17.

CORUSCANT


Der Luftspeeder war von innen und außen groß und geräumig, auf eine Art, die seit mehreren Jahren nicht mehr in Mode war. Der Speeder war himmelblau, wenn auch voller Schrammen, und verbeult von einer - so schien es zumindest - Generation kleinerer Zusammenstöße und Unfälle, und er sah aus, als wäre er so langsam wie ein Bantha zur Schlafenszeit.

Auf dem Rücksitz lümmelte ein Menschenmann, die Füße in Richtung des erhöhten Laufstegs hochgelegt, an dem der Speeder angedockt hatte. Er trug eine dunkle Hose mit schmalen roten Streifen, die an den Außenseiten der Beine emporliefen, ein braunes, langärmliges Hemd, eine dunkle Weste und abgetragene Stiefel. Ein gelber Stofffetzen war über seinem Gesicht drapiert. Auf den ersten Blick sah er aus. als würde er schlafen; der Stofffetzen hielt das Sonnenlicht von seinem Gesicht fern, aber etwas an der Art, wie sein Kopf gegen die Seite des Sitzes gestützt war, die Augen auf den angrenzenden Laufsteg gerichtet, etwas an der Art. wie sein erhobenes rechtes Knie seine Hand und womöglich die Blasterpistole darin verbarg - die hier illegal, aber schwerlich etwas Ungewöhnliches war-, hielt seihst die diebischsten Passanten davon ab. zu eingehend darüber nachzudenken, den Speeder zu stehlen.

Eine junge Frau in einem braunen Reisegewand, die Kapuze hochgeschlagen, um ihr Gesicht zu verhüllen, löste sich mit raschen Bewegungen aus dem Strom des Fußverkehrs und ließ sich auf den Beifahrersitz fallen.

Der Mann auf dem Rücksitz zog den Stofffetzen von seinem Gesicht und rollte nach vorn in den Pilotensitz, schnell und anmutig. Er hatte mit dem Speeder dreißig Meter zurückgesetzt und steuerte in die entgegengesetzte Richtung, um auf der Verkehrsspur voraus mit einer Geschwindigkeit davonzuschießen. die für einen so plumpen Speeder beachtlich wirkte, bevor andere Passanten den Umstand zur Kenntnis zu nehmen begannen, dass es sich bei ihm um Han Solo handelte.

»Was hast du herausgefunden?«, fragte er.

Der Fahrtwind wischte die Kapuze von Leias Gesicht; sie fiel nach hinten, gegen ihren Rücken. Sie machte sich nicht die Mühe, sie wieder aufzusetzen. Noch gab sie sich Mühe, ihre Unzufriedenheit zu verbergen. »Vielleicht sollten wir erst einmal nach Hause fliegen, bevor wir das diskutieren.«

»Ich habe bereits mehrere Stunden gewartet«, sagte Han.

»Vielleicht solltest du irgendwo anhalten.«

Endlich warf er ihr einen durchdringenden Blick zu. »So schlimm?«

»Noch schlimmer.«

»Sag's mir.«

Es folgte eine beinahe unmerkliche Pause. Han wusste, dass Leia die Fakten ordnete, eine Reihenfolge festlegte, in der sie ihm die Informationen unterbreiten würde.

»Einiges hiervon sind Vermutungen meinerseits, ausgehend von Dingen, die gesagt wurden, und anderen, die nicht gesagt wurden. Einiges, über das ich mir sicher bin. beruht auf Dingen, die ich zufällig mitbekommen habe. Ich schätze, ich fange am bestem mit dem Wichtigsten an und arbeite mich dann nach unten vor. Die corellianischen Behauptungen, dass die Centerpoint-Station von Jedi sabotiert wurde, sind wahr. Die Station wurde ernstlich beschädigt, was das corellianische

Wissenschaftskorps mehrere Jahre zurückwirft. Und die Jedi. die dafür verantwortlich sind. sind Jacen und Ben.«

