu, sah, dass sie immer noch schlief, und stand auf.
Die Empfindungen, die ihn durch die Macht erreichten, waren so intensiv, dass es ihm tatsächlich schwerfiel zu denken. Vorsichtig öffnete er sich ihnen, versuchte sie zu ordnen.
Vertrauen zu verraten, heißt Verrat zu üben, nicht zu handeln, heißt Verrat zu üben.
Ein Mynock, die Augen glitzernd vor ungewohnter Intelligenz, starrte ihn aus der Distanz von Jahrhunderten an.
Die Sith sind nicht das, was du glaubst!
Leia, ihre Züge von Trauer so sehr gezeichnet, dass es sich mit Worten nicht ausdrücken ließ, fiel nach vorn und klappte dabei in sich zusammen.
Dunkel dunkel ich werde keine Angst vor dem Dunkel haben.
Han - Bedauern in der Miene, eine Vibroklinge in der Hand - sprang vor und rammte die Klinge zwischen die Rippen einer hübschen jungen Frau mit dunklem Haar.
Auf meine Weise habe ich dich geliebt, ich hätte den Schmerz, den ich dir bereitet habe, wiedergutgemacht.
Instinktiv konzentrierte sich Luke auf die Macht, um Leia Unterstützung und Kraft zu spenden. Bei den anderen war er sich nicht sicher, ob es sich bei ihnen tatsächlich um jene Individuen handelte, die ihm die Visionen zeigten, doch er konnte die wahre Leia spüren. Er war sich bloß nicht sicher, ob es sich um die Leia im Hier und Jetzt handelte, die Leia irgendeiner zukünftigen Zeit oder die einer Zukunft, die vielleicht niemals eintreten würde.
Seine Aufmerksamkeit wurde wieder auf Mara gelenkt. Jetzt waren ihre Augen offen, schauten blicklos nach oben, ihr Körper zerschnitten und abgeschlachtet, die Ränder der Wunden noch immer schwarz und dampfend von der Klinge eines Lichtschwerts.
Luke schüttelte den Kopf und konzentrierte sich auf die Macht, zwang die Visionen, die Stimmen hinfort. Sie verblassten, ließen ihn mit seiner schlafenden und unversehrten Frau im Dunkeln zurück.
Er nahm sein Lichtschwert vom Nachttisch und ging in den Flur hinaus. Er wollte Mara durch seine Unruhe nicht aufwecken.
Irgendetwas ging vor sich. Ereignisse an fernen Orten in der
Galaxis und sogar in der Zeit richteten sich auf ihn und jene, die er liebte. Die Verwirrung, das Durcheinander dieser Gedanken und Gefühle lastete schwer auf ihm, ließ seinen Magen schmerzen.
Mit überkreuzten Beinen saß er auf dem kalten Steinfußboden draußen vor seinen Gemächern und versuchte, sich in einen Zustand der Meditation zu versenken - in einen Zustand, der ihm wahres Wissen verschaffen würde, in einen Zustand, der ihm Frieden zuteilwerden ließ.
STERNENSYSTEM ZX32905, NAHE BIMMIEL
Ben nahm sein Lichtschwert in die Hände und schaltete es mit dem Daumen ein. Das Z-sssch der Waffe war weniger willkommen als das blaue Licht, das die Klinge abstrahlte - mit einem Mal konnte er alles um sich herum sehen, wenn auch nur undeutlich.
Er schwebte durch offenen Raum, aber dreißig oder vierzig Meter vor ihm befand sich eine eingestürzte Steinmauer, und er schwebte mit einer Geschwindigkeit von mehreren Metern pro Sekunde darauf zu. Außerdem verlor er langsam an Höhe -obgleich die Gravitation hier nur schwach war, fehlte sie nicht vollends.
»Das Schwert im Zweihandgriff zu halten«, sagte Nelani hinter ihm, »macht es ziemlich schwierig, sich an den Steinmauern festzuhalten.«
Ben wand sich, um hinter sich zu schauen. Dort schwebte Nelani, folgte seinem luftigen Weg; die minimale Schwerkraft machte ihr mindestens ebenso viel zu schaffen wie ihn.
Er drehte sich wieder um, um die heranbrausende Wand zu betrachten. »Haben Sie mich aus dem Minenwagen gezerrt?«
»Sei nicht blöd.«
»Ich bin nicht blöd. Seien Sie nicht so abfällig.«
»Tut mir leid, ich bin verärgert.« Ihr Tonfall veränderte sich. »Nelani an Jacen, bitte kommen.«
Als die Steinwand näher kam, sah Ben einen felsigen Vorsprung, der sich zu einer nadelgleichen Spitze hin verjüngte. Er hielt sein Lichtschwert mit seiner rechten Hand seitlich nach hinten, streckte seine Linke aus, und als er den Vorsprung erreichte, packte er ihn und schwang seine Füße vor sich, um die minimale Erschütterung des Aufpralls abzuschwächen.
