18.

Später an diesem Tag landeten die verbliebenen Raumschiffe, die der diplomatischen Mission angehörten, in den Hangars, die sich in der Umgebung des Narsacc-Habitats befanden. Ein Hangar war größer als alle anderen, doch die Statusbewerter beider Seiten hielten es für unangemessen, ihn für sich zu beanspruchen - das wäre eine zu große Beleidigung der Diplomaten der jeweils anderen Fraktion gewesen -, also blieb er ungenutzt. Die Abgesandten der Galaktischen Allianz und der Corellianer landeten in Hangars von gleicher Größe, während die Jedi in einem Hangar runtergingen, der ein bisschen kleiner war als die anderen.

Dann trafen sich die drei Gruppen im größten Konferenzraum des Habitats. geräumig genug, dass dort zwei Zonenballspiele gleichzeitig stattfinden konnten. Mehrere Tische waren zu einem Konferenzbereich zusammengestellt worden, dessen sorgsam arrangierte Sitzordnung vom jeweiligen Rang der Person abhing, die dort Platz nahm. Auf einer weiteren Tischreihe stand Essen bereit, ein Büfett aus Speisen von mehreren Welten, einschließlich Coruscant und Corellia. Ein dritter Bereich war frei von Möbeln, doch entlang einer Wand war eine Phalanx von Musikdroiden - der Zweck des Areals als Tanzfläche war offensichtlich.

Han Solo, der die Jedi-Gruppe technisch gesehen als Berater begleitete, trat an der Seite seiner Frau mit großen Schritten ein und ließ den Blick rasch durch den weitläufigen Bereich schweifen. »Das hier ist kein Verhandlungstreffen.«

Leia lächelte zu ihm auf. »Nein, ist es nicht.«

»Das ist eine Party.«

Sie nickte.

»Wir veranstalten eine Party für zwei Fraktionen, die kurz davor stehen, gegeneinander in den Krieg zu ziehen?«

Luke, der zwei Schritte weiter vorn neben seiner Frau wartete, grinste seinen Schwager über die Schulter hinweg an. »Niemand zieht in den Krieg, während die Delegierten hier sind. Wahrscheinlich der Einzige, der daran Interesse hat, ist Thrackan Sal-Solo, weil ein Krieg ihm eine bessere Chance verschaffen würde, die Kontrolle über das gesamte corellianische System zu erlangen - und unsere Geheimdienstkontakte sagen, dass er bislang noch nicht genügend Einfluss über die vier anderen corellianischen Staatschefs ausübt, um das zu bewerkstelligen.«

»Und diese Art Zusammenkunft vermittelt den Eindruck, dass die Lage entspannt ist«, fügte Leia hinzu. »Hier tummeln sich Reporter und Historiker. Sie werden die Gelassenheit, die Sorglosigkeit sehen, und sie werden heute im HoloNetz darüber berichten.«

Han zog eine Grimasse. »Ich brauche meinen Blaster«, sagte

er.

Jacen, der mit Ben direkt hinter seinem Vater ging, sagte: »Fühlst du dich ohne deinen Blaster wehrlos, Dad?«

»Nichts dergleichen. Ich will nur jeden erschießen, der sich diesen Protokollblödsinn ausgedacht hat.«

Jacen nickte zustimmend. »Würde ich über das Universum herrschen, hättest du meine Erlaubnis dazu, als Dienst an der galaktischen Zivilisation.«

Lukes Lächeln währte zwei weitere Schritte, dann drückte er den Rücken durch und blickte nach vorn. Er trat an die Seite der Jedi-Formation, um sie vorbeizulassen, und begann, nach rechts und links zu schauen.

Mara, Han und Leia gesellten sich zu ihm und ließen die anderen weitergehen. Jacen. Ben. Jaina und Zekk begaben sich in die Mitte des Raums, wobei Ben seinem Vater einen merkwürdigen Blick zuwarf. »Was ist los?«, fragte Mara.

»Er war hier«, sagte Luke. »Der Mann, der nicht existiert.«

Mara nahm den Raum langsam und sorgfältig in Augenschein und fragte: »Wie lange ist das her?«

»Ich bin mir nicht sicher«, gestand Luke. »Ich habe durch die Macht bloß gerade einen flüchtigen Blick auf ihn erhascht. Doch das Bild war klar und deutlich - und wieder kein Traum.«

»Dann muss er existieren«, sagte Mara.