Han warf ihr einen durchdringenden Blick zu. Er sah, wie sich ihre Augen weiteten, und konzentrierte sich wieder auf den Verkehr. Innerhalb von Sekundenbruchteilen hatten die Ablenkung und der Umstand, dass seine Hände die Kontrollen fester umklammerten, dazu geführt, dass sein Speeder teilweise aus seiner Verkehrsspur glitt, auf ein winziges Hochgeschwindigkeitsmodell mit einem ältlichen, dunkelhäutigen Menschenpärchen darin. Er schenkte ihnen ein Tut-mir-leid-Lächeln und wandte seine Aufmerksamkeit wieder Leia zu, während er gleichzeitig umsichtiger flog. »Jacen.«

»Ja.«

»Und Ben.«

»Ja.«

»Ist Luke verrückt geworden?«

Diesmal antwortete sie nicht, sondern fuhr fort: »Außerdem haben Jedi-Teams den Versuch unternommen, einige wichtige corellianische Politiker aus Coronet zu entführen. Jaina gehörte zu einem dieser Teams.«

Hans Kiefer verkantete, und er sah, wie Leia unbewusst ein paar Zentimeter zurückwich. Sie hatte keine Angst, hatte niemals Grund dazu gehabt, Angst vor seinen Reaktionen zu haben, doch er erinnerte sich an etwas, das ihm einst ein Kollege erzählt hatte - wenn Han Solo wütend wurde, sah er durchgeknallter aus als jeder andere Mensch im bekannten Universum.

»Er macht es schon wieder«, sagte Han. »Er bringt meine Kinder - unsere Kinder - in gefährliche Situationen, mit denen sie nichts zu tun haben sollten. Was muss ich tun, um ihn von so was abzuhalten?«

»Da ist noch mehr. Bist du sicher, dass ich dich nicht dazu überreden kann, rechts ranzufahren?«

»Was könntest du mir wohl sagen, das dazu führen würde, dass ich meine Fähigkeiten als Pilot einbüße?« Als ihm bewusst wurde, dass er gereizt klang, und weil er seinen Unmut nicht an Leia auslassen wollte, zwang er allen Arger aus seiner Stimme. »Erzähl's mir einfach.«

»Die Corellianer hatten Hinterhalte und Fallen für sie gelegt. Hinterhalte und Fallen, die für Jedi bestimmt waren.«

Mehrere lange Augenblicke flogen sie schweigend dahin.

Selbst in seiner Aufgewühltheit bemerkte Han. dass eine Erschütterung durch den Speeder lief. Behutsam experimentierte er mit der Beschleunigung, mit der Steuerung in den Kurven.

Nein, der Speeder lief ganz normal. Doch seine Arme und Hände zitterten so heftig, dass es sich auf das Vehikel auswirkte.

Abrupt löste er sich aus dem Verkehr, schlüpfte mit absurder, gefährlicher Genauigkeit in einen freien SpeederHalteplatz auf der Fünfhundert-Meter-Ebene, neben dem Bürgersteig eines Restaurants. Das rasante Tempo seines Anflugs und sein Abbremsen in letzter Sekunde brachte Passanten auf dem Bürgersteig zum Kreischen und dazu, aus dem Weg zu springen, denn es hatte fast den Anschein, als hätte er vor. durch sie hindurchzupflügen. Doch Zentimeter von der Andockstation entfernt kam er ruckartig zum Stehen und ließ sich vom Fangstrahl des Docks bis auf eine letzte Handbreite Abstand heranziehen. Automatisch schob er eine Kredikarte in den Schlitz anbei.