Eine Sekunde später traf Nelani ein paar Meter weiter unten auf, ihre Finger glitten in eine Spalte im Gestein, und mit der Hüfte und ihrer Schulter fing sie den Aufprall ab.
»Also, wer war das?«, beharrte Ben. »Ein Sith?«
»Wir haben Gesellschaft.«
Ben schaute zu ihr hinunter, dann ringsherum, dann nach oben.
Von zehn Meter über ihm starrte ein Paar Augen auf ihn herab. Sie glommen Blau im reflektierten Licht seiner Lichtschwertklinge. Es waren keine menschlichen Augen, sondern geschlitzte und dreieckige.
Dahinter waren noch mehr. Hunderte von Augenpaaren, kalt und starr.
Ben schüttelte den Kopf. Er hatte diesen Teil der Steinwand im Blick gehabt, als er sich der Wand genähert hatte, Zu dem Zeitpunkt waren da keinerlei Kreaturen gewesen, Mithilfe der Macht konzentrierte er sich auf sie und konnte sie dort spüren, Hunderte von ihnen, stark vor Energie der dunklen Seite. »Nicht gut«, murmelte er.
»Fallen lassen«, sagte Nelani.
»Ja.« Ben löste seinen Griff um den Vorsprung und trudelte abwärts. Er gab der Felswand einen kleinen Schubs, um ein paar Zentimeter mehr Abstand zwischen sich und die steinige Oberfläche zu bringen.
Weiter oben begannen die Augen tiefer zu sinken. Sie behielten die Distanz zu seinem Lichtschwert unverändert bei, aber sie folgte ihnen zweifellos.
Der Minenwagen wurde langsamer, umrundete eine Kurve und kam zum Stehen. Brisha und Jacen befanden sich in einer gut beleuchteten Kammer, groß genug, um einem Frachtraumer von beträchtlicher Größe Platz zu bieten, doch das Einzige, was es hier gab, war das Ende der Bahnschienen; sie verliefen in einer tränenförmigen Kurve und liefen auf dem Weg nach oben wieder zusammen, sodass der Minenwagen die ansteigenden Schienen zurück in die Richtung rollen konnte, aus der er gerade gekommen war.
Jacen verschwendete keinen Gedanken an die Umgebung. Er starrte Brisha an. »Warum haben Sie das getan?«, fragte er.
Sie warf ihm einen unschuldigen Blick zu. »Was getan?«
»Ben und Nelani aus dem Wagen gestoßen. Glauben Sie, ich hätte den Impuls von Machtenergie nicht gespürt, der von Ihnen ausging?«
»Ich schätze, doch.« Sie stand auf und trat aus dem Wagen. Einen Moment lang schwebte sie neben dem Minenwagen, dann driftete sie langsam zur steinigen Oberfläche des Fußbodens hinab. »Ich habe sie zu ihrem eigenen Besten von uns getrennt. Womit sie es zu tun bekommen werden, ist gefährlich, aber nicht so gefährlich wie das, auf das wir stoßen werden - hätten sie uns hierherbegleitet, wäre das vermutlich ihr Todesurteil gewesen.«
»Ihr Sith.« Jacen stemmte sich aus seinem Sitz und trieb ein Dutzend Meter aufwärts. Aus dieser Höhe konnte er alle Ecken dieser Kammer ausmachen, mit ihren natürlichen Steinwänden und den Glühstäben überall. Es gab hier keine Bedrohungen, keine sonderbaren Wesenheiten, die sich ihnen in den Weg stellten, »Was können Sie mir über ihn sagen?«
»Sein Wissen entstammt dem von Palpatine, ist jedoch breiter gefächert als das des Imperators. Er ist jung. Als der Imperator starb, war er noch nicht einmal geboren.«
»Wie wurde ihm das Wissen der Sith zuteil?« Jacen schwebte wieder abwärts in Richtung des Minenwagens. »Durch ein Sith-Holokron? Durch treue Bewahrer?«
»Durch untreue Bewahrer. Durch Sith-Schüler, die es nie selbst zum Meister bringen konnten - und die Palpatine und seine Lehren als zu selbstsüchtig ablehnten, als zu kontrollierend, als zu zerstörerisch.«
Jacen warf ihr einen neugierigen Blick zu. »So, wie Sie sie schildern, scheinen sie gütig gewesen zu sein. Wenn sie gütig sind, ist er es dann nicht auch?«
Sie zuckte die Schultern, behielt dabei aber eine Hand auf dem Minenwagen, sodass eine zufällige Bewegungen sie nicht quer durch die Kammer treiben lassen würden. »Dennoch muss man ihn finden und bezwingen. Ah.« Sie wandte sich einer schattigen Ecke der Kammer zu, einer Stelle, wo eine große, runde Felszunge bis auf wenige Meter an den gebogenen Verlauf der Schienen heranreichte.