Han räusperte sich. »Würde sich vielleicht jemand die Mühe machen, einem Nicht-Jedi zu erklären, worüber ihr da redet?«

»Ich stehe ebenfalls im Dunkeln, Han«, sagte Leia.

»Ein Feind«, erklärte Luke. »Ich bin seiner gewahr geworden, als er noch nicht existierte. Und jetzt fange ich an zu glauben, dass er manchmal existiert und manchmal nicht.«

»Das wird es schwierig machen, ihn zur Strecke zu bringen«, meinte Han.

Luke warf Han einen mahnenden Blick zu, dann folgte er den anderen Jedis.

»Er ist deswegen tatsächlich besorgt«, sagte Han.

Mara nickte. »Und er macht sich immer mehr Sorgen darüber.«

Leia hakte sich mit ihrem Arm bei ihrer Schwägerin unter. »Also, erzähl uns von diesem Mann, der nicht existiert.«

Luke musste zugeben, dass die Party ihren hauptsächlichen Zweck - den Nachrichtensammlern Informationen zu verschaffen, die den Großteil der Öffentlichkeit wahrscheinlich beruhigen würden - ebenso erfüllte wie ihren sekundären

Zweck, nämlich als Eisbrecher zu fungieren.

Zu Beginn standen die Abgesandten in starren kleinen Gruppen herum, die von ihrer Funktion und ihrer Herkunft bestimmt wurden - hier corellianische Politiker, die Rücken einer Politikergruppe von Coruscant zugewandt, die die gleiche Aufgaben erfüllte und nur einen Meter entfernt stand, dort ein Haufen Jedis. An verschiedenen Stellen entlang der Wände standen Zweier- und Dreiergruppen Sicherheitskräfte - hier GA, dort CorSic, daneben Profis der Toryaz-Station.

Seltsamerweise war es ein Paar alternder Piloten, die das Eis zwischen den Gruppen zu schmelzen begannen. Gemeinsam gingen Wedge Antilles und Tycho Celchu von Gruppe zu Gruppe, schüttelten Hände, klopften anderen auf den Rücken und erzählten Geschichten. Ihr aufrichtiges Interesse an den Leuten, mit denen sie sprachen, war offensichtlich, ebenso wie ihre ungekünstelte Sorglosigkeit gegenüber den politischen Einschränkungen der Zusammenkunft.

Tycho war als Erster mit Premierministerin Saxan auf der Tanzfläche, und Wedge war mit Leia der Nächste. Bald stieg der Geräuschpegel im Raum an, und die Grenzen zwischen den einzelnen Gruppen verwischten zusehends.

Jaina, die mit ihrem Vater tanzte, sagte zu ihm: »Das kannst du auch.«

Han warf ihr einen verwirrten Blick zu. »Tanzen? Natürlich kann ich das. Wenn man darunter versteht, die Zehen meiner Tochter eine nach der anderen zu zerquetschen.«

»Das habe ich nicht gemeint. Hast du gewusst, dass es hier jemanden gibt, den alle auf beiden Seiten mögen und bewundern?«

»Sicher.« Han sah sich um. »Luke ist da drüben. Er spricht gerade mit Pellaeon.«

»Nein.« Jaina schüttelte den Kopf, was ihr Haar schwingen ließ. »Ich meine dich. Ein Held für die Corellianer und den Rest der GA. Du könnest hier herumgehen, alle begrüßen und dafür sorgen, dass sich jeder wohler dabei fühlt, hier zu sein.«

Han zog eine spöttische Grimasse. »Ich hasse so was.«

»Mein Vater, der Held, ist nicht bereit, lächelnd herumzugehen, selbst wenn das einen Krieg verhindern könnte?«

»Das ist nicht fair. Wer hat dir beigebracht, so zu argumentieren?«

»Mom. Abgesehen davon brauchst du im Grunde nichts anderes zu tun, als hier auf der Tanzfläche zu bleiben. Nur für den Fall, dass du es noch nicht bemerkt hast: Da stehen Damen von beiden Seiten bereit, die nur darauf warten, dass du ohne Tanzpartnerin bist. Wie jetzt.« Die Musik, eine bekannte Tanznummer, verlangte nach einer Drehung, und als Han sie beendete, war Jaina zwei Meter weit weg, tanzte mit Zekk und schenkte ihrem Vater ein letztes fröhliches Lächeln.