Lange Sekunden konnte er sich nicht dazu durchringen, seine Frau anzusehen. Seine Stimme war leise und zittrig, als er schließlich sagte: »Also bin ich dafür verantwortlich. Ich hätte sie beinahe umgebracht.«

»Nein.«

»Doch. Mir hätte klar sein müssen, dass unsere Kinder in das verwickelt werden würden, was da mit Corellia vorgeht. Lind ich bin hingegangen und habe den Corellianern gesagt, dass sie ihre Geschütze auf unseren Jungen und unser Mädchen richten sollen.«

»Han. du hast ihnen deine Vermutungen mitgeteilt. Aber du hörst mir nicht richtig zu. Ich sagte, sie waren auf Jedi vorbereitet. Was von all dem, was du den Corellianern erzählt hast, hätte sie vor Jedi warnen können, genau dort und in jenen Moment, da tatsächlich Jedi gegen sie eingesetzt wurden?«

Han dachte darüber nach. »Nichts.«

»Das stimmt, nichts. Also?«

»Also, hat jemand anders ihnen gesagt, wo und wann Jedi eingesetzt werden würden.«

»Das ist richtig. Und diese ganze Sache mit der CenterpointStation. Die Corellianer sind unaufrichtig, wenn sie behaupten, die Jedi wären einfach so gekommen, um die Station zu sabotieren. Sie verschweigen, dass sie die Station wieder voll operationsfähig gemacht hatten oder zumindest unmittelbar davor standen.«

Han sah sie an und versuchte, den tieferen Sinn dessen zu ergründen, was sie sagte. Obzwar kein Politiker, war er doch ein fähiger Taktiker, und er verglich die militärische Stärke von Corellia mit und ohne die einsatzbereite Station. Das Ergebnis beunruhigte ihn. Mit der Station hätte Corellia vermutlich schnell und unblutig die Unabhängigkeit erlangt. Aber das wäre dem System nur gelungen, hätte man Drohungen -

Terrordrohungen - gegen die Galaktische Allianz geäußert. Plötzlich war er sich nicht mehr sicher, ob er die Unabhängigkeit Corellias unter diesen Bedingungen unterstützen konnte, und dieser Mangel an Überzeugung sorgte dafür, dass er sich beklommen fühlte. »Du bist so voller guter Neuigkeiten«, sagte er in dem Versuch, humorvoll zu sein, der - selbst in seinen eigenen Ohren - kläglich scheiterte.

»Da ist noch mehr. Und ich weiß nicht, was das zu bedeuten hat.«

»Schieß los.«

»Ben hat tatsächlich den Hauptbeitrag bei der Sabotage der Station geleistet. Das war eine ziemliche Leistung. Aber er redet nicht darüber. Er hat ausschließlich seinem Vater Bericht erstattet, und Luke hat keine dieser Informationen weitergegeben. Er tut sich schwer damit. Glückwünsche entgegenzunehmen. Und als ich hinging, um ihm meine zu entrichten, konnte er sich nicht dazu durchringen, mit mir zu reden. Er hat sich einfach nur versteift und irgendwie genickt, und dann hat er sich so hastig aus dem Staub gemacht, wie er nur konnte. Er sah. schuldbewusst aus.«

»Vermutlich ist ihm klar geworden, wie ich die Neuigkeit aufnehmen würde.«

»Vielleicht.«

Er nahm einen langen, tiefen Atemzug. »Sonst noch was?«

Sie nickte. »Sie haben immer noch vor, alles auf diplomatischem Wege in Ordnung zu bringen. Es wird ein Treffen zwischen Saxan und Pellaeon geben. Beide Parteien -und die Jedi - werden für die Sicherheit sorgen. Luke hat mich gebeten, mich an dieser Aktion zu beteiligen. Und er hofft, dass du das ebenfalls tust.«

»Hast du eingewilligt?«

»Ich habe für mich eingewilligt.«

Er nickte. »Dann willigst du auch für mich ein.«

Endlich lächelte Leia. »Ich habe gehofft, dass du das sagst. Und es gibt noch ein letztes Problem, um das wir uns kümmern müssen.«

»Spuck's aus, mir platzt allmählich der Schädel. Was für ein Problem?«

»Bewunderer.«

Han schaute auf. Nur wenige Meter entfernt hatte sich eine Gruppe von mindestens zwanzig Leuten auf dem Bordstein angesammelt, um den Fußverkehr zu bremsen: ihre Aufmerksamkeit war auf Han und Leia gerichtet. Als Han sie ansah, winkten einige; andere schauten weg; wieder andere standen wie gelähmt da, als wären sie von einer Blasterbetäubungssalve getroffen worden.