Hinter dieser Felszunge kam ein Mann hervor. Er war groß, schlank, angetan mit einem Reisegewand in Schwarz und dunklem Gold, das wie das eines Jedi gestaltet war, jedoch aus teuren Seidenstoffen bestand. An seinem Gürtel schwang ein Lichtschwert, der Griff ebenfalls in Schwarz und Gold, Seine
Hände steckten in Handschuhen, und sein Gesicht lag in den tiefen Schatten verborgen, die die Kapuze seines Umhangs warf, wenngleich seine Augen - von flüssigem, phosphoreszierendem Orangegold - in dieser Dunkelheit glühten.
Er blieb unmittelbar an Ende dieser Felszunge stehen, mehrere Meter von Jacen und Brisha entfernt, »Ihr seid also der Sith«, sagte Jacen. Die dunkle Gestalt verneigte sich.
Jacen warf ihm einen verächtlichen Blick zu. »Wie könnte ich Euch ernst nehmen? Ihr seid nicht einmal wirklich hier.«
Die Stimme des Mannes mit der Kapuze war nur ein Flüstern. »Was meint Ihr damit?«
»Ich meine, Ihr seid gegangen. Als hätten wir hier Standard-Coruscant-Schwerkraft statt bloß einen winzigen Bruchteil davon. Ihr seid eine Illusion.«
»Ja, ich bin eine Illusion. Aber ich bin trotzdem hier. Genau hier.«
»Wollt Ihr Euch die Mühe machen, das zu erklären?«
»Nein.«
»Aha.« Jacen erweckte mit dem Daumen sein Lichtschwert zum Leben. »Nun, ich nehme an, dann sollte ich Euch jetzt in zwei Hälften schneiden.«
»Ich bin ein Meister. Ihr seid ein Jedi-Ritter. Wisst Ihr, was das bedeutet?«
»Dass ich nicht gewinnen kann?« Jacen unterstrich seine Frage mit einem spöttischen Lachen.
»Nein. Dass Ihr erst meine Untergebenen bezwingen müsst, um zu mir zu gelangen. Erlaubt mir, Euch auf die Probe zu stellen, Euch zu beurteilen. Das ist Tradition.«
»Wenn Ihr das sagt.«
Die Spiegelung der goldorangefarbenen Augen des Sith verschwand - und dann löste sich der Sith selbst geistergleich in Luft auf.
Doch hinter der Stelle, wo er gewesen war, ertönte ein Geräusch, ein leises Kratzen, und eine weitere Gestalt trat aus den Schatten hervor. Genau, wie es der Sith getan hatte, bewegte auch sie sich auf eine Art und Weise, als befände sie sich in einer Umgebung mit Standardgravitation. Sie blieb dort stehen, wo der Sith gestanden hatte.
Die Gestalt war nicht groß, aber ziemlich muskulös und behände, trug eine schwarze Hose, einen Waffenrock, Stiefel und Handschuhe und hielt ein aktiviertes Lichtschwert in der Hand.
Seine Gesichtszüge waren die von Luke Skywalker, aber von einem lässigen Bart bedeckt und zu einem Grinsen verzogen, das Bösartigkeit und Verachtung widerspiegelte.
»Nicht nett«, sagte Jacen.
Nelani erreichte den Grund der Höhle zuerst, federte sich in den Knien ab und wurde ein paar Meter zurück in die Luft katapultiert. Auf seinem Weg nach unten kam Ben bei ihrem Aufwärtsdrall an ihr vorbei, doch er hatte allein Augen für die Kreaturen, die sich an der Steinmauer weiter oben sammelten. Er traf auf steinigen Boden, prallte ein paar Meter nach oben und sauste erneut an Nelani vorbei, als sie nach unten sank. Kurz darauf standen beide nicht übermäßig sicher auf der Oberfläche unter ihren Füßen.
Jetzt konnte Ben von oben ein Rascheln hören, ein Gezische, das wie gedämpfte, zischelnde Sprache klang - von Hunderten von Geschöpfen über ihnen.