Han zeigte mit dem Finger auf sie, eine Das-wirst-du-mir-büßen-Geste. Dann spürte er, wie ihm jemand auf die Schulter tippte. Er drehte sich um. Vor ihm stand eine junge Frau mit kurzem blondem Haar und in der Uniform eines Unteroffiziers des GA-Sicherheitsteams. »General Solo?«, fragte sie. »Ich bin Leutnant Elsen Barthis. Dürfte ich um diesen Tanz bitten?«

»Natürlich.« Han setzte ein Lächeln auf und zeigte eine Fröhlichkeit, die er nicht empfand. Er warf einen flüchtigen Blick zu der Stelle hinüber, wo Wedge mit seiner Frau tanzte. Er hatte die Geschichte von Wedges Flucht von Coruscant gehört und wusste, dass Barthis eine von denen war. die ihn gefangen gehalten hatten. Er gelangte zu dem Schluss, dass es der Entspannung der Situation nicht förderlich sein würde, sie auf ihre kürzliche Degradierung anzusprechen. »Ihr Akzent -sind Sie Corellianerin?«

»Ja, ursprünglich. Ich bin überrascht, dass Ihnen der Akzent auffällt. Ich arbeite schon seit mehreren Jahren daran, ihn loszuwerden.«

»Oh, einige Dinge wird man nie gänzlich los.«

Vier Stunden nachdem sie begonnen hatte ging die Party zu Ende. Eine Handvoll Abgesandter und Berater begaben sich nach nebenan in eine wesentlich kleinere Kammer, in der sich ein langer Konferenztisch befand. Premierministerin Aidel Saxan saß an einem Ende, Admiral Gilad Pellaeon am anderen, und ihre jeweiligen Begleitgruppen belegten die Plätze zwischen ihnen mit Beschlag.

»Also«, sagte Pellaeon. »Protokollvorschriften?«

»Lasst uns darauf verzichten«, sagte Saxan. Sie sah müde aus, aber nicht schlecht gelaunt.

»In diesem Fall«, kündigte Han an, »ziehe ich meine Stiefel aus. Niemand kann gute Entscheidungen treffen, wenn ihm die Füße wehtun.«

Die erfahrenen Politiker - mit Ausnahme von Leia - sahen ihn überrascht an, doch Han ließ seinen Worten Taten folgen und griff unter den Tisch, um seine Stiefel abzustreifen. Am gegenüberliegenden Ende des Tisches kniete sich ein Sicherheitsoffizier hin, um darunterzuspähen, zweifellos, um sicherzugehen, dass Han keinen versteckten Blaster hervorholte - und dann hatte der Offizier eine Menge zu tun, als andere Abgesandte Hans Beispiel folgten und sich ihres Schubwerks entledigten, das seit Stunden schmerzte und drückte. Pellaeon beteiligte sich nicht daran. Mit einem Anflug von Neid mutmaßte Han, dass der alte Admiral erfahren und klug genug gewesen war, sich mit perfekt sitzenden,

bequemen Stiefeln auszustaffieren.

»Kommen wir zur Sache«, sagte Pellaeon. »Premierministerin - darf ich Sie Aidel nennen?«

»Gern.«

»Gilad. Ich bin damit einverstanden, die Ankunft der Flottenstreitkräfte der GA im corellianischen System als unfreundlichen Akt anzuerkennen, wenn Sie dasselbe Zugeständnis in Bezug auf die geheime Wiederinbetriebnahme der Centerpoint-Station machen. Lassen Sie uns das aus der Welt schaffen. Lassen Sie uns nicht so tun. als träfe die eine oder die andere Seite keinerlei Schuld.«

Saxan lächelte in aufgesetzter Freundlichkeit. »Man könnte sich immer noch darüber streiten, welches davon die gröbere Aggression ist.«

Pellaeon nickte. »Das könnten wir. Wobei Sie im Vorteil wären.«

Saxan schaute überrascht drein. »Sie gestehen das ein?«

»Natürlich. Ich bin ein sehr alter Mann. Ich komme gern direkt zum Punkt. Immerhin könnte ich jeden Augenblick sterben.« Der alte Stratege lächelte, um seine Worte als Scherz kenntlich zu machen.