»Han Solo! Prinzessin Leia!«, rief einer, ein Devaronianer. Seine rosige rote Haut und die weißen Hörner wirkten an diesem von hellem Sonnenlicht beschienenen Ort irgendwie fehl am Platz. »Können wir eine Holoaufnahme mit Ihnen machen?«

»Unsere Fans«, murmelte Han.

»Du liebst das. Du weißt, dass du das tust.«

Er warf ihr ein Lächeln zu, erhob sich und bot ihr seine Hand an, eine galante Geste, um ihr beim Aufstehen zu helfen. »Sicher«, rief er zurück. Dann flüsterte er seiner Frau zu: »Ich hoffe, keiner von diesem Haufen kann Lippenlesen.«


KUAT-SYSTEM, TORYAZ-STATON


Fünf Tage später fand sich eine seltsame Ansammlung von Raumschiffen bei einer Raumstation im Kuat-Sternensystem

ein.

Die Station selbst war eine ungewöhnliche Konstruktion. Als Kern diente eine Scheibe von zwei Kilometer Durchmesser, dreihundert Meter dick, die Ränder abgeschrägt und geglättet wie eine antike, polierte Kredimünze, die Oberfläche voll dicht gedrängter leuchtender Sichtfenster in jeder vorstellbaren Farbe, überwiegend blau. Vom Rand der Scheibe gingen in regelmäßigen räumlichen Abständen ein Dutzend flacher Speichen von einem Viertelkilometer Länge ab. Am Ende jeder Speiche befand sich eine Kapsel mit einem Durchmesser von ebenfalls einem Viertelkilometer, an der dicksten Stelle vierzig Meter hoch. Sechs dieser Kapseln waren Scheiben, die dem zentralen Kern ähnelten, und sechs waren dreieckig, die an einem Punkt des Dreiecks mit den Speichen verbunden waren.

Die Scheiben wechselten sich mit den Dreiecken ab. was der Station ein symmetrisches Design verlieh.

Die Toryaz-Station war ein Ort der Erholung und des Wettkampfs, der Verhandlungen und der Romantik, kaltherziger Berechnung und heißblütiger Wut. Die Kernscheibe barg Hotels und Geschäfte, Gärten und Wasserfälle. Auf Anweisung der Handelsfamilien hin, die die Station betrieben, boten die Hotels keine Einzimmerquartiere. Die bescheidensten Unterkünfte, die man buchen konnte, waren luxuriöse Suiten, die am Tag so viel Miete kosteten, wie eine Mittelstandsfamilie im Jahr verdiente. Unternehmen und Händlersippen pachteten oder besaßen hier Suiten, bewirteten Holodrama-Stars, machten Geschäfte, die das Schicksal Tausender Angestellter und Leben bestimmten.

Die zwölf Raumkapseln dagegen waren weniger glamourös, zumindest auf den ersten Blick. Jede davon wäre eine komplett eigenständige Raumstation gewesen, war jedoch durch die

Hauptspeiche - einen robuste, breiten Verkehrskanal - mit der Hauptstation verbunden, auch wenn jede der Kapseln in Krisenzeiten vom Hauptkörper der Station abgetrennt werden konnte, mittels einer zwar langsamen, aber leistungsfähigen Antriebseinheit, um tage- oder wochenlang im Weltall auszuharren, bis Rettung eintraf.

Jede Raumkapsel, die Hunderte von Quartieren, Konferenzräumen, Trainings- und Freizeiteinrichtungen, Kinos, Küchen, Fahrzeughangars, Sicherheitsbüros, Zellenblocks für randalierende Feiernde und weitere Räumlichkeiten beherbergte, konnte als komplette Einheit für alle Arten von Firmenveranstaltungen gemietet werden. Händlerprinzen ließen mehrere Hundert ihrer besten Freunde einfliegen. um in diesen Raumkapseln ihre hundertsten Geburtstage zu feiern; »Kuat Antriebssysteme«, das größte unabhängige Industrieunternehmen im System, veranstaltete in diesen Kapseln seine Messen und Firmenpräsentationen.

