Falls Sie einen Grund brauchen, um die wunderschöne österreichische Hauptstadt zu besuchen, empfehle ich den Zentralfriedhof. Auch wenn der Friedhof nicht zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten Österreichs zählt, so handelt es sich hier doch um die letzte Ruhestätte vieler berühmter Österreicher und auch Nicht-Österreicher, darunter Beethoven, Brahms, Schubert, vier Strausse und eine ganze Reihe weiterer Künstler und auch Politiker. Doch das Grab, das auf den wissenschaftlich interessierten Besucher wartet, ist das mit einer grundlegenden Formel zur Thermodynamik auf dem Grabstein.
Dieses Grab ist das von Ludwig Boltzmann, dem österreichischen Physiker, der die statistische Mechanik (die zu erklären hilft, wie die fundamentalen Eigenschaften von Atomen, etwa Masse und Ladung, die Eigenschaften der Materie bestimmen) entwickelt hat und der zeigte, dass durch die Gesetze der Mechanik auf atomarer Ebene das zweite Gesetz der Thermodynamik (einfach ausgedrückt die Tatsache, dass Wärme von einem kälteren Körper nicht zu einem wärmeren fließen kann) erklärt werden kann. Die entsprechende Gleichung Boltzmanns wird Ihnen natürlich nicht vorenthalten (siehe Abbildung 2.1).
Boltzmann lebte im 19. Jahrhundert (er starb kurz nachdem das 20. Jahrhundert eingeläutet wurde) und glaubte fest daran, dass Materie aus Atomen und Molekülen bestehe. Trotz der Tatsache, dass Dalton (siehe Kapitel 55) 1808 die Atomgewichte beschrieben hatte, gab es immer noch eine Debatte über die Existenz von Atomen. Doch Boltzmann nutzte Daltons (von anderen als unbewiesen betrachtete) Theorie, und wandte die Wahrscheinlichkeitstheorie mittels statistischer Mechanik auf die physikalische Welt an – mit ungeheueren Auswirkungen.
Zusammen mit James Clerk Maxwell (siehe Kapitel 35) und Josiah Willard Gibbs war Boltzmann einer der wichtigsten Physiker des 19. Jahrhunderts. Sein Grab (Abbildung 2.1) mit der berühmten Gleichung in Stein gemeißelt und der imponierenden Büste des Wissenschaftlers ist ein Zeugnis seiner Bedeutung. Er ruht hier zwischen anderen Mitgliedern seiner Familie.
Der Friedhof selbst ist riesig: Auf 2,4 Quadratkilometern haben etwa drei Millionen Menschen ihre letzte Ruhe gefunden. Damit ist er einer der größten Europas. Ein Bereich ist namhaften Persönlichkeiten vorbehalten, von denen Boltzmann der einzige Wissenschaftler ist.
Wenn Sie in Wien sind, lohnt es sich auch, das kleine Museum in Freuds früherem Haus zu besuchen.