Saxan atmete aus. und auch sie lächelte. »In Ordnung. Dann lassen Sie uns Prioritäten setzen. Ich werde nicht so tun, als wäre das einzig mögliche Resultat dieser Zusammenkunft die corellianische Unabhängigkeit. Es gab Zeiten, in denen Corellia als Teil eines größeren Regierungssystems florierte. Auch als unabhängiger Staat hat Corellia floriert. Doch als entwaffneter Staat, der von CA-Streitkräften abhängig ist, um das System zu schützen, können wir nicht florieren. Der corellianische Stolz wird das nicht zulassen. Wenn Sie uns das aufzwingen, sind wir keine Corellianer mehr.« Bei diesen Worten deutete sie auf

Han und Wedge. »Denken Sie darüber nach, wie die Dinge in der GA heute wären, wenn es keine Corellianer wie diese; gebe. Es gäbe keine Galaktische Allianz. Keine Neue Republik. Dann würde immer noch das Imperium herrschen.«

Schweigen breitete sich über die Versammelten, als sich alle im Raum daran erinnerten, dass Pellaeon zu der Zeit, als das Imperium gegründet worden war, als Offizier in imperialen Diensten gestanden hatte, und dass er dem Imperium treu gedient hatte während der Kriegsjahre mit der Rebellenallianz und während der Neuen Republik und auch noch in den Jahrzehnten, in denen das Imperium nichts als eine Restregierung gewesen war, bis zu den letzten Jahren, als sich das Imperium und der Rest der Galaxis verändert hatten und die imperialen Restwelten Teil der Galaktischen Allianz geworden waren. Jene, die in der Lage waren, irgendetwas Gutes über das Imperium zu äußern, sagten stets, dass Pellaeon und Offiziere seines Schlages das Beste davon verkörperten, dass sie imstande gewesen wären, aus dem Imperium ein moralisches und zivilisiertes Regime zu schmieden, hätten sie von Anfang an das Kommando gehabt.

Außerdem war auch Pellaeon Corellianer.

Pellaeon lächelte wieder, und diesmal ließ er dabei die Zähne blitzen. Die naheliegendste Erwiderung wäre gewesen: Und was wäre daran so verkehrt? Stattdessen sagte er: »Also ist das, wofür Sie sich einsetzen, im Prinzip das Aufstellen einer corellianischen Raumflotte, die über die corellianische Vorteidigungsarm.ee hinausgeht.«

»Selbstverständlich.«

»Das ist nicht gänzlich unmöglich«, sagte der Admiral. »Aber wäre Corellia dann nach wie vor imstande, dem GA-Militär -abhängig von der Höhe des Bruttosozialprodukts - in einem

Maße Mittel zur Verfügung zu stellen, wie es auch andere GA-Unterstaaten tun? Würde das nicht signifikante Einbußen für die corellianische Wirtschaft nach sich ziehen.«

»Nun, offenkundig müsste unsere Beteilung am GA-Militär in angemessenem Verhältnis zu unserer Raumflotte reduziert werden. Und diese Flotte würde dem GA für militärische Aktionen zur Verfügung stehen, falls erforderlich.«

»Inakzeptabel. Die Unterstützung für das Militär der Galaktischen Allianz muss Vorrang haben.«

Das war der Moment, in dem Hans Aufmerksamkeit abschweifte. Er nahm an, dass die beiden Diplomaten mit dieser - in politischen Kreisen vermutlich spektakulären -Geschwindigkeit die ganze Tagesordnung durchgehen würden; andernfalls wäre er der Diskussion nicht einmal bis zu diesem Punkt gefolgt. Allerdings hatte der Wortschwall nun ein bedenkliches Ausmaß erreicht, und er konnte sich nicht länger darauf konzentrieren.

Er sah sich am Tisch um, sah in jedes Gesicht, in dem Bemühen, darin zu lesen wie ein guter Sabacc-Spieler.

Saxan und Pellaeon waren die interessantesten Studienobjekte. Beide waren wachsam, energiegeladen, scheinbar unverrückbar auf ihre jeweilige Meinung festgelegt. Doch sie mussten hier zu irgendeiner Art Übereinkunft gelangen, oder beide Seiten würden verlieren - Krieg war ein inakzeptables Ergebnis. Unter der starren Oberfläche hatte also jeder einen gewissen Spielraum. Die Frage war, wann sie davon Gebrauch machen würden und im Angesicht welcher Umstände.

Leia verfolgte die Diskussion aufmerksam, auch wenn Han auffiel, dass sie jedes Mal, wenn eine provozierende Äußerung fiel, nicht Saxan oder Pellaeon ansah, sondern den

Chefratgeber des Politikers, gegen den der jeweilige Kommentar gerichtet war.

Luke war gelassen, fast, als befände er sich in einem Zustand der Meditation. Nein - Han korrigierte sich. Luke war ruhig, nicht gelassen. Nach wie vor barg sein Verhalten einen vagen Schatten von Besorgnis. Offenbar bereitete ihm diese ganze Sache mit dem »Mann, der nicht existiert« weiterhin Sorge.