Und jetzt war eine davon, eine dreieckige Raumkapsel, die als Narsacc-Habitat bekannt war, von der Regierung der Galaktischen Allianz angemietet worden - kurzfristig und für unbestimmte Dauer, um eine unversehens sehr verärgerte Versammlung von Luftspeeder- und Swoop-Herstellern überall aus der Galaxis quasi obdachlos zu machen. Das Personal des Narsacc-Habitats, bestehend aus Butlern, Köchen, Bereitschaftskräften, Reinigungs- und Wartungsdroiden, Kammerdienern und Moderatgebern, war für die Dauer des GA-Aufenthalts bei vollem Gehalt beurlaubt worden, um durch sorgsam überprüfte Regierungsangestellte ersetzt zu werden. Die einzigen Beschäftigten der Toryaz-Station, die übrig blieben, war eine Stammmannschaft aus Sicherheitsoffizieren, massiv verstärkt und überwacht von GA-Sicherheitsfachleuten.

Die ersten Schiffe, die am Narsacc-Habitat andockten - ein großer Personentransporter sowohl von Coruscant als auch von Corellia - , luden Horden von Soldaten und Sicherheitskräften aus, die unverzüglich damit begannen, die Raumkapsel nach Abhörgeräten, Sprengladungen und versteckten Waffen zu durchforsten. Sie fanden jede Menge, viele davon Jahre oder Jahrzehnte alt, offensichtlich alles von früheren Veranstaltungen - die vergessenen Überbleibsel versuchter Spionage und Verrat in vergangenen Zeiten. Nach zwei Tagen gründlicher Durchsuchung meldeten beide Seiten ihren jeweiligen Anführern, dass es keinerlei Anzeichen für böswillige Absichten seitens ihrer Gegenpartei gab.

Hinlänglich beruhigt, dass die Angelegenheit vorangehen konnte, entsandten beide Seiten Protokolldroiden und Statusbewerter, die die Einrichtungen des Habitats in Augenschein nahmen, sie auf die Anforderungen der anstehenden Konferenz hin überprüften und sofort zu verhandeln begannen, um sicherzustellen, dass ihre jeweiligen Fraktionen über die Quartiere des Habitats verfügte, die geringfügig besser waren als die der anderen Seite. Von den Suiten, die entlang der äußersten Hülle lagen, hatte man den besten Ausblick, deshalb mussten hier die Delegierten untergebracht werden, ungeachtet des Umstands, dass dies höhere Anforderungen an die Sicherheitsteams stellte: von den Suiten am Rand der Achse hingegen bot sich einem dieser Anblick bei jeder Drehung zuerst, weshalb jede Seite sie für seine eigene Delegation beanspruchte. In den Gemächern von Saxan und Pellaeon würde gleichzeitig Frühstück serviert werden, ohne Rücksicht auf die bevorzugte Frühstückszeit der Delegierten selbst. Das ging noch einen ganzen Tag lang so weiter.

Wedge Antilles ignorierte das alles. Nachdem er mit der ersten Gruppe von Sicherheitsfachleuten an Bord gegangen war, ohne jedoch wirklich Teil der corellianischen Streitkräfte zu sein, suchte er den Ort auf, von dem er fand, dass dies der beste Platz im ganzen Habitat war - einen üppigen grünen Wassergarten unter einem Außenhüllenfenster mit einem Durchmesser von hundert Meiern, das in den Stunden, in denen keine Wachstumslichter eingeschaltet waren, prächtige Sternenfelder zeigte -. und verbrachte dort den Großteil seiner Zeit. Keine anderen Männer oder Frauen der Sicherheitsdelegationen verirrten sich hierher, wenn man von den gelegentlichen Routineüberprüfungen und Waffenscans absah.