»Sie werden uns im Schwärm angreifen«, sagte Nelani. Sie klang verunsichert.
Als wären ihre Worte ein Signal, eine Form der Einwilligung, stießen die Augen über ihnen plötzlich in Massen herab, strömten wie von einem Wasserfall getragen abwärts. Nelanis Lichtschwert erwachte abrupt zum Leben, um die Umgebung um ein gelbweißes Glühen zu ergänzen. Ben hob seine eigene Klinge in die Höhe und nahm Verteidigungsposition ein.
Die erste Welle herabschießender Kreaturen drehte ab. bevor sie die Jedi erreichte, teilte sich in zwei Ströme, von denen jeder in einer anderen Richtung parallel zur Stirnseite des Gesteins dahinjagte. Doch zwei der Kreaturen wichen nicht aus. Eine stürzte sich auf Ben, eine auf Nelani.
Ben schoss zur Seite - oder versuchte es. Obwohl er einige Erfahrung in Umgebungen mit geringer Schwerkraft hatte, war er nicht hinreichend daran gewöhnt, um sich auf die Art und Weise bewegen und verhalten zu können, wie es seine Instinkte von ihm verlangten. Er stieß sich ab, schwebte jedoch größtenteils aufwärts, geradewegs auf seinen Angreifer zu.
Egal. Die Kreatur - die sich im Licht von Bens Lichtschwert als fleischiger, gespannter Flügel mit Augen am einen Ende, einem Schwanz am anderen und einem feuchten Maul etwa in der Mitte ihres Unterleibs erwies und die damit stark an einen Mynock erinnerte - flog direkt auf ihn zu. Ben schwang sein Schwert, spürte, wie die Klinge durch Haut und Fleisch schnitt, und stolperte nach hinten, als die beiden Hälften der Bestie leblos an ihm vorbeitrudelten, eine auf jeder Seite.
Die Sohlen seiner Stiefel trafen wieder auf Stein. Er fing so viel von dem Aufprall mit den Knien ab. wie er konnte, und prallte diesmal nicht allzu weit ab.
Die beiden Mynock-Hälften waren teilweise in den Stein eingesunken, und als er sie betrachtete, glitten sie unter die Oberfläche des Steins wie die beiden Hälften eines untergehenden Schiffs. Sie ließen nichts zurück - kein Blut, gar nichts.
»Sie sind nicht real«, sagte er.
»Trugbilder der Macht«, antwortete Nelani von hinten. »Also können sie uns nicht wirklich verletzen, stimmt's?«
»Falsch.« Ihr Tonfall tadelte ihn. »Das solltest du besser wissen. Das ist so. als würde man sagen: Ein Laserstrahl kann mir nichts anhaben, immerhin ist es nur Licht - richtig?«
»Ich hab's einfach nur gehofft.«
»Autsch.« Nelani klang, als hätte sie einen Treffer in den Bauch kassiert, und ihr Lichtschwert erlosch mit einem Schlag.
Ohne auf die Schwärme von Mynocks über ihren Köpfen zu achten, wirbelte Ben herum; die Bewegung ließ ihn ein paar Meter nach oben prallen.
Nelani war fort. An ihrer Stelle stand Mara Skywalker. Ihre Augen glitzerten vor Wut, und ihre Körperhaltung deutete auf bevorstehende Bestrafung hin. Das Lichtschwert in ihrer Hand war ausgeschaltet.
Ben schwebte zurück auf den Boden. »Du bist nicht meine Mutter«, sagte er.
»Gut«, sagte sie. »Dann ist es kein Verbrechen innerhalb der Familie, wenn ich dich niederstrecke.« Sie schaltete ihr Lichtschwert ein, und die Klinge glühte rot.
Han und Wedge gingen über der Straße in Formation, die sie geradewegs zum Terkury-Wohnkomplex führen würde. Ein gutes Stück weiter vorn konnte Han die winzigen, undeutlichen Formen von Bombern sehen, die über den Kuppelschild über dem Brückenkopf hinwegflogen und ihre explosiven Ladungen
abwarfen. Andere Schiffe stürzten sich in Luftkämpfe mit den besseren, neueren Raumjägern der Galaktischen Allianz.
Han, der um ein paar Meter an der Spitze lag, brachte seinen Shriek beinahe bis zu den Tragflächen runter - er ließ gerade genug Platz, dass er den Speedern nicht in die Quere kam, die in vorschriftsmäßiger Höhe unter ihm flogen, und ignorierte dabei den Umstand, dass viele Corellianer - genau wie er selbst - außer Acht ließen, was vorschriftsmäßig war und was nicht, wenn sie in ihren privaten Fahrzeugen durch die Gegend schössen.