Auch Han war deswegen beunruhigt. Luke konnte Dinge wahrnehmen, die ihm verborgen blieben. Dinge, die Luke nicht wahrnahm, konnte wahrscheinlich kein Lebewesen in der Galaxis wahrnehmen.

Abgesehen von. Hans Aufmerksamkeit fiel auf seinen Sohn. Genau wie Leia, verfolgte auch Jacen die Diskussion mit dem gebotenen Ernst. Allerdings wandte er sich gelegentlich von dem aktuellen Gespräch ab. um in eine Richtung zu starren, die stets wie zufällig wirkte. Han vermutete, dass Jacen mit seiner Ausbildung in den verschiedenen und ungewöhnlichen Aspekten der Macht in Richtungen schaute, in die niemand sonst zu sehen in der Lage war.

Vielleicht konnte er Dinge sehen, die selbst Luke verborgen blieben.

Han beschloss, später mit seinem Sohn zu reden.

Dieses erste Treffen zwischen Pellaeon und Saxan dauerte vier Stunden. Schließlich einigten sich die beiden Diplomaten darauf, sich für den Abend zurückzuziehen und ihre Gespräche am Morgen wieder aufzunehmen, Stationszeit.

Die Delegierten und ihre Berater stellten fest, dass sie alle in einem einzigen Korridor des Narsacc-Habitats einquartiert waren, wo die Zimmer den besten Ausblick auf die Sterne und den Mond Ronay boten. Der Korridor wurde Kallebarthweg genannt. An jedem Ende des 275 Meter langen Gangs sowie an jeder Stelle, wo ein Querkorridor darauf stieß, war eine Sicherheitsstation eingerichtet worden.

Der Delegation der Galaktischen Allianz wurde das vordere Ende des Korridors zugewiesen; dieses Recht auf die etwas luxuriöseren Quartiere hatten sie sich schlichtweg dadurch erworben, dass sie für diese Konferenz bezahlt hatten. Die corellianische Delegation war am hinteren Ende untergebracht. Die Unterkünfte der Jedi befanden sich in der Mitte. In den Bereichen zwischen den Quartieren der Delegationen lagen etliche leere Suiten. Die Korridore unmittelbar über und unter dem Kallebarthweg waren abgeriegelt, sämtliche Zimmer waren verriegelt, in dem Bemühen, Saboteure daran zu hindern, die Abordnungen aus irgendeiner Richtung anzugreifen.

Ein paar Stunden nach dem Abbruch des ersten Treffens saß Han, noch immer wach, auf einem Sofa gegenüber des größten Sichtfensters in der Suite der Solos, eine gewaltige Fläche aus strahlungsabweisendem Transparistahl. fünfzehn Meter lang und fünf hoch. Im Augenblick schaute man dadurch ins All hinaus, doch das Sternenfeld wurde von der Gegenwart der GA-Fregatte Feuerdorn verschandelt, die für ihre Sicherheit verantwortlich war. bloß einen Kilometer weiter draußen. Die Fregatte blieb nicht an derselben Stelle: vielmehr patrouillierte sie entlang der bewohnten Ränder des Narsacc-Habitats und veränderte so - zumindest aus Hans Perspektive - draußen vor dem Fenster nie ihre Position.

»Ich glaube, wir haben die Suite genau in der Mitte«, äußerte Han. »Zufall oder Absicht?«

»Absicht«, sagte Leia. Sie saß in einem Stuhl, der dem Sichtfenster zwei große Schritte näher war als Hans Sofa.

»Selbst wenn Luke der Meister des Ordens ist. werden wir aufgrund unserer. ahm, einzigartigen Umstände von sämtlichen Gruppen hier - mit Ausnahme der Sicherheitskräfte der Toryaz-Station - vermutlich als die Neutralsten angesehen. Also stehen wir quasi in der Mitte.«

Han zuckte die Schultern. »Trotzdem eine nette Aussicht.« Er wandte seine Aufmerksamkeit Jacen zu, der am anderen Ende des Sofas saß. »Also?«

Sein Sohn sah nachdenklich aus. »Mir gefällt dieses Zeug über den >Mann, der nicht existiert< nicht.«

»Mir auch nicht«, sagte Han. »Und deiner Mutter ebenfalls nicht.«

»Schon möglich, aber ich nehme an, dass es uns aus unterschiedlichen Gründen nicht gefällt.« Jacen schenkte Leia einen entschuldigenden Blick. »Seit Dad angefangen hat. darüber zu sprechen, habe ich die Augen offen gehalten. Meine mentalen Fühler ausgestreckt. So weit in die Zukunft und die Vergangenheit gespäht, wie es mir möglich ist.«