Am Morgen des vierten Tages, während er im Dunkeln in einem Liegestuhl saß, der sich seinem Körper bei jeder seiner Bewegungen anpasste, hörte er ein Rascheln auf der anderen Seite der zentralen Lichtung. Er legte die Hand auf seinen im Halfter steckenden Blaster. ohne sich ansonsten zu rühren. Wenige Augenblicke später trat ein anderer Mensch auf die Lichtung, ohne auf die Farne und den künstlichen Wasserfall und den Teich zu achten, der sich nur ein Dutzend Meter entfernt befand. Steif aufgerichtet wie ein Stock, trug er die Uniform eines Generals der Galaktischen Allianz, die Mütze unter den Arm geklemmt, und seine Aufmerksamkeit war auf die Sterne über sich gerichtet. Er war ungefähr so alt wie Wedge. mit blondem Haar und einem Gesicht, das von Verantwortung und altem, altem Kummer zerfurcht war, jedoch nicht vom Alter. Er sah wie ein Prinz aus, mit Zügen, die auf kühle Weise aristokratisch gewirkt hätten, wäre er je schlechter Laune gewesen, doch Wedge hatte nie mitbekommen, dass er je ein derartiges Verhalten an den Tag

gelegt hätte.

Wedge grinste und nahm einen tiefen Atemzug. »Vagabund Zwei!«, schnappte er. »Nach Backbord abdrehen!«

Bevor Wedge seinen Ruf auch nur zur Hälfte über die Lippen gebracht hatte, war der Neuankömmling abgetaucht, rollte hinter eine lange Kiste mit schimmernden Wooshapflanzen von Naboo und richtete sich dann wieder auf. Seine Mütze fehlte. Sein Gesichtsausdruck wäre grimmig gewesen, wäre er imstande gewesen, das Grinsen zu unterdrücken. »Wedge! Das war nicht nett.« Er klopfte sich ab und trat hinter der provisorischen Deckung hervor.

Wedge stand auf, um die Hand des Mannes zu ergreifen und ihn zu umarmen. »Tycho. Ich wusste nicht, dass du bei diesem fröhlichen Schlamassel mit von der Partie sein würdest.«

General Tycho Celchu klopfte Wedge auf den Rücken, bevor er sich von ihm löste. »Ich wusste aber, dass du dabei bist. Leider ist es ein bisschen schwierig, dir in diesen Tagen Nachrichten zukommen zu lassen.«

»Ich weiß.« Wedge deutete auf den Liegestuhl neben seinem, dann nahm er seinen ursprünglichen Platz wieder ein.

Tycho ließ sich nieder, blieb jedoch aufrecht sitzen, seine Körperhaltung perfekt. Nach und nach wich die Fröhlichkeit aus seinem Antlitz. Lim eine Mischung aus Neugierde und Bedauern zurückzulassen. »Ich kann nicht glauben, dass wir hier sitzen und unterschiedliche Uniformen tragen.«

Wedge fühlte sich so. wie Tycho dreinschaute. Er nickte. »Geht mir auch so.«

»Was hat das alles zu bedeuten?« Tycho klang beinahe wütend. Fraglos war er verärgert. »Ich habe von der Entführung und deiner Flucht gehört. Das hat eine Schockwelle durch den Geheimdienst geschickt, und eine Menge von den

Idioten, die dafür verantwortlich waren, wurden degradiert. Was mir nur recht ist. Aber was machst du in dieser Uniform?« Dann kniff er die Augen zusammen und schaute sich um. »Oder sollten wir hier nicht offen reden?«

Wedge nickte unbekümmert. »Doch, das können wir. Diese Räume wurden von deiner und von meiner Seite so oft auf Wanzen überprüft, dass es mich mehr überraschen würde, hier ein Abhörgerät zu finden, als einen Rancor in Festgewändern zu sehen. Aber, Tycho - wir unterhalten uns hier rein inoffiziell. Richtig?«

Tycho nickte.