Hans Sensortafel blinkte ihn ein paarmal unbeständig an, um ihm zu sagen, dass er für Sekundenbruchteile von irgendjemandes Zielradar erfasst worden war. Er schenkte dem keine Aufmerksamkeit. Erst, wenn das Signal an Stärke gewann und konstant wurde, bedeutete dies, dass.
Es gewann an Stärke, wurde konstant. Weiter vorn stiegen zwei Raumjäger über einer Reihe von Wolkenkratzern auf und begannen einen Sinkflug in Richtung Straßenhöhe, mit Kurs auf die Shrieks. Obwohl sie nur winzige Punkte in der Ferne waren, schloss Han aus der Art, wie sie sich bewegten, dass es sich um E-Flügler handelte. Zäh, schnell, Raumschiffe mit fest fixierten Tragflächen und einer Nase, die der des X-Flüglers ähnelte. Die E-Flügler verfügten lediglich über drei miteinander verbundene Laser, trugen dafür jedoch eine gewaltige Ladung aus sechzehn Protonentorpedos, von denen jeder einzelne unter den richtigen Umständen ein Schlachtschiff lahmlegen oder zerstören konnte.
Als wäre das noch nicht schlimm genug, verkündete ein neues Trillern des Sensoralarms die Gegenwart eines Gegners oder mehrerer Gegner, die sich von hinten näherten. Er warf erneut einen Blick auf die Konsole. Der neue Widersacher war einer der Alephs, der wie die Shrieks beinahe auf Straßenhöhe flog und in ihrem Windschatten herandonnerte.
Han richtete sein Lasergeschütz auf die E-Flügler. Ein guter Lasertreffer konnte sie beschädigen oder sogar vernichten. Eine Erschütterungsrakete kann nicht in Frage, damit nicht von den Gebäuden ringsum Trümmer in die Flugbahn der Shrieks fielen. Seine Fadenkreuze tanzten um den vordersten E-Flügler. und er feuerte. Die Salve ging vorbei, kilometerweit entfernt traf der grüne Laserschuss die Fassade eines Gebäudes neben dem Terkury-Komplex. Feindliches Laserfeuer, rote Streifen, blitzten unter Hans Bug vorbei.
Dann piepte das an seiner Kontrolltafel festgeklebte Datenpad. Han unterdrückte einen Fluch wegen des schlechten Zeitpunkts dieser Ablenkung und warf einen Blick auf den Schirm.
ALEPH-VERFOLGER IST WEDGES TOCHTER
Eine kalte Strömung schien durch Hans Magen zu fließen, als er die Worte las.
Sie hatten keine Möglichkeit, mit dem Mädchen in Kontakt zu treten, sie zu warnen, dass sie abdrehen sollte. Nun, vielleicht konnte es Wedge. Aber blieb ihm genügend Zeit, sich etwas einfallen zu lassen und die Sache in die Tat umzusetzen, bevor sie ihr Ziel erreichten? Han glaubte nicht.
Er wollte Wedges Tochter nicht umbringen, wollte nicht einmal auf sie feuern. Aber es würde noch schlimmer sein, wenn Wedge es tat. Ebenso schlimm, wie es wäre, wenn sie Wedge tötete, schlimm für Corellia und für ihre Mission.
Beinahe im selben Moment, in dem er Leias Worte zur Kenntnis genommen hatte, gab Han Energie auf seine
Repulsoren. stieg mit seinem Shriek mehrere Meter höher und gab Umkehrschub. Wedges Shriek zischte unter ihm vorbei und war plötzlich in Führung. »Du hast mehr Erfahrung mit klitzekleinen Raumjägern«, sagte Han. »Du kümmerst dich um sie. Ich nehme mir den Schlepper vor, der uns an den Hacken hängt.«
»Danke. Opa.«
Hans Sensortafel heult auf. als die Waffensysteme des Verfolgers ihn erfassten. Er verlieh seiner Flugroute einen leichten Schlenker, und die heranzuckenden Laser gingen vorbei, um gefahrlos im Himmel über den Wolkenkratzern weiter vorn zu verschwinden.
Han brachte sein Lasergeschütz herum und erwiderte das Feuer. Als er den Abzug drückte, fiel der plump aussehende Aleph nach Backbord und wich seinen Strahlen aus. Er sank tiefer, was es für Han noch schwieriger machte, ihn zu treffen.
Verflucht noch mal. Diesmal würden sie beweisen müssen, wie gut sie wirklich waren.