Leia nickte. »Und?«

»Und nichts. Ich sehe oder spüre in dieser Hinsicht nicht das Geringste.« Er blickte finster drein. »Da ist lediglich die ganz vage Andeutung einer weiblichen Präsenz, die sich feindselig anfühlt, boshaft. Das Ganze trägt einen gewissen Beigeschmack der Macht in sich. Aber es ist so vage, dass es nichts mit dem Hier und fetzt zu tun haben muss. Es könnte ein Überbleibsel von etwas sein, das Jahre oder Jahrzehnte zurückliegt. Es könnte aus der Zeit vor dem Imperium stammen.«

»Könnte es sich um eine in der Macht Bewanderte handeln, die jetzt hier ist und ihre Fähigkeiten dazu einsetzt, um ihre Anwesenheit zu verschleiern?«, fragte Leia.

Jacen nickte. »Vielleicht.«

»Warum sollte es sich dann nicht um Lukes >Mann, der nicht existiert< handeln, der dieselben Fähigkeiten benutzt, um das Gefühl eines anderen Geschlechts zu vermitteln, vielleicht, um Luke an der Nase herumzuführen?«

Jacen lächelte. »Mom, das ergibt nicht den geringsten Sinn. Erstens: Wenn ich die Gegenwart aufspüren könnte, die Onkel Luke fühlt, dann würde ich sie vermutlich auf dieselbe Art und Weise wahrnehmen, zumindest anfangs. Wenn es für ihn ein Mann ist, sollte es für mich ebenfalls ein Mann sein. Zweitens -und ich denke, das ist sehr wichtig: Warum hat Luke diese weibliche Gegenwart, die mir aufgefallen ist, nicht erwähnt? Hat er sie überhaupt nicht bemerkt, oder hat er sie abgetan, weil sie nicht so stark oder so augenfällig wie sein >Mann, der nicht existiert< ist?« Er nahm einen tiefen Atemzug. »Mom, ich glaube, Onkel Luke tut viele Informationen und Vorahnungen, die er vielleicht bekommt, einfach deshalb ab, weil sie nicht zu dem passen, was er glaubt. Er hat nicht viel von meiner Vermutung gehalten, dass die Corellianer nicht so rasch klein beigeben würden, wie sie es laut der GA tun würden, und schaut euch an. was passiert ist. Jetzt hat er eine Lieblingstheorie über irgendeinen geheimnisvollen Feind, und nichts anderes scheint zu ihm durchzudringen.«

»Ich weiß, dass er nicht jede esoterische Machtdisziplin studiert hat, die du dir angeeignet hast«, sagte Leia, »aber das bedeutet nicht, dass er falschliegt. Man sollte seine Überzeugungen nicht außer Acht lassen.«

»Meine aber auch nicht.« Jacens Tonfall war schärfer, als er beabsichtigt hatte. Bei seinen nächsten Worten klang seine Stimme sanfter. »Ich hatte nicht die Absicht, wütend zu klingen.«

»Du bist wütend«, sagte seine Mutter.

»Vielleicht. Aber trotzdem sollte man sich meinen Standpunkt anhören. Seit Jahren muss Onkel Luke die Bürde des Überlebens des gesamten Jedi-Ordens ganz allein tragen. Er hat mit Zwängen und einem Druck zu kämpfen, die kein Jedi in der Geschichte jemals bewältigen musste. Nachdem er das vierzig Jahre lang gemacht hat, ist er möglicherweise ausgebrannt.«

»Das bezweifle ich«, sagte Leia. »Jacen, die Art, wie er sein Leben gelebt hat, die Art, wie er sein Wissen um die Macht erlangt hat, das ist ein Weg zur Erkenntnis. Deiner ist ein anderer. Glaubst du wirklich, deiner ist besser?«

»Bei allem Respekt, Mom - ja, das tue ich. Ich glaube. Onkel Luke ist einigen Pfaden des Lernens gegenüber unzugänglich, und das bedeutet möglicherweise, dass es Dinge gibt, die zu sehen er niemals in der Lage sein wird.«

»Wie dem auch sei«, sagte Han. »Halt die Augen nach Fremden offen. Warnungen in den Wind zu schlagen, ist ein guter Weg, sich umzubringen.«

Jacen grinste. »In diesem Punkt sind wir uns einig.«