»Corellias Regierung ist eine Koalition«, sagte Wedge. »Saxan steht an der Spitze einer ganzen Reihe von Ministern und Unterministern, von denen die meisten entweder selbst ihr Amt wollen oder darüber entscheiden möchten, wer ihr Amt als Nächster kriegt.«

»Das ist mir bekannt.«

»Nun, auf Druck von verschiedenen Seiten hin musste sie Sal-Solo zu ihrem Kriegsminister ernennen.«

»Auch davon habe ich gehört.« Tychos Gesicht zeigte seine Abneigung für den langjährigen Politiker. »Das ist in etwa so, als würde man einen Piranhakäfer zum Minister für Fleischvorräte machen. Wie konnten die Corellianer so verrückt sein, ihn irgendetwas tun zu lassen, das von der Tragweite her über das Kehren von Gehsteigen hinausgeht?«

»Das Volk verzeiht seinen Helden viel«, sagte Wedge. Er hörte den Unwillen in seiner eigenen Stimme. »Sal-Solo ist ein verurteilter Verschwörer. Hau Solo war ein Spice-Schmuggler. Luke und Leia sind Kinder des berüchtigtsten Massenmörders in der Geschichte.« Er hielt inne. als ihm klar wurde, dass er mit seinen Vergleichen womöglich einen Schritt zu weit gegangen war - Vaders Beteiligung an der Zerstörung von Tychos Heimatplanet Alderaan war allseits bekannt -, aber Tycho verzog keine Miene. »Wie auch immer. Saxan braucht jemanden, der vor Ort ist, um Sal-Solos Züge zu deuten, um ihm strategische Ratschläge zu geben, wenn er die Einheiten auf dem Strategiebrett eher aus dem Bauch heraus herumschiebt, statt sein Gehirn zu benutzen, und so weiter. Und um ihr hier Gesellschaft zu leisten und zu sehen, was ich tun kann, um die Friedensverbandlungen zu fördern. Wiedervereinigung.«

Tycho nickte. »Dir ist schon klar, dass du am Ende als Kriegsverbrecher dastehen könntest, wenn die Dinge schlecht laufen.«

»Daran habe ich gedacht.« Wedge streckte sich und legte die Hände hinter den Kopf, um es sich bequemer zu machen. »Es ist mittlerweile etwas mehr als vierzig Jahre her, seit ich Schmuggler war.«

»Oh, sag nicht so was.«

»Ich wette, ich könnte mir einen guten, schnellen Frachtraumer besorgen, einige meiner alten Kontakte wiederherstellen.«

»Vielleicht sind ein oder zwei davon noch am Leben.«

Wedge zuckte die Schultern. »Syal macht Karriere, und Myri wird in Kürze ihre Ausbildung abschließen. Iella und ich können die Raumstraßen unsicher machen, hier ein bisschen was kaufen, dort ein bisschen was verkaufen, Ich könnte einen guten Kopiloten brauchen.«

Tycho wurde still und dachte nach.

»Du behältst Syal doch trotzdem für mich im Auge, oder?«. fragte Wedge.

»O ja. Wenn sie will, kann sie sich zu einem

Testfluggeschwader versetzen lassen. Davon weiß sie aber noch nichts.«

»Bei Corellia hat sie auf mich gefeuert.«

»Nein.«

»O doch. Wenn man bedenkt, wie grün sie noch hinter den Ohren ist, war sie nah dran, mich zu kriegen.« Wedge lächelte stolz, dann seufzte er. »Tycho, lass uns diese Situation irgendwie in Ordnung bringen. Wenn es zum Krieg kommt, habe ich mit dir und Syal Familie auf beiden Seiten.«

»Brrr. Gleich bringst du mich zum Weinen.«

Beide Männer lächelten. Sie wandten ihre Aufmerksamkeit wieder den Sternen über sich zu und verfielen in geselliges Schweigen.